[AZA 7]
C 338/99
C 339/99 Gb
I. Kammer
Präsident Lustenberger, Bundesrichter Schön, Rüedi, Meyer
und Ferrari; Gerichtsschreiberin Kopp Käch
Urteil vom 7. Dezember 2000
in Sachen
L.________, Beschwerdeführer,
gegen
1. Industrie-, Gewerbe- und Arbeitsamt des Kantons Aargau, Rain 53, Aarau,
2. Öffentliche Arbeitslosenkasse des Kantons Aargau, Bahnhofstrasse 78, Aarau,
Beschwerdegegner,
und
Versicherungsgericht des Kantons Aargau, Aarau
A.- Der 1975 geborene L.________ arbeitete ab 8. November 1997 als Anlageberater bei der Firma W.________ AG. Er kündigte das Arbeitsverhältnis am 23. Mai 1998 per 31. Mai 1998, wobei die Kündigungsfrist in der Folge auf den 30. Juni 1998 verlängert wurde. Am 23. Juni 1998 meldete sich L.________ beim Gemeindearbeitsamt G.________ zur Arbeitsvermittlung an und beantragte gleichentags bei der Öffentlichen Arbeitslosenkasse des Kantons Aargau die Ausrichtung von Arbeitslosenentschädigung ab dem 1. Juli 1998. Die Arbeitslosenkasse ersuchte am 11. August 1998 das Industrie-, Gewerbe- und Arbeitsamt des Kantons Aargau (KIGA) um Überprüfung der Vermittlungsfähigkeit des Versicherten. Vom 30. August bis 12. Dezember 1998 absolvierte L.________ eine Sprachschule in S.________. Auf den 1. Januar 1999 meldete er sich von der Arbeitsvermittlung ab, da er am 2. Januar 1999 eine Stelle als Finanzberater bei der Firma T.________ AG antrat.
Das KIGA lehnte den ab 1. Juli 1998 geltend gemachten Anspruch auf Arbeitslosenentschädigung mit Verfügung vom 4. Februar 1999 wegen fehlender Vermittlungsfähigkeit ab. Mit Verfügung vom 23. März 1999 stellte sodann die Arbeitslosenkasse L.________ wegen selbstverschuldeter Arbeitslosigkeit ab 1. Juli 1998 für die Dauer von acht Tagen in der Anspruchsberechtigung ein.
B.- Die gegen die Verfügungen vom 4. Februar 1999 und vom 23. März 1999 gerichteten Beschwerden wies das Versicherungsgericht des Kantons Aargau je mit Entscheid vom 10. August 1999 ab.
C.- Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde beantragt L.________ die Anerkennung seiner Vermittlungsfähigkeit und somit die Bejahung des Anspruchs auf Arbeitslosenentschädigung ab 1. Juli 1998.
Das KIGA verzichtet unter Hinweis auf die Begründung der Verfügung vom 4. Februar 1999 auf eine Stellungnahme.
Das Staatssekretariat für Wirtschaft hat sich nicht vernehmen lassen.
D.- Ebenfalls mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde beantragt L.________ die Aufhebung der am 23. März 1999 verfügten Einstellung in der Anspruchsberechtigung ab 1. Juli 1998.
Die Arbeitslosenkasse schliesst auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde.
Das Staatssekretariat für Wirtschaft hat sich nicht vernehmen lassen.
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:
1.- Da den beiden Verwaltungsgerichtsbeschwerden derselbe Sachverhalt zugrunde liegt, die Frage der Einstellung in der Anspruchsberechtigung wegen selbstverschuldeter Arbeitslosigkeit hier eng mit der Frage der Vermittlungsfähigkeit zusammenhängt (vgl. ARV 1995 Nr. 18 S. 110 Erw. 3b) und die Rechtsmittel zwei gleichentags ergangene Entscheide derselben Vorinstanz betreffen, rechtfertigt es sich, die beiden Verfahren zu vereinigen und in einem einzigen Urteil zu erledigen (BGE 123 V 215 Erw. 1, 120 V 466 Erw. 1 mit Hinweisen; Poudret, Commentaire de la loi fédérale d'organisation judiciaire, Bd. 1, S. 343 unten f.).
2.- Streitig und zu prüfen ist der Anspruch auf Arbeitslosenentschädigung für die Zeit ab 1. Juli bis 29. August 1998. Ausschlaggebend dafür ist die Würdigung der Kündigung des Arbeitsverhältnisses bei der Firma W.________ AG durch den Beschwerdeführer per 30. Juni 1998 im Zusammenhang mit dem geplanten Sprachaufenthalt ab 30. August bis 12. Dezember 1998. Während das KIGA für den in Frage stehenden Zeitraum die Vermittlungsfähigkeit verneint hatte, stellte die Arbeitslosenkasse den Versicherten wegen selbstverschuldeter Arbeitslosigkeit ab 1. Juli 1998 für die Dauer von acht Tagen in der Anspruchsberechtigung ein. Da mit der Verneinung der Vermittlungsfähigkeit als einer der gesetzlichen Voraussetzungen für den Anspruch auf Arbeitslosenentschädigung der Anspruch als solcher abgelehnt wird, bei der Einstellung in der Anspruchsberechtigung indessen die Berechtigung grundsätzlich bejaht und lediglich für eine beschränkte Zeit keine Leistungen ausgerichtet werden, ist zunächst die Anspruchsberechtigung als solche und somit die Vermittlungsfähigkeit zu prüfen.
3.- a) Das kantonale Gericht hat die für die Vermittlungsfähigkeit massgebenden gesetzlichen Bestimmungen (Art. 8 Abs. 1 lit. f und Art. 15 Abs. 1 AVIG ) sowie die hierzu ergangene Rechtsprechung (BGE 125 V 58 Erw. 6a, 123 V 216 Erw. 3, 120 V 388 Erw. 3a; ARV 1993/94 Nr. 8 S. 54 Erw. 1) zutreffend dargelegt. Richtig ist insbesondere, dass nach der Rechtsprechung eine versicherte Person, die auf einen bestimmten Termin anderweitig disponiert hat und deshalb für eine neue Beschäftigung nur noch während relativ kurzer Zeit zur Verfügung steht, in der Regel als nicht vermittlungsfähig gilt. In einem solchen Fall sind nämlich die Aussichten, zwischen dem Verlust der alten und dem Antritt der neuen Stelle von einem andern Arbeitgeber angestellt zu werden, verhältnismässig gering. Entscheidend für die Beurteilung des Einzelfalles ist dabei, ob mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit angenommen werden kann, dass ein Arbeitgeber die versicherte Person für die konkret zur Verfügung stehende Zeit noch einstellen würde (BGE 110 V 208 Erw. 1; SVR 2000 AlV Nr. 1 S. 1 Erw. 2b; ARV 1991 Nr. 3 S. 24 Erw. 2b, 1990 Nr. 14 S. 84 Erw. 2a; Thomas Nussbaumer, Arbeitslosenversicherung, in: Schweizerisches Bundesverwaltungsrecht [SBVR], Soziale Sicherheit, Rz 216). b) Aus den Akten ersichtlich und unbestritten ist vorliegend, dass der Beschwerdeführer sein Arbeitsverhältnis mit der Firma W.________ AG per 30. Juni 1998 gekündigt und ab 30. August bis 12. Dezember 1998 eine Sprachschule mit Diplomabschluss in S.________ absolviert hat. In sorgfältiger Würdigung der Rechtsprechung des Eidgenössischen Versicherungsgerichts ist die Vorinstanz zu Recht zum Schluss gekommen, dass die für eine allfällige Vermittlung zur Verfügung stehende Zeit von acht Kalenderwochen und drei Arbeitstagen im konkreten Fall zu kurz war, um mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit davon ausgehen zu können, der Beschwerdeführer wäre von einem andern Arbeitgeber angestellt worden. Erschwerend war - wie das kantonale Gericht darlegt -, dass die Monate Juli und August für Bürotätigkeiten - nicht wie beispielsweise für das Gastgewerbe - typische Ferienmonate sind. Daran vermögen anders lautende Auskünfte eines Temporärbüros nichts zu ändern. Wenn der Beschwerdeführer geltend macht, er habe den Sprachaufenthalt nur als Kündigungsgrund angegeben, um eine Auseinandersetzung mit dem Geschäftsführer zu vermeiden, wohingegen er einen solchen Auslandaufenthalt in Tat und Wahrheit gar nicht beabsichtigt habe, ist ihm mit der Vorinstanz entgegenzuhalten, dass er den Sprachaufenthalt nicht nur gegenüber dem Arbeitgeber, sondern auch im Antrag auf Arbeitslosenentschädigung vom 23. Juni 1998, im Formular "Angaben der versicherten Person" für die Kontrollperiode Juli 1998 vom 20. Juli 1998 und im Fragebogen der Arbeitslosenkasse vom 2. August 1998 als Kündigungsgrund angegeben hat. Für die Suche nach einer längerdauernden oder gar unbefristeten Anstellung fehlen hingegen jegliche Anhaltspunkte. Zu den Vorbringen bezüglich Unzumutbarkeit eines weiteren Verbleibens am Arbeitsort aus moralischen und daraus folgenden gesundheitlichen Problemen schliesslich kann der Vollständigkeit halber erwähnt werden, dass gesundheitliche Beschwerden nur berücksichtigt werden könnten, wenn sie durch ein eindeutiges ärztliches Zeugnis (oder allenfalls durch andere geeignete Beweismittel) belegt sind (vgl. BGE 124 V 238 Erw. 4b/bb). KIGA und Vorinstanz haben demzufolge zu Recht auf Grund der kurzen, dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehenden Dauer die Vermittlungsfähigkeit des Beschwerdeführers verneint und den geltend gemachten Anspruch auf Arbeitslosenentschädigung ab 1. Juli 1998 abgelehnt, weshalb die dagegen eingereichte Verwaltungsgerichtsbeschwerde abzuweisen ist.
4.- Was die Frage der Einstellung in der Anspruchsberechtigung anbelangt, kann darauf hingewiesen werden, dass die Vorinstanz auch die massgebenden gesetzlichen Bestimmungen über die Einstellung in der Anspruchsberechtigung bei selbstverschuldeter Arbeitslosigkeit (Art. 30 Abs. 1 lit. a AVIG) sowie die verschuldensabhängige Dauer der Einstellung (Art. 30 Abs. 3 AVIG und Art. 45 Abs. 2 AVIV) zutreffend dargelegt hat. Zu betonen ist dabei, dass die in Art. 30 AVIG geregelte Einstellung in der Anspruchsberechtigung eben nur möglich ist, wenn sämtliche gesetzlichen Anspruchsvoraussetzungen gegeben sind (vgl. Paul Kopp, Selbstverschuldete Arbeitslosigkeit nach Arbeitslosenversicherungsrecht, Diss. Bern 1960, S. 36 f.). Diese Voraussetzungen sind in Art. 8 Abs. 1 AVIG aufgezählt. Mit der Verneinung der Vermittlungsfähigkeit ab 1. Juli 1998 fehlt nun aber die in Art. 8 Abs. 1 lit. f AVIG erwähnte Anspruchsvoraussetzung, was zur Folge hat, dass zu diesem Zeitpunkt die Rahmenfrist für den Leistungsbezug nicht zu laufen begonnen hat (Art. 9 Abs. 2 AVIG) und der Versicherungsfall der "Arbeitslosigkeit" im Sinne von Art. 1 Abs. 1 lit. a AVIG nicht eingetreten ist. Damit besteht für eine Einstellung ab 1. Juli 1998 keine Grundlage und ist demzufolge auch kein Vollzug innert sechs Monaten gemäss Art. 30 Abs. 3 AVIG möglich. Dies entspricht übrigens dem Zweck der Regelung, soll doch mit der Einstellung eine Mitbeteiligung am Schaden, den die versicherte Person in schuldhafter Weise natürlich und adäquat kausal verursacht hat, erreicht werden (Nussbaumer, a.a.O., Rz 691). War vorliegend der Beschwerdeführer in den Monaten Juli/August 1998 nicht vermittlungsfähig und demzufolge nicht anspruchsberechtigt, hat er für diese Zeit gar keinen Schaden verursacht, sodass diesbezüglich nichts vollzogen werden kann. Für die Zeit ab dem 14. Dezember 1998 schliesslich wäre eine Einstellung - wiederum unter der Voraussetzung der Bejahung der Vermittlungsfähigkeit - höchstens unter dem Aspekt der Aufgabe einer unbefristeten Stelle zwecks Sprachaufenthalt, ohne anschliessend eine neue Beschäftigung zu haben, zu prüfen. Das wurde dem Beschwerdeführer indessen nie vorgeworfen und war auch nicht Gegenstand einer Verfügung.
Die Verfügung der Arbeitslosenkasse vom 23. März 1999 ist demzufolge aufzuheben und die gegen den diesbezüglichen Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons Aargau vom 10. August 1999 gerichtete Verwaltungsgerichtsbeschwerde ist gutzuheissen.
Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:
I. Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde betreffend Anspruch auf Arbeitslosenentschädigung wird abgewiesen.
II. In Gutheissung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde betreffend Einstellung in der Anspruchsberechtigung werden der Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons Aargau vom 10. August 1999 und die Verfügung der Öffentlichen Arbeitslosenkasse des Kantons Aargau vom 23. März 1999 aufgehoben.
III. Es werden keine Gerichtskosten erhoben.
IV. Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungsgericht des Kantons Aargau und dem Staatssekretariat für Wirtschaft zugestellt.
Luzern, 7. Dezember 2000
Im Namen des
Eidgenössischen Versicherungsgerichts
Der Präsident der I. Kammer:
Die Gerichtsschreiberin: