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Original
 
[AZA 0]
2A.315/2000/bol
II. OEFFENTLICHRECHTLICHE ABTEILUNG ***********************************
21. Juli 2000
Es wirken mit: Bundesrichter Hartmann, präsidierendes Mitglied
der II. öffentlichrechtlichen Abteilung, Hungerbühler,
Müller und Gerichtsschreiber Feller.
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In Sachen
I.G.________, geb. 3. August 1965, Beschwerdeführer,
gegen
Fremdenpolizei des Kantons Zürich, Bezirksgericht Zürich, Haftrichter,
betreffend
Ausschaffungshaft gemäss Art. 13b ANAG, hat sich ergeben:
A.-Der aus der Bundesrepublik Jugoslawien stammende I.G.________ reiste 1987 in die Schweiz ein und erhielt am 19. Oktober 1987 erstmals eine Aufenthaltsbewilligung, die in der Folge mehrmals verlängert wurde. Mit Urteil vom 25. Februar 1992 verurteilte ihn das Bezirksgericht Zürich wegen gewerbs- und bandenmässigen Diebstahls zu einer Gefängnisstrafe von 18 Monaten bedingt und einer bedingt aufgeschobenen Landesverweisung von sieben Jahren. Das Bezirksgericht Zürich verurteilte I.G.________ sodann am 31. August 1992 wegen Diebstahls zu sechs Monaten Gefängnis unbedingt; zugleich ordnete es den Vollzug der bedingten Freiheitsstrafe und der bedingten Landesverweisung gemäss Urteil vom 25. Februar 1992 an. Am 28. Oktober 1992, nach Verbüssung von 2/3 der Freiheitsstrafen, wurde I.G.________ nach Skopje ausgeschafft.
I.G.________ reiste bereits im Frühjahr 1993 illegal wiederum in die Schweiz ein und wurde in der Folge verschiedentlich von der Polizei angehalten, wobei er teilweise falsche Identitätspapiere auf sich trug. Mit Urteil vom 21. August 1996 erkannte ihn das Bezirksgericht Zürich des mehrfachen Diebstahls, der mehrfachen Sachbeschädigung, des mehrfachen Hausfriedensbruchs, der Fälschung von Ausweisen und des Verweisungsbruchs schuldig. Es bestrafte ihn mit zwei Jahren und neun Monaten Gefängnis unbedingt. Am 21. August 1996 wurde I.G.________ eine Einreisesperre auf unbestimmte Zeit eröffnet, und am 22. August 1996 wurde er (nach Ungarn) ausgeschafft.
Am 6. März 1997 wurde I.G.________ in Regensdorf verhaftet; er trug nicht auf ihn lautende belgische Ausweispapiere (Reisepass, Führerausweis) auf sich. Zudem wurde bei ihm eine Schusswaffe gefunden. Das Bezirksgericht Zürich verurteilte ihn am 12. Juni 1997 wegen Verweisungsbruchs zu sieben Monaten Gefängnis unbedingt.
Am 5. Juni 1997 lehnte das Bundesamt für Flüchtlinge ein Asylgesuch von I.G.________ ab, unter gleichzeitiger Anordnung der für sofort vollziehbar erklärten Wegweisung.
Die Schweizerische Asylrekurskommission wies am 19. September 1997 die dagegen erhobene Beschwerde ab.
Nachdem die Fremdenpolizei des Kantons Zürich ihn am 15. Dezember 1997 in Ausschaffungshaft genommen und der Haftrichter des Bezirksgerichts Zürich die Haft am 17. Dezember 1997 bestätigt hatte, wurde I.G.________ am 29. Dezember 1997 nach Belgrad ausgeschafft.
Schon am 19. August 1997 hatte I.G.________ die Schweizer Bürgerin C.G.________ geheiratet; mit ihr zusammen hat er zwei Kinder. [...]
Mitte August 1998 reiste I.G.________ ein weiteres Mal in die Schweiz ein, wobei er einen auf eine andere Person ausgestellten Ausländerausweis (Bewilligung C) verwendete.
Er wurde am 26. August 1998 zwecks Verbüssung der Reststrafe (von 244 Tagen Gefängnis) gemäss den früheren Urteilen in den Strafvollzug versetzt; am 25. September 1998 floh er aus der Vollzugsanstalt. Das Bundesamt für Flüchtlinge trat daher am 19. November 1998 wegen Verletzung der Mitwirkungspflicht auf das am 20. August 1998 neu gestellte Asylgesuch nicht ein und wies I.G.________ aus der Schweiz weg.
Ein Wiedererwägungsgesuch vom 15. April 1999 wies es am 11. August 1999 ab.
Am 6. April 1999 wurde I.G.________ von der Polizei aufgegriffen. Er wurde vorerst für einen slowenischen Staatsangehörigen gehalten, trug er doch einen entsprechenden Ausweis auf sich. In der Folge wurde er gemäss Vollzugsauftrag des Amtes für Straf- und Massnahmenvollzug des Kantons Zürich wiederum in den Strafvollzug zurückversetzt bzw.
weilte er in Untersuchungs- oder Sicherheitshaft. Das Obergericht des Kantons Zürich verurteilte ihn am 6. Juni 2000 in zweiter Instanz (erstinstanzliches Urteil des Bezirksgerichts Winterthur vom 3. November 1999) wegen Verweisungsbruchs, Fälschung von Ausweisen und Widerhandlung gegen fremdenpolizeiliche Vorschriften zu einer unbedingten Gefängnisstrafe von zwölf Monaten und einer Landesverweisung von zwölf Jahren.
Der Präsident der I. Strafkammer des Obergerichts des Kantons Zürich verfügte am 27. Juni 2000 die sofortige Entlassung von I.G.________ aus der Sicherheitshaft und erliess gleichentags einen Entlassungsbefehl mit der Weisung, I.G.________ der Fremdenpolizei zur Ergreifung allfälliger fremdenpolizeilicher Massnahmen zuzuführen.
Am 28. Juni 2000 nahm die Fremdenpolizei des Kantons Zürich I.G.________ in Ausschaffungshaft. Der Haftrichter des Bezirksgerichts Zürich bestätigte deren Anordnung am 29. Juni 2000 nach mündlicher Verhandlung und bewilligte die Haft bis 27. September 2000.
B.-Mit handschriftlicher Eingabe vom 9. Juli (Postaufgabe
11. Juli, Eingang beim Bundesgericht 12. Juli) 2000 hat I.G.________ Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen die Haftanordnung bzw. Haftbestätigung erhoben.
Der Haftrichter hat auf Vernehmlassung verzichtet.
Die Fremdenpolizei des Kantons Zürich beantragt Abweisung der Beschwerde.
I.G.________ hat am 16./17. Juli 2000 ergänzend Stellung genommen.
Das Bundesamt für Ausländerfragen hat sich nicht vernehmen lassen.
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1.- a) Die zuständige Behörde kann einen Ausländer in Ausschaffungshaft nehmen bzw. in dieser belassen, sofern die Voraussetzungen von Art. 13b des Bundesgesetzes über Aufenthalt und Niederlassung der Ausländer (ANAG; SR 142. 20) erfüllt sind. Danach ist erforderlich, dass ein erstinstanzlicher, nicht notwendigerweise auch rechtskräftiger Weg- oder Ausweisungsentscheid oder der Entscheid über eine strafrechtliche Landesverweisung (nicht veröffentlichte Urteile i.S. Simic vom 23. Januar 1998, E. 2, und i.S. Malushaj vom 29. August 1996, E. 2) vorliegt (vgl. BGE 121 II 59 E. 2 S. 61; 122 II 148 E. 1 S. 150), dessen Vollzug (z.B. wegen fehlender Reisepapiere) noch nicht möglich, jedoch absehbar ist. Zudem muss einer der in Art. 13b Abs. 1 ANAG genannten Haftgründe, gegebenenfalls in Verbindung mit Art. 13a ANAG, bestehen (BGE 124 II 1 E. 1 S. 3), die Ausschaffung rechtlich und tatsächlich möglich sein (vgl. Art. 13c Abs. 5 lit. a ANAG; dazu BGE 125 II 217 E. 2 S. 220), und die für den Vollzug der Wegweisung notwendigen Vorkehrungen sind umgehend zu treffen (Art. 13b Abs. 3 ANAG, Beschleunigungsgebot; vgl. BGE 124 II 49 ff.).
b) Der Beschwerdeführer ist, nachdem er ein zweites Asylverfahren eingeleitet hatte, vom Bundesamt für Flüchtlinge am 19. November 1998 asylrechtlich - rechtskräftig - aus der Schweiz weggewiesen worden. Das Obergericht des Kantons Zürich hat den Beschwerdeführer sodann am 6. Juni 2000 zu einer strafrechtlichen Landesverweisung von zwölf Jahren verurteilt; dass dagegen ein ausserordentliches kantonales Rechtsmittel ergriffen wurde, ist unerheblich, weil ein solches Rechtsmittel einerseits den Eintritt der Rechtskraft des Strafurteils nicht hemmt und andererseits die Anordnung von Ausschaffungshaft auch zur Sicherstellung einer noch nicht rechtskräftigen Landesverweisung zulässig ist (nicht veröffentlichtes Urteil des Bundesgerichts i.S. Simic vom 23. Januar 1998, E. 2b). Schliesslich war der Beschwerdeführer bereits am 25. Februar 1992 zu einer Landesverweisung von sieben Jahren verurteilt und deren Vollzug am 31. August 1992 vom Strafrichter angeordnet worden. Diese strafrechtliche Entfernungsmassnahme wurde zwar am 28. Oktober 1992 erstmals vollstreckt; der Beschwerdeführer reiste aber mehrfach in die Schweiz ein, so dass er bisher nicht sieben Jahre ausserhalb der Schweiz verbracht und die Strafe insofern nicht verbüsst hat. Ob zur Sicherstellung einer Landesverweisung, wenn der Ausländer unter anderem gestützt darauf ausgeschafft und im Hinblick darauf in Ausschaffungshaft genommen worden war, erneut Ausschaffungshaft angeordnet werden darf, kann offen bleiben, dient doch vorliegend die Ausschaffungshaft jedenfalls der Sicherstellung der aslyrechtlichen Wegweisung und der vom Obergericht ausgesprochenen Landesverweisung.
c) Die kantonalen Behörden stützen die Haft auf den Haftgrund von Art. 13b Abs. 1 lit. b in Verbindung mit Art. 13a lit. c ANAG. Danach kann der Ausländer in Ausschaffungshaft genommen werden, wenn er eine Einreisesperre missachtet hat und nicht sofort weggewiesen werden kann. Diesen Haftgrund erfüllt auch der Ausländer, welcher trotz Bestehens einer strafrechtlichen Landesverweisung in die Schweiz einreist (nicht veröffentlichte Urteile des Bundesgerichts i.S. Karam vom 3. April 1997, E. 2a/cc, und i.S. Abazi vom 11. Dezember 1995, E. 2c).
Gegen den Beschwerdeführer war am 21. August 1996 eine Einreisesperre eröffnet worden. Zudem bestand seit dem
31. August 1992 gegen ihn eine strafrechtliche Landesverweisung von sieben Jahren. Dennoch tauchte er, nach im Oktober 1996 erfolgter Ausschaffung, im März 1997 in der Schweiz auf. Nachdem er Ende 1997 wiederum ausgeschafft worden war, reiste er im August 1998 erneut in die Schweiz ein. Er missachtete beharrlich die gegen ihn angeordneten Fernhaltemassnahmen, und der geltend gemachte Haftgrund ist erfüllt.
d) Im Verfahren betreffend Ausschaffungshaft kann grundsätzlich weder die Rechtmässigkeit der vom Bundesamt für Flüchtlinge verfügten Wegweisung noch jene der am 6. Juni 2000 vom Obergericht des Kantons Zürich angeordneten Landesverweisung als solche überprüft werden (vgl. BGE 121 II 59).
Deren Vollziehbarkeit sodann steht insbesondere der Umstand nicht entgegen, dass der Beschwerdeführer mit einer Schweizer Bürgerin verheiratet ist, kann doch der Beschwerdeführer - schon allein - wegen des Bestehens der Landesverweisungen (nebst derjenigen vom 6. Juni 2000 auch derjenigen vom 25. Februar/31. August 1992, die - wie bereits erwähnt und entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers - durch blossen Zeitablauf nicht verbüsst ist) nicht mit der Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung rechnen (BGE 124 II 289), und es sind denn auch keine konkreten Schritte im Hinblick auf eine Bewilligungserteilung unternommen worden (vgl. BGE 122 II 148 E. 3 S. 152 f.).
Die vom Beschwerdeführer erwähnten und von der Fremdenpolizei selber hervorgehobenen Schwierigkeiten beim Vollzug von Wegweisungen nach der Bundesrepublik Jugoslawien sind nicht dergestalt, dass die Ausschaffung nicht doch in absehbarer Zeit bewerkstelligt werden könnte.
Der Vollzug der Wegweisung bzw. der Landesverweisung ist daher weder aus rechtlichen noch aus tatsächlichen Gründen undurchführbar, und die Haftanordnung ist auch unter dem Gesichtspunkt von Art. 13c Abs. 5 lit. a ANAG zulässig.
e) Es fragt sich, ob die Behörden das in Art. 13b Abs. 3 ANAG statuierte Beschleunigungsgebot eingehalten haben.
Die Pflicht, zielstrebig auf den Vollzug einer Wegweisung oder einer Landesverweisung hin zu arbeiten, beginnt nicht erst mit der Anordnung der Ausschaffungshaft. Ist der Ausländer vorher für die Behörden greifbar, weil er - nicht unter fremdenpolizeilichem Titel - inhaftiert ist, muss, soweit die fremdenpolizeiliche Situation eindeutig ist, die Ausschaffung vorbereitet werden. Die Straf(vollzugs)behörden und die Fremdenpolizei haben nötigenfalls zusammenzuarbeiten (BGE 124 II 49 E. 3a S. 50, sowie zahlreiche unveröffentlichte Urteile des Bundesgerichts). Die behördliche Pflicht, unverzüglich zu handeln, besteht insbesondere dann, wenn mit einiger Klarheit vorauszusehen ist, wann die Haft beendet sein wird.
Der Beschwerdeführer befand sich, bevor er in Ausschaffungshaft genommen wurde, bereits in Haft, zuletzt während mehrerer Monate in Sicherheitshaft (Hängigkeit des Berufungsverfahrens vor dem Obergericht des Kantons Zürich).
Die fremdenpolizeiliche Situation ist in seinem Fall eindeutig.
Hingegen musste die Fremdenpolizei nicht damit rechnen, dass der Beschwerdeführer am 27. Juni 2000 aus der strafrechtlich bedingten Haft (Sicherheitshaft) entlassen würde (Präsidialverfügung der Strafkammer des Obergerichts vom 27. Juni 2000). Vielmehr konnte sie annehmen, dass er eine unbedingte Freiheitsstrafe würde verbüssen müssen, und zwar gemäss Urteil des Bezirksgerichts Winterthur vom 3. November 1999 (zehn Monate Gefängnis) bis 20. August 2000, gemäss Urteil des Obergerichts vom 6. Juni 2000 (zwölf Monate Gefängnis) bis 20. Oktober 2000. Erst recht vor Eröffnung des Urteils des Obergerichts vom 6. Juni 2000 hatte sie die Eventualität einer bedingten Entlassung des Beschwerdeführers nicht ernsthaft in Betracht zu ziehen. Da keine Abklärungen über die Identität des Beschwerdeführers erforderlich waren, sondern einzig - ein weiteres Mal - bei den jugoslawischen Behörden ein Laissez-Passer zu beschaffen und ein Flug zu buchen waren, rechtfertigte es sich, diese Vollzugsschritte nicht vor einem konkreten Haftentlassungsentscheid der Straforgane zu unternehmen. Das Beschleunigungsgebot ist demnach nicht verletzt.
2.-Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde erweist sich in jeder Hinsicht als unbegründet und ist abzuweisen.
Der Beschwerdeführer würde bei diesem Verfahrensausgang kostenpflichtig (Art. 156 OG). Von der Erhebung einer Gerichtsgebühr wird indessen angesichts seiner finanziellen Verhältnisse abgesehen.
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.-Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.
2.-Es werden keine Kosten erhoben.
3.-Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, der Fremdenpolizei des Kantons Zürich, dem Bezirksgericht Zürich, Haftrichter, und dem Bundesamt für Ausländerfragen schriftlich mitgeteilt.
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Lausanne, 21. Juli 2000
Im Namen der II. öffentlichrechtlichen Abteilung
des SCHWEIZERISCHEN BUNDESGERICHTS
Das präsidierende Mitglied:
Der Gerichtsschreiber: