BGer U 177/1999
 
BGer U 177/1999 vom 27.06.2001
[AZA 7]
U 177/99 Vr
IV. Kammer
Bundesrichter Borella, Bundesrichterin Leuzinger und Bundesrichter
Kernen; Gerichtsschreiber Signorell
Urteil vom 27. Juni 2001
in Sachen
K.________, 1943, Beschwerdeführerin, vertreten durch
Rechtsanwalt Christof Tschurr, Bellerivestrasse 59,
8034 Zürich,
gegen
Schweizerische Unfallversicherungsanstalt, Fluhmattstrasse
1, 6004 Luzern, Beschwerdegegnerin,
und
Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich, Winterthur
Die 1943 geborene K.________ rutschte am 15. Dezember
1994 und am 16. Januar 1995 auf Glatteis aus. Die Schweizerische
Unfallversicherungsanstalt (SUVA) erbrachte die
gesetzlichen Leistungen. Mit Verfügung vom 26. September
1995 stellte sie die Taggeldleistungen zufolge Erreichens
einer vollen Arbeitsfähigkeit ab 2. Oktober 1995 ein, woran
sie mit Einspracheentscheid vom 1. Mai 1996 festhielt.
Das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich wies
eine Beschwerde, mit welcher insbesondere die Gewährung von
Taggeldern über den 2. Oktober 1995 hinaus und die Zusprechung
einer Invalidenrente von 50 % verlangt wurde, mit
Entscheid vom 30. März 1999 ab.
Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde lässt die Versicherte
die vorinstanzlichen Begehren erneuern.
Die SUVA schliesst auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde.
Die Vorinstanz und das Bundesamt für Sozialversicherung
(BSV) verzichten auf Vernehmlassung.
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:
1.- Die Vorinstanz hat die Rechtsprechung zum natürlichen
(BGE 119 V 337 Erw. 1, 118 V 289 Erw. 1b, 117 V 376
Erw. 3a, 115 V 134 Erw. 3, mit Hinweisen) und adäquaten
Kausalzusammenhang (BGE 119 V 406 Erw. 4a, 118 V 290
Erw. 1c, 117 V 382 Erw. 4a, 115 V 135 Erw. 4 mit Hinweisen)
zwischen dem Unfallereignis und dem eingetretenen Schaden,
namentlich auch einer psychischen Gesundheitsschädigung
(BGE 115 V 133), sowie zur Würdigung von Arztberichten (BGE
122 V 160 Erw. 1c mit Hinweisen) zutreffend dargelegt. Darauf
wird verwiesen.
2.- a) Die Beschwerdeführerin rutschte bei beiden Unfällen
wegen Glatteises aus und fiel auf das Gesäss und die
rechte Körperseite bzw. auf das Steissbein, den Rücken und
den rechten Arm. Dabei zog sie sich beide Male eine Kontusion
des Sacrums, der rechten Schulter und des rechten
Handgelenks zu. Die massgeblichen Arztberichte sind im vorinstanzlichen
Entscheid eingehend und korrekt dargestellt.
Darauf wird verwiesen.
b) Der medizinische Sachverhalt ist, soweit die Untersuchungsberichte
objektivierbare Befunde enthalten, vollständig
und widerspruchsfrei abgeklärt. Die in der Verwaltungsgerichtbeschwerde
erhobene Rüge, es befänden sich keine
Röntgenaufnahmen und keine Szintigraphie in den Akten,
ist unbehelflich. Im Austrittsbericht der Rehabilitationsklinik
X.________ vom 1. September 1995 wird sowohl auf die
Röntgenaufnahmen (27. April 1995) als auch auf die Szintigraphie
(26. Mai 1995) hingewiesen und festgehalten, dass
beide Abklärungen keine Anhaltspunkte für eine ossäre Läsion
ergeben hätten (vgl. auch die Berichte des Radiologen
Dr. S.________ vom 27. April 1995 und des Dr. H.________
vom 22. Februar 1996). Nach dieser klaren und eindeutigen
Beurteilung bestand für die SUVA kein Anlass, zusätzlich
die Bilder beizuziehen.
c) Ebenfalls zureichend abgeklärt sind die Auswirkungen
des Zustandsbildes auf die Arbeitsfähigkeit. Die ärztliche
Beurteilung ergibt eindeutig, dass keine unfallbedingte
körperliche Arbeits- und Erwerbsunfähigkeit vorliegt.
3.- Was die psychisch bedingte Arbeitsunfähigkeit anbetrifft,
ist der Vorinstanz darin beizupflichten, dass
beide Unfälle auf Grund des augenfälligen Ablaufs und der
erlittenen Verletzungen den leichten Unfällen zuzuordnen
sind. Bei diesen kann der adäquate Kausalzusammenhang zwischen
Unfall und psychischen Gesundheitsstörungen in der
Regel - so auch vorliegend - ohne weiteres verneint werden,
weil auf Grund der allgemeinen Lebenserfahrung, aber auch
unter Einbezug unfallmedizinischer Erkenntnisse davon ausgegangen
werden darf, dass ein banaler bzw. leichter Unfall
nicht geeignet ist, einen psychischen Gesundheitsschaden zu
verursachen (BGE 115 V 139 Erw. 6a). Für die Entstehung der
psychischen Fehlentwicklung kommt daher für sich allein genommen
weder dem Unfall vom 15. Dezember 1994 noch jenem
vom 16. Januar 1995 eine massgebende Bedeutung zu.
Daran vermag nichts zu ändern, dass die Beschwerdeführerin
innert weniger Wochen zweimal auf die gleiche Weise
verunfallte. Dass das zweite Ereignis vom 15. Januar 1995
im Zusammenhang mit dem am 16. Dezember 1994 erlittenen Unfall
eine psychische Gesundheitsschädigung bewirken konnte,
ist zu verneinen. Wie oben dargelegt, war der erste Unfall
nicht geeignet, bei einem Versicherten - innerhalb der weiten
Bandbreite - eine psychische Fehlentwicklung auszulösen.
Wenn er trotzdem eine psychische Fehlverarbeitung bewirkte,
handelt es sich dabei um eine Überreaktion, die
nicht mehr als adäquates Verhalten zum objektiv betrachteten
Unfallereignis zu qualifizieren ist. Vermochte indessen
der zweite Unfall die Erinnerung an das frühere Unfallereignis,
das für sich allein betrachtet nicht geeignet war,
eine psychische Fehlreaktion auszulösen, in einer Art und
Weise wachzurufen, dass dadurch eine psychisch bedingte Arbeits-
und Erwerbsunfähigkeit entstand, so muss diese auf
unfallfremde Faktoren zurückgeführt werden.
Die Adäquanz des Kausalzusammenhangs zwischen Unfall
und nicht somatisch bedingten Schmerzen ist zu Recht verneint
worden.
4.- Die Beschwerdeführerin rügt schliesslich eine Verletzung
ihres Anspruchs auf rechtliches Gehör, indem die
Vorinstanz sich nur mit einem Teil ihrer Vorbringen auseinandergesetzt
habe. Dieser Einwand ist unbehelflich. Nach
den zum verfassungsrechtlichen Gehörsanspruch entwickelten
Grundsätzen muss die Begründung eines Entscheides so abgefasst
sein, dass der Betroffene ihn gegebenenfalls sachgerecht
anfechten kann. Zu diesem Zweck müssen wenigstens
kurz die Überlegungen genannt werden, von denen sich die
Behörde leiten liess und auf welche sie ihren Entscheid
stützt. Das bedeutet nicht, dass sie sich ausdrücklich mit
jeder tatbeständlichen Behauptung und jedem rechtlichen
Einwand auseinandersetzen muss. Vielmehr kann sie sich auf
die für den Entscheid wesentlichen Gesichtspunkte beschränken
(SVR 1996 UV Nr. 62 S. 213 Erw. 4a mit Hinweisen). Diesen
Anforderungen genügt der vorinstanzliche Entscheid.
Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:
I. Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.
II. Es werden keine Gerichtskosten erhoben.
III. Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht
des Kantons Zürich und dem Bundesamt für
Sozialversicherung zugestellt.
Luzern, 27. Juni 2001
Im Namen des
Eidgenössischen Versicherungsgerichts
Der Präsident der IV. Kammer:
Der Gerichtsschreiber: