BGer 5C.259/2000 |
BGer 5C.259/2000 vom 30.01.2001 |
[AZA 0/2]
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5C.259/2000/min
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II. Z I V I L A B T E I L U N G ********************************
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30. Januar 2001
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Es wirken mit: Bundesrichter Reeb, Präsident der II. Zivilabteilung,
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Bundesrichter Bianchi, Bundesrichter Meyer und
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Gerichtsschreiber von Roten.
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In Sachen
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A.________, Beklagter und Berufungskläger, vertreten durch Advokat Dr. Willy Borter, Bahnhofstrasse 9, Postfach 43, 3900 Brig-Glis,
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gegen
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1. B.________,
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2. C.________,
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3. D.________, Kläger und Berufungsbeklagte, alle vertreten durch Advokat Dr. Werner Perrig, Bahnhofstrasse 14, 3900 Brig-Glis,
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betreffend
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Erbteilung,
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wird im Verfahren nach Art. 36a OG
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festgestellt und in Erwägung gezogen:
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1.- Zum Nachlass von E.________ gehörte ein Chalet auf W.________. Seine Erben - die Witfrau F.________ und die vier Kinder - bewerteten das Chalet in ihrer Teilungsvereinbarung mit Fr. 25'000.-- ("geschätzt auf 110'000.-- minus Hypothekarschuld und aufgelaufene Zinse Fr. 85'000.--"). Gegen Übernahme der Hypothekar- und Zinsschuld "in der ungefähren Höhe von total Fr. 85'000.--" erhielt F.________ das Chalet zu Eigentum übertragen und erklärte sich bereit, im Falle des Verkaufes ihren Kindern 3/4 des Gewinns auszuzahlen (Art. 4 der Teilungsvereinbarung). Rund zweieinhalb Jahre später verkaufte F.________ das Chalet ihrem Sohn A.________ zum Preis von Fr. 80'000.-- (inklusive Mobiliar), der durch Übernahme der Hypothekarschuld und für den Rest gemäss besonderer Vereinbarung bezahlt werden sollte.
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F.________ verstarb am 13. September 1992. Ihre Töchter B.________, C.________ und G.________ erhoben am 10./14. September 1993 Erbteilungsklage gegen ihren Bruder A.________. Hauptstreitpunkt bildete die Frage, ob A.________ verpflichtet sei, das besagte Chalet im Umfang der Unentgeltlichkeit seines Erwerbs zur Ausgleichung zu bringen. Das Kantonsgericht Wallis (Zivilgerichtshof I) bejahte die Ausgleichungspflicht, legte den Ausgleichungswert auf Fr. 84'597.-- fest und erkannte, A.________ schulde B.________, C.________ und D.________, dem Erben der während des Prozesses verstorbenen G.________, Fr. 63'447. 75 (3/4 des Ausgleichungswerts) nebst 5 % Zins seit dem 10. September 1993 (E. 8 S. 13 ff., E. 11 S. 18 f. und Dispositiv-Ziffer 2 lit. a Lemma 3 des Urteils vom 12. Oktober 2000).
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Mit Berufung beantragt A.________ dem Bundesge-richt den Entscheid, dass er seinen Miterben den Betrag von Fr. 63'447. 75 nebst 5 % Zins seit dem 10. September 1993 nicht schulde. Das Kantonsgericht hat auf Gegenbemerkungen verzichtet. Eine Berufungsantwort ist nicht eingeholt worden.
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2.- a) Nach Art. 626 Abs. 2 ZGB untersteht grundsätzlich der Ausgleichungspflicht, was der Erblasser seinen Nachkommen als Heiratsgut, Ausstattung oder durch Vermögensabtretung, Schulderlass und dergleichen zugewendet hat; von der Ausgleichung kann der Erblasser die Erben ausdrücklich dispensieren.
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Ein derartiger Erlass der Ausgleichungspflicht durch F.________ steht vorliegend nicht zur Diskussion.
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b) Nach der Rechtsprechung setzt die Ausgleichung in objektiver Hinsicht voraus, dass eine unentgeltliche Zuwendung vorliegt, und in subjektiver Hinsicht, dass der Erblasser einen Zuwendungswillen (animus donandi) hat; die Parteien müssen bei der - hier strittigen - gemischten Schenkung eine unentgeltliche Zuwendung in dem Sinn beabsichtigt haben, dass sie den Preis bewusst unter dem wahren Wert des Kaufgegenstandes angesetzt haben, um die Differenz dem Käufer unentgeltlich zukommen zu lassen (zuletzt: BGE 126 III 171 E. 3a S. 173). Der Beklagte bestreitet einzig das Vorliegen des subjektiven Elements der Ausgleichung, und zwar bezogen auf seine Mutter. Es fehle der Nachweis ihrer Schenkungsabsicht, und diese dürfe nicht auf Grund eines groben Missverhältnisses zwischen Leistung und Gegenleistung vermutet werden.
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c) Was die subjektive Seite der unentgeltlichen Zuwendung anbetrifft, sind zwei Fragen auseinander zu halten:
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aa) Die Schenkungsabsicht ist zu vermuten, wenn die Parteien den erheblichen Wertunterschied zwischen ihren beiden Leistungen bei Vertragsabschluss kannten und auch wollten (statt vieler: Cavin, Kauf, Tausch und Schenkung, SPR VII/1, Basel 1977, § 23 Ziffer 3 S. 187 mit Nachweisen in Anm. 12; Engel, Contrats de droit suisse: Traité des contrats de la partie spéciale du Code des obligations, Bern 2000, S. 123).
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Es handelt sich dabei um eine tatsächliche oder natürliche Vermutung, d.h. um die Schlussfolgerung aus bewiesenen Tatsachen (Wissen und Wollen bei Vertragsabschluss) auf weitere nicht bewiesene Tatsachen (Schenkungsabsicht) auf Grund der richterlichen Lebenserfahrung (allgemein: Guldener, Beweiswürdigung und Beweislast nach schweizerischem Zivilprozessrecht, Zürich 1955, S. 10 ff. Ziffer 3; für den Schenkungswillen:
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Sandra Maissen, Der Schenkungsvertrag im schweizerischen Recht, Diss. Freiburg i.Ue. 1996, N. 144 S. 44 f. mit Nachweisen; Vogt, Basler Kommentar, N. 45 zu Art. 239 OR).
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bb) In den Urteilen des Bundesgerichts, auf die sich der Beklagte offenbar bezieht, wird die Frage erörtert, "ob ... ein grobes Missverhältnis der Leistungen .... für die Annahme einer unentgeltlichen Zuwendung im Sinne von Art. 626 ZGB genügen könnte, auch wenn es beim Geschäftsabschluss nicht erkannt wurde" (BGE 98 II 352 E. 3b S. 358, Hervorhebung beigefügt). Ob in diesem Sinne blosse Erkennbarkeit genügt, hat das Bundesgericht bis zuletzt offen gelassen (BGE 126 III 171 E. 3b/cc S. 175) und ist in der Lehre umstritten (vgl. die Nachweise bei Paul Eitel, Die Berücksichtigung lebzeitiger Zuwendungen im Erbrecht, Bern 1998, S. 173 f. N. 64 und N. 65, wonach der vom Kantonsgericht in E. 8b/aa S. 14 zitierte Autor zu den Befürwortern zählt). Es handelt sich dabei um die Frage nach dem hypothetischen Parteiwillen und damit um die Anwendung des Vertrauensgrundsatzes.
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d) Zur strittigen subjektiven Voraussetzung der Ausgleichung hat das Kantonsgericht ausgeführt, F.________ sei jahrelang Geschäftsfrau und Hotelière in Brig-Glis gewesen.
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Sie sei sich des Wertes der Liegenschaft durchaus bewusst gewesen. Sie habe die Liegenschaft auf dem W.________ 1972 erworben. Der Kaufpreis sei nicht aktenkundig, doch habe F.________ die Liegenschaft 1972 mit einer Hypothek von Fr. 99'000.-- belastet. Dass eine Liegenschaft nicht zu 100 % belastet werden könne, sei F.________ zweifelsohne bekannt gewesen. Sie habe daher gewusst, dass der Wert der Liegenschaft zu diesem Zeitpunkt sicher über der Hypothekareinschreibung habe liegen müssen. Die Parteien hätten die Liegenschaft in ihrer Teilungsvereinbarung im Jahre 1976 zudem selber auf Fr. 110'000.-- geschätzt. Da die Liegenschaft im Jahre 1979 für lediglich Fr. 80'000.-- dem Sohn verkauft worden sei, zu einem Preis also, der 27.28 % unter dem Schatzungswert der Parteien von 1976 oder 39.72 % unter der Schatzung der Experten für das Jahr 1979 gelegen habe, müsse von einer krassen Ungleichheit der vereinbarten Leistungen gesprochen werden, die F.________ gekannt habe. Beim fraglichen Vertrag zwischen F.________ und ihrem Sohn A.________ handle es sich folglich um eine gemischte Schenkung, und der Schenkungswille von F.________ sei zu vermuten. A.________ habe, so hat das Kantonsgericht gefolgert, den Teil der Liegenschaft, den er unentgeltlich erhalten habe, bei der Teilung zum Ausgleich zu bringen (E. 8 c/dd S. 16).
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e) Die kantonsgerichtlichen Feststellungen darüber, was die Erblasserin im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses mit dem Beklagten wusste und was nicht, ist für das Bundesgericht verbindlich (BGE 124 III 182 E. 3 S. 184), nachdem der Beklagte auch keine ausnahmsweise zulässigen Sachverhaltsrügen erhebt (Art. 63 Abs. 2 und Art. 64 OG; BGE 126 III 59 E. 2a S. 65). Er stellt namentlich auch nicht in Abrede, dass der Wertunterschied zwischen den Leistungen der Vertragsparteien erheblich ist. Steht insoweit fest, dass die Erblasserin um das grobe Missverhältnis zwischen ihrer Leistung und der Gegenleistung des Beklagten wusste, und schloss sie mit ihm dennoch den Kaufvertrag ab, so hat das Kantonsgericht kein Bundesrecht verletzt, wenn es von ihrem Schenkungswillen ausgegangen ist (E. 2c/aa soeben). Hat die - hier einzig zur Diskussion stehende - Erblasserin das Missverhältnis tatsächlich erkannt, so spielt dessen Erkennbarkeit keine Rolle mehr (E. 2c/bb soeben). Denn die Feststellung des inneren Willens geht der Ermittlung des hypothetischen vor und bindet das Bundesgericht (allgemein: BGE 121 III 118 E. 4b/aa S. 123; 125 III 305 E. 2b S. 308; für den Schenkungswillen: Poudret/ Sandoz-Monod, Commentaire de la loi fédérale d'organisation judiciaire, II, Bern 1990, N. 4.3.1 zu Art. 63 OG, S. 540, mit Nachweisen). Die weiteren Sachvorbringen des Beklagten zum Vertragsabschluss (wirtschaftlich bedingter Notverkauf u.a.m.) gehen über die verbindlichen Tatsachenfeststellungen hinaus und sind damit neu und unzulässig (Art. 55 Abs. 1 lit. c OG; BGE 116 II 196 E. 3a S. 200 und 695 E. 4 S. 699; 126 III 187 E. 2a S. 188).
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3.- Der unterliegende Beklagte wird kostenpflichtig (Art. 156 Abs. 1 OG).
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Demnach erkennt das Bundesgericht:
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1.- Die Berufung wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist, und das Urteil des Kantonsgerichts Wallis (Zivilgerichtshof I) vom 12. Oktober 2000 wird bestätigt.
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2.- Die Gerichtsgebühr von Fr. 3'000.-- wird dem Beklagten auferlegt.
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3.- Dieses Urteil wird den Parteien und dem Kantonsgericht Wallis (Zivilgerichtshof I) schriftlich mitgeteilt.
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Lausanne, 30. Januar 2001
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Im Namen der II. Zivilabteilung
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des SCHWEIZERISCHEN BUNDESGERICHTS
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Der Präsident:
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Der Gerichtsschreiber:
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