[AZA 0/2]
4C.332/2000/rnd
I. ZIVILABTEILUNG
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26. Januar 2001
Es wirken mit: Bundesrichterin und Bundesrichter Walter,
Präsident, Rottenberg Liatowitsch, Nyffeler und Gerichtsschreiber
Luczak.
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In Sachen
A.________, Beklagte und Berufungsklägerin, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Jürg Baur, Bahnhofstrasse 55, 8600 Dübendorf,
gegen
Erbengemeinschaft X.________, nämlich:
1. B.________,
2. C.________,
3. D.________,
4. E.________, Kläger und Berufungsbeklagte, alle vertreten durch Rechtsanwalt Bruno Meier, Kaiserstrasse 8, 4310 Rheinfelden,
betreffend
Mietvertrag; Verrechnung, hat sich ergeben:
A.- A.________ (Beklagte) mietete im August 1987 von der X.________ AG verschiedene Räumlichkeiten für den Betrieb einer Arztpraxis. Die Erbengemeinschaft des X.________, bestehend aus B.________, C.________, D.________ und E.________ (Kläger), trat in die Rechtsstellung der X.________ AG ein. Der Mietvertrag wurde per 30. September 1996 aufgelöst.
B.- Als die Parteien über ausstehende Mietzinse in Streit gerieten, gelangten die Kläger am 5. August 1997 an das Mietgericht des Bezirks Uster. Einen ersten Entscheid hob das Obergericht des Kantons Zürich auf und wies die Sache zu weiterer Abklärung an das Mietgericht zurück. Dieses verpflichtete hierauf am 13. April 2000 die Beklagte zur Bezahlung von insgesamt Fr. 39'280. 60 nebst Zins. Diesen Entscheid bestätigte das Obergericht auf Berufung der Beklagten am 22. September 2000.
C.-Die Beklagte führt Berufung an das Bundesgericht und verlangt, den angefochtenen Beschluss aufzuheben und die Sache zur Durchführung eines ordentliches Beweisverfahrens an das Obergericht zurückzuweisen. Die Kläger beantragen, die Berufung abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist.
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1.- a) Die Forderung der Kläger als solche ist vor Bundesgericht nicht mehr streitig. Die Beklagte beruft sich aber auf eine Schadenersatzforderung zufolge Lärmimmissionen anlässlich eines Umbaus anderer Räumlichkeiten in der gleichen Liegenschaft, welche sie zur Verrechnung bringen könne.
b) Das Obergericht erkannte, die Beklagte habe weder den Schaden noch dessen Kausalzusammenhang mit dem Umbau hinreichend substanziiert. Obwohl sie vom Mietgericht aufgefordert worden sei, darzulegen, welche Patienten sie habe abweisen müssen und inwiefern dadurch Einnahmenausfälle entstanden, habe sie sich mit allgemeinen Angaben über Untersuchungen, die sie nicht habe durchführen können, begnügt, ohne die Fälle zu bezeichnen, in denen diese Probleme tatsächlich aktuell wurden. Wenn die Beklagte statt dessen einzig einen Umsatzrückgang ausweise, werde sie ihrer Substanziierungspflicht nicht gerecht, denn dieser könnte auch auf andere Faktoren zurückzuführen sein.
2.- Die Berufungsschrift enthält keinen materiellen Antrag, wie er nach Art. 55 Abs. 1 lit. b OG erforderlich ist.
Der blosse Rückweisungsantrag genügt indessen, da der angefochtene Entscheid keine tatsächlichen Feststellungen zum Umfang des geltend gemachten Schadens enthält und das Bundesgericht, sollte es die Rechtsauffassung der Beklagten für begründet erachten, kein Sachurteil fällen könnte, sondern die Streitsache zur weiteren Abklärung des Sachverhaltes an die Vorinstanz zurückweisen müsste (BGE 125 III 412 E. 1b S. 414; 106 II 201 E. 1 S. 203 mit Hinweisen).
3.- a) Die Beklagte beanstandet, das Obergericht habe Art. 274d Abs. 1 OR verletzt, indem es ihren Verrechnungsanspruch im dort vorgesehenen schnellen Verfahren beurteilt habe, obwohl der Anspruch auch eine ausservertragliche Komponente aufweise. Dadurch sei ihr Anspruch auf Beweisführung beeinträchtigt worden.
b) Nach Art. 55 Abs. 1 lit. c OG ist in der Berufungsschrift kurz darzulegen, welche Bundesrechtssätze der angefochtene Entscheid verletzt und inwiefern er gegen sie verstösst. Nicht zu hören sind dagegen Rügen, die sich gegen die tatsächlichen Feststellungen und gegen die Beweiswürdigung der Vorinstanz richten (BGE 126 III 10 E. 2b S. 12).
Unzulässig sind ferner das Vorbringen neuer Tatsachen, neue Einreden, Bestreitungen und Beweismittel sowie Erörterungen über die Verletzung kantonalen Rechts.
c) aa) Die Beklagte erhielt im Verfahren vor dem Mietgericht Gelegenheit, Beweise anzurufen, und sie wurde aufgefordert, genaue Angaben über die Auswirkungen der Lärmimmissionen zu machen. Von einer Verletzung des Anspruchs auf Beweisführung kann keine Rede sein.
bb) Ferner gehen die Ausführungen der Beklagten, wonach der Verrechnungsanspruch im ordentlichen Verfahren zu behandeln sei, an der Sache vorbei. Zum einen ist davon auszugehen, dass nach dem Willen des Gesetzgebers sämtliche Streitigkeiten, die im Zusammenhang mit dem Mietobjekt zwischen Mieter und Vermieter entstehen, im Verfahren gemäss Art. 274d Abs. 1 OR zu beurteilen sind (BGE 118 II 307 E. 3 S. 310 ff.). Selbst wenn Art. 274d OR auf den von der Beklagten zur Verrechnung gestellten Anspruch keine Anwendung fände, wäre auf die Vorbringen nicht einzutreten. Die Kantone sind nämlich in der Gestaltung des Verfahrens frei, wo keine bundesrechtlichen Vorschriften bestehen und die Durchsetzung von Bundesrecht nicht vereitelt wird. Die Beklagte, die geltend macht, soweit ihre Verrechnungseinrede auf Haftpflichtrecht beruhe, sei sie nicht vom einfachen und raschen Verfahren beherrscht, beanstandet somit in Tat und Wahrheit die Anwendung des kantonalen Prozessrechts und ist damit im Berufungsverfahren nicht zu hören.
d) Ebenfalls nicht einzutreten ist auf die Berufung, soweit die Beklagte vorbringt, das Obergericht hätte ihren Anspruch im Lichte von Art. 679 ZGB prüfen müssen. Die Vorinstanz hält ausdrücklich fest, die Beklagte habe ihre Vorbringen nicht hinreichend substanziiert, gleichgültig nach welcher Anspruchsgrundlage die Verrechnungsforderung zu beurteilen sei. Trifft dies zu, kann offen bleiben, ob sich die Beklagte auf Art. 679 ZGB hätte berufen können.
4.- Die Beklagte rügt sodann eine Verletzung von Art. 8 ZGB, da das Obergericht die angerufenen Zeugen nicht zugelassen, sondern eine antizipierte Beweiswürdigung vorgenommen und festgestellt habe, die Beklagte hätte den Schaden nicht hinreichend substanziiert. Zudem habe es den Schadensbegriff verkannt, indem es auf den Gewinn abstellte statt auf den Erwerbsausfall.
a) In antizipierter Beweiswürdigung wird auf die Abnahme von Beweisen verzichtet, wenn das Gericht diese von vornherein nicht für geeignet hält, die behaupteten Tatsachen zu beweisen, oder wenn es seine Überzeugung bereits aus anderen Beweisen gewonnen hat und davon ausgeht, dass weitere Abklärungen am massgeblichen Beweisergebnis nichts mehr zu ändern vermöchten. Kritik an einer derartigen Beweiswürdigung ist im Rahmen der Berufung unzulässig (vgl.
BGE 122 III 219 E. 3c S. 223 f. mit Hinweisen). Von der antizipierten Beweiswürdigung ist die Frage der gehörigen Substanziierung zu unterscheiden. Fehlt es an hinreichend detaillierten Behauptungen, so unterbleibt die Beweisabnahme, da das Beweisverfahren nicht dazu dient, mangelhafte Vorbringen der Parteien zu ergänzen. Diesbezüglich stellt sich höchstens die Frage, ob der Richter eine allfällige Pflicht zur Abklärung des Sachverhalts von Amtes wegen oder zur Befragung der Parteien verletzt hat (vgl. E. 4c/aa hiernach).
b) Die inhaltlichen Anforderungen an die Substanziierung bundesrechtlicher Ansprüche richten sich nach Bundesrecht, und das Bundesgericht kann im Berufungsverfahren prüfen, ob der Sachverhalt durch die Sachvorbringen einer Partei so weit substanziiert ist, dass er unter die Bestimmungen des Bundesrechts subsumiert werden kann, das heisst die Beurteilung der Rechtsbehauptung zulässt, um die sich der Streit dreht (BGE 108 II 337 E. 2 und 3 S. 338 ff., insbesondere S. 341 f., mit Hinweisen).
c) Streitig ist vorliegend, ob der Umsatzrückgang auf die Lärmimmissionen zurückzuführen ist oder auf andere Gründe, nämlich auf die Arbeitsunfähigkeit der Beklagten im fraglichen Zeitraum, auf die gegen sie in der Presse geäusserte Kritik oder auf den bevorstehenden Umzug in eine andere Praxis. Unter diesen Umständen wäre es Sache der Beklagten gewesen, aufzuzeigen, dass gerade die Lärmimmissionen die behauptete Umsatzeinbusse verursachten. Sie hätte darlegen müssen, wieviele Patienten sie nicht behandeln konnte oder an andere Ärzte weiterverweisen musste und welche Honorare ihr dadurch entgingen. Ohne entsprechende Angaben kann nicht beurteilt werden, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang der Umbau für den Umsatzrückgang kausal war. Wenn die Vorinstanz der Beklagten entgegenhält, sie habe ihre Vorbringen diesbezüglich nicht hinreichend substanziiert, ist das bundesrechtlich nicht zu beanstanden.
aa) An diesem Ergebnis vermag auch die in Art. 274d Abs. 3 OR verankerte "soziale Untersuchungsmaxime" nichts zu ändern, da diese die Parteien nicht davon befreit, bei der Feststellung des entscheidwesentlichen Sachverhalts aktiv mitzuwirken. Das Mietgericht hat die Beklagte denn auch ausdrücklich aufgefordert, die notwendigen Angaben beizubringen (BGE 125 III 231 E. 4a S. 239).
bb) Auch der Hinweis auf Art. 42 Abs. 2 OR nützt der Beklagten nichts, da diese Bestimmung an ihrer Substanziierungsobliegenheit nichts ändert. Die Beklagte hat vielmehr alle Umstände, die für den Eintritt eines Schadens sprechen und dessen Abschätzung erlauben oder erleichtern, soweit möglich und zumutbar zu behaupten und zu beweisen (BGE 122 III 219 E. 3a S. 221 mit Hinweisen). Inwiefern es ihr unmöglich gewesen sein soll, konkretere Angaben über den entstandenen Schaden zu machen, legt die Beklagte nicht dar und ist auch nicht ersichtlich. Soweit sie anführt, das Obergericht stelle überzogene Beweisanforderungen und vereitle dadurch die Anwendung von Art. 42 Abs. 2 OR, ist daran zu erinnern, dass die Beklagte bereits ihrer Behauptungslast nicht genügte. Eine Beweisabnahme konnte daher bundesrechtskonform unterbleiben.
d) Hat die Beklagte ihre Vorbringen bezüglich der Kausalität des schädigenden Ereignisses nicht hinreichend substanziiert, kommt der Frage, wie der Schaden berechnet werden müsste, keine selbständige Bedeutung zu. Diesbezüglich ist auf die Berufung nicht einzutreten.
5.- Die Berufung erweist sich als unbegründet und ist abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist. Die Beklagte hat die Kosten zu tragen und den Klägern eine Parteientschädigung zu entrichten.
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.- Die Berufung wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist, und der Beschluss des Obergerichts des Kantons Zürich (II. Zivilkammer) vom 22. September 2000 wird bestätigt.
2.-Die Gerichtsgebühr von Fr. 2'000.-- wird der Beklagten auferlegt.
3.-Die Beklagte hat die Kläger für das bundesgerichtliche Verfahren mit insgesamt Fr. 2'500.-- zu entschädigen.
4.- Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Zürich (II. Zivilkammer) schriftlich mitgeteilt.
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Lausanne, 26. Januar 2001
Im Namen der I. Zivilabteilung
des SCHWEIZERISCHEN BUNDESGERICHTS
Der Präsident:
Der Gerichtsschreiber: