[AZA 7]
H 43/01 Gr
IV. Kammer
Bundesrichter Borella, Rüedi und Kernen; Gerichtsschreiberin
Keel Baumann
Urteil vom 2. Juli 2001
in Sachen
1. G.________,
2. B.________,
Beschwerdeführer, beide vertreten durch Rechtsanwalt Markus Edelmann, Vadianstrasse 40, 9000 St. Gallen,
gegen
Ausgleichskasse des Kantons Zürich, Röntgenstrasse 17, 8005 Zürich, Beschwerdegegnerin,
und
Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich, Winterthur
A.- G.________ war Verwaltungsratspräsident und B.________ Verwaltungsratsmitglied der X.________ AG. Am 24. April 1997 wurde über die Gesellschaft der Konkurs eröffnet, in welchem die Ausgleichskasse des Kantons Zürich mit Beitragsforderungen in der Höhe von Fr. 96'807. 25 (inkl. Verwaltungskosten, Mahngebühren, Verzugszinsen und Betreibungskosten) zu Verlust kam. Mit Verfügungen vom 4. Juni 1998 verpflichtete sie G.________ und B.________ als ehemalige Verwaltungsräte der konkursiten Firma unter solidarischer Haftbarkeit zur Leistung von Schadenersatz im Betrage von Fr. 96'807. 25.
B.- Auf den von G.________ und B.________ erhobenen Einspruch machte die Ausgleichskasse ihre Forderung im Umfange von Fr. 95'834. 70 klageweise geltend. Das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich hiess die Klage gut und verpflichtete G.________ und B.________ unter solidarischer Haftbarkeit zur Leistung von Schadenersatz in der Höhe des eingeklagten Betrages (Entscheid vom 22. November 2000).
C.- G.________ und B.________ lassen Verwaltungsge- richtsbeschwerde führen und sinngemäss beantragen, in Aufhebung des kantonalen Gerichtsentscheides seien die Klagen der Ausgleichskasse abzuweisen.
Die Ausgleichskasse verzichtet auf eine Stellungnahme, während sich das Bundesamt für Sozialversicherung nicht vernehmen lässt.
D.- Mit Verfügungen vom 12. Februar 2001 hat der Präsident des Eidgenössischen Versicherungsgerichtes G.________ und B.________ aufgefordert, innert 14 Tagen einen Kostenvorschuss von je Fr. 4500.- zu leisten, unter Androhung des Nichteintretens im Unterlassungsfalle. Während die Zahlung von G.________ bereits am 15. Februar 2001 auf dem Postcheck-Konto des Eidgenössischen Versicherungsgerichtes einging, wurde jene von B.________ erst am 28. Februar 2001 und damit nach Ablauf der gesetzten Frist gutgeschrieben.
Wie eine Nachfrage der Post ergab, wurde der dem Verrechnungsausweis des B.________ zugrunde liegende Datenträger EZAG am 27. Februar 2001 vor 8 Uhr übermittelt, wobei als Fälligkeitsdatum der 28. Februar 2001 eingesetzt war (Auskunft der Postfinance, Input EZAG/DD, vom 7. März 2001). B.________ wurde Gelegenheit gegeben, zur Rechtzeitigkeit der Bezahlung des Kostenvorschusses Stellung zu nehmen, wovon er mit Schreiben vom 9. April 2001 Gebrauch gemacht hat.
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:
I. Streitig und zu prüfen ist vorab, ob auf die Verwaltungsgerichtsbeschwerde des B.________ eingetreten werden kann.
1.- Gemäss Art. 32 Abs. 3 OG gilt eine Frist als eingehalten, wenn die Handlung innerhalb derselben vorgenommen wird. Schriftliche Eingaben müssen spätestens am letzten Tag der Frist an die Stelle, bei der sie einzureichen sind, gelangen oder zu deren Handen der schweizerischen Post übergeben sein. Diese Regelung gilt analog für die fristgemässe Einzahlung eines Kostenvorschusses. Auch hier wird die Frist nur gewahrt durch Einzahlung beim Bundesgericht oder bei der schweizerischen Post, wobei im letzten Fall die Postaufgabe des - herkömmlichen - Giromandates genügt.
Hingegen wird die Frist nicht schon gewahrt durch den Zahlungsauftrag an eine Bank oder irgendwelche Buchungsmassnahmen derselben, sondern nur, wenn diese ihrerseits die Zahlung nach den genannten Regeln rechtzeitig an das Bundesgericht oder die Post weiterleitet (BGE 114 Ib 68 Erw. 1 mit Hinweisen). Bei Benützung des Sammelauftragsdienstes (SAD) galt die Frist zur Leistung eines Kostenvorschusses nach früherer Praxis als gewahrt, wenn als Fälligkeitsdatum spätestens der letzte Tag der vom Gericht festgelegten Frist eingesetzt und der Datenträger so rechtzeitig der Post übergeben wurde, dass die Gutschrift auf dem Empfängerkonto nach dem ordentlichen postalischen Gang spätestens am bezeichneten Tag noch erfolgen konnte (BGE 114 Ib 68 Erw. 1, 110 V 220). Mit Plenarbeschluss sämtlicher Abteilungen des Bundesgerichts und des Eidgenössischen Versicherungsgerichts vom 25. Juni 1991 wurde diese Rechtsprechung dahin geändert, dass es für die rechtzeitige Bezahlung des Kostenvorschusses genügt, wenn einerseits spätestens der letzte Tag der vom Bundesgericht festgesetzten Frist als Fälligkeitsdatum eingesetzt ist und anderseits der Datenträger innert dieser Frist der Post übergeben wird. Nicht mehr erforderlich ist, dass die Gutschrift auf dem Empfängerkonto noch innert der Zahlungsfrist erfolgen kann (BGE 117 Ib 220; bestätigt in BGE 118 Ia 12; StR 55 [2000] S. 353; RKUV 1997 Nr. U 279 S. 270; RDAT 1994 I Nr. 57 S. 270).
2.- a) Der Rechtsvertreter hat die B.________ betreffende Kostenvorschussverfügung am 13. Februar 2001 entgegengenommen.
Damit begann die vierzehntägige Frist am 14. Februar 2001 (Art. 32 Abs. 1 OG) und endete am 27. Februar 2001. Die vom Beschwerdeführer beauftragte Bank hat unter Benützung der EZAG die Daten zwar innerhalb der Zahlungsfrist am 27. Februar 2001 der Postfinance übermittelt.
Als Fälligkeitsdatum hat sie indessen den 28. Februar 2001 angegeben (Schreiben der Postfinance, Input EZAG/DD, vom 7. März 2001). Weil somit das Fälligkeitsdatum auf einen Zeitpunkt nach Ablauf der Frist eingesetzt war, ist der Kostenvorschuss im Lichte der erwähnten Rechtsprechung nicht rechtzeitig geleistet worden. Dass auf der von B.________ ins Recht gelegten Belastungsanzeige der Bank "VAL 26 FEB 01" vermerkt ist, worauf in der Stellungnahme vom 9. April 2001 hingewiesen wird, vermag hieran - weil es nach dem Gesagten nicht auf die Valutierung im Verhältnis Kunde-Bank ankommt - nichts zu ändern.
b) Mangels rechtzeitiger Leistung des Kostenvorschusses ist auf die Verwaltungsgerichtsbeschwerde des B.________ nicht einzutreten (Art. 150 Abs. 4 OG).
II. Zu prüfen bleibt die Verwaltungsgerichtsbeschwerde des G.________, wobei aufgrund seiner Vorbringen einzig streitig ist, ob Exkulpationsgründe gegeben sind.
1.- a) Da es sich bei der angefochtenen Verfügung nicht um die Bewilligung oder Verweigerung von Versicherungsleistungen handelt, hat das Eidgenössische Versicherungsgericht nur zu prüfen, ob das vorinstanzliche Gericht Bundesrecht verletzt hat, einschliesslich Überschreitung oder Missbrauch des Ermessens, oder ob der rechtserhebliche Sachverhalt offensichtlich unrichtig, unvollständig oder unter Verletzung wesentlicher Verfahrensbestimmungen festgestellt worden ist (Art. 132 in Verbindung mit Art. 104 lit. a und b sowie Art. 105 Abs. 2 OG).
Im Rahmen von Art. 105 Abs. 2 OG ist die Möglichkeit, im Verfahren vor dem Eidgenössischen Versicherungsgericht neue tatsächliche Behauptungen aufzustellen oder neue Beweismittel geltend zu machen, weitgehend eingeschränkt.
Nach der Rechtsprechung sind nur jene neuen Beweismittel zulässig, welche die Vorinstanz von Amtes wegen hätte erheben müssen und deren Nichterheben eine Verletzung wesentlicher Verfahrensvorschriften darstellt (BGE 121 II 99 Erw. 1c, 120 V 485 Erw. 1b, je mit Hinweisen).
b) Auf die Verwaltungsgerichtsbeschwerde kann nur so weit eingetreten werden, als die Schadenersatzforderung kraft Bundesrechts streitig ist. Im vorliegenden Verfahren ist deshalb auf die Verwaltungsgerichtsbeschwerde in dem Umfang nicht einzutreten, als sie sich gegen die Schadenersatzforderung für entgangene Beiträge an die kantonale Familienausgleichskasse richtet (vgl. BGE 119 V 80 Erw. 1b, 118 V 69 Erw. 1b mit Hinweis).
2.- Das kantonale Gericht hat unter Hinweis auf Gesetz (Art. 52 AHVG) und Rechtsprechung (vgl. statt vieler BGE 123 V 15 Erw. 5b mit Hinweisen) die Voraussetzungen - so namentlich das zumindest grobfahrlässige Verschulden (BGE 108 V 186 Erw. 1b, 193 Erw. 2b; ZAK 1985 S. 576 Erw. 2, S. 619 f. Erw. 3a) - zutreffend dargelegt, unter welchen das Organ einer juristischen Person den der Ausgleichskasse in Missachtung der Vorschriften über die Beitragsabrechnung und -bezahlung (Art. 14 Abs. 1 AHVG, Art. 34 f. AHVV) entstandenen Schaden zu ersetzen hat.
Darauf kann verwiesen werden.
3.- Aufgrund der Akten ist davon auszugehen, dass, wie bereits die Vorinstanz festgehalten hat, die X.________ AG nicht mehr mit einer Auftragserteilung rechnen konnte, nachdem der Regierungsrat am 4. September 1996 das gesamte Projekt, auf dessen Realisierung die X.________ AG dringend angewiesen gewesen wäre, zurückgestellt hatte. Hieran vermag nichts zu ändern, dass die Baudirektion, wie in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde geltend gemacht wird, weil lediglich die Grösse und Leistungsfähigkeit der X.________ AG zu Diskussionen Anlass gegeben habe, weitere Abklärungen getroffen hat, kam doch die Firma für eine Auftragserteilung nicht mehr in Frage. Dass die X.________ AG hoffte, wesentliche Arbeiten im Unterauftrag der G.________ AG, welche den Auftrag der Baudirektion Ende Juni 1997 erhalten habe, ausführen zu können, vermag zu keiner anderen Betrachtungsweise zu führen. Denn auch darin können keine ernsthaften und objektiven Gründe für die Annahme, dass Aussicht auf eine Unternehmenssanierung innert nützlicher Frist bestehe, erblickt werden. Unter diesen Umständen vermag G.________ nichts abzuleiten aus der Rechtsprechung, gemäss welcher sich die Nichtbezahlung der Sozialversicherungsbeiträge ausnahmsweise rechtfertigen lässt, wenn sie im Hinblick auf eine nicht zum Vornherein aussichtslose Rettung des Betriebes durch Befriedigung lebenswichtiger Forderungen in der begründeten Meinung erfolgt, die geschuldeten Beiträge später ebenfalls bezahlen zu können; denn dies setzte voraus, dass die Arbeitgeberin im Zeitpunkt, in welchem die Zahlungen erfolgen sollten, nach den Umständen damit rechnen durfte, dass sie die Beitragsschuld innert nützlicher Frist werde tilgen können (BGE 108 V 188; ZAK 1992 S. 248 Erw. 4b), was vorliegend offensichtlich nicht der Fall war.
Durfte G.________ bei dieser Sachlage - ungeachtet der in die Wege geleiteten Sanierungsbemühungen - nicht mehr davon ausgehen, dass es sich bei den finanziellen Schwierigkeiten um bloss vorübergehende Liquiditätsprobleme handelte, hätte nur noch soviel Lohn ausbezahlt werden dürfen, als die darauf unmittelbar ex lege entstandenen Beitragsforderungen gedeckt waren (SVR 1995 AHV Nr. 70 S. 214 Erw. 5). Dass G.________ schliesslich, wie er geltend machen lässt, erhebliche private Mittel investierte, vermag ihn nicht zu entlasten, weil daraus kein Bemühen, die Beitragszahlungs- und Ablieferungspflicht rechtzeitig zu erfüllen, ersichtlich ist.
Die Abnahme weiterer Beweismittel, soweit diese im letztinstanzlichen Verfahren überhaupt zulässig sind (vgl.
Erw. II/1a hievor), erübrigt sich, da hievon keine neuen Erkenntnisse zu erwarten sind (antizipierte Beweiswürdigung; BGE 124 V 94 Erw. 4b, 122 V 162 Erw. 1d mit Hinweis).
4.- Weil nicht die Bewilligung oder Verweigerung von Versicherungsleistungen streitig war (Erw. 2), ist das Verfahren für G.________ kostenpflichtig (Art. 134 OG e contrario).
Entsprechend dem Prozessausgang sind die Kosten dem unterliegenden G.________ aufzuerlegen (Art. 135 in Verbindung mit Art. 156 OG).
Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:
I. Auf die Verwaltungsgerichtsbeschwerde des B.________
wird nicht eingetreten.
II. Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde des G.________ wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
III. Von B.________ werden keine Gerichtskosten erhoben.
Der geleistete Kostenvorschuss von Fr. 4500.- wird ihm
zurückerstattet.
IV. Die Gerichtskosten von Fr. 4500.- werden im ihn betreffenden Verfahren G.________ auferlegt und mit dem geleisteten Kostenvorschuss verrechnet.
V. Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht
des Kantons Zürich und dem Bundesamt für
Sozialversicherung zugestellt.
Luzern, 2. Juli 2001
Im Namen des
Eidgenössischen Versicherungsgerichts
Der Präsident der IV. Kammer:
Die Gerichtsschreiberin: