[AZA 0/2]
6S.831/2000/hev
KASSATIONSHOF
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15. Januar 2001
Es wirken mit: Bundesrichter Schubarth, Präsident des
Kassationshofes, Bundesrichter Schneider, Wiprächtiger
und Gerichtsschreiber Monn.
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In Sachen
X.________, Beschwerdeführer, vertreten durch Fürsprecher Markus Hitz, Möhrlistrasse 97, Zürich,
gegen
Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich,
betreffend
Strafausscheidung, hat sich ergeben:
A.- a) X.________ war zwischen 1982 und 1989 mehrfach zu Freiheitsstrafen und Bussen verurteilt worden, weil er pornographische Erzeugnisse veröffentlicht hatte.
Insbesondere war er am 16. April 1987 durch den Einzelrichter in Strafsachen am Bezirksgericht Zürich in Anwendung von Art. 204 Ziff. 1 Abs. 1 bis 3 StGB (in der früheren, heute nicht mehr geltenden Fassung) mit einer unbedingten Gefängnisstrafe von 42 Tagen sowie mit einer Busse von Fr. 20'000.-- bestraft worden; in Anwendung von Art. 58 Abs. 4 StGB (in einer ebenfalls heute nicht mehr geltenden Fassung) war er verpflichtet worden, dem Kanton Zürich den unrechtmässig erlangten Vermögensvorteil in der Höhe von Fr. 250'000.-- abzuliefern.
Am 25. Januar 1989 war er erneut durch den Einzelrichter in Strafsachen am Bezirksgericht Zürich im Sinne von Art. 204 Ziff. 1 Abs. 1 bis 3 StGB (alte Fassung) sowie wegen Tätlichkeiten und Drohungen zu einer unbedingten Gefängnisstrafe von zwei Monaten sowie zu einer Busse von Fr. 5'000.-- verurteilt worden; in Anwendung von Art. 58 Abs. 4 StGB (alte Fassung) war er verpflichtet worden, dem Kanton Zürich als Ersatzleistung für deliktisch erlangte Vermögensvorteile Fr. 80'000.-- abzuliefern.
b) Nachdem die oben erwähnten Bestimmungen und insbesondere der Tatbestand der Pornographie geändert worden waren, verlangte X.________ mit Eingabe vom 28. Dezember 1999 beim Einzelrichter in Strafsachen am Bezirksgericht Zürich eine Strafausscheidung betreffend Bussen und Ersatzforderungen des Staates, zu deren Zahlung er noch vor der Revision des Sexualstrafrechts verpflichtet worden war. Dabei bezog er sich auf die genannten Urteile des Einzelrichters vom 16. April 1987 und vom 25. Januar 1989.
Der Einzelrichter trat mit zwei Verfügungen vom 5. April 2000 auf die Gesuche nicht ein.
c) Gegen diese Verfügungen rekurrierte X.________ beim Obergericht des Kantons Zürich.
Dieses trat am 22. August 2000 auf den Rekurs nicht ein (Dispositiv Ziffer 1). Es erkannte zudem, in Anwendung von Ziff. 1 der Anordnungen des Kreisschreibens der Verwaltungskommission des Obergerichts vom 23. August 1989 werde das Gesuch betreffend Herabsetzung oder Erlass gerichtlich festgesetzter staatlicher Ersatzforderungen an das Vollzugsamt der Justizdirektion des Kantons Zürich weitergeleitet (Dispositiv Ziffer 2).
B.- X.________ führt eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde und beantragt, der Entscheid des Obergerichts sei aufzuheben. Das Obergericht sei anzuweisen, die Sache zwecks Eintreten auf das Ausscheidungsbegehren an den Einzelrichter zurückzuweisen, eventuell selber darauf einzutreten.
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1.- a) Die Vorinstanz ist gemäss Dispositiv Ziffer 1 des angefochtenen Entscheids auf den Rekurs nicht eingetreten, mit dem der Beschwerdeführer geltend gemacht hatte, der Einzelrichter sei zu Unrecht auf seine Gesuche nicht eingetreten. Gemäss ihrer Begründung hat die Vorinstanz den Rekurs in Wirklichkeit jedoch abgewiesen (angefochtener Entscheid S. 10). Ob es sich im vorliegenden Fall um einen anfechtbaren Entscheid nach Art. 268 BStP handelt, kann offen bleiben, da sich die Nichtigkeitsbeschwerde jedenfalls als unbegründet erweist.
b) Die Nichtigkeitsbeschwerde führt im Falle ihrer Gutheissung dazu, dass der angefochtene Entscheid aufgehoben und die Sache zu neuer Entscheidung an die kantonale Behörde zurückgewiesen wird (Art. 277ter Abs. 1 BStP). Soweit der Beschwerdeführer eine "Anweisung" an die Vorinstanz verlangt, ist darauf nicht einzutreten.
2.- Die Vorinstanz geht mit der ersten Instanz davon aus, dass für eine Strafausscheidung in Bezug auf die Bussen von insgesamt Fr. 25'000.-- kein Raum sei, nachdem die Bussen aus dem Strafregister gelöscht worden seien und in Bezug auf beide Bussen zudem die Vollstreckungsverjährung eingetreten sei (angefochtener Entscheid S. 5 E. 4a).
In Bezug auf Bussen, die rechtskräftig verhängt und die in der Folge entweder bezahlt worden sind oder bei denen die Vollstreckungsverjährung eingetreten ist, weshalb sie nicht mehr vollzogen werden können, ist eine spätere "Strafausscheidung" oder dergleichen nicht möglich, auch wenn nachträglich das Gesetz derart abgeändert wird, dass nach dem neuen Gesetz keine Busse mehr verhängt werden könnte. Dies wird in der Beschwerde, die sich nur auf die dem Kanton Zürich abzuliefernden Vermögensvorteile bezieht (s. S. 3 lit. B), nicht in Abrede gestellt.
3.- a) Im vorliegenden Verfahren geht es nur noch um die unrechtmässig bzw. deliktisch erlangten Vermögensvorteile in der Höhe von insgesamt Fr. 330'000.--, die der Beschwerdeführer zu Gunsten des Kantons Zürich hätte abliefern müssen (und offenbar nicht abgeliefert hat).
b) Gemäss Art. 336 lit. a StGB (der nicht nur für den Übergang vom kantonalen zum eidgenössischen Strafrecht galt, sondern auch bei späteren Änderungen des eidgenössischen Strafrechts anzuwenden ist, sofern diese nicht ausdrücklich etwas anderes vorsehen) darf eine Strafe nicht mehr vollzogen werden, wenn das revidierte Gesetz die Tat, für welche die (rechtskräftige) Verurteilung nach dem alten und geänderten Gesetz erfolgt ist, nicht mehr mit Strafe bedroht. Art. 336 lit. a StGB betrifft im Rahmen des StGB Gesetzesänderungen des besonderen Teils, also der im Einzelnen aufgezählten strafbaren Handlungen (Alfred von Overbeck, Der zeitliche Geltungsbereich des Schweizerischen Strafgesetzbuchs und die Behandlung der Übergangsfälle, ZStrR 56/1942, S. 366).
In Bezug auf den allgemeinen Teil hält das StGB (nebst zwei heute gegenstandslosen Ausnahmen in Art. 336 lit. b und e) nur für drei Fälle, die bereits rechtskräftige Strafurteile betreffen, besondere Bestimmungen bereit, nämlich Art. 336 lit. c und d, wo es um die Frage einer nachträglichen Gesamtstrafe im Sinne von Art. 68 StGB geht, sowie Art. 337 StGB, der sich unter anderem mit der Vollstreckungsverjährung gemäss Art. 73 ff. StGB befasst, und Art. 338 StGB, der die Rehabilitation gemäss Art. 77 ff. StGB betrifft.
Für das intertemporale Recht gilt also, soweit es nicht um den Vollzug von rechtskräftigen, aber noch nicht vollzogenen Strafen oder um eine der oben im letzten Absatz genannten Ausnahmen geht, der Grundsatz, dass der Vollzug von Urteilen nach jenem Recht erfolgen muss, auf das sie sich stützen (Ernst Hafter, Lehrbuch des schweizerischen Strafrechts, Allgemeiner Teil, 2. Aufl.
1946, S. 47 mit Hinweisen; ebenso Peter Halter, Das zeitliche Geltungsgebiet des Schweizerischen Strafgesetzbuches, 1942, S. 62, der zu Recht darauf hinweist, dass der Gesetzgeber mit seinen Ausnahmen "die Theorie der absoluten Unabänderlichkeit der res judicata durchbrochen" habe).
c) Im vorliegenden Fall geht es um die Einziehung eines unrechtmässig bzw. deliktisch erlangten Vermögensvorteils, also um eine so genannte "andere sachliche Massnahme", die im allgemeinen Teil des StGB geregelt ist. Sie bleibt, da das Gesetz keine abweichende Sonderregelung enthält, grundsätzlich auch dann vollstreckbar, wenn der Straftatbestand, der seinerzeit der Massnahme zu Grunde lag, inzwischen aufgehoben worden ist.
Die Beschwerde ist abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist.
4.- Bei diesem Ausgang des Verfahrens hat der Beschwerdeführer die bundesgerichtlichen Kosten zu tragen (Art. 278 Abs. 1 BStP).
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.- Die eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
2.- Die Gerichtsgebühr von Fr. 2'000.-- wird dem Beschwerdeführer auferlegt.
3.- Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, der Staatsanwaltschaft und dem Obergericht (III. Strafkammer) des Kantons Zürich schriftlich mitgeteilt.
--------- Lausanne, 15. Januar 2001
Im Namen des Kassationshofes
des SCHWEIZERISCHEN BUNDESGERICHTS
Der Präsident:
Der Gerichtsschreiber: