BGer 1P.160/2001 |
BGer 1P.160/2001 vom 05.04.2001 |
[AZA 0/2]
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1P.160/2001/boh
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I. OEFFENTLICHRECHTLICHE ABTEILUNG
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5. April 2001
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Es wirken mit: Bundesgerichtsvizepräsident Aemisegger,
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Präsident der I. öffentlichrechtlichen Abteilung, Bundesrichter
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Nay, Bundesrichter Aeschlimann und Gerichtsschreiber Störi.
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In Sachen
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A.________, Beschwerdeführerin, vertreten durch Rechtsanwalt Markus Janett, Schulstrasse 1, Landquart,
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gegen
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Politische Gemeinde Jenaz, vertreten durch Rechtsanwalt Thomas Casanova, Arcas 22, Postfach 433, Chur, Bau-, Verkehrs- und Forstdepartement des KantonsG r a u b ü n d e n,Verwaltungsgericht des Kantons Graubünden, Kammer 3,
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betreffend
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Art. 9 und 29 BV (Enteignungsrecht), hat sich ergeben:
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A.- Die Gemeindeversammlung von Jenaz beschloss am 20. Oktober 1998 einen Kredit von 1,4 Mio. Franken für die Erstellung eines Trottoirs entlang der alten Landstrasse zwischen den Dorfteilen Jenaz und Pragg, welches insbesondere die neue Schul- und Freizeitanlage "Feld" für Fussgänger besser zugänglich machen soll. Im Trassee des bergseitig geführten, 1,5 m breiten Trottoirs soll zudem eine neue Hydrantenleitung installiert werden.
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In der Folge führte die Gemeinde mit den betroffenen Grundeigentümern Verhandlungen über die Einräumung von Dienstbarkeiten bzw. den Landerwerb. Mit der Kollektivgesellschaft A.________, einer Baufirma, welche auf ihrer an der Landstrasse gelegenen Parzelle Nr. 1006 einen Werkhof betreibt, fand die Gemeinde keine Einigung.
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Am 9. Mai 2000 ersuchte der Gemeindevorstand von Jenaz das Bau-, Verkehrs- und Forstdepartement des Kantons Graubünden (BVFD) um die Erteilung des Enteignungsrechts für einen 2 m breiten Streifen der Parzelle Nr. 1006, insgesamt 167 m2. Das BVFD erteilte der Gemeinde Jenaz das verlangte Enteignungsrecht am 21. September 2000.
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B.- Das Verwaltungsgericht des Kantons Graubünden wies den Rekurs der Kollektivgesellschaft A.________ gegen die Erteilung des Enteignungsrechts an die Gemeinde Jenaz mit Urteil vom 21. November 2000, welches es den Parteien am 25. Januar 2001 mitteilte, ab.
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C.- Mit staatsrechtlicher Beschwerde vom 28. Februar 2001 wegen Willkür, Verletzung des rechtlichen Gehörs und der Eigentumsgarantie beantragt die Kollektivgesellschaft A.________, das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 21. November 2000 aufzuheben. Zudem ersucht sie, ihrer Beschwerde aufschiebende Wirkung beizulegen.
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In der Vernehmlassung beantragt die Gemeinde Jenaz, es sei die aufschiebende Wirkung zu verweigern, eventuell sei sie auf die Parzelle Nr. 1006 zu beschränken. Das BVFD hat gegen die Gewährung der aufschiebenden Wirkung nichts einzuwenden und verzichtet im Übrigen auf Vernehmlassung.
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Das Verwaltungsgericht beantragt unter Verweis auf sein angefochtenes Urteil, die Beschwerde abzuweisen. Den gleichen Antrag stellt die Gemeinde Jenaz.
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Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
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1.- Beim angefochtenen Urteil des Verwaltungsgerichts handelt es sich um einen letztinstanzlichen kantonalen Endentscheid, gegen den die staatsrechtliche Beschwerde offen steht (Art. 86 Abs. 1 OG). Als Eigentümerin des Landes, für welches das Enteignungsrecht erteilt wurde, ist die Beschwerdeführerin in ihren rechtlich geschützten Interessen berührt (Art. 88 OG), und sie beruft sich auf die Verletzung verfassungsmässiger Rechte (Art. 84 Abs. 1 lit. a OG). Auf die im Übrigen form- und fristgerecht eingereichte Beschwerde ist somit einzutreten.
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2.- Die Beschwerdeführerin wirft der Gemeinde Jenaz eine Gehörsverweigerung vor, weil sie ihr Gesuch "um Einblick in alle Detailakten und Unterlagen im Zusammenhang mit der Erstellung der Hydrantenleitung und des Trottoirs zwischen den Dorfteilen Jenaz und Pragg-Jenaz" vom 15. Januar 2001 abgelehnt habe.
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Im vorliegenden Beschwerdeverfahren ist einzig zu prüfen, ob das angefochtene Urteil des Verwaltungsgerichts vom 21. November 2000 vor der Verfassung standhält. Auf die Gehörsverweigerungsrüge der Beschwerdeführerin, die sich nicht auf das Verhalten der Gemeinde Jenaz im Verfahren bezieht, das zum angefochtenen Entscheid führte, ist daher nicht einzutreten.
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3.- Die Beschwerdeführerin macht geltend, das Verwaltungsgericht sei in Willkür verfallen, indem es das öffentliche Interesse an der Ausstattung der Landstrasse zwischen Jenaz und Pragg mit einem Trottoir bejaht und bei der Abwägung des öffentlichen gegen ihre entgegenstehenden Privatinteressen das Gewicht der letzteren verkannt habe.
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a) Die Erteilung des Enteignungsrechts für einen Teil der Parzelle Nr. 1006 im Ausmass von rund 167 m2 belegt diese mit einer Eigentumsbeschränkung. Eine solche hält vor Art. 26 BV stand, wenn sie auf einer gesetzlichen Grundlage beruht, ein öffentliches Interesse verfolgt und verhältnismässig ist (BGE 125 II 129 E. 8; 121 I 117 E. 3b; 119 Ia 348 E. 2a mit Hinweisen). Der Entzug von Grundeigentum wiegt schwer, weshalb das Bundesgericht unter dem Gesichtspunkt von Art. 26 BV frei prüft, ob diese Voraussetzungen gegeben sind.
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b) Die Beschwerdeführerin macht geltend, es bestehe kein öffentliches Interesse am umstrittenen Trottoir, weil bereits zwei sichere Fussweg-Verbindungen zwischen Jenaz und Pragg bestünden und das zwischen den Dorfteilen liegende Schul- und Freizeitzentrum "Feld" über den Feldweg für Fussgänger gefahrlos erreichbar sei. Das Verwaltungsgericht begnüge sich mit der blossen Vermutung, dass ein Bedürfnis nach einem Trottoir entlang der Landstrasse bestehe, ohne dies abgeklärt zu haben.
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c) Das Verwaltungsgericht und das BVFD halten das Trottoir entlang der Landstrasse für erforderlich, um das neue Schul- und Freizeitzentrum "Feld", welches aus einem Kindergarten, dem Primarschulhaus der Gemeinde Jenaz, dem Oberstufenschulhaus des Kreises Jenaz und einer Turnhalle besteht, zu erschliessen. Sie verkennen keineswegs, dass die Anlage für Fussgänger schon jetzt über den Feldweg sicher erreichbar ist, halten aber dafür, dass die Benützung des Feldweges für die Bewohner der unteren Dorfteile von Jenaz und Pragg einen erheblichen Umweg bedeutet. Ein Blick auf die Karte zeigt, dass dies zutrifft. Da Schulkinder erfahrungsgemäss kaum davon abzuhalten sind, jedenfalls bei zeitlicher Dringlichkeit den kürzesten Weg in die Schule zu nehmen, besteht klarerweise ein erhebliches öffentliches Interesse daran, die Landstrasse, die von Autos mit 70 km/h befahren werden darf und die auch dem Schwerverkehr, namentlich den Camions der Beschwerdeführerin, dient, mit einem Trottoir auszurüsten und so den kürzesten Schulweg für die Kinder aus den unteren Dorfteilen zu sichern.
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Keine Rolle für die Erschliessung der Schul- und Freizeitanlage "Feld" spielt, worin sich alle Beteiligten einig sind, die Chüegasse, die höchstgelegene Strassenverbindung zwischen Jenaz und Pragg. Es ist daher für den Ausgang des Verfahrens unerheblich, ob das Verwaltungsgericht die Ausführungen der Beschwerdeführerin zur Bedeutung der Chüegasse als Fussgängerverbindung missverstanden hat oder nicht.
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4.- a) Zur Verhältnismässigkeit hat das Verwaltungsgericht ausgeführt, entgegen der Behauptung der Beschwerdeführerin würden die vier Parkplätze zwischen dem Trottoir und dem Werkgebäude erhalten bleiben, es sei nur nicht mehr möglich, zwischen ihnen und dem Werkgebäude zu Arbeitsbeginn und -ende weitere Fahrzuge abzustellen, was offensichtlich ein geringer Eingriff sei. Die Zufahrt zum Werkhof bleibe voll erhalten, ebenso die Manövrierfähigkeit des Krans. Der Flächenverlust von 167 m2 sei in Bezug auf die Gesamtfläche des Geländes von 3'500 m2 gering. Insgesamt seien die zu erwartenden Beeinträchtigungen eher geringfügiger Natur und daher nicht geeignet, das öffentliche Interesse an der Errichtung des Trottoirs zu überwiegen.
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b) Die Beschwerdeführerin bringt vor, die geplante Enteignung treffe sie "äusserst schwerwiegend". Dem straff organisierten, dank eines fest installierten Krans bis in den letzten Winkel ausgenützten Werkhofs ginge wichtiger Platz verloren; hinzu käme der Verlust von 4 Parkplätzen.
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Sie habe die Inkonvenienzen berechnen lassen, doch anerkenne die Gemeinde die Berechnungen - Entschädigung für die Bauzeit zwischen 31'000 und 46'000 Franken und für die folgenden 20 Jahre zwischen 110'000 und 160'000 Franken - nicht und weigere sich, ein korrektes Entschädigungsangebot zu unterbreiten.
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c) Die in Frage stehende Enteignung trifft die Beschwerdeführerin nicht besonders schwer, weil die Funktionsfähigkeit ihres Werkhofes erhalten bleibt und lediglich die
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Kapazität ihres Lagerplatzes - nach eigenen Angaben um 10 % - verkleinert wird und einige Parkiermöglichkeiten entfallen.
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Keiner weiteren Ausführungen bedarf, dass die Begehung der Landstrasse durch Kinder im Kindergarten- und Primarschulalter gefährlich ist. Es besteht somit ein erhebliches öffentliches (Verkehrssicherheits-)Interesse, diesen Gefahrenherd zu beseitigen, auch wenn sich bis jetzt, wie die Beschwerdeführerin anführt, noch kein schwerer Unfall ereignete. Die Einschätzung des Verwaltungsgerichts, dass die Erteilung des Enteignungsrechts für das Trottoir die Beschwerdeführerin nicht unverhältnismässig trifft, ist nicht zu beanstanden. Wie hoch der Schaden genau ist, den die Beschwerdeführerin durch die Enteignung erleidet, ist nicht im vorliegenden Verfahren zu prüfen.
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5.- Die umstrittene Erteilung des Enteignungsrechts an die Gemeinde Jenaz ist daher nicht verfassungswidrig, die Rüge ist unbegründet. Die Beschwerde ist somit abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist. Das Gesuch um aufschiebende Wirkung wird mit dem Entscheid in der Sache ohne weiteres gegenstandslos.
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Bei diesem Ausgang des Verfahrens hat die Beschwerdeführerin die Kosten zu tragen (Art. 156 Abs. 1 OG). Praxisgemäss hat sie ausserdem der anwaltlich vertretenen Gemeinde Jenaz eine angemessene Parteientschädigung zu bezahlen (Art. 159 OG).
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Demnach erkennt das Bundesgericht:
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1.- Die staatsrechtliche Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
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2.- Die Gerichtsgebühr von Fr. 3'000.-- wird der Beschwerdeführerin auferlegt.
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3.- Die Beschwerdeführerin hat der Gemeinde Jenaz für das bundesgerichtliche Verfahren eine Parteientschädigung von Fr. 2'000.-- zu bezahlen.
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4.- Dieses Urteil wird der Beschwerdeführerin, der Politischen Gemeinde Jenaz sowie dem Bau-, Verkehrs- und Forstdepartement und dem Verwaltungsgericht des Kantons Graubünden, Kammer 3, schriftlich mitgeteilt.
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Lausanne, 5. April 2001
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Im Namen der I. öffentlichrechtlichen Abteilung
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des SCHWEIZERISCHEN BUNDESGERICHTS
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Der Präsident:
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Der Gerichtsschreiber:
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