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Original
 
[AZA]
C 139/98 Hm
II. Kammer
Präsident Lustenberger, Bundesrichter Meyer und Ferrari;
Gerichtsschreiber Attinger
Urteil vom 26. Mai 2000
in Sachen
K.________, Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt
L.________,
gegen
Arbeitslosenkasse des Kantons Zürich, Rudolf Diesel-Stras-
se 28, Winterthur, Beschwerdegegnerin,
und
Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich, Winterthur
A.- Über die Firma X.________ war mit Verfügung des
Konkursrichters vom 6. September 1995 der Konkurs eröffnet
und das Verfahren am 23. Oktober 1995 mangels Aktiven ein-
gestellt worden (SHAB Nr....). Am 27. November 1995 reich-
te K.________ bei der Arbeitslosenkasse des Kantons Zürich
ein Gesuch um Insolvenzentschädigung ein, welches an Ar-
beitnehmer der Firma X.________ "privat vorgeschossene
(...) Lohnbetreffnisse für Juni und Juli 95 im Betrage von
Fr. 104'136.80" betraf. Das Gesuch begründete K.________
damit, die Firma habe den Betrieb einstellen müssen, nach-
dem er die Aktiengesellschaft "als Mitaktionär und Darle-
hensgeber über Jahre unterstützt" und die Löhne für Juni
und Juli 1995 "aus Loyalität gegenüber dem Personal und in
der Hoffnung auf Rettung der Firma und der Arbeitsplätze
(...) vorgeschossen (habe) gegen Abtretung der Lohn-Forde-
rung mit allen Nebenrechten, inklusive einer allfälligen
Insolvenzentschädigung im Konkursfalle". Dem Gesuch lagen
u.a. die von den Mitarbeitern betreffend die vorgeschosse-
nen Juni- und Juli-Löhne unterzeichneten Abtretungserklä-
rungen, die Lohnabrechnungen und zwei Bankbestätigungen
über - nebst einer Barauszahlung von Fr. 1000.- - ausge-
führte Kontobelastungen über Fr. 50'950.75 (vom 6. Juli
1995) und Fr. 52'186.05 (vom 25. Juli 1995) bei.
Am 28. Dezember 1995 verfügte die Arbeitslosenkasse zu
Lasten des K.________, es bestehe für die Zeit vom 1. Juni
bis 31. Juli 1995 kein Anspruch auf Insolvenzentschädigung;
denn Antrag auf Insolvenzentschädigung könne nur der Ver-
sicherte selber (oder sein Vertreter) stellen; anderen Per-
sonen dagegen (z.B. Abtretungsgläubigern, lohnvorfinanzie-
renden Banken) fehle dazu die Berechtigung.
B.- K.________ liess hiegegen Beschwerde an das
Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich führen mit
dem Rechtsbegehren, es sei ihm, unter Aufhebung der Kassen-
verfügung, Insolvenzentschädigung im Betrag von
Fr. 104'136.80 zuzusprechen.
In der Vernehmlassung stellte sich die Arbeitslosen-
kasse auf den Standpunkt, die Bevorschussung der den Mit-
arbeitern der Firma X.________ bis 31. Juli 1995 ausbezahl-
ten Löhne sei formell "nicht durch Herrn K.________ privat,
sondern durch die Arbeitgeberin (erfolgt), weshalb diese
Zahlungen mit der Zwischenbilanz per 24.08.95 der
X.________ auch bilanziert wurden. Offensichtlich hat Herr
K.________ lediglich weitere, zusätzliche Mittel in die
Firma eingeschossen".
Diesem Einwand opponierte K.________ im Rahmen des
angeordneten zweiten Schriftenwechsels, indem er geltend
machte, die Lohnforderungen seien nicht getilgt, sondern
abgetreten worden.
In der Duplik beharrte die Arbeitslosenkasse darauf,
dass die - allein insolvenzentschädigungsberechtigten -
Arbeitnehmer der Firma X.________ in keinem Zeitpunkt offe-
ne Lohnforderungen gehabt hätten, dass ferner die Lohnzah-
lungen in der Zwischenbilanz vom 24. August 1995 nur zu
bilanzieren gewesen wären, wenn es sich um Schulden der
X.________ gehandelt hätte und dass es letztlich aus der
Sicht der Arbeitslosenversicherung unerheblich sei, auf
welchem Wege sich die X.________ die Mittel beschafft habe,
um die Lohnzahlungen vornehmen zu können.
Das kantonale Gericht ging von einer Lohnbevorschus-
sung durch K.________ und einer rechtsgültigen Zession der
arbeitsvertraglichen Forderungen der Arbeitnehmer gegenüber
der Firma an ihn aus, verneinte aber die Anspruchsberech-
tigung mangels der Grundvoraussetzung, dass den Arbeitneh-
mern im Zeitpunkt der Konkurseröffnung über die Arbeit-
geberfirma Lohnforderungen zustanden. Deshalb wies das
Gericht die Beschwerde mit Entscheid vom 18. März 1998 ab.
C.- K.________ lässt Verwaltungsgerichtsbeschwerde
führen, die Aufhebung des kantonalen Gerichtsentscheides
beantragen und das vorinstanzliche Leistungsbegehren er-
neuern ("zuzüglich Zins von 5 % seit 1. Februar 1996").
Die Arbeitslosenkasse beantragt Abweisung der Be-
schwerde. Das Staatssekretariat für Wirtschaft (seco) hat
sich nicht vernehmen lassen.
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:
1.- Streitig ist, ob der Beschwerdeführer Anspruch auf
Insolvenzentschädigung hat für zedierte Lohnforderungen,
welche die Arbeitnehmer gegenüber der Firma X.________ in
den Monaten Juni und Juli 1995 hatten. Der Konkurs über die
Firma wurde am 6. September 1995 eröffnet und am 23. Okto-
ber 1995 mangels Aktiven eingestellt.
In intertemporalrechtlicher Hinsicht gilt, besondere
Regelungen vorbehalten, der Grundsatz, dass der Beurteilung
jene Rechtssätze zu Grunde zu legen sind, welche in Geltung
standen, als sich der zu Rechtsfolgen führende Sachverhalt
verwirklichte (BGE 125 V 128 Erw. 1 mit Hinweisen).
Es sind daher die Art. 51 ff. AVIG in der bis 31. De-
zember 1995 gültig gewesenen Fassung anzuwenden.
2.- In materiellrechtlicher Hinsicht hat das kantonale
Gericht die Bestimmungen über den Anspruch auf Insolvenz-
entschädigung (Art. 51-53 AVIG), dessen beschränkte Zedier-
barkeit (Art. 94 Abs. 1 AVIG, Art. 164 Abs. 1 OR) und die
dazu ergangene Rechtsprechung (ARV 1995 Nr. 22 S. 127)
zutreffend dargelegt. Darauf wird verwiesen.
3.- a) Der Beschwerdeführer bestreitet die vorinstanz-
liche Annahme, es sei ein Anspruch auf Insolvenzentschädi-
gung deshalb nicht entstanden, weil dies vorausgesetzt
hätte, dass die abzudeckenden Lohnforderungen im Zeitpunkt
der Konkurseröffnung Rechte der Arbeitnehmer gewesen wären.
Tatsächlich seien die Lohnforderungen der Arbeitnehmer für
die Monate Juni und Juli 1995
"jedenfalls bis zum Zeitpunkt der Konkurseröffnung
nie erfüllt worden. Die Erfüllung der (Geld-) Forde-
rung hätte nämlich vorausgesetzt, dass entweder die
Schuldnerin, mithin die Arbeitgeberin, oder ein Drit-
ter namens und für Rechnung der Schuldnerin die be-
treffenden Löhne bezahlt hätte. Dies ist indessen
vorliegend (...) nicht geschehen. Die Forderung ist
auch nicht durch Verrechnung oder auf andere Weise
untergegangen. Vielmehr traten die Arbeitnehmer ihre
Lohnansprüche - zulässigerweise - an den Beschwerde-
führer ab. Mit der Abtretung einer Forderung geht
selbstredend jedoch die zedierte Forderung nicht
unter, sondern sie geht auf den Zessionar über. Folg-
lich bestanden die Lohnforderungen der Arbeitnehmer
für die Monate Juni und Juli 1995 im Zeitpunkt der
Konkurseröffnung nach wie vor. Allerdings standen sie
in diesem Zeitpunkt nicht mehr den Arbeitnehmern,
sondern - aufgrund der Abtretung - dem Beschwerde-
führer zu" (S. 5 der Verwaltungsgerichtsbeschwerde).
Zweifellos, so der Beschwerdeführer weiter, setze der
Anspruch auf Insolvenzentschädigung im Zeitpunkt der Kon-
kurseröffnung nicht erfüllte Lohnforderungen voraus. Ent-
gegen der vorinstanzlichen Annahme verlange der Anspruch
auf Insolvenzentschädigung nicht zusätzlich und zwingend,
dass "der Arbeitnehmer" im Zeitpunkt der Konkurseröffnung
noch immer Gläubiger der Lohnforderungen, dieses Nebenrecht
der Lohnforderung mithin untrennbar mit seiner Person ver-
knüpft sei. Dagegen spreche vorab die historische (Berufung
auf BBl 1980 III 534 f.) und die teleologische Auslegung
(Hinweis auf Martin Ammann, Eine Insolvenzentschädigung für
den Arbeitnehmer?, in: SZS 1980 S. 212 ff., insbesondere
S. 225 ff., woraus unmissverständlich hervorgehe, dass das
Ziel der Insolvenzentschädigung darin bestehe, geschuldete
Lohnforderungen zu decken). Der Anspruch auf Insolvenzent-
schädigung sei weder nach den Materialien noch der Lehre
zusätzlich von der Bedingung abhängig gemacht worden, dass
der Arbeitnehmer im Zeitpunkt der Konkurseröffnung der
Arbeitgeberin Gläubiger der zu deckenden Lohnforderungen
sei. Entscheidend sei lediglich, dass im massgebenden Zeit-
punkt Lohnforderungen offen seien, d.h. diese noch nicht
erfüllt worden seien. Die Auslegung der Vorinstanz laufe
darauf hinaus, dass der Arbeitnehmer seine Lohnansprüche
faktisch nicht sofort abtreten könne, um so die entstandene
finanzielle Lücke sofort und nicht erst einige Monate spä-
ter (d.h. nach Konkurseröffnung, Anmeldung der Insolvenz-
entschädigung, Beschaffung der notwendigen Unterlagen und
Prüfung der Ansprüche durch die Arbeitslosenkasse) auszu-
füllen. Dies bedeute eine unnötige Belastung der betroffe-
nen Familien und anderseits der Sozialämter. Die Schutzbe-
stimmung von Art. 51 Abs. 1 lit. a AVIG werde ausgehöhlt.
Wie unbillig die vorinstanzliche Auslegung sei, zeige gera-
de der konkrete Fall, indem der Beschwerdeführer durch
seine "unbürokratische Loyalitätsbekundung" gehofft habe,
Betrieb und Arbeitsplätze zu erhalten. Gegen die vorin-
stanzliche Erwägung spreche schliesslich die langjährige,
gefestigte Gerichtspraxis und Doktrin zum Übergang der
betreibungsrechtlichen Vorzugsrechte (Konkursprivilegien)
gemäss Art. 219 SchKG bei der Abtretung der Lohnforderung
an den Zessionar. Es sei nicht ersichtlich, weshalb mit der
Abtretung der Lohnforderung die betreibungsrechtlichen Vor-
zugsrechte auf den Zessionar übergehen, während dies für
den Anspruch auf Insolvenzentschädigung nicht zutreffen
solle. Eine sachliche oder rechtliche Begründung für eine
derartige ungleiche und unterschiedliche Behandlung dieser
beiden Institute zum Schutze der Lohnforderungen bei Kon-
kurs der Arbeitgeberin sei nicht ersichtlich.
b) Mit diesen Vorbringen zielt der Beschwerdeführer,
ohne es zu sagen, auf eine Änderung der Rechtsprechung
gemäss ARV 1995 Nr. 22 S. 127. Danach haben bevorschussende
Dritte, Zessionare usw. keinen originären, unmittelbar aus
dem Gesetz erwachsenden Anspruch auf Insolvenzentschädi-
gung. Ein solcher steht einzig dem Arbeitnehmer zu. Der
Anspruch auf Insolvenzentschädigung kann rechtsgültig ze-
diert werden; doch setzt die Geltendmachung der Insolvenz-
entschädigung durch den Zessionar voraus, dass vorgängig in
der Person des einzig versicherten Arbeitnehmers tatsäch-
lich eine Lohnforderung entstand, die in der Folge unge-
deckt blieb (ARV 1995 Nr. 22 S. 131 Erw. 4).
c) Eine Änderung der Rechtsprechung lässt sich gegen-
über dem Postulat der Rechtssicherheit grundsätzlich nur
begründen, wenn die neue Lösung besserer Erkenntnis der
ratio legis, veränderten äusseren Verhältnissen oder gewan-
delten Rechtsanschauungen entspricht (BGE 125 V 207 Erw. 2
mit Hinweisen).
d) Die Vorbringen in der Verwaltungsgerichtsbeschwer-
de, denen mit Blick auf den Schutzzweck der Insolvenzent-
schädigung eine gewisse Berechtigung nicht abgesprochen
werden kann, erfüllen diese Voraussetzungen für eine Ände-
rung der beanstandeten Rechtsprechung indes nicht. Danach
können zedierte Lohnansprüche - bei Erfüllung der weiteren
Anspruchsvoraussetzungen - durch Ausrichtung von Insolvenz-
entschädigungen von den Arbeitslosenkassen gedeckt werden,
wenn die Abtretung nach Konkurseröffnung erfolgte. Eine
Vorverlegung dieses Zeitpunktes (Zession der Lohnforderung
vor der Konkurseröffnung) vermag demgegenüber keinen An-
spruch des Dritten (Zessionars) auf Insolvenzentschädigung
zu begründen. Dem steht der Wortlaut von Art. 51 Abs. 1
lit. a AVIG ("... und ihnen [d.h. den Arbeitnehmern] in
diesem Zeitpunkt Lohnforderungen zustehen...") entgegen,
ebenso die Systematik: Der Vergleich mit Art. 219 SchKG
hält nicht Stich, weil der Anspruch auf Insolvenzentschä-
digung kein Nebenrecht zur arbeitsvertraglichen Lohnforde-
rung darstellt, sondern eine eigenständige gesetzliche An-
spruchsberechtigung gegenüber der Arbeitslosenversicherung.
Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:
I. Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.
II. Es werden keine Gerichtskosten erhoben.
III. Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversiche-
rungsgericht des Kantons Zürich, dem Amt für Wirt-
schaft und Arbeit, Zürich, und dem Staatssekretariat
für Wirtschaft zugestellt.
Luzern, 26. Mai 2000
Im Namen des
Eidgenössischen Versicherungsgerichts
Der Präsident der II. Kammer:
Der Gerichtsschreiber: