[AZA]
H 268/99 Vr
I. Kammer
Präsident Lustenberger, Bundesrichter Schön, Borella,
Bundesrichterin Widmer und Bundesrichter Ferrari; Gerichts-
schreiberin Fleischanderl
Urteil vom 31. März 2000
in Sachen
G.________, 1943, Bangalore, Indien, Beschwerdeführerin,
gegen
Eidgenössische Ausgleichskasse, Holzikofenweg 36, Bern,
Beschwerdegegnerin,
und
Eidgenössische Rekurskommission der AHV/IV für die im Aus-
land wohnenden Personen, Lausanne
A.- Die 1943 geborene, seit ihrem 17. Lebensjahr in
der Schweiz wohnhafte, französische Staatsangehörige
G.________ reiste nach ihrer Heirat am 21. Februar 1997
zusammen mit ihrem aus der Schweiz stammenden Ehemann, wel-
cher im diplomatischen Dienst tätig ist, auf den 1. Mai
1997 nach Indien aus, wo sie sich seither aufhält.
Mit Schreiben vom 11. Juli 1997 teilte die Schweizeri-
sche Ausgleichskasse (SAK) G.________ mit, ihrem Ersuchen
vom 5. Juni 1997 um Beitritt zur freiwilligen AHV/IV für
Auslandschweizer könne auf Grund ihrer französischen
Staatsbürgerschaft nicht entsprochen werden. Die Eid-
genössische Ausgleichskasse (EAK), welcher der Ehegatte an-
geschlossen ist, eröffnete ihr mit Feststellungsverfügung
vom 3. November 1997, dass sie nach Massgabe des AHVG nicht
obligatorisch versichert sei, da sie die gesetzlichen Vo-
raussetzungen nicht erfülle.
B.- G.________ erhob sowohl gegen das Schreiben der
SAK vom 11. Juli 1997 wie auch gegen die Verfügung der EAK
vom 3. November 1997 Beschwerde.
Die angerufene Eidgenössische Rekurskommission der
AHV/IV für die im Ausland wohnenden Personen trat infolge
Nichtleistens des Kostenvorschusses auf die gegen das
Schreiben der SAK gerichtete Rechtsvorkehr betreffend den
Beitritt zur freiwilligen AHV/IV für Auslandschweizer nicht
ein (Entscheid vom 20. Oktober 1998). Mit Eingabe vom
9. November 1998 nahm G.________ hiezu Stellung, behielt
sich eine Anfechtung jedoch ausdrücklich vor. Eine solche
ist innert Rechtsmittelfrist nicht erfolgt.
Auf die gegen die Verfügung der EAK gerichtete Be-
schwerde trat die Eidgenössische Rekurskommission - der
Kostenvorschuss war erstattet worden - ein, wies sie indes
mit der Begründung ab, angesichts der Urteile BGE 107 V 1
und 104 V 121 sei eine Ausdehnung der Versicherteneigen-
schaft des (obligatorisch versicherten) Ehemannes auf
G.________ während des Aufenthaltes in Indien zu verneinen
(Entscheid vom 9. Juni 1999).
C.- G.________ führt Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit
dem Antrag, es sei festzustellen, dass sie obligatorisch im
Sinne des AHVG versichert sei; eventualiter sei festzu-
stellen, dass sie der freiwilligen AHV/IV für Ausland-
schweizer beitreten könne.
Während die EAK auf Abweisung der Verwaltungsgerichts-
beschwerde schliesst, soweit darauf einzutreten sei, hat
sich das Bundesamt für Sozialversicherung nicht vernehmen
lassen.
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:
1.- Die EAK hat mit Verfügung vom 3. November 1997 auf
Gesuch der Beschwerdeführerin festgestellt, dass diese nach
den Bestimmungen des AHVG nicht obligatorisch versichert
sei. Da vorliegend offenkundig ein schützenswertes Interes-
se der Beschwerdeführerin an der Feststellung ihres AHV-
rechtlichen Status während ihres Auslandaufenthaltes be-
steht, namentlich keine entgegenstehenden erheblichen öf-
fentlichen oder privaten Interessen ersichtlich sind und im
Zeitpunkt des Verfügungserlasses die Wahrung dieses Inte-
resses durch eine rechtsgestaltende Verfügung nicht möglich
war (vgl. zum Ganzen BGE 125 V 24 Erw. 1b, 121 V 317
Erw. 4a mit Hinweisen; Kölz/Häner, Verwaltungsverfahren und
Verwaltungsrechtspflege des Bundes, 2. Aufl., Zürich 1998,
N 200 ff.), ist die Vorinstanz zu Recht auf die hiegegen
gerichtete Beschwerde eingetreten.
2.- Die Vorinstanz hat unter Hinweis auf Art. 3 des
Abkommens zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft
und der Französischen Republik über Soziale Sicherheit vom
3. Juli 1975 richtig festgehalten, dass die sich in Indien
aufhaltende Beschwerdeführerin als französische Staatsange-
hörige in Bezug auf das Versicherungsobligatorium der
schweizerischen AHV einer Schweizer Bürgerin gleichgestellt
ist, da den Art. 17 bis 20 des Abkommens, welche die Al-
ters- und Hinterlassenenversicherung regeln, keine anders-
lautenden Bestimmungen zu entnehmen sind.
3.- Obligatorisch versichert nach dem Bundesgesetz
über die Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHVG) in
der seit 1. Januar 1997 gültigen Fassung sind natürliche
Personen mit Wohnsitz in der Schweiz (Art. 1 Abs. 1 lit. a
AHVG), natürliche Personen, die in der Schweiz eine Er-
werbstätigkeit ausüben (Art. 1 Abs. 1 lit. b AHVG) sowie
Schweizer Bürger, die im Ausland im Dienste der Eidgenos-
senschaft oder vom Bundesrat bezeichneter Institutionen tä-
tig sind (Art. 1 Abs. 1 lit. c AHVG). Vor der 10. AHV-Revi-
sion waren gemäss Art. 1 Abs. 1 lit. c aAHVG auch Schweizer
Bürger obligatorisch versichert, die im Ausland für einen
Arbeitgeber in der Schweiz tätig waren und von diesem ent-
löhnt wurden. Diese Bestimmung erfuhr inhaltlich in Art. 1
Abs. 3 AHVG insoweit eine Änderung, als dieser Regelung
nicht nur Schweizer Bürger, sondern auch Ausländer unter-
stehen und die Fortführung der Versicherung freiwillig ist.
4.- a) Die Beschwerdeführerin macht zunächst geltend,
die in BGE 104 V 121 sowie 107 V 1 zu Art. 1 Abs. 1 lit. b
und c aAHVG publizierte Rechtsprechung, auf welche sich die
Vorinstanz abstütze, sei insbesondere mit Inkrafttreten der
10. AHV-Revision und der damit verbundenen Abschaffung der
Ehepaar-Altersrente nicht mehr aufrecht zu erhalten.
b) Das Eidgenössische Versicherungsgericht hatte unter
dem früheren Recht in BGE 104 V 121 und 107 V 1 Gelegen-
heit, grundsätzliche Überlegungen darüber anzustellen, ob
eine Frau, welche die erwähnten Voraussetzungen für das
obligatorische Versichertsein nicht erfüllt, die aber - wie
im vorliegenden Fall - mit einem Versicherten verheiratet
ist, kraft dieser Ehe - gleichsam als Ausfluss der Einheit
der Ehe -, ebenfalls als versichert zu gelten hat. Dies
wurde in den Anfangsjahren der AHV denn auch gelegentlich
als Wille des Gesetzgebers gesehen (BGE 117 V 110 Erw. 6a
mit Hinweisen; Hanspeter Käser, Unterstellung und Beitrags-
wesen in der obligatorischen AHV, 2. Aufl., Bern 1996,
N 1.3). Das höchste Gericht hat diese Meinung indes klar
verworfen (BGE 107 V 2 Erw. 1: "... le principe de l'unité
du couple ne peut entraîner une extension de la qualité
d'assuré du mari à la femme que dans les cas où cette unité
ressort d'une situation de droit particulière"). In BGE 104
V 124 Erw. 3 führte es weiter aus, " (Le tribunal fédéral
des assurances) a toutefois constaté et précisé d'emblée
que cette unité ne découlait pas d'un principe ayant valeur
générale dans l'AVS, mais qu'elle ressortait uniquement de
dispositions légales particulières ou d'une situation de
droit particulière...". In Anwendung dieses Grundsatzes
hat es sodann befunden, dass sich die Versicherteneigen-
schaft eines Schweizers, der im Ausland für einen Arbeitge-
ber in der Schweiz tätig ist und von diesem entlöhnt wird
(Art. 1 Abs. 1 lit. c aAHVG), nicht auf die mit ihm im
Ausland weilende Ehegattin ausdehnt (BGE 107 V 1 Erw. 1;
vgl. auch BGE 117 V 107 Erw. 3c mit Hinweisen). Ferner hat
es darauf hingewiesen, dass der Schutz der Ehefrau durch
das System der Ehepaarrente erreicht werde und ihr auch der
Beitritt zur freiwilligen Versicherung offen stehe. Dies im
Wissen darum, dass sich daraus unbefriedigende Folgen ("in-
convénients") ergeben können (BGE 107 V 3 Erw. 1 und 2).
c) In der Literatur wird davon ausgegangen, dass der
in der erwähnten Rechtsprechung zum Ausdruck kommende
Grundsatz, wonach die Versicherteneigenschaft persönlich
ist und daher von jeder Person persönlich erfüllt werden
muss, soweit das Gesetz nichts Abweichendes vorschreibt,
auch nach der 10. AHV-Revision Gültigkeit besitzt (Schaff-
hauser/Kieser, Aktuelle Fragen aus dem Beitragsrecht der
AHV, S. 43; Greber/Duc/Scartazzini, Commentaire des arti-
cles 1 à 16 de la loi fédérale sur l'assurance vieillesse
et survivants [LAVS], S. 31, N 31 und 32).
In der Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird vorab einge-
wendet, das Hauptargument des Eidgenössischen Versiche-
rungsgerichts, wonach der Schutz der Ehefrau durch die Ehe-
paarrente gewährleistet sei, falle durch die 10. AHV-Revi-
sion dahin. Hiebei verkennt die Beschwerdeführerin, dass
das höchste Gericht seine Rechtsprechung nicht in erster
Linie auf die Begründung gestützt hat, die Ehefrau würde an
der Ehepaarrente teilhaftig sein, sondern im Wesentlichen
darauf, dass das Gesetz die Voraussetzungen für das Versi-
chertsein in einer Weise umschreibe, die keine andere In-
terpretation zulasse, als dass jede Person diese Vorausset-
zungen persönlich erfüllen müsse. Der Hinweis auf den
Schutz der Ehefrau durch die Ehepaarrente sowie auch auf
die Möglichkeit des Beitritts zur freiwilligen Versicherung
sollten aufzeigen, dass sich die mit der getroffenen Lösung
verbundenen Konsequenzen in Grenzen halten würden (vgl. BGE
107 V 3 Erw. 1 und 2). Entgegen der Auffassung der Be-
schwerdeführerin hat diese Betrachtungsweise durch die
10. AHV-Revision nichts an Aktualität eingebüsst. Der
Schutz der Ehefrau ist durch das System des Rentensplit-
tings mit Anrechnung von Beitragsjahren nach lit. g Abs. 2
der Übergangsbestimmungen zur 10. AHV-Revision gewährleis-
tet worden. Für eine Praxisänderung besteht demnach kein
Anlass, und zwar umso weniger, als eine Ausdehnung der Ver-
sicherteneigenschaft des Ehemannes auf die Ehefrau kraft
des Zivilstandes dem Grundanliegen der 10. AHV-Revision für
eine zivilstandsunabhängige Rente der Frau diametral zuwi-
derlaufen würde.
d) Hinsichtlich der Konsequenzen, welche für die Be-
schwerdeführerin aus diesem Ergebnis resultieren - Bei-
tragslücken auf Grund des Auslandaufenthaltes -, ist fest-
zuhalten, dass sich das Eidgenössische Versicherungsgericht
beim Erlass seiner Urteile BGE 107 V 1 und 104 V 121 be-
wusst war und es auch heute ist, dass sich aus dieser
Rechtsprechung in einzelnen Fällen Unzulänglichkeiten erge-
ben können (vgl. Erw. 4b in fine hievor). Es ist indessen
darauf hinzuweisen, dass die im vorliegenden Einzelfall als
unbefriedigend erscheinende Lösung auf die Verknüpfung von
zwei Umständen zurückzuführen ist, die in dieser Art nicht
oft vorkommen dürften. Nämlich die Tatsache, dass sich die
Beschwerdeführerin trotz ihres über 35-jährigen Aufenthal-
tes in der Schweiz nicht hat einbürgern lassen und dass
sie, als sie im Februar 1997 ihren schweizerischen Ehemann
heiratete, die Schweiz verliess, ehe sie die dreijährige
Mindestdauer für die erleichterte Einbürgerung zurückgelegt
hatte (Art. 27 Abs. 1 lit. c des Bundesgesetzes über Erwerb
und Verlust des Schweizer Bürgerrechts vom 29. September
1952 [SR 141.0]). Gestützt auf diese wäre eine Aufnahme in
die freiwillige AHV/IV für Auslandschweizer möglich gewor-
den (Art. 2 Abs. 2 AHVG; Art. 8 VFV).
5.- Die Beschwerdeführerin beruft sich ferner mit der
Begründung, dass der auf die diplomatische Tätigkeit ihres
Ehemannes zurückzuführende Aufenthalt in Indien keine Auf-
gabe des schweizerischen Wohnsitzes bewirkt habe, auf
Art. 1 Abs. 1 lit. a AHVG, wonach natürliche Personen mit
Wohnsitz in der Schweiz obligatorisch versichert sind.
Nach langjähriger Verwaltungspraxis haben Schweizer
Diplomaten und andere Mitglieder der Karrieredienste auf
Auslandsposten ihren Wohnsitz am Ort ihrer Tätigkeit. Dies
ohne Rücksicht darauf, dass es sich zum Vornherein nur um
einen zeitlich beschränkten Aufenthalt handelt (nicht ver-
öffentlichtes Urteil A. vom 10. März 1986, H 65/85; Ver-
waltungspraxis der Bundesbehörden 1972, Nr. 26, S. 62). Im
Lichte dieser Praxis findet die genannte Bestimmung auf die
Beschwerdeführerin keine Anwendung.
6.- Im Rahmen ihres Eventualbegehrens ersucht die Be-
schwerdeführerin schliesslich um die Feststellung, dass sie
der freiwilligen AHV/IV für Auslandschweizer beitreten kön-
ne.
Mit Entscheid vom 20. Oktober 1998 hat die Vorinstanz
im gegen die SAK eingeleiteten Verfahren betreffend Bei-
tritt in die freiwillige AHV/IV für Auslandschweizer infol-
ge Nichtleistens des Kostenvorschusses auf Nichteintreten
erkannt. In ihrem Schreiben vom 9. November 1998 rügte die
Beschwerdeführerin diese Vorgehensweise der Eidgenössischen
Rekurskommission zwar, führte indessen aus, sie werde es
sich "allenfalls vorbehalten, diesen Entscheid anzufech-
ten". Dieser Äusserung ist klar zu entnehmen, dass die Ein-
gabe vom 9. November 1998 kein Rechtsmittel gegen den
Nichteintretensentscheid darstellte. Da ein solches innert
Rechtsmittelfrist nicht eingelegt wurde, ist der Entscheid
in Rechtskraft erwachsen, weshalb das Eidgenössische Versi-
cherungsgericht insoweit nicht auf die Verwaltungsgerichts-
beschwerde eintreten kann.
7.- Da es vorliegend nicht um die Bewilligung oder
Verweigerung von Versicherungsleistungen geht, ist das Ver-
fahren kostenpflichtig (Art. 134 OG e contrario).
Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:
I. Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen, so-
weit darauf einzutreten ist.
II. Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden der Beschwer-
deführerin auferlegt und mit dem geleisteten Kosten-
vorschuss verrechnet.
III.Dieses Urteil wird den Parteien, der Eidgenössischen
Rekurskommission der AHV/IV für die im Ausland wohnen-
den Personen und dem Bundesamt für Sozialversicherung
zugestellt.
Luzern, 31. März 2000
Im Namen des
Eidgenössischen Versicherungsgerichts
Der Präsident der II. Kammer:
Die Gerichtsschreiberin: