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2P.177/2000/odi
II. OEFFENTLICHRECHTLICHE ABTEILUNG ***********************************
10. Oktober 2000
Es wirken mit: Bundesrichter Wurzburger, Präsident der
II. öffentlichrechtlichen Abteilung, Hungerbühler, Müller
und Gerichtsschreiber Klopfenstein.
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In Sachen
1. M.L.________, geb. 1950,
2. D.L.________, geb. 1980, Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt Felix Barmettler, Bahnhofstrasse 8, Küssnacht am Rigi,
gegen
Regierungsrat des Kantons U r i,Obergericht des Kantons U r i, Verwaltungsrechtliche Abteilung,
betreffend
unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung
(Art. 9, Art. 29 Abs. 3 BV ), hat sich ergeben:
A.-Der aus Bosnien-Herzegowina stammende M.L.________ weilte - mit verschiedenen, teils längeren Unterbrüchen - ab 1974 bis 1991 als Saisonnier in der Schweiz. Nach einem am 6. Dezember 1991 erlittenen Arbeitsunfall erhielt er eine Kurzaufenthaltsbewilligung aus medizinischen Gründen, welche mehrmals verlängert wurde. Ab 1. März 1993 bis April 1998 wurde sein Aufenthalt im Rahmen der gruppenweisen Aufnahme (sogenannte F-Bewilligung) geregelt; in die gleiche Regelung miteinbezogen wurde der Sohn von M.L.________, D.L.________, welcher im Mai 1994 als Dreizehneinhalbjähriger zu seinem Vater in die Schweiz zog.
Am 30. Juni 1998 lehnte das Amt für Verwaltungspolizei des Kantons Uri (kantonale Fremdenpolizei) das Gesuch von M.L.________ und D.L.________ um Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung gemäss Art. 13 lit. b der Verordnung vom 6. Oktober 1986 über die Begrenzung der Zahl der Ausländer (Begrenzungsverordnung, BVO; SR 823. 21) ab. Der Regierungsrat des Kantons Uri wies die gegen diese Verfügung erhobene Verwaltungsbeschwerde am 10. November 1998 ab. Das Obergericht des Kantons Uri (Verwaltungsrechtliche Abteilung) wies am 5. Juli 1999 die gegen den regierungsrätlichen Entscheid erhobene Beschwerde im Wesentlichen ebenfalls ab. Es hiess sie bloss insofern teilweise gut, als es die Sache zu neuem Entscheid über das Gesuch um unentgeltliche Verbeiständung an den Regierungsrat zurückwies. Für das verwaltungsgerichtliche Verfahren selber wies es das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und unentgeltlichen Rechtsbeistand ab.
B.- Hiergegen gelangten M.L.________ und D.L.________ mit einer Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Bundesgericht und beantragten die Aufhebung des obergerichtlichen Entscheides, "soweit nicht Rückweisung hinsichtlich der Neuprüfung des Anspruchs auf unentgeltliche Verbeiständung an den Regierungsrat erfolgt" (vgl. Beschwerdeschrift im Verfahren 2A.549/1999). Das Bundesgericht nahm die Verwaltungsgerichtsbeschwerde als staatsrechtliche Beschwerde entgegen und wies diese ab, soweit es darauf eintrat. In seinem Urteil vom 10. November 1999 verneinte es u.a. einen Anspruch von M.L.________ und D.L.________ auf unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung im Verfahren vor dem Obergericht.
C.- Am 30. November 1999 befand der Regierungsrat des Kantons Uri neu über das an ihn zurückgewiesene Gesuch um unentgeltliche Verbeiständung und wies dieses ab.
Hiergegen erhoben M.L.________ und D.L.________ wiederum Beschwerde beim Obergericht und beantragten, es sei ihnen für das aktuelle Verfahren sowie für das mit Beschwerde vom 15. Juli 1998 vor dem Regierungsrat eröffnete Verfahren die unentgeltliche Verbeiständung bzw. die unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung zu gewähren.
Mit Entscheid vom 12. Mai 2000 wies das Obergericht die Beschwerde ab.
D.- M.L.________ und D.L.________ führen mit Eingabe vom 6. September 2000 staatsrechtliche Beschwerde beim Bundesgericht mit dem Antrag, den Entscheid des Obergerichts vom 12. Mai 2000 aufzuheben. Sodann verlangen sie für das bundesgerichtliche Verfahren die unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung.
Die Justizdirektion des Kantons Uri beantragt namens des Regierungsrates Abweisung der Beschwerde, soweit darauf einzutreten sei. Das Obergericht des Kantons Uri verzichtete unter Hinweis auf die Ausführungen im angefochtenen Entscheid auf eine Stellungnahme.
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1.- a) Angefochten ist ein Urteil des Urner Obergerichts, worin dieses über die Rechtmässigkeit der Verweigerung des prozessualen Armenrechts durch den Regierungsrat (im Beschwerdeverfahren betreffend die Erteilung einer fremdenpolizeilichen Aufenthaltsbewilligung) entschieden hat.
Dieser Entscheid ist, zumal in der Sache selber die staatsrechtliche Beschwerde bereits abgewiesen worden ist (soweit darauf einzutreten war, vgl. Urteil 2A.549/1999 vom 10. November 1999), ein kantonal letztinstanzlicher Endentscheid, gegen den im Bund kein anderes Rechtsmittel zur Verfügung steht. Die staatsrechtliche Beschwerde ist daher auch gegen diesen Entscheid zulässig (Art. 84 Abs. 2, Art. 86 Abs. 1 und Art. 87 OG ), und die Beschwerdeführer sind hierzu legitimiert (Art. 88 OG).
b) Es kann vorliegend nur (noch) darum gehen, ob sich das Obergericht in verfassungsrechtlich haltbarer Weise auf den Standpunkt stellen durfte, im Beschwerdeverfahren vor dem Regierungsrat hätten die erforderlichen Erfolgsaussichten gefehlt, weshalb kein Anspruch auf das prozessuale Armenrecht bestanden habe. Für das erste, mit Beschwerde vom 9. Dezember 1998 eingeleitete Verfahren vor dem Obergericht (welches nur noch eine Rechtskontrolle ausübte) wurde ein solcher Anspruch vom Bundesgericht bereits verneint (Urteil vom 10. November 1999, E. 2b/cc S. 7 f.).
2.- a) Gemäss Art. 29 Abs. 3 BV hat jede Person, die nicht über die erforderlichen Mittel verfügt, Anspruch auf unentgeltliche Rechtspflege, wenn ihr Rechtsbegehren nicht aussichtslos erscheint. Soweit es zur Wahrung ihrer Rechte notwendig ist, hat sie ausserdem Anspruch auf unentgeltlichen Rechtsbeistand. Dieser Anspruch gilt als verfassungsmässige Minimalgarantie auch in Verwaltungsverfahren (vgl.
BGE 122 I 267 E. 2a S. 271).
Gemäss Art. 36 der kantonalen Verordnung vom 23. März 1994 über die Verwaltungsrechtspflege (VRPV) - dessen willkürliche Anwendung die Beschwerdeführer dem Obergericht vorwerfen - kann die Behörde einem bedürftigen Beteiligten auf Antrag die unentgeltliche Rechtspflege bewilligen, sofern das Verfahren nicht aussichtslos oder mutwillig erscheint (Abs. 1). Unter den gleichen Voraussetzungen kann die Behörde einem Beteiligten einen für ihn unentgeltlichen, im Kanton praktizierenden Anwalt beigeben (Abs. 2).
Das Bundesgericht prüft frei, ob die bundesrechtlichen Minimalgarantien von Art. 29 Abs. 3 BV verletzt sind, während es die Anwendung des kantonalen Gesetzesrechts nur unter dem Gesichtswinkel des Willkürverbots prüft (vgl.
BGE 120 Ia 179 E. 3 S. 180).
b) Als aussichtslos sind nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung Prozessbegehren anzusehen, bei denen die Gewinnaussichten beträchtlich geringer sind als die Verlustgefahren und die deshalb kaum als ernsthaft bezeichnet werden können. Dagegen gilt ein Begehren nicht als aussichtslos, wenn sich Gewinnaussichten und Verlustgefahren ungefähr die Waage halten oder jene nur wenig geringer sind als diese.
Massgebend ist, ob eine Partei, die über die nötigen finanziellen Mittel verfügt, sich bei vernünftiger Überlegung zu einem Prozess entschliessen würde. Wie es sich damit verhält, prüft das Bundesgericht in rechtlicher Hinsicht mit freier Kognition (BGE 125 II 265 E. 4b S. 275; 124 I 304 E. 2c S. 306, mit Hinweisen). Ob im Einzelfall genügende Erfolgsaussichten bestehen, beurteilt sich nach den Verhältnissen zur Zeit, in der das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege gestellt wird (BGE 124 I 304 E. 2c S. 307).
c) Der Umstand, dass die kantonale Rekursinstanz im Rahmen des ihr zustehenden freien Ermessens (Art. 4 ANAG) theoretisch jedes Gesuch um Aufenthaltsbewilligung gutheissen könnte (soweit nicht bundesrechtliche Vorschriften entgegenstehen), bedeutet nicht, dass jeder Beschwerde in diesem Bereich Aussicht auf Erfolg zuerkannt werden müsste mit der Folge, dass die unentgeltliche Rechtspflege in solchen Fällen stets zu gewähren wäre. Auch darf das Bundesgericht bei der Beurteilung der Prozessaussichten nicht sein Ermessen an die Stelle jenes der Rekursinstanz setzen, d.h. es hat nicht zu prüfen, wie es entscheiden würde, wenn es selber nach freiem Ermessen über die Beschwerde zu befinden hätte (BGE 122 I 267 E. 3c S. 273). Insofern hängen die Erfolgsaussichten im Bereich, in dem kein Rechtsanspruch auf eine fremdenpolizeiliche Bewilligung besteht, von der jeweiligen kantonalen Praxis ab.
d) Es entspricht, soweit ersichtlich, der Praxis des Kantons Uri, keine ordentlichen Bewilligungen zu erteilen, wenn keiner der üblichen Bewilligungszwecke (Ausüben einer Erwerbstätigkeit, Familiennachzug usw.). gegeben bzw.
ein solcher nicht mehr erfüllt ist. Grundsätzlich kann der Ausländer auch nicht erwarten, dass Bewilligungen aus medizinischen Gründen über längere Zeit erteilt werden. Deshalb fehlt es - besondere Umstände ausgenommen - auch an der erforderlichen Erfolgsaussicht für die Erteilung der unentgeltlichen Rechtspflege, wenn gegen den erstinstanzlichen Entscheid Beschwerde erhoben wird (vgl. BGE 122 I 267 E. 3c S. 274).
Vorliegend durfte sich das Obergericht zulässigerweise auf den Standpunkt stellen, im Verfahren vor dem Regierungsrat habe es an der erforderlichen Erfolgsaussicht gefehlt. Zwar weilte der Beschwerdeführer 1 schon seit mehreren Jahren - allerdings mit verschiedenen, teils längeren Unterbrüchen - als Saisonnier im Kanton Uri. Doch war er seit einiger Zeit von der öffentlichen Fürsorge abhängig, ohne dass eine Aussicht auf Wiedereingliederung ins Erwerbsleben bestand. Auf eine medizinische Behandlung in der Schweiz war er nicht zwingend angewiesen, und den hängigen Rentenentscheid der Invalidenversicherung konnte er auch in seinem Heimatland abwarten (vgl. Entscheid des Regierungsrates vom 10. November 1998, S. 6/7). Es bestanden damit - anders als in einem ähnlich gelagerten Fall, wo der Beschwerdeführer schwer krebskrank und auf eine wirksame palliative Behandlung angewiesen war (vgl. unveröffentlichtes Urteil vom 28. August 2000 i.S. Djordjevic) - keine gewichtigen Gründe, welche allenfalls trotz Fehlens eines Rechtsanspruches ernsthafte Aussicht auf Erfolg des Rechtsmittelverfahrens hätten verschaffen können. Dass der erwähnte Entscheid des Regierungsrats (vom 10. November 1998) relativ ausführlich begründet war, ändert am Gesagten nichts, ebenso wenig der Umstand, dass der Regierungsrat die Frage der unentgeltlichen Rechtspflege im betreffenden Entscheid mangelhaft geprüft und auf Grund einer Rückweisung des Obergerichts darüber noch einmal zu befinden hatte.
e) Aus den genannten Gründen durfte auch das Obergericht für das zweite bei ihm anhängig gemachte Beschwerdeverfahren die unentgeltliche Rechtspflege mangels hinreichender Erfolgsaussicht verweigern.
3.- Die staatsrechtliche Beschwerde erweist sich als unbegründet und ist abzuweisen.
Bei diesem Verfahrensausgang haben die Beschwerdeführer die bundesgerichtlichen Kosten zu tragen (Art. 156 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 153 und 153a OG ). Ihrem Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung auch für das bundesgerichtliche Verfahren kann wegen der Aussichtslosigkeit des gestellten Rechtsbegehrens nicht entsprochen werden (Art. 152 OG). Bei der Festsetzung der Gerichtsgebühr wird der finanziellen Lage der Beschwerdeführer Rechnung getragen (Art. 153a Abs. 1 OG).
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.- Die staatsrechtliche Beschwerde wird abgewiesen.
2.- Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung wird abgewiesen.
3.- Die Gerichtsgebühr von Fr. 500.-- wird den Beschwerdeführern auferlegt, unter solidarischer Haftung.
4.- Dieses Urteil wird den Beschwerdeführern sowie dem Regierungsrat und dem Obergericht (Verwaltungsrechtliche Abteilung) des Kantons Uri schriftlich mitgeteilt.
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Lausanne, 10. Oktober 2000
Im Namen der II. öffentlichrechtlichen Abteilung
des SCHWEIZERISCHEN BUNDESGERICHTS
Der Präsident:
Der Gerichtsschreiber: