BGer I 130/2000 |
BGer I 130/2000 vom 28.05.2001 |
[AZA 7]
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I 130/00 Ge
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II. Kammer
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Bundesrichter Meyer, Rüedi und Ferrari; Gerichtsschreiber
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Hadorn
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Urteil vom 28. Mai 2001
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in Sachen
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IV-Stelle Luzern, Landenbergstrasse 35, 6005 Luzern, Beschwerdeführerin,
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gegen
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K.________, Beschwerdegegner,
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Verwaltungsgericht des Kantons Luzern, Luzern
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Mit Verfügung vom 22. September 1999 lehnte die IV-Stelle des Kantons Luzern das Gesuch des 1976 geborenen K.________ um Erlass einer Rückforderung von zu Unrecht bezogenen Taggeldern der Invalidenversicherung im Betrag von Fr. 9365. 70 ab.
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Die dagegen erhobene Beschwerde hiess das Verwaltungsgericht des Kantons Luzern mit Entscheid vom 26. Januar 2001 insofern gut, als es dem Versicherten den guten Glauben zugestand und die Sache zur Abklärung der grossen Härte an die IV-Stelle zurückwies.
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Die IV-Stelle führt Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit dem Antrag, der kantonale Entscheid sei aufzuheben.
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K.________ schliesst auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde, während das Bundesamt für Sozialversicherung sich nicht vernehmen lässt.
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Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:
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1.- Weil es in Verfahren um den Erlass der Rückerstattung zu Unrecht bezogener Leistungen nicht um die Bewilligung oder Verweigerung von Versicherungsleistungen geht (BGE 122 V 136 Erw. 1 mit Hinweisen), gilt die eingeschränkte Kognition mit der Folge, dass das Eidgenössische Versicherungsgericht lediglich zu prüfen hat, ob das vorinstanzliche Gericht Bundesrecht verletzt hat, einschliesslich Überschreitung oder Missbrauch des Ermessens, oder ob der rechtserhebliche Sachverhalt offensichtlich unrichtig, unvollständig oder unter Verletzung wesentlicher Verfahrensbestimmungen festgestellt worden ist (Art. 132 in Verbindung mit Art. 104 lit. a und b sowie Art. 105 Abs. 2 OG).
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2.- Das kantonale Gericht hat die gesetzlichen Bestimmungen (Art. 47 Abs. 1 AHVG i.V. mit Art. 49 IVG; Art. 85 Abs. 3 IVV; Art. 79 Abs. 1 und 2 AHVV) sowie die Rechtsprechung zum guten Glauben und zur grossen Härte als Voraussetzungen für den Erlass zu Unrecht bezogener Leistungen der Invalidenversicherung (BGE 112 V 103 Erw. 2c; vgl. ferner BGE 122 V 223 Erw. 3) richtig dargelegt. Darauf wird verwiesen. Zu ergänzen ist Folgendes: Nach der Rechtsprechung ist zu unterscheiden zwischen dem guten Glauben als fehlendem Unrechtsbewusstsein und der Frage, ob sich jemand unter den gegebenen Umständen auf den guten Glauben berufen kann und ob er bei zumutbarer Aufmerksamkeit den bestehenden Rechtsmangel hätte erkennen sollen. Die Frage nach dem Unrechtsbewusstsein gehört zum inneren Tatbestand und ist daher Tatfrage, die nach Massgabe von Art. 105 Abs. 2 OG von der Vorinstanz verbindlich beantwortet wird. Demgegenüber gilt die Frage nach der Anwendung der gebotenen Aufmerksamkeit als frei überprüfbare Rechtsfrage, soweit es darum geht, festzustellen, ob sich jemand angesichts der jeweiligen tatsächlichen Verhältnisse auf den guten Glauben berufen kann (BGE 122 V 223 Erw. 3, 102 V 246; AHI 1994 S. 123 Erw. 2c).
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3.- a) Die Vorinstanz stellte verbindlich (Erw. 1 hievor) fest, dass die Invalidenversicherung dem Beschwerdegegner vom 23. August 1993 bis 25. Januar 1997 berufliche Massnahmen gewährt und ihm für diese Zeitspanne entsprechende Taggelder ausbezahlt hat. Erst am 17. März 1997 habe der Versicherte der IV-Stelle gemeldet, dass er seit 1995 als Organist und Klavierlehrer tätig gewesen sei und dabei ein Einkommen von Fr. 400.- bis Fr. 800.- im Monat erzielt habe. Angesichts dieser Verdienste habe er zu hohe Taggeldleistungen bezogen. Zum guten Glauben erwog die Vorinstanz, selbst für die Verwaltung sei nachvollziehbar gewesen, dass der Beschwerdegegner anfänglich angenommen habe, diese Einkünfte hätten nichts mit dem Taggeld zu tun, da er sie am Abend und an Wochenenden erzielt habe. Auf Grund der besondern Umstände des Falles sei die Verletzung der Meldepflicht als leicht zu qualifizieren, weshalb der gute Glaube noch bejaht werden könne.
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Dem widerspricht die IV-Stelle, indem sie geltend macht, es sei nicht massgebend, wann der Versicherte die umstrittenen Verdienste erzielt habe. Auf den Taggeldabrechnungen sei er regelmässig darauf hingewiesen worden, dass er sämtliche - insbesondere auch die wirtschaftlichen - Veränderungen in den persönlichen Verhältnissen unverzüglich melden müsse. Spätestens zwei bis drei Monate nach Beginn der Nebentätigkeit habe sich deren Dauercharakter abzuzeichnen begonnen, weshalb der Beschwerdegegner sich beim gebotenen Mindestmass an Sorgfalt hätte bewusst sein müssen, dass er diese Einkünfte zu melden habe. Daher könne von einer bloss leichten Verletzung der Meldepflicht nicht die Rede sein.
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b) Der Beschwerdegegner hat im Laufe der von der Invalidenversicherung übernommenen beruflichen Massnahmen und vor der Meldung der umstrittenen Verdienste mehrmals Taggeldverfügungen erhalten (Verfügungen vom 17. März 1994,
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8. Januar 1996, 9. September 1996). Bei allen findet sich ein Hinweis auf die Meldepflicht. Auf dem Beiblatt zur Verfügung vom 17. März 1994 ist zu lesen: "Der Versicherte (...) hat jede Änderung in den Verhältnissen, welche (...) den Taggeldanspruch (...) beeinflussen kann, sowie (...) jede Aufnahme einer (auch nur teilweisen) Erwerbstätigkeit unverzüglich an uns zu melden. " Bei den zwei andern Taggeldverfügungen ist der Hinweis auf die Meldepflicht etwas anders formuliert: "Bezugsberechtigte Personen von Taggeldern haben der IV-Stelle jede Änderung der Verhältnisse, welche den Wegfall, die Herabsetzung oder die Erhöhung zugesprochener Leistungen zur Folge haben kann, unverzüglich zu melden. Zum Beispiel: (...) Jede Aufnahme oder Veränderung einer Erwerbslage bzw. Tätigkeit im Aufgabenbereich.. "
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Die Hinweise - klar und eindeutig - schliessen auch an Abenden und Wochenenden ausgeübte Tätigkeiten mit ein.
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Diese Gegebenheiten hat die Vorinstanz zu wenig gewürdigt.
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Bei der Aufmerksamkeit, welche auch vom Beschwerdegegner zumindest verlangt werden darf, musste er diese Hinweise so verstehen, dass er seine Einkünfte aus der musikalischen Nebentätigkeit unverzüglich der Verwaltung zu melden hatte.
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Indem er dies unterliess, hat er eine Fahrlässigkeit begangen, die nicht mehr als leicht eingestuft werden kann, weshalb der gute Glaube zu verneinen ist.
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Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:
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I. In Gutheissung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird
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der Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons
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Luzern vom 26. Januar 2000 aufgehoben.
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II. Es werden keine Gerichtskosten erhoben.
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III. Der geleistete Kostenvorschuss von Fr. 1000.- wird der IV-Stelle des Kantons Luzern zurückerstattet.
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IV. Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Luzern, Sozialversicherungsrechtliche Abteilung, der Ausgleichskasse Luzern und dem
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Bundesamt für Sozialversicherung zugestellt.
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Luzern, 28. Mai 2001
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Im Namen des
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Eidgenössischen Versicherungsgerichts
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Der Vorsitzende der II. Kammer:
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Der Gerichtsschreiber:
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