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6A.97/1999/bue
KASSATIONSHOF
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Sitzung vom 30. März 2000
Es wirken mit: Bundesgerichtspräsident Schubarth, Präsident des Kassationshofes, Bundesrichter Schneider, Wiprächtiger, Kolly, Bundesrichterin Escher und
Gerichtsschreiber Härri.
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In Sachen
X.________, Beschwerdeführer,
gegen
Verwaltungsgericht des Kantons Solothurn,
betreffend
Entzug des Führerausweises (Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Solothurn vom 8. November 1999), hat sich ergeben:
A.- Am 7. März 1999, um 12.18 Uhr, überschritt X.________ mit seinem Personenwagen in Gunten innerorts die zulässige Höchstgeschwindigkeit von 50km/h um 21km/h (nach Abzug der Sicherheitsmarge von 5km/h).
B.- Am 15. Juli 1999 entzog das Departement des Innern des Kantons Solothurn X.________ den Führerausweis für die Dauer von einem Monat.
C.- Die von X.________ dagegen erhobene Beschwerde wies das Verwaltungsgericht des Kantons Solothurn am 8. November 1999 ab.
D.- X.________ führt Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit dem Antrag, das Urteil des Verwaltungsgerichts aufzuheben und die Sache zur Neubeurteilung an dieses zurückzuweisen.
E.- Das Verwaltungsgericht und das Bundesamt für Strassen haben sich vernehmen lassen jeweils mit dem Antrag, die Beschwerde abzuweisen.
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1.- Der Beschwerdeführer macht sinngemäss geltend, die Anordnung des Führerausweisentzuges verletze Bundesrecht.
a) Die Geschwindigkeit ist stets den Umständen anzupassen, namentlich den Besonderheiten von Fahrzeug und Ladung sowie den Strassen-, Verkehrs- und Sichtverhältnissen (Art. 32 Abs. 1 SVG). In Ortschaften beträgt die allgemeine Höchstgeschwindigkeit für Fahrzeuge unter günstigen Strassen-, Verkehrs- und Sichtverhältnissen 50 km/h (Art. 4a Abs. 1 lit. a der Verkehrsregelnverordnung [VRV; SR. 741. 11]).
Gemäss Art. 16 Abs. 2 SVG kann der Führerausweis entzogen werden, wenn der Führer Verkehrsregeln verletzt und dadurch den Verkehr gefährdet oder andere belästigt hat (Satz 1). In leichten Fällen kann eine Verwarnung ausgesprochen werden (Satz 2). Nach Art. 16 Abs. 3 lit. a SVG muss der Führerausweis entzogen werden, wenn der Führer den Verkehr in schwerer Weise gefährdet hat. Das Gesetz unterscheidet somit:
- den leichten Fall (Art. 16 Abs. 2 Satz 2 SVG),
- den mittelschweren Fall (Art. 16 Abs. 2 Satz 1 SVG),
- den schweren Fall (Art. 16 Abs. 3 lit. a SVG).
Nach der Rechtsprechung kann auf den Führerausweisentzug grundsätzlich nur verzichtet werden, wenn der Fall leicht im Sinne von Art. 16 Abs. 2 Satz 2 SVG ist. Bei einem mittelschweren Fall kommt ein Verzicht auf den Führerausweisentzug nur dann in Betracht, wenn besondere Umstände vorliegen, wie sie in BGE 118 Ib 229 gegeben waren (BGE 123 II 106 E. 2b S. 111). Ob der Fall leicht im Sinne von Art. 16 Abs. 2 Satz 2 SVG ist, beurteilt sich nach dem Verschulden des Fahrzeuglenkers und seinem automobilistischen Leumund; die Schwere der Verkehrsgefährdung ist nur insoweit von Bedeutung, als sie auch verschuldensmässig relevant ist (BGE 125 II 561 E. 2b).
Nach der Rechtsprechung ist bei Überschreitung der allgemeinen Höchstgeschwindigkeit innerorts von 50 km/h um 21 bis 24 km/h ohne Prüfung der konkreten Umstände objektiv zumindest ein mittelschwerer Fall anzunehmen. Diese Rechtsprechung befreit die Entzugsbehörde jedoch nicht von der Pflicht, die Umstände des Einzelfalles genauer zu prüfen. Denn sie hat in allen Fällen des erwähnten Geschwindigkeitsbereichs auch das Ausmass der Gefährdung und des Verschuldens abzuklären und zu gewichten, damit sie entscheiden kann, ob allenfalls ein schwerer Fall (Art. 16 Abs. 3 lit. a SVG) vorliegt und welche Entzugsdauer bei einem mittelschweren beziehungsweise schweren Fall angemessen ist. Eine rein schematische Beurteilung dieser Fragen lediglich aufgrund der festgestellten Geschwindigkeitsüberschreitung würde ein pflichtwidriges Nichtausüben des rechtserheblichen Ermessens und damit eine Verletzung von Bundesrecht darstellen. Umgekehrt kommt ein leichter Fall in Betracht, wenn der Lenker aus nachvollziehbaren Gründen gemeint hat, er befinde sich noch nicht oder nicht mehr im Innerortsbereich; unter Umständen entfällt sogar jeder Schuldvorwurf (BGE 124 II 97 E. 2c).
b) Der Beschwerdeführer hat die Höchstgeschwindigkeit innerorts von 50 km/h um 21 km/h überschritten. Es ist somit objektiv zumindest ein mittelschwerer Fall gegeben. Der Beschwerdeführer hatte im kantonalen Verfahren geltend gemacht, er habe gemeint, sich nicht mehr im Innerortsbereich zu befinden. Die Vorinstanz hat den Einwand zurückgewiesen, da der Beschwerdeführer ausgesprochen ortskundig ist. Die Vorinstanz ist eine richterliche Behörde. Ihre Feststellung des Sachverhaltes bindet daher das Bundesgericht, soweit sie den Sachverhalt nicht offensichtlich unrichtig, unvollständig oder unter Verletzung wesentlicher Verfahrensvorschriften festgestellt hat (Art. 105 Abs. 2 OG). Dass Letzteres der Fall sei, macht der Beschwerdeführer nicht geltend und ist nicht ersichtlich. Im Gegenteil ergibt sich aus einem bei den Akten befindlichen Schreiben des Beschwerdeführers vom 4. Juli 1999, dass ihm die befahrene Strecke genau bekannt ist. Die Verneinung eines Irrtums über den Innerortsbereich ist somit nicht offensichtlich unrichtig.
Wer die Höchstgeschwindigkeit innerorts von 50 km/h um 21 km/h und damit um mehr als 40 % überschreitet, tut das in der Regel vorsätzlich, mindestens aber grobfahrlässig. Das Verschulden des Beschwerdeführers wiegt daher nicht leicht. Gemäss Art. 31 Abs. 2 Satz 2 der Verordnung über die Zulassung von Personen und Fahrzeugen zum Strassenverkehr (VZV; SR 741. 51) kann nur eine Verwarnung verfügt werden, wenn die Voraussetzungen für den fakultativen Entzug nach Art. 31 Abs. 1 VZV erfüllt sind, der Fall aber unter Berücksichtigung des Verschuldens und des Leumunds als Motorfahrzeugführer als leicht erscheint. Da es an einem leichten Verschulden fehlt, fällt die Annahme eines leichten Falles ausser Betracht, auch wenn der automobilistische Leumund des Beschwerdeführers ungetrübt ist. Besondere Umstände, wie sie in BGE 118 Ib 229 gegeben waren und gegebenenfalls auch bei einem mittelschweren Fall zum Verzicht auf den Ausweisentzug führen können, liegen hier nicht vor. Es handelt sich im Gegenteil um einen Durchschnittsfall.
Von einem Führerausweisentzug kann nicht abgesehen werden. Die Dauer des Entzuges hat die Vorinstanz auf das gesetzliche Mindestmass festgesetzt (Art. 17 Abs. 1 lit. a SVG).
c) Der Beschwerdeführer hat im kantonalen Verfahren geltend gemacht, er fahre seit 43 Jahren unfallfrei.
Noch nie habe ihm der Entzug des Führerausweises angedroht werden müssen. Das sei zwar nichts Besonderes, aber doch ein Leistungsausweis. Im Übrigen könne er - er sei Träger des Titels "Facharzt FMH für Allgemeinmedizin" und als Allgemeinpraktiker tätig - ohne Führerausweis in Notfällen seinen ärztlichen Pflichten nicht nachkommen.
Wenn man diese Umstände zu Grunde legt, ist einzuräumen, dass der Entzug des Ausweises für die Dauer eines Monats als hart angesehen werden kann. Daran kann jedoch nur der Gesetzgeber etwas ändern, sei es, dass er für Fälle dieser Art auch den bedingten Ausweisentzug vorsieht oder den Anwendungsbereich der Verwarnung bei gutem automobilistischem Leumund ausweitet auf den Bereich des mittelschweren Verschuldens.
2.- Die Beschwerde wird abgewiesen. Bei diesem Ausgang des Verfahrens trägt der Beschwerdeführer die
Kosten (Art. 156 Abs. 1 OG).
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.- Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.
2.- Die Gerichtsgebühr von Fr. 2'000. -- wird dem Beschwerdeführer auferlegt.
3.- Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, dem Departement des Innern und dem Verwaltungsgericht des
Kantons Solothurn sowie dem Bundesamt für Strassen schriftlich mitgeteilt.
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Lausanne, 30. März 2000
Im Namen des Kassationshofes
des SCHWEIZERISCHEN BUNDESGERICHTS
Der Präsident:
Der Gerichtsschreiber: