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Original
 
[AZA 7]
C 437/99 Vr
IV. Kammer
Bundesrichter Borella, Rüedi und Bundesrichterin Leuzinger;
Gerichtsschreiber Grünvogel
Urteil vom 11. September 2000
in Sachen
Staatssekretariat für Wirtschaft, Abteilung Arbeitsmarkt und Arbeitslosenversicherung, Bundesgasse 8, Bern, Beschwerdeführer,
gegen
R.________ AG, Beschwerdegegnerin,
und
Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich, Winterthur
A.- Gestützt auf die Ergebnisse einer Arbeitgeberkontrolle verpflichtete die Arbeitslosenkasse der Gewerkschaft Bau & Industrie GBI die Firma R.________ AG mit Verfügung vom 12. Dezember 1995, bereits ausbezahlte Kurzarbeitsentschädigungen im Betrag von Fr. 61'228. 10 zurückzuerstatten. Eine dagegen erhobene Beschwerde wies das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich mit Entscheid vom 2. Dezember 1996 rechtskräftig ab.
Ein am 12. März 1997 gestelltes Erlassgesuch wies das Kantonale Amt für Industrie, Gewerbe und Arbeit, Zürich (heute Amt für Wirtschaft und Arbeit, nachfolgend AWA) mit Verfügung vom 17. Juli 1997 wegen fehlender Gutgläubigkeit beim Leistungsbezug ab.
B.- Die hiegegen von der Firma erhobene Beschwerde hiess das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich mit Entscheid vom 5. November 1999 teilweise gut, hob die Verfügung vom 17. Juli 1997 insoweit auf, als der Firma bezüglich der Auszahlung der Kurzarbeitsentschädigungen im Betrag von Fr. 61'010. 10 der gute Glaube abgesprochen wurde, und wies die Sache an das AWA zurück, damit es den Härtefall prüfe.
C.- Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde beantragt das Staatssekretariat für Wirtschaft (seco), der angefochtene Entscheid sei aufzuheben.
Das AWA verzichtet auf eine Stellungnahme. Die Firma hat sich nicht vernehmen lassen.
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:
1.- Die Frage der Rückerstattungspflicht hat das Sozialversicherungsgericht mit Entscheid vom 2. Dezember 1996 bereits rechtskräftig beurteilt. Streitig und zu prüfen ist einzig, ob die Rückerstattungsschuld zu erlassen ist. Nach ständiger Rechtsprechung geht es somit nicht um die Bewilligung oder Verweigerung von Versicherungsleistungen im Sinne von Art. 132 OG (BGE 122 V 223 Erw. 2, 112 V 100 Erw. 1b mit Hinweisen; ARV 1992 Nr. 7 S. 102 Erw. 1a). Das Eidgenössische Versicherungsgericht hat demnach einzig zu prüfen, ob das vorinstanzliche Gericht Bundesrecht verletzt hat, einschliesslich Überschreitung oder Missbrauch des Ermessens, oder ob der rechtserhebliche Sachverhalt offensichtlich unrichtig, unvollständig oder unter Verletzung wesentlicher Verfahrensbestimmungen festgestellt worden ist (Art. 132 in Verbindung mit Art. 104 lit. a und b sowie Art. 105 Abs. 2 OG).
2.- a) Die Vorinstanz hat die massgebliche Gesetzesbestimmung und die Grundsätze über die Voraussetzungen für den Erlass der Rückerstattung zu Unrecht bezogener Kurzarbeitsentschädigung (Art. 95 AVIG; BGE 112 V 103 Erw. 2c, 110 V 180 Erw. 3c, je mit Hinweisen; ARV 1992 Nr. 7 S. 103 Erw. 2b) zutreffend dargelegt. Darauf kann verwiesen werden. Zu ergänzen ist, dass die Verletzung einer Melde- oder Auskunftspflicht zwar die häufigste Form eines schuldhaften Verhaltens darstellt. In Betracht fallen kann aber etwa auch die Unterlassung, sich bei der Verwaltung zu erkundigen (ARV 1998 Nr. 41 S. 239 Erw. 4b mit Hinweis).
b) Hinsichtlich des guten Glaubens unterscheidet die Rechtsprechung zwischen dem guten Glauben als fehlendem Unrechtsbewusstsein und der Frage, ob sich jemand unter den gegebenen Umständen auf den guten Glauben berufen kann oder ob er bei zumutbarer Aufmerksamkeit den bestehenden Rechtsmangel hätte erkennen sollen. Die Frage nach dem Unrechtsbewusstsein gehört zum inneren Tatbestand und ist daher Tatfrage, die nach Massgabe von Art. 105 Abs. 2 OG von der Vorinstanz verbindlich beantwortet wird. Demgegenüber gilt die Frage nach der Anwendung der gebotenen Aufmerksamkeit als frei überprüfbare Rechtsfrage, soweit es darum geht, festzustellen, ob sich jemand angesichts der jeweiligen tatsächlichen Verhältnisse auf den guten Glauben berufen kann (BGE 122 V 223 Erw. 3; ARV 1998 Nr. 41 S. 237 Erw. 3, je mit Hinweisen).
3.- Die Beschwerdegegnerin war unbestrittenermassen im Besitze der Info-Service Broschüre des seco für Arbeitgeber (Ausgabe 03.92). Darin wird unter Ziff. 6 ausdrücklich festgehalten, dass Arbeitnehmer, deren Arbeitsausfall nicht bestimmbar oder deren Arbeitszeit nicht ausreichend kontrollierbar ist, keinen Anspruch auf Kurzarbeitsentschädigung haben. Weiter wird ausgeführt, dass die Erfüllung dieser gesetzlichen Bestimmung ein betriebsinternes Zeiterfassungssystem voraussetze (z.B. Stempelkarten, Stundenrapporte usw. ). Auch das für jede Abrechnungsperiode von der Firma separat eingereichte Formular "Antrag auf Kurzarbeitsentschädigung" führt auf der Vorderseite in Ziffer 2 als "Nicht anspruchsberechtigte Arbeitnehmer" solche auf, deren Arbeitsausfall nicht bestimmbar oder deren Arbeitszeit nicht ausreichend kontrollierbar ist.
Anhand dieser klaren und unmissverständlichen Hinweise hätte die Firma bei Anwendung eines Mindestmasses an Aufmerksamkeit ohne weiteres erkennen können und müssen, dass für ihre Angestellten, für welche überhaupt keine Arbeitszeitkontrolle geführt worden ist, kein Anspruch auf Kurzarbeitsentschädigung bestand. Dies gilt umso mehr, als durch Unterzeichnung des Antragsformulars bestätigt wird, dass die Arbeitnehmer nicht nur über die Einführung der Kurzarbeitszeit, sondern auch die Kontrollpflicht orientiert worden seien (Ziffer 3 des Formulars "Bestätigung durch den Arbeitgeber").
Die Verantwortlichen der Firma haben offenbar weder die Info-Service Broschüre noch das Antragsformular mit der gebotenen Aufmerksamkeit gelesen und die beantragten Gelder schliesslich auch angenommen, ohne die Kasse auf ihren Fehler aufmerksam zu machen. Diese Unterlassung kann unter den gegebenen Umständen nicht als leichte Nachlässigkeit bezeichnet werden, weshalb es an der Erlassvoraussetzung des guten Glaubens fehlt. Daran ändert der Umstand nichts, dass selbst die Verwaltung diesen offensichtlichen Fehler nicht bemerkte, vermag doch dieser Fehler die anfänglich nicht vorhandene Gutgläubigkeit angesichts des leicht erkennbaren Rechtsmangels nicht wiederherzustellen (vgl. BGE 118 V 219 Erw. 2b), was die Vorinstanz übersehen hat.
4.- Da im vorliegenden Verfahren nicht die Bewilligung oder Verweigerung von Versicherungsleistungen streitig war (Erw. 1 hievor), fällt es nicht unter die Kostenfreiheit gemäss Art. 134 OG. Entsprechend dem Verfahrensausgang werden die Gerichtskosten der Beschwerdegegnerin auferlegt (Art. 135 in Verbindung mit Art. 156 OG).
Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:
I.In Gutheissung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird der Entscheid des Sozialversicherungsgerichts des Kantons Zürich vom 5. November 1999 aufgehoben.
II.Die Gerichtskosten von Fr. 4000. - werden der Beschwerdegegnerin auferlegt.
III. Der geleistete Kostenvorschuss von Fr. 4000. - ist dem Beschwerdeführer zurückzuerstatten.
IV.Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich, der Arbeitslosenkasse der Gewerkschaft Bau & Industrie GBI, Zürich, und dem Amt für Wirtschaft und Arbeit, Arbeitslosenversicherung, Zürich, zugestellt.
Luzern, 11. September 2000
Im Namen des
Eidgenössischen Versicherungsgerichts
Der Präsident der IV. Kammer:
Der Gerichtsschreiber: