BGer 1P.274/2000 |
BGer 1P.274/2000 vom 07.07.2000 |
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1P.274/2000/sch
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I. OEFFENTLICHRECHTLICHE ABTEILUNG
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7. Juli 2000
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Es wirken mit: Bundesrichter Aemisegger, Präsident der
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I. öffentlichrechtlichen Abteilung, Bundesrichter Nay,
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Bundesrichter Aeschlimann und Gerichtsschreiber Sassòli.
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In Sachen
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M.X.________, Beschwerdeführerin, vertreten durch Rechtsanwalt Andreas Josephsohn, Lutherstrasse 4, Postfach, Zürich,
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gegen
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K.X.________, Beschwerdegegnerin, vertreten durch Rechtsanwältin Dr. Gabriela Wyss, Dufourstrasse 95, Zürich, Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich, Kassationsgericht des Kantons Zürich,
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betreffend
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Art. 9, 29 Abs. 2 und 32 BV; Art. 6 Ziff. 3 lit. a EMRK
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(Strafverfahren), hat sich ergeben:
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A.- Das Obergericht des Kantons Zürich sprach W.X.________ am 2. Oktober 1997 schuldig der mehrfachen qualifizierten Freiheitsberaubung, der mehrfachen Unzucht mit einem Kind und der mehrfachen Nötigung zu einer anderen unzüchtigen Handlung und verurteilte ihn deswegen zu 14 Jahren Zuchthaus. Ihm wurde im Wesentlichen zur Last gelegt, er habe zum Nachteil seiner am 13. August 1973 geborenen Tochter K.X.________ in dem von der vierköpfigen Familie gemeinsam bewohnten Haus in der Zeit von ca. August 1981 bis ca. August 1991 verschiedene Straftaten begangen. Er habe seine Tochter im genannten Zeitraum mehrfach auf verschiedene Weise, oft während mehrerer Stunden, gefesselt und sie zum Beischlaf sowie zur Vornahme und zur Duldung anderer unzüchtiger Handlungen gezwungen.
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Am 24. April 1998 sprach das Geschworenengericht des Kantons Zürich M.X.________, die geschiedene Ehefrau von W.X.________, der Gehilfenschaft zu mehrfacher Freiheitsberaubung schuldig und bestrafte sie mit zwei Monaten Gefängnis, wobei es ihr den bedingten Strafvollzug gewährte.
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Von der Anklage der mehrfachen qualifizierten Freiheitsberaubung und der Gehilfenschaft zu den übrigen Taten ihres früheren Mannes wurde sie freigesprochen. Die Verurteilung beruht auf dem Vorwurf, sie sei als Mutter der Geschädigten nicht eingeschritten, als deren Vater dieser im Kinderbett hinter dem Rücken die Hände mit Handschellen fesselte.
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Mindestens zwei mal habe sie von solchen Fesselungen, die als "Strafe" für die Wegnahme von Geld und einer Kreditkarte der Mutter erfolgten, gewusst. Die Fesselungen wurden als (vollendete) Freiheitsberaubung qualifiziert, weil das Geschworenengericht annahm, zum betreffenden Zeitpunkt sei die Geschädigte noch nicht im Besitze der Schlüssel zu den Handschellen gewesen. Mit durch Handschellen auf dem Rücken zusammengebundenen Händen habe sie das Obergeschoss des elterlichen Hauses nicht verlassen können, da so bei einem Hinabsteigen über die sehr steile Treppe höchste Unfall- und Verletzungsgefahr bestanden hätte.
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Gegen diesen Entscheid des Geschworenengerichts führte M.X.________ Nichtigkeitsbeschwerde an das Kassationsgericht des Kantons Zürich. Sie machte geltend, die erwähnten Annahmen des Geschworenengerichts seien willkürlich und hätten ihre Verfahrensrechte, unter anderem teilweise den Anklagegrundsatz und den Grundsatz "in dubio pro reo" verletzt. Im Weiteren rügte sie, das Geschworenengericht habe zu ihrem Antrag auf Zusprechung einer Genugtuung nicht Stellung genommen. Mit Urteil vom 6. März 2000 hiess das Kassationsgericht die Nichtigkeitsbeschwerde teilweise gut und wies die Sache zum Entscheid über die beantragte Genugtuung an das Geschworenengericht zurück. Die übrigen Rügen wies das Kassationsgericht ab.
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B.- Gegen den Entscheid des Kassationsgerichts vom 6. März 2000 führt M.X.________ staatsrechtliche Beschwerde mit dem Antrag, ihn aufzuheben und das Verfahren an das Kassationsgericht zurückzuweisen. Sie rügt, die Annahme, die Gegenstand ihrer Verurteilung bildenden Fesselungen hätten stattgefunden, bevor ihre Tochter im Besitze der Schlüssel zu den Handschellen gewesen sei, verletze Art. 9, 29 Abs. 2 und 32 Abs. 1 BV. Die Begründung der Freiheitsberaubung mit der engen, steilen Treppe verletze das Anklageprinzip. Ihr Wissen um die beiden Fesselungen sei in willkürlicher Beweiswürdigung und mit einer die Unschuldsvermutung verletzenden Begründung festgestellt worden.
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Die Staatsanwaltschaft und das Kassationsgericht des Kantons Zürich verzichten darauf, zur staatsrechtlichen Beschwerde Stellung zu nehmen. Die Geschädigte lässt sich nicht vernehmen.
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Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
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1.- Beim angefochtenen Entscheid handelt es sich um einen letztinstanzlichen kantonalen Endentscheid, der mit staatsrechtlicher Beschwerde anfechtbar ist, soweit er die kantonale Nichtigkeitsbeschwerde gegen die Verurteilung der Beschwerdeführerin abweist (Art. 86 und 87 OG). Da auch die übrigen Sachurteilsvoraussetzungen erfüllt sind, ist auf die Beschwerde einzutreten.
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2.- Die Beschwerdeführerin rügt, ihr Wissen um die beiden ihr vorgeworfenen Fesselungen der Geschädigten hätten Kassationsgericht und Geschworenengericht in willkürlicher Beweiswürdigung festgestellt. Zu Recht setzt sie sich dabei sowohl mit der Beweiswürdigung des Geschworenengerichts wie auch mit deren Beurteilung durch das Kassationsgericht auseinander (BGE 125 I 492 E. 1a/cc S. 494 f.).
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a) Den kantonalen Gerichten steht bei der Feststellung des Sachverhaltes und der Würdigung des Beweisergebnisses ein weiter Ermessensspielraum zu (BGE 115 Ib 446 E. 3a S. 450; 112 Ia 369 E. 3). Die Beweiswürdigung ist nicht schon dann willkürlich, wenn vom Sachrichter gezogene Schlüsse nicht mit der Darstellung des Beschwerdeführers übereinstimmen. Das Bundesgericht greift nur ein, wenn die tatsächlichen Feststellungen offensichtlich falsch sind oder auf einem offenbaren Versehen beruhen, wenn sie mit der tatsächlichen Situation in klarem Widerspruch stehen, wenn sie sich in entscheidende Widersprüche verwickeln, oder wenn Feststellungen ohne jede Beweisgrundlage getroffen werden.
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Willkürlich ist auch eine Beweiswürdigung, welche einseitig einzelne Beweise berücksichtigt (vgl. zum Ganzen BGE 118 Ia 28 E. 1b S. 30; 116 Ia 85 E. 2b S. 88, je mit Hinweisen).
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Das Bundesgericht prüft frei, ob das Kassationsgericht auf eine in einer kantonalen Nichtigkeitsbeschwerde gegen ein Urteil des Geschworenengerichts vorgebrachte Rüge der willkürlichen Beweiswürdigung hin zu Unrecht Willkür verneint und diese Verfassungsverletzung nicht behoben hat (BGE 125 I 492 E. 1a/cc S. 494 mit Hinweis).
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b) Dass die Beschwerdeführerin um die beiden Gegenstand ihrer Verurteilung wegen Gehilfenschaft bildenden Fesselungen gewusst habe, stützte das Geschworenengericht auf eine Antwort der Geschädigten auf eine Frage eines Richters vor Geschworenengericht. Der Richter fragte: "Sah die Mutter, dass Sie gefesselt ins Bett mussten? Wusste sie es?" Darauf antwortete die Geschädigte gemäss Protokoll der geschworenengerichtlichen Verhandlung:
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"Ja. Sie wusste es auf jeden Fall. Ich habe gestohlen
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und das Fesseln mit den Handschellen war die
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Strafe und gleichzeitig auch eine Schutzmassnahme
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über Nacht. Meine Mutter wusste es. Ob diese Strafe
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von ihr aus kam, weiss ich nicht, auf jeden Fall
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war sie aber darüber informiert. Mein Vater zog
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mir am Morgen dann die Handschellen wieder ab."
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Die Beschwerdeführerin rügte vor Kassationsgericht, es sei willkürlich, ihr Wissen mit dieser Aussage zu begründen, ohne dass die Zeugin je gefragt worden sei, weshalb ihre Mutter von den Fesselungen gewusst habe. Das Kassationsgericht hält die Beweiswürdigung des Geschworenengerichts zu dieser Frage mit drei Begründungen nicht für willkürlich.
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Zunächst ruft es in Erinnerung, dass geschworenengerichtliche Beweisverhandlungen vom Prinzip des Zweiparteienverfahrens geprägt seien und es daher an der Beschwerdeführerin gelegen hätte, die von ihr aufgerufene Zeugin nach dem Grund ihres Wissens zu fragen, was sie auch mehrfach getan habe. Im Weiteren zeige die Bestimmtheit der Aussage der Geschädigten, wenn sie mit ihren unbestimmten Antworten zum Wissen der Mutter über andere Verfehlungen des Vaters verglichen werde, dass die Aussage auf eigentliche Wahrnehmungen gestützt sei. Schliesslich wirke die Aussage der Geschädigten auch deshalb glaubhaft, weil die Fesselungen eine "Strafe" für (und Schutzmassnahme gegen) gegenüber der Beschwerdeführerin begangene Diebstähle gewesen seien. Dass die Beschwerdeführerin angesichts dessen von den Fesselungen gewusst habe, sei naheliegend und bedürfe keiner näheren Erläuterung.
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c) Im Folgenden ist zu prüfen, ob die genannten Begründungen für das Wissen der Beschwerdeführerin um die Fesselungen angesichts der in der Beschwerde dagegen vorgebrachten Rügen vor den angerufenen verfassungsmässigen Rechten standhalten.
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aa) Zunächst folgerte das Kassationsgericht aus der Tatsache, dass die Fesselungen "Strafen" für gegen die Beschwerdeführerin gerichtete Handlungen ihrer Tochter gewesen seien, dass die Mutter von ihnen gewusst habe. Diese Beweiswürdigung ist mit sachlichen Gründen schlechthin nicht vertretbar, zumal die Geschädigte ausdrücklich aussagte, sie wisse nicht, ob die "Strafe" von ihrer Mutter aus gekommen sei. Wenn die Mutter die "Strafe" weder verhängt noch ausgeführt hat, ergibt sich aus der blossen Tatsache, dass es sich um eine "Strafe" für Handlungen gegen die Mutter handelte, keineswegs ohne Weiteres, dass diese davon wissen musste. Dieser Schluss bedürfte vielmehr einer näheren Erläuterung. Die gegenteilige Auffassung des Kassationsgerichts im angefochtenen Entscheid verstösst gegen Art. 9 BV.
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bb) Weiterhin stützte das Kassationsgericht den Vorwurf, die Beschwerdeführerin habe um die Fesselungen gewusst, einzig auf die entsprechende bestimmte Aussage der Tochter vor Geschworenengericht. Die Beschwerdeführerin rügt, dies sei willkürlich, weil die Tochter nie den Grund ihres Wissens erläutert habe.
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Zeugen machen Aussagen über ihre Wahrnehmungen, Handlungen oder Unterlassungen. Das Wissen ihrer Mutter konnte die Geschädigte nicht wahrnehmen. Sie konnte nur aus anderen Wahrnehmungen darauf schliessen, etwa aus Erklärungen der Mutter ihr gegenüber, der Anwesenheit der Mutter bei Verhängung oder Ausführung der "Strafe" oder Informationen, die sie ihrer Mutter gegeben hatte. Durch ihre blosse Aussage, ihre Mutter habe von den Fesselungen gewusst, legt die Zeugin ihre Wahrnehmungen nicht offen. Die Würdigung z.B. von blossen Indizien, aus denen eine Zeugin auf das Wissen der Angeklagten schliesst, ist Aufgabe des Gerichts. Es verletzt den Grundsatz der freien Beweiswürdigung, wenn dieses sich nicht selbst und selbständig mit den Beweistatsachen auseinandersetzt und die Bewertung der verfügbaren Beweismittel nicht eigens vornimmt, sondern dies einem Zeugen überlässt (vgl. Jürg Müller, Der Grundsatz der freien Beweiswürdigung im Strafprozess, 1992, S. 120 f.).
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Das Gericht muss also zumindest wissen, ob und auf welche Indizien oder direkte Wahrnehmungen ein Zeuge seine Aussage stützt. Soweit es um den Beweis innerer Tatsachen von Dritten geht, entspricht somit die Regel von § 143 des Zürcher Gesetzes betreffend den Strafprozess vom 4. Mai 1919 [StPO/ ZH, LS 321]), wonach Zeugen anzuhalten sind, den Grund ihres Wissens anzugeben, einer Voraussetzung für eine Würdigung des Beweises durch das Gericht. Verzichtet ein Gericht darauf, den Grund des Wissens eines Zeugen zu kennen, so nimmt es nicht selbst eine Beweiswürdigung vor. Damit trifft es Feststellungen ohne die notwendige Beweisgrundlage. Dies verstösst gegen Art. 9 BV.
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Das Kassationsgericht stützt seine Würdigung, die bestimmte Aussage der Geschädigten über das Wissen der Beschwerdeführerin sei glaubhaft, auf die Tatsache, dass die Geschädigte die Frage, ob ihre Mutter von den übrigen Taten des Vaters wusste, entweder verneinte oder sehr vorsichtig beantwortete. Auch im Zusammenhang mit den vorgeworfenen Fesselungen habe sie spontan betont, sie wisse nicht, ob die "Strafen" von ihrer Mutter gekommen seien. Dies spreche für den Wahrheitsgehalt der bestimmten Belastung. Diese Überlegungen wären sachgerecht, wenn es um die Glaubwürdigkeit und Glaubhaftigkeit von Aussagen über offengelegte Wahrnehmungen der Geschädigten ginge. Sie können aber nicht Aussagen der Zeugin, die auf nicht bekannten Wahrnehmungen beruhen, zur tauglichen Grundlage für eine Verurteilung machen, wenn das Gericht nicht in der Lage war, die Aussage der Zeugin zu würdigen, weil ihm deren Wahrnehmungen nicht bekannt waren.
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cc) Das Kassationsgericht begründet seinen Schluss, dass die Verurteilung der Beschwerdeführerin dennoch auf die Aussage der Geschädigten gestützt werden könne, damit, dass es an der Verteidigung gelegen hätte, die Zeugin nach dem Grund ihres Wissens zu fragen. Im Übrigen sei die Geschädigte - unter anderem vom Verteidiger der Beschwerdeführerin - mehrfach nach dem Grund ihres Wissens um das Wissen ihrer Mutter gefragt worden. Letzteres trifft zu. Die entsprechenden Fragen betrafen aber immer das allgemeine Wissen der Mutter um die Verfehlungen des Vaters und fanden unbestimmte Antworten. Die Geschädigte wurde hingegen nie spezifisch nach dem Grund ihrer Gewissheit gefragt, dass die Mutter von den beiden Fesselungen wusste, wegen derer diese schliesslich verurteilt wurde. Auch das Kassationsgericht führt nicht aus, dass die Tochter dazu irgendwelche Angaben gemacht hätte. Somit fragt sich, ob das Kassationsgericht zu Recht erwägen durfte, es sei an der Beschwerdeführerin gewesen, Fragen zum Grund des Wissens der Zeugin zu stellen.
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In der Beschwerde wird gerügt, diese Erwägung sei willkürlich und verletze den Grundsatz "in dubio pro reo" als Beweislastregel.
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Der Grundsatz "in dubio pro reo" ist ein Aspekt der Unschuldsvermutung, die in Art. 32 Abs. 1 BV und in Art. 6 Ziff. 2 EMRK verankert ist. Er ist zugleich eine Beweislastregel und eine Beweiswürdigungsregel (vgl. ausführlich BGE 120 Ia 31 E. 2 S. 33-38 und zuletzt BGE 124 IV 86 E. 2a S. 87 f.). Nach der Beweislastregel ist es Sache der Anklagebehörde, die Schuld der Angeklagten zu beweisen, und nicht Aufgabe der letzteren, ihre Unschuld nachweisen. Die Maxime ist verletzt, wenn sich aus der Begründung eines Strafurteils ergibt, dass der Strafrichter von der falschen Meinung ausging, die Angeklagte habe ihre Unschuld zu beweisen, und dass er sie verurteilte, weil ihr dieser Beweis misslang. Ob sich bei objektiver Betrachtungsweise aus dem Urteil des Sachrichters eine derartige Verletzung der Beweislastregel ergibt, prüft das Bundesgericht mit freier Kognition (vgl. zum Ganzen BGE 120 Ia 31 E. 2d S. 37 und E. 3 S. 39).
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Die Geschädigte wurde zunächst von der Staatsanwaltschaft als Zeugin aufgerufen. Daraufhin hat sie auch die Verteidigung als Zeugin benannt. Vor Geschworenengericht gelten die Grundsätze des Zweiparteienverfahrens. Trotzdem war es nach dem Grundsatz "in dubio pro reo" als Beweislastregel Aufgabe der Anklage, der Beschwerdeführerin ihr Wissen um die Fesselungen nachzuweisen. Da das Vorhandensein dieses Wissens auf die Aussage der Geschädigten gestützt wurde, war letztere in diesem Punkt Belastungszeugin. Es lag somit am Staat, dafür zu sorgen, dass deren Aussage den Anforderungen an eine beweiskräftige Zeugenaussage genügt, wenn er darauf eine Verurteilung stützen wollte. Dazu gehört nach § 143 StPO/ZH, dass die Zeugin anzuhalten ist, den Grund ihres Wissens anzugeben. Es verstösst gegen den Grundsatz "in dubio pro reo" als Beweislastregel, wenn das Kassationsgericht von der Angeklagten verlangt, dass sie die Zeugen nach dem Grund dieses Wissens fragt. Damit müsste sie das Zeugnis beweiskräftig machen (vgl. vorne E. 2c/bb). Die Beschwerdeführerin macht zu Recht geltend, ein solches Nachfragen wäre ein grober Verteidigungsfehler ihres Anwalts gewesen. Es ist nach der Beweislastregel "in dubio pro reo" allein Pflicht der Anklage, den Beweis für die Schuld der Angeklagten zu erbringen. Auch im Verfahren vor einem Geschworenengericht darf nicht von einer Angeklagten verlangt werden, dass sie die Vorwürfe der Staatsanwaltschaft widerlegt. Zwar verstösst es nicht gegen den Grundsatz "in dubio pro reo", von einer Angeklagten zu verlangen, für von ihr vorgebrachte Alternativerklärungen für den der Anklage zugrunde liegenden Sachverhalt die erforderlichen Beweise vorzubringen und diese andernfalls als unglaubhafte Schutzbehauptungen zu würdigen. Hingegen bedeutet es eine Umkehr der Beweislast, die Beweiskraft einer Aussage einer Belastungszeugin damit zu begründen, dass die Verteidigung es unterlassen habe, nähere Fragen zu stellen, welche die Aussage beweiskräftig gemacht hätten. Das angefochtene Urteil verletzt somit im dargelegten Sinne den Grundsatz "in dubio pro reo" und damit die in Art. 32 Abs. 1 BV sowie Art. 6 Ziff. 2 EMRK verankerte Unschuldsvermutung.
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3.- Da keine der Begründungen des angefochtenen Urteils für das Wissen der Beschwerdeführerin um den ihr vorgeworfenen Sachverhalt vor der Verfassung standhält, ist die Beschwerde gutzuheissen. Der angefochtene Entscheid ist aufzuheben, soweit er die kantonale Nichtigkeitsbeschwerde abweist.
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Die übrigen Rügen der Beschwerdeführerin brauchen nicht beurteilt zu werden. Diese betreffen Fragen im Zusammenhang mit Erwägungen des Kassationsgerichts zu Feststellungen im Urteil des Geschworenengerichts, die sich möglicherweise nicht mehr, jedenfalls aber nicht mehr unter den gleichen Umständen stellen.
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Der privaten Beschwerdegegnerin sind weder Gerichtskosten noch eine Parteientschädigung an die Beschwerdeführerin aufzuerlegen, da sie sich am bundesgerichtlichen Verfahren nicht beteiligt hat. Dem Kanton Zürich werden keine Gerichtskosten auferlegt (Art. 156 Abs. 2 OG). Er hat hingegen die Beschwerdeführerin für das bundesgerichtliche Verfahren angemessen zu entschädigen (Art. 159 Abs. 1 und 2 OG).
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Demnach erkennt das Bundesgericht:
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1.- Die staatsrechtliche Beschwerde wird gutgeheissenund der Entscheid des Kassationsgerichts des Kantons Zürich vom 6. März 2000 aufgehoben, soweit er die kantonale Nichtigkeitsbeschwerde abweist.
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2.- Es werden keine Gerichtskosten erhoben.
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3.- Der Kanton Zürich hat die Beschwerdeführerin für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 2'500.-- zu entschädigen.
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4.- Dieses Urteil wird den Parteien, der Staatsanwaltschaft sowie dem Kassationsgericht des Kantons Zürich schriftlich mitgeteilt.
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______________
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Lausanne, 7. Juli 2000
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Im Namen der I. öffentlichrechtlichen Abteilung
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des SCHWEIZERISCHEN BUNDESGERICHTS
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Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:
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