BGer 5P.50/2001 |
BGer 5P.50/2001 vom 22.03.2001 |
[AZA 1/2]
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5P.50/2001/min
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II. ZIVILABTEILUNG
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22. März 2001
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Es wirken mit: Bundesrichter Reeb, Präsident der II. Zivil-
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abteilung, Bundesrichter Meyer, Ersatzrichter Zünd und
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Gerichtsschreiber Schett.
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In Sachen
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Adrian Vonarburg,
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Beschwerdeführer,
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Obergericht des Kantons Luzern, Instruktionsrichterin
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der I. Kammer,
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betreffend
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Art. 29 BV etc. (unentgeltliche Rechtspflege;
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Namensänderung),
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hat sich ergeben:
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A.- Adrian Vonarburg stellte beim Justizdepartement des
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Kantons Luzern das Gesuch, es sei ihm die Führung des Namens
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"von Arburg" zu gestatten, was das Justizdepartement mit Ent-
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scheid vom 16. Februar 2000 ablehnte. Hiegegen erhob Adrian
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Vonarburg Beschwerde an den Regierungsrat des Kantons Luzern,
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wobei er weiterhin beantragte, den Namen "von Arburg" führen
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zu dürfen, eventuell die Namen "Von Arburg" oder "Arburg".
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Mit Entscheid vom 17. Oktober 2000 wies der Regierungsrat des
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Kantons Luzern die Beschwerde ab.
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B.- Hiegegen reichte Adrian Vonarburg am 11. November
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2000 Beschwerde beim Obergericht des Kantons Luzern ein. Mit
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Entscheid vom 8. Januar 2001 wies die Instruktionsrichterin
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ein Gesuch um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege
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wegen Aussichtslosigkeit des Beschwerdebegehrens ab und ver-
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pflichtete den Beschwerdeführer zur Leistung eines Kostenvor-
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schusses.
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C.- Adrian Vonarburg hat mit Eingabe vom 4. Februar 2001
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staatsrechtliche Beschwerde an das Bundesgericht erhoben mit
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dem Antrag, den Entscheid der Instruktionsrichterin aufzuhe-
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ben. Er beantragt auch für das bundesgerichtliche Verfahren
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die Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege.
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Das Obergericht (Instruktionsrichterin) beantragt
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die Abweisung der staatsrechtlichen Beschwerde, soweit darauf
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einzutreten sei.
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D.- Der Präsident der II. Zivilabteilung hat ein Gesuch
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um Gewährung der aufschiebenden Wirkung am 22. Februar 2001
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als gegenstandslos geworden abgeschrieben, nachdem der Be-
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schwerdeführer erklärt hatte, das Hauptverfahren sei sistiert
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worden und das Gesuch damit gegenstandslos geworden.
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Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
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1.- Jede Person, die nicht über die erforderlichen Mit-
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tel verfügt, hat nach Art. 29 Abs. 3 BV Anspruch auf unent-
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geltliche Rechtspflege, wenn ihr Rechtsbegehren nicht aus-
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sichtslos erscheint. Soweit es zur Wahrung ihrer Rechte not-
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wendig ist, hat sie ausserdem Anspruch auf unentgeltlichen
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Rechtsbeistand. Als aussichtslos sind nach der bundesgericht-
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lichen Praxis Prozessbegehren anzusehen, bei denen die Ge-
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winnaussichten beträchtlich geringer sind als die Verlust-
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gefahren und die deshalb kaum als ernsthaft bezeichnet werden
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können. Dagegen gilt ein Begehren nicht als aussichtslos,
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wenn sich Gewinnaussichten und Verlustgefahren ungefähr die
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Waage halten oder jene nur wenig geringer sind als diese.
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Massgebend ist, ob eine Partei, die über die nötigen Mittel
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verfügt, sich bei vernünftiger Überlegung zu einem Prozess
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entschliessen würde; eine Partei soll einen Prozess, den sie
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auf eigene Rechnung und Gefahr nicht führen würde, nicht des-
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halb anstrengen können, weil er sie nichts kostet (BGE 124 I
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mit Hinweisen).
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2.- a) Nach Art. 30 Abs. 1 ZGB kann die Regierung des
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Wohnsitzkantons einer Person die Änderung des Namens bewilli-
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gen, wenn wichtige Gründe vorliegen. Dieser Tatbestand ist
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erfüllt, wenn das Interesse des Namensträgers an einem neuen
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Namen dasjenige der Verwaltung und der Allgemeinheit an der
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Unveränderlichkeit des einmal erworbenen und in die Register
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eingetragenen Namens sowie an eindeutiger Kennzeichnung und
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Unterscheidung des einzelnen überwiegt (BGE 126 III 1 E. 3a;
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120 II 276 E. 1). Die Namensänderung hat den Zweck, ernstli-
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che Nachteile, die mit dem bisherigen Namen verbunden sind,
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zu beseitigen, wobei vor allem moralische, geistige und see-
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lische Interessen im Spiele stehen können (BGE 124 III 401
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E. 2b; 108 II 1 E. 5a, mit Hinweis). Ein die Änderung des
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Namens rechtfertigendes persönliches Interesse des Gesuch-
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stellers kann hauptsächlich darin bestehen, nicht des Namens
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wegen dem Spott ausgesetzt zu sein. Eine Namensänderung fällt
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also etwa in Betracht, wenn der Name als lächerlich, hässlich
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oder anstössig erscheint oder immer wieder verstümmelt wird
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(BGE 120 II 276 E. 1). Demgegenüber ist beispielsweise eine
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Namensänderung verweigert worden, die unter Hinweis auf das
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Interesse einer berühmten Familie (von Stockalper), das Aus-
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sterben zu verhindern, begründet worden war (BGE 108 II 247).
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Auch der Umstand, dass ein Kind mit doppelter Staatsangehö-
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rigkeit, welches den Namen der Mutter trägt, bei der es in
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der Schweiz lebt, in den amtlichen Akten Italiens unter dem
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Namen des Vaters eingetragen ist, vermochte eine Namensände-
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rung in der Schweiz nicht zu rechtfertigen (BGE 126 III 1).
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b) Der Beschwerdeführer, welcher in Wien osteuropäi-
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sche Geschichte studiert, hat sein Begehren auf Namensände-
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rung damit begründet, dass sein Name vielfach falsch ausge-
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sprochen und geschrieben werde, wodurch ihm Unannehmlichkei-
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ten (beispielsweise durch falsche Adressierung seiner Post,
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fehlerhafte Ausstellung von Ausweisen) entstünden. Er hat
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gegenüber dem Obergericht auch darauf hingewiesen, dass er
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seit mehreren Jahren bei den meisten Menschen, die er in
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dieser Zeit kennengelernt habe, als "Adrian von Arburg" be-
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kannt sei. Im Jahre 2001 würde neben einem Forschungsbericht,
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den er unter dem Namen "von Arburg" veröffentlichen werde,
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seine Magisterarbeit an der Universität Wien unter dem Namen
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"Vonarburg" erscheinen, weil die Universität auf den gesetz-
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lichen Namen abstelle. Wenn er unter verschiedenen Namen
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publiziere, werde das negative Auswirkungen auf seine Reputa-
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tion als Historiker haben. Zu letzterem hat die Einzelrich-
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terin des Obergerichts zu Recht festgehalten, dass der Be-
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schwerdeführer es in der Hand habe, seinen Namen in künftigen
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wissenschaftlichen Publikationen einheitlich zu schreiben.
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Wenn er in der staatsrechtlichen Beschwerde dazu ausführt,
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gerade dies stehe nicht immer in seiner Macht, so scheint er
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von der Prämisse auszugehen, dass er, wo immer der gesetzli-
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che Name nicht zwingend verwendet werden muss, unter dem
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Namen "von Arburg" und nicht "Vonarburg" publizieren werde.
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Das ist ihm zwar unbenommen, doch bleibt es dabei, dass er es
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in der Hand hätte, einheitlich für Publikationen den Namen
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"Vonarburg" zu verwenden, womit er die befürchteten Nachteile
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für seine Reputation vermeiden könnte. Was die falsche Aus-
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sprache oder Schreibung des Namens betrifft, so handelt es
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sich um ein Problem, welches sich für Namen, die nicht geläu-
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fig sind, vielfach stellt. Es kann durchaus bezweifelt wer-
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den, dass die Verwendung des Namens "von Arburg" hieran Ent-
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scheidendes zu ändern vermöchte. Aber auch die mit falscher
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Aussprache oder Schreibung des Namens verbundenen Nachteile
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halten sich in Grenzen, zumal sie nicht derart sind, dass sie
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den Beschwerdeführer dem Gespött aussetzen (vom Beschwerde-
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führer angeführte Beispiele: "Vonaburg", "Vonarbug", "Von-
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abg.", "v. Arbg."). Wenn die Einzelrichterin des Obergerichts
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wichtige Gründe für die Namensänderung als kaum gegeben er-
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achtet und die Gewinnaussichten des angehobenen Verfahrens
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als weitaus geringer einstuft als die Verlustgefahren, ist
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dies nachvollziehbar und nicht zu beanstanden.
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c) Was der Beschwerdeführer des Weiteren geltend
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macht, führt ebenfalls nicht zur Gutheissung der staatsrecht-
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lichen Beschwerde:
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aa) Der Beschwerdeführer beruft sich darauf, dass er
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das Verfahren keinesfalls nur deshalb führe, weil es ihn
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nichts koste; vielmehr sei er bereit, Kostenfolgen in Kauf zu
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nehmen, was sich daran zeige, dass er bereits Fr. 1'000.- an
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die Luzerner Gerichtskasse überwiesen habe. Massstab für die
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Beurteilung der Erfolgsaussichten bildet indessen nicht, ob
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der konkret betroffene Beschwerdeführer subjektiv bereit ist,
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das Kostenrisiko zu übernehmen, sondern ob (hypothetisch)
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eine bemittelte Partei sich "bei vernünftiger Überlegung" zu
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einem Prozess entschliessen würde (BGE 124 I 304 E. 2c; 122 I
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267 E. 2b). Massgebend ist mithin eine objektivierte Betrach-
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tungsweise, weshalb der Beschwerdeführer nichts daraus ablei-
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ten kann, welche Kosten er persönlich notfalls in Kauf zu
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nehmen bereit ist.
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bb) Aus der Tatsache, dass der Regierungsrat die
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unentgeltliche Rechtspflege noch bewilligt hat, lässt sich
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nicht ableiten, dass auch das Obergericht so entscheiden
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müsste, denn ein Prozessbegehren, das in erster oder zweiter
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Instanz noch hinreichend Erfolgsaussichten haben mochte, kann
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diese verlieren, wenn eine oder mehrere Instanzen sich mit
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der Sache umfassend auseinander gesetzt haben.
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cc) Die Instruktionsrichterin des Obergerichts
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musste sich nicht zum Standpunkt des Beschwerdeführers äus-
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sern, die Abtrennung des Namenspartikels "von" sei nicht zu
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vergleichen mit der in BGE 120 II 279 abgelehnten nachträg-
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lichen Hinzufügung eines solchen Partikels, um an die Adels-
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tradition einer Familie anzuschliessen. Selbst wenn der
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Rechtsstandpunkt des Beschwerdeführers in diesem Punkt aus-
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sichtsreich erschiene, was hier nicht zu beurteilen ist,
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vermöchte dies nichts daran zu ändern, dass sein Begehren
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nur erfolgversprechend sein könnte, wenn ein wichtiger Grund
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für die Namensänderung überhaupt vorläge.
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dd) Der Beschwerdeführer will eine Verfassungsver-
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letzung daraus ableiten, dass die Instruktionsrichterin des
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Obergerichts ausgeführt habe, er behaupte zwar, es bestünden
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weitere wichtige Gründe für eine Namensänderung, nenne diese
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aber nicht konkret, sondern verweise bloss auf frühere
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Rechtsschriften. Tatsächlich hat die Instruktionsrichterin
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des Obergerichts die vom Beschwerdeführer vorgebrachten Grün-
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de für eine Namensänderung aber berücksichtigt, wie sich den
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weiteren Ausführungen unter Ziff. 4.2 des angefochtenen Ent-
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scheids entnehmen lässt.
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ee) Beizupflichten ist dem Beschwerdeführer immerhin
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darin, dass eine Verletzung der Begründungspflicht im Ent-
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scheid des Regierungsrates nicht im Verfahren des Oberge-
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richts geheilt werden kann, wenn für dieses die unentgelt-
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liche Rechtspflege verweigert wird. Es verhielte sich gerade
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umgekehrt: Das Beschwerdebegehren könnte nicht als aussichts-
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los qualifiziert werden, wenn der angefochtene Entscheid der
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Begründungspflicht nicht genügen würde. Indessen führt auch
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dies nicht zur Gutheissung der staatsrechtlichen Beschwerde,
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denn die Instruktionsrichterin des Obergerichts hat - zu
|
Recht - angenommen, der Entscheid des Regierungsrates genüge
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der Begründungspflicht. Der Hinweis auf die Heilung eines
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allfälligen Mangels ist demnach überflüssig und war für die
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Verweigerung der unentgeltlichen Rechtspflege auch nicht ent-
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scheidend.
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3.- Zusammenfassend ist festzustellen, dass die Pro-
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zessaussichten für das obergerichtliche Verfahren als gering
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eingestuft werden durften und die Verweigerung der unentgelt-
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lichen Rechtspflege Verfassungsrecht demnach nicht verletzt.
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Die staatsrechtliche Beschwerde ist deshalb abzuweisen.
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Für das bundesgerichtliche Verfahren kann das Be-
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gehren um unentgeltliche Rechtspflege indessen gutgeheissen
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werden, weil gewisse Unklarheiten im angefochtenen Entscheid,
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auch wenn diese nicht von ausschlaggebender Bedeutung waren,
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Anlass zur Beschwerdeführung geben mochten.
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Demnach erkennt das Bundesgericht:
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1.- Die staatsrechtliche Beschwerde wird abgewiesen.
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2.- Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird gut-
|
geheissen.
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3.- Es werden keine Kosten erhoben.
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4.- Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer und dem
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Obergericht des Kantons Luzern (Instruktionsrichterin der
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I. Kammer) schriftlich mitgeteilt.
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Lausanne, 22. März 2001
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Im Namen der II. Zivilabteilung
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des SCHWEIZERISCHEN BUNDESGERICHTS
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Der Präsident:
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Der Gerichtsschreiber:
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