BGer 1A.307/2000
 
BGer 1A.307/2000 vom 08.12.2000
[AZA 0/2]
1A.307/2000/boh
I. OEFFENTLICHRECHTLICHE ABTEILUNG
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8. Dezember 2000
Es wirken mit: Bundesrichter Aemisegger, Präsident der
I. öffentlichrechtlichen Abteilung, Bundesrichter Féraud,
Ersatzrichterin Pont Veuthey und Gerichtsschreiber Forster.
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In Sachen
B.________, Gesuchsteller, vertreten durch Fürsprecher Jürg Brand und Fürsprecher Martin Winterberger, Talstrasse 82, Zürich,
gegen
B undesamt für Justiz, Abteilung Internationale Rechtshilfe, Sektion Auslieferung,
betreffend
Revision des Bundesgerichtsurteils 1A.221/2000
vom 20. November 2000 (Auslieferung - B 119296-ANS), hat sich ergeben:
A.-Am 7. Juli 2000 bewilligte das Bundesamt für Justiz die Auslieferung von B.________ an die USA. Dagegen erhob der Verfolgte am 10. August 2000 Verwaltungsgerichtsbeschwerde beim Bundesgericht (im Folgenden "Beschwerde" genannt).
Mit Urteil vom 20. November 2000 (1A. 221/2000, nachfolgend "Urteil" genannt) wies das Bundesgericht die Beschwerde ab, soweit es auf sie eintrat.
B.-Am 28. November 2000 stellte B.________ beim Bundesgericht ein Revisionsgesuch. Er beantragt die Aufhebung des Urteils und die Verweigerung der Auslieferung an die USA bzw. die Bewilligung der Auslieferung nur unter verschiedenen Bedingungen und Auflagen.
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1.-Der Gesuchsteller war Partei des Beschwerdeverfahrens.
Er hat ein schutzwürdiges Interesse an der Wiederaufnahme der Streitsache und ist zur Revision legitimiert. Auf das fristgerecht eingereichte Revisionsgesuch (Art. 141 Abs. 1 lit. a OG) ist insofern einzutreten.
2.-Der Gesuchsteller ruft zunächst den Revisionsgrund von Art. 136 lit. c OG an. Er macht geltend, das Bundesgericht habe in seinem Urteil "einzelne Anträge nicht beurteilt".
a) In der Beschwerde habe er unter anderem folgendes "Rechtsbegehren" gestellt:
"Der angefochtene Entscheid sei soweit nicht die
Nicht-Auslieferung für eine Anfang Oktober 1998 im
Zusammenhang mit Leerverkäufen verübte Drohung gegenüber
einer Maklerfirma betreffend, aufzuheben
und es sei die Auslieferung an die USA einzig für
vom Gericht aufgrund des Indictments Nevada
CRS99-327 vom 17.8.1999 und New York 99 Cr 937 AKH
vom 30.9.99 und der übrigen US-Unterlagen genau bezeichneten,
nach schweizerischem Recht mit mindestens
einem Jahr Freiheitsentzug bedrohten Verhaltensweisen
des Beschwerdeführers ... (Auflage von
Höchststrafe wurde beurteilt) ... und dass der Beschwerdeführer
in den USA nicht wegen vor seiner
allfälligen Auslieferung begangenen Steuer- und/
oder Abgabedelikten oder Delikten, die ein Steuer- oder Abgabedelikt voraussetzen, verfolgt oder verurteilt
werden darf und diese auch nicht als Strafschärfungsgrund
berücksichtigt werden dürfen sowie
dass keine Verurteilung nach Titel 18 US-Code,
§ 371 (Conspiracy against the United States) erfolgen
darf.. "
Soweit aus diesen Vorbringen überhaupt ein klares und nachvollziehbares Rechtsbegehren erkennbar wird (auf welches im Beschwerdeverfahren hätte eingetreten werden können), wurde es vom Bundesgericht beurteilt:
aa) Im Urteil wurden zunächst die Haupt-Rechtsbegehren der Beschwerde zusammengefasst. Sodann erwog das Bundesgericht, auf die ausführlichen (drei Seiten umfassenden) "Eventual- und Subeventualbegehren sowie auf die erhobenen Rügen" sei "- im Rahmen der Zulässigkeit der Beschwerde - in den nachfolgenden Erwägungen" einzugehen (Urteil, S. 8, lit. F). Hingewiesen wurde auch auf die Praxis, wonach das Bundesgericht "die bei ihm erhobenen Rügen" grundsätzlich mit freier Kognition prüfe, aber "nicht verpflichtet" sei, "nach weiteren der Auslieferung allenfalls entgegenstehenden Gründen zu forschen, die aus der Beschwerde nicht hervorgehen" (Urteil, S. 10, E. 1c).
bb) In der Beschwerde war geltend gemacht worden, es könne "von einer beidseitigen Strafbarkeit nicht die Rede sein". Das Bundesgericht wies diesen Einwand mit ausführlicher Begründung zurück und bewilligte die Auslieferung für die in den USA zur Anklage gebrachten Sachverhalte "Nevada" und "New York" (nämlich bezüglich Wertschriften-Anlagebetrug ["conspiracy to commit securities fraud and wire fraud"] und Geldwäscherei). In den Urteilserwägungen wurde insbesondere dargelegt, dass die betreffenden Anklagesachverhalte auch nach schweizerischem Recht strafbar und mit mehr als einem Jahr Freiheitsentzug bedroht wären (vgl. Urteil, S. 11 - 15, E. 2).
cc) In der Beschwerde war weiter vorgebracht worden, dem Beschwerdeführer drohe in den USA "eine besonders grausame Strafe" und eine Auslieferung würde gegen Art. 3 EMRK und Art. 10 Abs. 3 BV verstossen. In Erwägung 4 des Urteils wurde dargelegt, weshalb diese Rüge unbegründet erschien.
Zusammenfassend erwog das Bundesgericht, es sei diesbezüglich kein Rechtshilfehindernis ersichtlich. "Ebensowenig" rechtfertige es sich, "die Rechtshilfe deswegen an Auflagen oder Bedingungen hinsichtlich eines allfälligen zulässigen Strafmasses zu knüpfen" (Urteil, S. 16 in fine, E. 4).
b) Sodann macht der Gesuchsteller geltend, er habe beantragt, das Rechtshilfeersuchen sei abzuweisen, "soweit Akten betreffend, welche nicht auf Briefpapier der Gesellschaft, an die Gesellschaft adressierte Schreiben und Kontobewegungen auf Konti der Gesellschaft betreffen, und es seien die nicht ausgelieferten Akten und Vermögenswerte der Gesellschaft unbeschwert auszuhändigen". Dieses Rechtsbegehren sei im Urteil nicht behandelt worden.
Auch dafür findet sich in den Prozessakten keine Stütze. Soweit aus dem Zusammenhang ersichtlich, meint der Gesuchsteller mit "der Gesellschaft" die Firma X.________, Bern, bei der Geschäftsunterlagen und Vermögenswerte beschlagnahmt und gegen die Konten- und Depotsperren angeordnet worden waren. Im Urteil wurde ausdrücklich erwogen, auf die Beschwerde könne nicht eingetreten werden, soweit der Sachauslieferungsentscheid Unterlagen und Vermögenswerte betrifft, die nicht dem Beschwerdeführer gehören, sondern der Fa. X.________ (vgl. Urteil, S. 9 f., E. 1b). In Erwägung 6 wurde dargelegt, dass dem Beschwerdeführer die Legitimation fehle, soweit Konten, Wertschriftendepots, weitere Vermögenswerte sowie Geschäftsunterlagen dieser Gesellschaft von der Sachauslieferung betroffen seien. Zulässig sei die Beschwerde, soweit persönliche Vermögensgegenstände des Beschwerdeführers erfasst würden, darunter namentlich Wertpapiere, welche die Fa. X.________ für ihn aufbewahrte. Die Beschwerde wurde auch in diesem Punkt - soweit zulässig - mit ausführlicher Begründung abgewiesen (vgl. Urteil, S. 21 - 23, E. 6a - c).
c) Aus den übrigen Vorbringen des Gesuchstellers wird ebenfalls kein Revisionsgrund im Sinne von Art. 136 lit. c OG ersichtlich.
Aus den Erwägungen des Urteils ergibt sich, dass kein Anlass bestand, die gewährte Rechtshilfe von besonderen "Auflagen und Bedingungen" abhängig zu machen (vgl. z.B. Urteil, S. 11 f., E. 2a - b; S. 15 f., E. 3; ausdrücklich S. 16, E. 4; S. 23, E. 6c). Dies gilt namentlich für das Vorbringen, der Beschwerdeführer habe die "Auflage und Bedingung" beantragt, wonach "die Verfahren in den USA" auf bestimmte Fälle "mit einer maximalen totalen Deliktssumme von USD 1'340'783 (Haftbefehl Nevada) und (...) USD 428'000 (Haftbefehl New York) beschränkt werden" müssten. Wie dem Urteil zu entnehmen ist, erlaubten weder die anwendbaren staatsvertraglichen Bestimmungen noch die Sachverhaltsdarstellung des Ersuchens eine entsprechende Einschränkung der Rechtshilfe (vgl. Urteil, S. 9, E. 1a; S. 11, E. 2a; S. 18 - 21, E. 5d).
d) Nach dem Gesagten ist der Revisionsgrund von Art. 136 lit. c OG offensichtlich nicht gegeben. Soweit der Gesuchsteller im Beschwerdeverfahren überhaupt nachvollziehbare selbständige Rechtsbegehren erhoben hat, auf welche eingetreten werden konnte, wurden diese im Urteil (zumindest konkludent) behandelt und abgewiesen.
Die vom Gesuchsteller darüber hinaus geltend gemachte unzureichende "Begründung" des Urteils (vgl. Seite 6 des Gesuches) stellt keinen zulässigen Revisionsgrund dar.
Was die Behandlung von Haupt-, Eventual- und Subeventualbegehren betrifft, ist (analog) auf den Grundsatz zu verweisen, wonach auch das Bundesgericht sich nicht mit jedem Vorbringen ausdrücklich und im einzelnen auseinander zu setzen braucht. Vielmehr genügt es, dass sein Urteil sich auf die entscheiderheblichen Gesichtspunkte beschränkt und Nebenpunkte allenfalls konkludent mitbeurteilt werden (vgl.
BGE 124 II 146 E. 2a S. 149; 123 I 30 E. 2c S. 34; 122 IV 8 E. 2c S. 14 f., je mit Hinweisen). Anders zu entscheiden hiesse, trölerischem Prozessverhalten Vorschub zu leisten.
3.-Im Weiteren ruft der Gesuchsteller den Revisionsgrund von Art. 136 lit. d OG an. Das Bundesgericht habe "in den Akten liegende erhebliche Tatsachen aus Versehen nicht berücksichtigt".
a) Er macht geltend, im Urteil sei "die Tatsache" nicht berücksichtigt worden, "dass sich das Auslieferungsersuchen bezüglich Geldwäscherei auf einen Artikel stützt, dessen Unterartikel einen rein steuerlichen Hintergrund" hätten.
aa) Es kann offen bleiben, ob es sich dabei überhaupt um eine Frage der Tatsachenfeststellung handelt (vgl.
dazu BGE 122 II 17 E. 3 S. 18 f.). Selbst wenn dies zuträfe, hätte das Bundesgericht keine erhebliche Tatsache aus Versehen nicht berücksichtigt:
bb) Im Urteil wurde dargelegt, auf welche US-Strafnormen sich das Rechtshilfeersuchen stützte. Insbesondere wurde darauf hingewiesen, dass dem Verfolgten Betrug sowie Geldwäscherei ("laundering of a monetary instrument in violation of Title 18, United States Code, Section 1956 [a][1][A][i]") vorgeworfen werde und dass der Geldwäscher "mit derselben Strafe bedroht" sei "wie der Täter der unterstützten Haupttat" (Urteil, S. 11 f., E. 2b; S. 13, E. 2e).
Der Gesuchsteller behauptet mit Recht nicht, Geldwäscherei sei nach amerikanischem Recht nur bei Fiskaldelikten strafbar.
Es wird ihm denn auch Anlagebetrug ("securities fraud") als Haupttat vorgeworfen. - Der von ihm geltend gemachte Umstand, dass die "Unterartikel" der fraglichen Strafnorm "einen rein steuerlichen Hintergrund" hätten, stellt somit keine erhebliche Tatsache dar, welche im Urteil aus Versehen nicht berücksichtigt worden wäre. Dass das Bundesgericht der Argumentation des Beschwerdeführers zur Frage der beidseitigen Strafbarkeit nicht gefolgt ist, bildet keinen Revisionsgrund (vgl. BGE 122 II 17 E. 3 S. 18 f. mit Hinweisen).
b) Analoges gilt auch für das Vorbringen, im Urteil werde "die Tatsache" nicht berücksichtigt, "dass in den US-Unterlagen nirgends geltend gemacht" werde, "dass die von den US-Behörden angeführten Umsätze auch nur teilweise einem Schaden entsprechen würden".
In der Beschwerde war die Ansicht vertreten worden, im Ersuchen und seinen Beilagen werde "nicht ein Dollar Schaden geltend gemacht". Dieser Auffassung wurde im Urteil ausführlich widersprochen (vgl. Urteil, S. 18 f., E. 5d/aa).
Dass das Bundesgericht dem Parteistandpunkt des Beschwerdeführers nicht gefolgt ist, stellt wiederum keinen Revisionsgrund dar.
c) Auch aus den übrigen Vorbringen des Gesuchstellers wird kein Revisionsgrund ersichtlich. Vielmehr wird darin appellatorische Kritik am Urteil geübt, für die der Rechtsbehelf der Revision nicht zur Verfügung steht.
4.-Nach dem Gesagten erweist sich das Revisionsgesuch, soweit darauf eingetreten werden kann, als offensichtlich unbegründet, weshalb es im Verfahren nach Art. 143 Abs. 1 OG zu erledigen ist.
Bei diesem Verfahrensausgang sind die Gerichtskosten dem Gesuchsteller aufzuerlegen (Art. 156 Abs. 1 OG).
Mit diesem Entscheid in der Sache wird das Gesuch um aufschiebende Wirkung hinfällig.
Demnach erkennt das Bundesgericht
im Verfahren nach Art. 143 Abs. 1 OG:
1.-Das Revisionsgesuch wird abgewiesen, soweit darauf eingetreten werden kann.
2.-Die Gerichtsgebühr von Fr. 3'000.-- wird dem Gesuchsteller auferlegt.
3.- Dieses Urteil wird dem Gesuchsteller sowie dem Bundesamt für Justiz, Abteilung Internationale Rechtshilfe, Sektion Auslieferung, schriftlich mitgeteilt.
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Lausanne, 8. Dezember 2000
Im Namen der I. öffentlichrechtlichen Abteilung
des SCHWEIZERISCHEN BUNDESGERICHTS
Der Präsident:
Der Gerichtsschreiber: