«AZA 7»
K 30/00 Gb
III. Kammer
Bundesrichter Schön, Spira und Bundesrichterin Widmer; Gerichtsschreiberin Riedi Hunold
Urteil vom 29. Januar 2001
in Sachen
T.________, Beschwerdeführerin, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Hans-Peter Jaeger, Terbinerstrasse 3, Visp,
gegen
Hotela Kranken- und Unfallkasse des Schweizerischen Hotelier Vereins, Rue de la Gare 18, Montreux, Beschwerdegegnerin,
und
Kantonales Versicherungsgericht Wallis, Sitten
A.- Die 1941 geborene T.________ bezog vom 1. Mai 1985 bis 28. Februar 1987 eine Invalidenrente. Auf Grund der 1987 und 1990 erfolgten Schulteroperationen verbesserte sich ihr Gesundheitszustand. In der Folge arbeitete sie bis 1995 als Gerantin, später in verschiedenen Berufen und bezog zeitweise Arbeitslosentaggelder. Am 8. November 1996 trat sie erneut eine Stelle als Gerantin an, welche sie am 15. Dezember 1996 aus gesundheitlichen Gründen aufgab. Infolge zweier Infektionskrankheiten, ausgeprägter Müdigkeit sowie Schmerzen im Schulter- und Armbereich bei Verdacht auf Fibromyalgie war sie vom 15. Dezember 1996 bis 2. Januar 1997, vom 14. bis 19. Januar 1997 und vom 1. November bis 14. Dezember 1997 zu 100 % sowie vom 3. bis 13. Januar 1997, vom 20. Januar bis 31. Oktober 1997 und ab 15. Dezember 1997 bis auf weiteres zu 50 % arbeitsunfähig. Die HOTELA, Kranken- und Unfallkasse des SHV (nachfolgend: HOTELA), bei welcher T.________ krankentaggeldversichert ist, erbrachte die entsprechenden Leistungen. Mit Verfügung vom 4. Februar 1998, bestätigt mit Einspracheentscheid vom 18. August 1998, teilte die HOTELA T.________ mit, dass sie die Krankentaggelder nach dem 30. April 1998 einstellen werde.
B.- Die hiegegen erhobene Beschwerde wies das Kantonale Versicherungsgericht Wallis mit Entscheid vom 11. Januar 2000 ab.
C.- T.________ lässt Verwaltungsgerichtsbeschwerde führen mit dem Antrag, der vorinstanzliche Entscheid sei infolge Verletzung des rechtlichen Gehörs aufzuheben und zur Neubeurteilung zurückzuweisen, eventualiter sei die HOTELA zu verpflichten, T.________ ab 1. Mai 1998 weitere Taggelder auszurichten.
Die HOTELA schliesst auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Das Bundesamt für Sozialversicherung lässt sich nicht vernehmen.
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:
1.- Die Vorinstanz hat die massgebenden Bestimmungen und Grundsätze über den Beitritt zu einer Taggeldversicherung (Art. 67 KVG), den Anspruch auf Taggelder (Art. 72 Abs. 2 KVG) sowie den Begriff der Arbeitsunfähigkeit (BGE 114 V 282 Erw. 1b und c; RKUV 1998 KV Nr. 45 S. 430) zutreffend dargelegt. Darauf kann verwiesen werden.
2.- a) Das rechtliche Gehör dient einerseits der Sachaufklärung, andererseits stellt es ein persönlichkeitsbezogenes Mitwirkungsrecht beim Erlass eines Entscheids dar, welcher in die Rechtsstellung einer Person eingreift. Dazu gehört insbesondere deren Recht, sich vor Erlass des in ihre Rechtsstellung eingreifenden Entscheids zur Sache zu äussern, erhebliche Beweise beizubringen, Einsicht in die Akten zu nehmen, mit erheblichen Beweisanträgen gehört zu werden und an der Erhebung wesentlicher Beweise entweder mitzuwirken oder sich zumindest zum Beweisergebnis zu äussern, wenn dieses geeignet ist, den Entscheid zu beeinflussen (BGE 124 I 51 Erw. 3a, 242 Erw. 2, 124 II 137 Erw. 2b, 124 V 181 Erw. 1a, 375 Erw. 3b, je mit Hinweisen).
b) Die Vorinstanz hat unter Hinweis darauf, dass der Sachverhalt genügend abgeklärt sei, die beantragten Beweismittel nicht abgenommen. Diese antizipierte Beweiswürdigung stellt keine Verletzung des rechtlichen Gehörs dar (BGE 126 V 130 Erw. 2, 124 V 94 Erw. 4b, 122 V 162 Erw. 1d mit Hinweis). Eine solche wäre nur gegeben, wenn das kantonale Gericht sich mit den beantragten Beweisen in der Begründung überhaupt nicht auseinandergesetzt hätte, was jedoch nicht der Fall ist.
3.- a) Die HOTELA bezahlte nach Ablauf der Wartefrist, je nach dem Grad der Arbeitsunfähigkeit von 100 % oder 50 %, Krankentaggelder von Fr. 92.-- bzw. Fr. 46.--. Mit Verfügung vom 4. Februar 1998, bestätigt durch den Einspracheentscheid vom 18. August 1998, stellte sie ihre Leistungen auf den 30. April 1998 ein. Da Verfügung und Einspracheentscheid eine Leistungsaufhebung zum Gegenstand haben, trifft die HOTELA die (objektive) Beweislast, dass ab dem genannten Zeitpunkt kein Taggeldanspruch mehr besteht (vgl. Gygi, Bundesverwaltungsrechtspflege, 2. Aufl., Bern 1983, S. 280 ff.).
Die HOTELA stützt sich zur Hauptsache auf die Berichte ihrer Vertrauensärztin, Frau Dr. med. L.________, Fachärztin für Innere Medizin, speziell Pneumologie, vom 29. Oktober 1997 und vom 27. März 1998. Vorab ist festzuhalten, dass Aussagen solcher Vertrauensärzte keine erhöhte Beweiskraft zukommt (Gebhard Eugster, Zum Leistungsrecht der Taggeldversicherung nach KVG, in: LAMal-KVG, Recueil de travaux en l'honneur de la SSDA, Lausanne 1997, S. 522).
b) Im Bericht vom 29. Oktober 1997 verweist die Vertrauensärztin auf das Schreiben des Dr. med. B.________, Facharzt für Innere Medizin, speziell Rheumatologie, vom 17. Juni 1997, wonach die Beschwerdeführerin zu 50 % arbeitsfähig sei, die Arbeitsfähigkeit aber auf 100 % gesteigert werden könnte, wenn sie eine Stelle als Gerantin eines Hotels oder Restaurants finden könnte, wo sie abwechselnde Arbeit mit Schonung der Schultern und Arme hätte. Die Vertrauensärztin schliesst sich dieser Meinung an und erachtet für die Versicherte eine "100 % Beschäftigung an einer idealen Stelle ... (leichte abwechselnde Arbeit, keine Feuchtigkeit)" als möglich. Sie empfiehlt, Ende Dezember 1997 nochmals bei Dr. med. B.________ wegen des dannzumaligen Zustandes der Beschäftigung (Stellenwechsel) und der Prognose Bericht einzuholen. Falls dann weiterhin eine Arbeitsunfähigkeit von 50 % bestehe und keine andere Stelle in Aussicht sei, sollte die Patientin darauf hingewiesen werden, bei der Invalidenversicherung Anspruch auf eine halbe Rente geltend zu machen.
c) Im Bericht vom 27. März 1998 führt die Vertrauensärztin aus: "Sieht man aber die objektiven Befunde an, das heisst, klinische Untersuchung, genaues Beschwerdebild, Aussagen des Hausarztes, welcher selbst der Meinung ist, dass eine 100 % Tätigkeit in entsprechender Umgebung möglich sein sollte, so muss ich an meiner Beurteilung festhalten." Nochmals weist sie darauf hin, dass eine solche uneingeschränkte Arbeitsfähigkeit nur in geeigneter Umgebung möglich sei.
Dr. med. B.________, auf dessen Befund die Vertrauensärztin beide Male verwiesen hatte, schrieb in seinem Bericht vom 17. Juni 1997: "Aufgrund der bisherigen Erkenntnisse sollte maximal eine 50 %-ige Arbeitsunfähigkeit resultieren, im allgemeinen sollte eine 100 %-ige Arbeitsfähigkeit (leichtere körperliche Arbeit, geschlossener Raum, keine Feuchtigkeit) resultieren." Zudem attestierte er eine ab 1. März 1997 andauernde Arbeitsunfähigkeit von 50 %.
Aus diesen Angaben kann nicht der Schluss gezogen werden, dass sich der Zustand der Beschwerdeführerin und ihre Arbeitsfähigkeit bei Verfügungserlass am 4. Februar 1998, im Moment der Einstellung der Taggeldleistungen am 30. April 1998 oder bei Fassung des Einspracheentscheides am 18. August 1998 als rechtlich massgebendem Zeitpunkt entscheidend gebessert hätten. Wenn Dr. med. B.________ auf Grund der bisherigen Erkenntnisse eine maximale Arbeitsfähigkeit von 50 % feststellt und dann meint, "im allgemeinen" sollte unter bestimmten Voraussetzungen eine vollständige Arbeitsfähigkeit möglich sein, so hätte die HOTELA anlässlich des Einspracheentscheides berücksichtigen müssen, dass derselbe Arzt die Versicherte vom 1. bis 31. Mai 1998, vom 1. bis 30. Juni 1998, vom 1. bis 31. Juli 1998 und vom 1. bis 31. August 1998 weiterhin zu 50 % arbeitsunfähig schrieb. Durch Tatsachen erhärtet ist damit, dass von den beiden Aussagen des Dr. med. B.________ die erstere, nämlich diejenige über eine maximale 50 %ige Arbeitsfähigkeit, die richtige ist. Es geht nicht an, von idealsten Verhältnissen einer Stelle, wie sie im Gastgewerbe wohl nur selten gegeben sind, auszugehen und eine uneingeschränkte Arbeitsfähigkeit anzunehmen, wenn die Wirklichkeit im massgebenden Zeitpunkt anders ist.
d) Soweit sich die HOTELA darauf beruft, dass der Beschwerdeführerin eine Arbeit in einem anderen Beruf als Gerantin zumutbar sei, so müsste sie, um sich der Pflicht zur Leistung von Taggeldern zu entledigen, dartun, dass die Differenz zwischen dem, was die Versicherte ohne Krankheit in ihrem bisherigen Beruf als Gerantin verdient hätte, und dem Einkommen, das sie zumutbarerweise in einem andern Beruf erzielen könnte, geringer ist, als es einer mindestens hälftigen Arbeitsunfähigkeit entspricht (BGE 114 V 285 Erw. 3c; RKUV 1998 KV Nr. 45 S. 430). Einen solchen Nachweis hat die HOTELA nicht erbracht und auch nicht zu erbringen versucht.
e) Da keine anspruchsaufhebenden Tatsachen auf den 30. April 1998 erstellt sind, ist die Einstellung der Taggeldleistungen zu Unrecht erfolgt.
Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:
I. In Gutheissung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde wer-
den der Entscheid des Kantonalen Versicherungsgerichts
Wallis vom 11. Januar 2000 sowie der Einspracheent-
scheid vom 18. August 1998 aufgehoben, und es wird
festgestellt, dass die Beschwerdeführerin über den
30. April 1998 hinaus Anspruch auf Taggeldleistungen
der HOTELA hat.
II. Es werden keine Gerichtskosten erhoben.
III. Die HOTELA hat der Beschwerdeführerin für das Verfah-
ren vor dem Eidgenössischen Versicherungsgericht eine
Parteientschädigung von Fr. 2'500.-- (einschliesslich
Mehrwertsteuer) zu bezahlen.
IV. Das Kantonale Versicherungsgericht Wallis wird über
eine Parteientschädigung für das kantonale Verfahren
entsprechend dem Ausgang des letztinstanzlichen Pro-
zesses zu befinden haben.
V. Dieses Urteil wird den Parteien, dem Kantonalen Ver-
sicherungsgericht Wallis und dem Bundesamt für Sozial-
versicherung zugestellt.
Luzern, 29. Januar 2001
Im Namen des
Eidgenössischen Versicherungsgerichts
Der Präsident der III. Kammer:
Die Gerichtsschreiberin: