[AZA 7]
C 418/99 Gb
IV. Kammer
Bundesrichter Borella, Rüedi und Bundesrichterin Leuzinger;
Gerichtsschreiber Grünvogel
Urteil vom 20. Juli 2000
in Sachen
K.________, 1959, Beschwerdeführerin,
gegen
Aargauische Arbeitslosenkasse Industrie Handel Gewerbe, Entfelderstrasse 11, Aarau, Beschwerdegegnerin,
und
Versicherungsgericht des Kantons Aargau, Aarau
A.- Die 1959 geborene K.________ bezog von der Aargauischen Arbeitslosenkasse Industrie Handel Gewerbe (im Folgenden Kasse) seit Anfang Juli 1997 Arbeitslosenentschädigungen. Bei der von ihr zuletzt vor Eintritt der Arbeitslosigkeit ausgeübten Tätigkeit handelte es sich um eine Vollzeitstelle. Die monatlichen Taggeldabrechnungen beruhten aber auf der Grundlage einer Vermittlungsfähigkeit für Teilzeitpensen von 50 % einer Vollzeitstelle, weil K.________ von Ärzten wegen Rückenbeschwerden nur noch als zu 50 % arbeitsfähig betrachtet wurde.
Anfang Juli 1998 gelangte die Versicherte an das Regionale Arbeitsvermittlungszentrum RAV (nachfolgend RAV) mit dem Hinweis, ab 1. Juli 1998 wieder voll arbeitsfähig zu sein. Zur Bekräftigung ihrer Aussage legte sie dabei ein Arztzeugnis des Dr. T.________ vom 1. Juli 1998 ein. Am 27. Juli 1998 reichte sie der Kasse das Formular "Angabe der versicherten Person" für den Monat Juli 1998 ein, worin sie angab, nunmehr im Umfang von 100 % Arbeit zu suchen. Die Kasse rechnete die Taggelder für die Kontrollperiode Juli 1998 - wie bisher - auf der Grundlage einer Vermittlungsfähigkeit für eine Teilzeitbeschäftigung im Umfang von 50 % einer Vollzeitstelle ab (Abrechnung vom 29. Juli 1998), worauf K.________ sowohl beim RAV als auch bei der Kasse intervenierte. Letzterer teilte K.________ mit einer postalisch per Express zugestellten Bestätigung vom 11. August 1998 mit, dass sie seit dem 1. Juli 1998 eine Vollzeitbeschäftigung suche, was sie dem RAV mittels Abgabe des Arztzeugnisses bereits im vorigen Monat mitgeteilt habe.
B.- Auch erhob sie beim Versicherungsgericht des Kantons Aargau Beschwerde, welche mit Entscheid vom 19. Oktober 1999 abgewiesen wurde.
C.- K.________ führt Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit dem Antrag, unter Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheids sowie der Taggeldabrechnung vom 29. Juli 1998 sei ihr für den Kontrollmonat Juli 1998 ein auf einer uneingeschränkten Vermittlungsfähigkeit beruhendes Taggeld auszurichten.
Die Kasse schliesst auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde.
Das Staatssekretariat für Wirtschaft (seco) hat sich nicht vernehmen lassen. Das als Mitbeteiligter beigeladene RAV gibt eine Stellungnahme ab, enthält sich aber eines Antrages.
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:
1.- a) Der Arbeitslose muss seinen Entschädigungsanspruch für jede Kontrollperiode (=Kalendermonat; Art. 27a AVIV in Verbindung mit Art. 18 Abs. 2 AVIG) einzeln bei der Kasse geltend machen (Art. 20 AVIG). Dabei muss der Versicherte ab der zweiten Kontrollperiode gemäss Art. 29 Abs. 2 AVIV (in der bis Ende 1999 geltenden Fassung) seinen Kontrollausweis oder die Kopie seiner Kontrolldaten (lit. a), die Arbeitsbescheinigungen für Zwischenverdienste (lit. b), den Nachweis seiner persönlichen Arbeitsbemühungen (lit. c) und weitere Unterlagen, welche die Kasse zur Beurteilung seines Anspruchs verlangt (lit. d), vorlegen.
Mit der Inbetriebnahme der RAV (im Kanton Aargau am 1. Januar 1998) wurde u.a. als Kontrollnachweis im Sinne von lit. a der besagten Bestimmung neu das Formular "Angaben der versicherten Person" eingeführt (vgl. Art. 29 Abs. 2 AVIV in der nunmehr seit 1. Januar 2000 geltenden Fassung).
b) Zweck von Art. 29 AVIV als Ausführungsbestimmung zu Art. 20 Abs. 1 und 2 AVIG ist es, zusammen mit Art. 20 Abs. 3 AVIG, wonach der Anspruch auf Arbeitslosenentschädigung erlischt, wenn er nicht innert dreier Monate nach dem Ende der Kontrollperiode, auf die er sich bezieht, geltend gemacht wird, der Arbeitslosenkasse die rechtzeitige Prüfung der Anspruchsvoraussetzungen und Bemessungsgrundlagen zu ermöglichen und allfällige Missbräuche zu verhindern (BGE 113 V 68 Erw. 1b; Nussbaumer, Arbeitslosenversicherung, in: Schweizerisches Bundesverwaltungsrecht [SBVR], S. 106 Rz 272).
b) Hat der Versicherte fristgerecht (Art. 20 Abs. 3 AVIG; BGE 114 V 123 Erw. 3a mit Hinweisen; ARV 1993/1994 Nr. 33 S. 234 Erw. 1b) die Entschädigung geltend gemacht, prüft die Kasse die Anspruchsvoraussetzungen und bemisst die Leistung. Nötigenfalls setzt sie ihm eine angemessene Frist für die Vervollständigung der Unterlagen gemäss Art. 29 Abs. 1 oder 2 AVIV und macht ihn auf die Folgen der Unterlassung aufmerksam (Art. 29 Abs. 3 AVIV; ARV 1993/1994 a.a.O. Erw. 2b mit Hinweisen).
2.- a) Die Beschwerdeführerin reichte das seit Anfang 1998 gebräuchliche Formular "Angaben der versicherten Person" für die Kontrollperiode Juli 1998 unbestrittenermassen innert Frist (Art. 20 Abs. 3 AVIG) ein. Die darin gestellten Fragen, "Suchen Sie weiterhin im gleichen Umfang (%) eine Arbeit?" und "Falls nein, in welchem Umfang suchen Sie Arbeit?" beantwortete sie dahingehend, neu eine Vollzeitstelle zu suchen.
Gestützt auf diese Angaben war die Kasse - und ist im Beschwerdefall das Gericht - in die Pflicht genommen, der Frage nach dem im Vergleich zur Vorperiode (Juni) möglicherweise gesteigerten Vermittlungsfähigkeit nachzugehen, da dies vorliegend einen entsprechenden Einfluss auf die Höhe der Taggeldleistungen hat. Daran ändert Art. 96 Abs. 2 AVIG nichts.
b) Was von Kasse und Vorinstanz unterlassen worden ist, kann letztinstanzlich nachgeholt werden (vgl. Art. 132 OG).
Wie das RAV in seiner Stellungnahme vom 17. Januar 2000 bestätigt hat, wurde es von der Beschwerdeführerin Anfang Juli 1998 dahingehend informiert, dass sie seit dem 1. Juli 1998 vollständig arbeits- und damit auch für eine Vollzeitstelle vermittlungsfähig sei. In der Folge stellte das RAV die geltend gemachte Steigerung der Vermittlungsfähigkeit nicht in Frage. Sodann intervenierte die Versicherte unmittelbar nach Erhalt der Taggeldabrechnung für den Monat Juli 1998 sowohl bei der Kasse als auch beim RAV und verdeutlichte nochmals, seit dem 1. Juli 1998 eine Vollzeitstelle zu suchen. Umgekehrt finden sich in den Akten keine Anhaltspunkte, die auf eine fehlende Bereitschaft der Beschwerdeführerin, die per 1. Juli 1998 neu gewonnene Arbeitsfähigkeit sofort umsetzen zu wollen, schliessen lassen könnten, weshalb sich der Standpunkt der Beschwerdeführerin als begründet erweist.
Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:
I. In Gutheissung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde werden der Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons Aargau vom 19. Oktober 1999 und die Taggeldabrechnung der Aargauischen Arbeitslosenkasse Industrie Handel Gewerbe vom 29. Juli 1998 aufgehoben, und die Sache wird an die Kasse zurückgewiesen, damit diese die der Beschwerdeführerin für die Kontrollperiode Juli 1998 zustehende Arbeitslosenentschädigung im Sinne der Erwägungen neu festlege.
II. Es werden keine Gerichtskosten erhoben.
III. Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungsgericht des Kantons Aargau, dem Industrie-, Gewerbe- und Arbeitsamt des Kantons Aargau, dem Regionalen Arbeitsvermittlungszentrum RAV Wettingen und dem Staatssekretariat für Wirtschaft zugestellt.
Luzern, 20. Juli 2000
Im Namen des
Eidgenössischen Versicherungsgerichts
Der Präsident der IV. Kammer:
Der Gerichtsschreiber: