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1A.136/1999/boh
I. OEFFENTLICHRECHTLICHE ABTEILUNG
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18. Februar 2000
Es wirken mit: Bundesrichter Nay, präsidierendes Mitglied der I. öffentlichrechtlichen Abteilung, Bundesrichter Aeschlimann, Bundesrichter Féraud und Gerichtsschreiber Sigg.
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In Sachen
S.________, Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt Jürg Stahel, Vordergasse 34, Postfach, Schaffhausen,
gegen
SozialversicherungsamtdesKantons Schaffhausen,
Opferhilfe,
ObergerichtdesKantons Schaffhausen,
betreffend
Opferhilfe - Übernahme von Anwaltskosten, hat sich ergeben:
A.- a) Am 27. November 1996 wurde S.________ von der Kantonspolizei Schaffhausen verhaftet und auf den Polizeiposten gebracht, wo ihm eine Gerichtsurkunde ausgehändigt wurde. Nach etwa einer Stunde wurde S.________ aus der Haft entlassen. S.________ reichte am 12. Dezember 1996 gegen den Kommandanten der Kantonspolizei und drei Polizisten eine Strafanzeige ein wegen Freiheitsberaubung, Nötigung und Amtsmissbrauchs. In der Strafanzeige, welche sein Vertreter, Rechtsanwalt Jürg Stahel, beim Untersuchungsrichteramt Schaffhausen einreichte, stellte er ein Gesuch um Opferhilfe, wobei er ausführte, er sei besonders auch auf anwaltliche Vertretung angewiesen. Das Untersuchungsrichteramt des Kantons Schaffhausen stellte das Ermittlungsverfahren mit Verfügung vom 25. Februar 1997 ein und auferlegte S.________ die Untersuchungskosten. Eine von S.________ bei der Staatsanwaltschaft des Kantons Schaffhausen eingereichte Einsprache blieb erfolglos; die Staatsanwaltschaft erliess am 22. April 1997 einen im Wesentlichen gleich lautenden Entscheid, wobei sie zusätzlich S.________ auch die Kosten des Einspracheverfahrens auferlegte. Eine Parteientschädigung wurde S.________ in beiden Instanzen verweigert.
b) S.________ liess durch Rechtsanwalt Jürg Stahel gegen den Entscheid der Staatsanwaltschaft Beschwerde erheben. Mit Entscheid vom 12. Juni 1998 hiess das Obergericht des Kantons Schaffhausen die Beschwerde gut und hob sowohl die Einstellungsverfügung des Untersuchungsrichteramtes als auch den Einspracheentscheid der Staatsanwaltschaft auf. Das Untersuchungsrichteramt wurde angewiesen, die Strafuntersuchung im Sinne der Erwägungen fortzusetzen. Für das Einspracheverfahren und das Beschwerdeverfahren wurden keine Kosten erhoben. Das Obergericht sprach S.________ für beide Verfahren eine Parteientschädigung von Fr. 2'144. 20 zu. Diese Entschädigung wurde nicht ausbezahlt, sondern mit noch offenen Gerichtskostenschulden S.________s verrechnet.
c) Am 22. Oktober 1998 stellte S.________ ein neues Gesuch um Gewährung von Opferhilfe im Betrag von Fr. 2'141. 20 und reichte das Gesuch beim Sozialversicherungsamt Schaffhausen, Opferhilfe, ein. Das Sozialversicherungsamt lehnte eine Vergütung mit Entscheid vom 9. Dezember 1998 ab, weil S.________ mit der ihm vom Obergericht zugesprochenen Parteientschädigung bereits entschädigt worden sei.
B.- S.________ erhob gegen den Entscheid des Sozialversicherungsamtes Rekurs an das Obergericht des Kantons Schaffhausen. Mit Entscheid vom 21. Mai 1999 wies das Obergericht den Rekurs ab, verzichtete darauf, Kosten zu erheben, sprach keine Prozessentschädigung zu und wies das Gesuch um Gewährung der unentgeltlichen Vertretung für das Rekursverfahren ab.
C.- Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde vom 28. Juni 1999 stellt S.________ die Anträge, der Entscheid des Obergerichts vom 21. Mai 1999 sei aufzuheben, das Sozialversicherungsamt sei anzuweisen, ihm gemäss Opferhilfegesetz eine Vergütung von Fr. 2'141. 20 zu leisten, eventualiter in Höhe von zwei Dritteln des Betrags. Ausserdem ersucht S.________ um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege.
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1.- a) Das angefochtene Urteil ist ein letztinstanzlicher kantonaler Entscheid (Art. 98 lit. g OG) über ein Begehren um Schadenersatz und Genugtuung nach Art. 12 OHG. Hiergegen ist die Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Bundesgericht zulässig (Art. 97 Abs. 1 OG; BGE 122 II 211 E. 1).
b) Der Beschwerdeführer ist durch den angefochtenen Entscheid berührt und hat ein schutzwürdiges Interesse an dessen Aufhebung oder Änderung. Er ist nach Art. 103 lit. a OG zur Verwaltungsgerichtsbeschwerde legitimiert. Auch die übrigen Sachurteilsvoraussetzungen sind erfüllt. Auf die vorliegende Beschwerde ist daher einzutreten.
c) Das Bundesgericht prüft, ob der angefochtene Entscheid Bundesrecht verletzt und ob die Vorinstanz ihr Ermessen überschritten oder missbraucht hat (Art. 104 lit. a OG). Da als Vorinstanz eine richterliche Behörde entschieden hat, bindet deren Sachverhaltsfeststellung das Bundesgericht, sofern das kantonale Gericht den Sachverhalt nicht offensichtlich unrichtig, unvollständig oder unter Verletzung wesentlicher Verfahrensbestimmungen festgestellt hat (Art. 105 Abs. 2 OG). Das Bundesgericht ist zwar an die Begehren der Parteien, nicht aber an deren Begründung gebunden (Art. 114 Abs. 1 OG). Es darf daher die Beschwerde aus Gründen gutheissen oder abweisen, die weder aus der Beschwerdeschrift noch aus dem angefochtenen Entscheid hervorgehen.
d) Der Beschwerdeführer beruft sich nicht allein auf das Opferhilfegesetz, sondern auch auf die kantonalrechtlichen Bestimmungen zur unentgeltlichen Rechtspflege. Aufgrund des engen sachlichen Zusammenhangs übernimmt die Verwaltungsgerichtsbeschwerde insoweit die Funktion der staatsrechtlichen Beschwerde. Das Bundesgericht überprüft die Auslegung und Anwendung kantonalrechtlicher Verfahrensbestimmungen durch das kantonale Gericht jedoch auch im Verfahren der Verwaltungsgerichtsbeschwerde nur daraufhin, ob sie vor dem Willkürverbot und den anderen Grundrechten der Bundesverfassung standhalten. Die Anforderungen an die Begründung in der Beschwerdeschrift richten sich dennoch nicht nach Art. 90 Abs. 1 lit. b OG, sondern nach Art. 108 Abs. 2 OG (vgl. z.B. BGE 123 II 359 E. 6b/bb S. 369).
2.- a) Opfer einer Straftat im Sinne von Art. 2 Abs. 1 OHG sind berechtigt, die im Gesetz vorgesehene Hilfe zu beanspruchen. Die Beratungsstellen leisten und vermitteln dem Opfer medizinische, psychologische, soziale, materielle und juristische Hilfe und informieren über die Hilfsangebote (Art. 3 Abs. 2 OHG). Sie leisten ihre Hilfe sofort und wenn nötig während längerer Zeit; sie müssen so organisiert sein, dass sie jederzeit Soforthilfe leisten können (Art. 3 Abs. 3 OHG). Die Leistungen der Beratungsstellen und die Soforthilfe sind unentgeltlich; die Beratungsstellen übernehmen weitere Kosten, wie Arzt-, Anwalts- und Verfahrenskosten, soweit dies aufgrund der persönlichen Verhältnisse des Opfers angezeigt ist (Art. 3 Abs. 4 OHG). Nebst der Inanspruchnahme von Leistungen der Beratungsstellen können Opfer einer in der Schweiz verübten Straftat im Kanton, in dem die Tat begangen wurde, unter den Voraussetzungen von Art. 12 OHG eine Entschädigung oder Genugtuung geltend machen (BGE 125 II 230 E. 2b). Eine Schadenersatzleistung nach Art. 12 OHG kommt indessen nur dann in Frage, wenn das Opfer durch die Straftat tatsächlich einen ungedeckten Schaden erlitten hat (und im Sinne von Art. 12 OHG bedürftig ist). Die Beratungsstelle ihrerseits übernimmt die Anwaltskosten nur dann, wenn sich das Opfer ohne die Übernahme der Anwaltskosten durch die Beratungsstelle nicht von einem Anwalt vertreten lassen könnte. Eine Kostenübernahme durch die Beratungsstelle ist insbesondere dann ausgeschlossen, wenn dem Opfer nach dem kantonalen Verfahrensrecht ein Anspruch auf unentgeltliche Rechtspflege zusteht (BGE 123 II 548 E. 2a, mit Hinweis).
b) Das Obergericht hat dem Beschwerdeführer in seinem Urteil vom 12. Juni 1998 eine Parteientschädigung in der Höhe der von seinem Anwalt eingereichten Kostennote zugesprochen. Der Beschwerdeführer hat somit keinen ungedeckten Schaden erlitten, weshalb eine Entschädigungsleistung nach Art. 12 OHG ausgeschlossen ist. Die Parteientschädigung wurde zwar mit früheren Gerichtskostenschulden des Beschwerdeführers verrechnet, doch wurden diese Schulden durch die Verrechnung verringert.
c) Der Anwalt des Beschwerdeführers ist für seine Leistung offenbar nicht entschädigt worden, weil die dem Beschwerdeführer zugesprochene Parteientschädigung mit früheren Schulden des Beschwerdeführers verrechnet wurden. Nach Art. 53 der Strafprozessordnung für den Kanton Schaffhausen vom 15. Dezember 1986 (StPO) steht dem bedürftigen Geschädigten auf Gesuch hin ein unentgeltlicher Vertreter nach den Bestimmungen der Zivilprozessordnung zu. Gemäss Art. 131 Abs. 2 der Zivilprozessordnung für den Kanton Schaffhausen vom 3. September 1951 (ZPO) wird die Entschädigung im Fall der unentgeltlichen Prozessvertretung unmittelbar an den Vertreter der Partei geleistet. Sowohl nach Art. 53 StPO als auch nach Art. 127 Abs. 1 ZPO muss ein ausdrückliches Gesuch um Gewährung der unentgeltlichen Prozessführung und -vertretung gestellt werden. Art. 127 Abs. 1 ZPO weist ausserdem ausdrücklich darauf hin, dass das Gesuch in jeder Instanz gesondert zu stellen ist. Hätte im vorliegenden Fall der Anwalt des Beschwerdeführers auch im Beschwerdeverfahren vor dem Obergericht ein Gesuch um unentgeltliche Prozessvertretung gestellt und hätte das Obergericht diesem stattgegeben, so wäre ihm nach der Gutheissung seiner Beschwerde die Parteientschädigung unmittelbar ausbezahlt worden bzw. wäre die Verrechnung mit Schulden des Beschwerdeführers unterblieben (angefochtener Entscheid S. 9). Dies bestreitet der Beschwerdeführer nicht. Dass das Obergericht kantonales Recht willkürlich angewendet habe, indem es zum Schluss kam, diese Regelung habe nicht zum Zuge kommen können, weil der Beschwerdeführer kein Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege gestellt habe, macht dieser nicht geltend und ist auch nicht ersichtlich. Er hätte auch nicht nach Treu und Glauben darauf hingewiesen werden müssen, dass es Verrechnungsansprüche gebe und daher ein Gesuch um unentgeltliche Vertretung angezeigt sei. Vielmehr hätte sein Rechtsvertreter dies zur Sicherung seiner Honorarforderung von sich aus tun müssen. Der Beschwerdeführer ist im Übrigen nicht legitimiert, die Rechtsansprüche seines Rechtsvertreters geltend zu machen. Das Gleiche gilt für die Frage der Notifikation der Abtretung der Parteientschädigung an den Rechtsvertreter gemäss dem Vollmachtsformular.
Weil der Beschwerdeführer für seine Anwaltskosten vom Obergericht eine Parteientschädigung erhalten hat, bleibt kein Raum mehr für eine nachträgliche Übernahme dieser Kosten durch die Beratungsstelle gemäss Art. 3 Abs. 4 OHG. Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde erweist sich damit als unbegründet und ist abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist.
3.- Die gesamten Umstände des Falles rechtfertigen es, dem Beschwerdeführer für das bundesgerichtliche Verfahren, in welchem er rechtzeitig den entsprechenden Antrag gestellt hat, die unentgeltliche Rechtspflege zu gewähren (Art. 152 Abs. 1 OG). Auf eine Gerichtsgebühr ist zu verzichten. Rechtsanwalt Jürg Stahel ist als amtlicher Anwalt aus der Bundesgerichtskasse zu entschädigen.
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.- Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
2.- Dem Beschwerdeführer wird die unentgeltliche Rechtspflege gewährt:
a) Es werden keine Kosten erhoben.
b) Rechtsanwalt Jürg Stahel wird als amtlicher Anwalt des Beschwerdeführers bezeichnet und für das bundesgerichtliche Verfahren aus der Bundesgerichtskasse mit einem Honorar von Fr. 600. -- entschädigt.
3.- Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, dem Sozialversicherungsamt, Opferhilfe, und dem Obergericht des Kantons Schaffhausen schriftlich mitgeteilt.
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Lausanne, 18. Februar 2000
Im Namen der I. öffentlichrechtlichen Abteilung
des SCHWEIZERISCHEN BUNDESGERICHTS
Das präsidierende Mitglied:
Der Gerichtsschreiber: