Zurück zur Einstiegsseite Drucken
Original
 
«AZA 7»
I 509/99 Ca
III. Kammer
Bundesrichter Schön, Spira und Bundesrichterin Widmer; Gerichtsschreiber Condrau
Urteil vom 15. Februar 2001
in Sachen
S.________, 1941, Beschwerdeführer, vertreten durch den Schweizerischen Invaliden-Verband, Froburgstrasse 4, Olten,
gegen
IV-Stelle des Kantons Aargau, Kyburgerstrasse 15, Aarau, Beschwerdegegnerin,
und
Versicherungsgericht des Kantons Aargau, Aarau
A.- S.________, geboren 1941, leidet an den Folgen einer Poliomyelitis. Seit 1. November 1992 bezieht er eine ganze Invalidenrente auf Grund eines Invaliditätsgrades von 100 %. Die IV-Stelle des Kantons Aargau sprach ihm u.a. Beiträge an invaliditätsbedingte Anpassungen an ein Motorfahrzeug zu. Die vom Versicherten beantragte Kostenübernahme für ein Klimagerät im Auto lehnte die IV-Stelle mit Verfügung vom 23. Dezember 1997 ab.
B.- Die hiegegen erhobene Beschwerde wies das Versicherungsgericht des Kantons Aargau mit Entscheid vom 22. Juni 1999 ab.
C.- Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde lässt S.________ beantragen, es sei die IV-Stelle zu verpflichten, die Kosten für den Einbau einer Klimaanlage im Auto zu übernehmen.
Die IV-Stelle schliesst auf Gutheissung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Das Bundesamt für Sozialversicherung hat keine Vernehmlassung eingereicht.
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:
1.- Nach ständiger Rechtsprechung beurteilt der Sozialversicherungsrichter die Rechtmässigkeit der streitigen Verwaltungsverfügung in der Regel nach dem bis zum Zeitpunkt ihrer Eröffnung eingetretenen Sachverhalt (BGE 121 V 366 Erw. 1b).
2.- Gemäss Art. 21 Abs. 1 IVG hat der Versicherte im Rahmen einer vom Bundesrat aufzustellenden Liste Anspruch auf jene Hilfsmittel, deren er für die Ausübung der Erwerbstätigkeit oder der Tätigkeit in seinem Aufgabenbereich, für die Schulung, die Ausbildung oder zum Zwecke der funktionellen Angewöhnung bedarf. Ferner bestimmt Art. 21 Abs. 2 IVG, dass der Versicherte, der infolge seiner Invalidität für die Fortbewegung, für die Herstellung des Kontaktes mit der Umwelt oder für die Selbstsorge kostspieliger Geräte bedarf, im Rahmen einer vom Bundesrat aufzustellenden Liste ohne Rücksicht auf die Erwerbsfähigkeit Anspruch auf solche Hilfsmittel hat.
Die Befugnis zur Aufstellung der Hilfsmittelliste und zum Erlass ergänzender Vorschriften im Sinne von Art. 21 Abs. 4 IVG hat der Bundesrat in Art. 14 IVV an das Eidgenössische Departement des Innern übertragen, welches die Verordnung über die Abgabe von Hilfsmitteln durch die Invalidenversicherung (HVI) mit anhangsweise aufgeführter Hilfsmittelliste erlassen hat. Laut Art. 2 HVI besteht im Rahmen der im Anhang aufgeführten Liste Anspruch auf Hilfsmittel, soweit diese für die Fortbewegung, die Herstellung des Kontaktes mit der Umwelt oder für die Selbstsorge notwendig sind (Abs. 1); Anspruch auf die in dieser Liste mit * bezeichneten Hilfsmittel besteht, soweit diese für die Ausübung einer Erwerbstätigkeit oder die Tätigkeit im Aufgabenbereich, für die Schulung, die Ausbildung, die funktionelle Angewöhnung oder für die bei einzelnen Hilfsmitteln ausdrücklich genannte Tätigkeit notwendig sind (Abs. 2).
Die im Anhang zur Verordnung über die Abgabe von Hilfsmitteln durch die Invalidenversicherung (HVI) enthaltene Liste ist insofern abschliessend, als sie die in Frage kommenden Hilfsmittelkategorien aufzählt. Dagegen ist bei jeder Hilfsmittelkategorie zu prüfen, ob die Aufzählung der einzelnen Hilfsmittel (innerhalb der Kategorie) ebenfalls abschliessend oder bloss exemplifikatorisch ist (BGE 121 V 260 Erw. 2b mit Hinweisen).
Gemäss Ziff. 10.05 HVI Anhang (in der von 1. Januar 1997 bis Ende 2000 geltenden Fassung) besteht Anspruch auf invaliditätsbedingte Abänderungen von Motorfahrzeugen, sofern die versicherte Person volljährig ist.
3.- Im Bericht vom 15. August 1997 stellt Dr. med. B.________ fest, der Einbau einer Klimaanlage in das Auto des Beschwerdeführers sei ärztlich indiziert und notwendig zur Verbesserung bzw. Gewährung der Verkehrssicherheit. Im Rahmen des Postpoliosyndroms würden neurovegetative Symptome auftreten, welche einerseits auf übermässige Temperaturschwankungen, anderseits auch auf Hitze- oder Kälteeinwirkung zurückzuführen seien.
Die für das Motorfahrzeug bestimmte Klimaanlage ist daher als Hilfsmittel im Sinne von Ziff. 10.05 HVI Anhang zu qualifizieren (nicht veröffentlichtes Urteil H. vom 7. Juni 1999, I 68/99). Es handelt sich um eine infolge des Gebrechens erforderliche invaliditätsbedingte Abänderung eines Motorfahrzeuges (Ziff. 10.05.1, S. 77 der Wegleitung über die Abgabe von Hilfsmitteln durch die Invalidenversicherung [WHMI], gültig ab 1. Januar 1993). Nachdem die Klimaanlage als Hilfsmittel im Sinne von Art. 21 IVG anzuerkennen und die übrigen Anspruchsvoraussetzungen unbestrittenermassen erfüllt sind, führt dies zur Gutheissung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde.
Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:
I. In Gutheissung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde wer-
den der Entscheid des Versicherungsgerichts des Kan-
tons Aargau vom 22. Juni 1999 und die Verfügung der
IV-Stelle des Kantons Aargau vom 23. Dezember 1997
aufgehoben, und es wird festgestellt, dass der Be-
schwerdeführer Anspruch auf Kostenübernahme für den
Einbau einer Autoklimaanlage hat.
II. Es werden keine Gerichtskosten erhoben.
III. Die IV-Stelle des Kantons Aargau hat dem Beschwerde-
führer für das Verfahren vor dem Eidgenössischen Ver-
sicherungsgericht eine Parteientschädigung von
Fr. 2500.- (einschliesslich Mehrwertsteuer) zu bezah-
len.
IV. Das Versicherungsgericht des Kantons Aargau wird über
die Parteientschädigung für das kantonale Verfahren
entsprechend dem Ausgang des letztinstanzlichen Pro-
zesses zu befinden haben.
V. Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungs-
gericht des Kantons Aargau und dem Bundesamt für
Sozialversicherung zugestellt.
Luzern, 15. Februar 2001
Im Namen des
Eidgenössischen Versicherungsgerichts
Der Präsident der III. Kammer:
Der Gerichtsschreiber: