BGer 2A.433/2000 |
BGer 2A.433/2000 vom 12.07.2001 |
[AZA 0/4]
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2A.433/2000
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II. OEFFENTLICHRECHTLICHE ABTEILUNG ***********************************
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12. Juli 2001
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Es wirken mit: Bundesrichter Wurzburger, Präsident der
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II. öffentlichrechtlichen Abteilung, Hartmann, Hungerbühler,
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Müller, Bundesrichterin Yersin und Gerichtsschreiber Arnold.
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In Sachen
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R.________, Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Ueli Vogel-Etienne, Peyer Partner Rechtsanwälte, Löwenstrasse 17, Postfach 7678, Zürich,
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gegen
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Kantonales Steueramt Zürich, Abteilung Direkte Bundessteuer, Steuerverwaltung des Kantons Graubünden, Verwaltungsgericht des Kantons Graubünden, Kammer 3,
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betreffend
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Kantonssteuer und direkte Bundessteuer 1997/98
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(getrennte Besteuerung der Ehegatten), Aus dem Sachverhalt:
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Im Juni 1996 heiratete der damals 57-jährige R.________, der in H.________ (Kanton Graubünden) wohnhaft ist, die gleichaltrige, in K.________ (Kanton Zürich) wohnhafte L.________. R.________ ist seit mehr als 20 Jahren beim Kanton Graubünden als Denkmalpfleger angestellt, L.________ arbeitet seit über 30 Jahren in der Stadt Zürich als Lehrerin. Die Ehegatten haben ihre bisher getrennten Wohnsitze bzw. Wohnstätten sowie ihre Arbeitsplätze nach der Heirat beibehalten und kommen für ihren Lebensunterhalt ebenfalls weiterhin getrennt auf.
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Am 7. Februar 2000 veranlagte die Steuerverwaltung des Kantons Graubünden R.________ für die Kantons- und die direkte Bundessteuer 1997/98. Sie stellte dabei für die Kantonssteuer auf seine Einkommens- und Vermögensverhältnisse zum Besteuerungssatz des ehelichen Gesamteinkommens ab und brachte den Verheiratetentarif zur Anwendung. Für die direkte Bundessteuer wurden die jeweiligen Einkommen und Vermögenswerte der Ehegatten zusammengerechnet und die Steuer ebenfalls zum Gesamtsatz und nach dem Verheiratetentarif festgesetzt. Der Pflichtige erhob dagegen Einsprache und verlangte eine vollständig getrennte Besteuerung von seiner Ehefrau zum Alleinstehendentarif. Die Einsprache wurde abgewiesen.
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L.________ wurde im Kanton Zürich getrennt von ihrem Ehemann aufgrund der ihr zuzurechnenden Einkommens- und Vermögensfaktoren und nach dem Alleinstehendentarif besteuert.
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Gegen den Einspracheentscheid der Kantonalen Steuerverwaltung Graubünden vom 21. März 2000 erhob R.________ Rekurs und Beschwerde beim Verwaltungsgericht des Kantons Graubünden.
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Das Verwaltungsgericht hat den Standpunkt der Kantonalen Steuerverwaltung, wonach keine getrennte Besteuerung vorzunehmen sei, bestätigt und Rekurs und Beschwerde mit Urteil vom 11. Juli 2000 (mitgeteilt am 18. August 2000) abgewiesen.
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R.________ hat gegen dieses Urteil mit Eingabe vom 19. September 2000 "Verwaltungsgerichtsbeschwerde" erhoben.
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Er stellt den Antrag, das angefochtene Urteil aufzuheben und ihn durch die Steuerverwaltung des Kantons Graubünden für die Kantons- und direkte Bundessteuer 1997/98 zum Alleinstehendentarif neu zu veranlagen.
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Aus den Erwägungen:
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2.- Vorliegend stellt sich die Frage, ob die Ehegatten nach Art. 9 Abs. 1 DBG getrennt oder gemeinschaftlich als Familie zu besteuern sind. Die Vorinstanz hat den Beschwerdeführer im Kanton Graubünden besteuert und dabei das Einkommen beider Ehegatten zusammengerechnet sowie den Verheiratetentarif zur Anwendung gebracht. Gleichzeitig wird die Ehefrau für ihr Einkommen im Kanton Zürich besteuert.
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a) Bei verheirateten Personen gilt grundsätzlich die Ehegattenbesteuerung. Sofern sie in rechtlich und tatsächlich ungetrennter Ehe leben, wird ihr Einkommen ohne Rücksicht auf den Güterstand zusammengerechnet (Art. 9 Abs. 1 DBG). Nach dem seit dem 1. Januar 1988 geltenden neuen Eherecht können Ehegatten ihren Wohnsitz je selbständig bestimmen, was auch bei der Festsetzung des Steuerdomizils zu berücksichtigen ist (vgl. BGE 121 I 14 E. 5, mit Hinweis). Der Beschwerdeführer beantragt, dass er im Kanton Graubünden für die direkte Bundessteuer aufgrund seines eigenen Einkommens getrennt zum Alleinstehendentarif besteuert wird.
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b) aa) Eine getrennte bzw. selbständige Besteuerung von Ehegatten erfordert nach Art. 9 Abs. 1 DBG (e contrario) zunächst, dass die Gatten in (rechtlich oder tatsächlich) getrennter Ehe leben: Beide Ehegatten müssen gestützt auf Art. 23 ZGB einen eigenen Wohnsitz begründen bzw. über getrennte Wohnstätten verfügen. Unterhalten die Ehegatten einen gemeinsamen Wohnsitz bzw. eine dauernde gemeinsame Wohnstätte, kann von vornherein keine Trennung im Sinne von Art. 9 Abs. 1 DBG angenommen werden (vgl.
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Peter Locher, Neues Eherecht und Ehegattenbesteuerung, ASA 56 S. 19; Bernhard Greminger, Kommentar zum Schweizerischen Steuerrecht, N 10 zu Art. 9 DBG).
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bb) Eine getrennte Ehe im Sinne von Art. 9 Abs. 1 DBG setzt sodann - wie die Vorinstanz zu Recht angenommen hat - voraus, dass die Ehegatten die eheliche Gemeinschaft aufgehoben haben. Das ergibt sich aus dem Zusammenhang von Art. 9 Abs. 1 DBG mit Art. 45 lit. a DBG, wonach bei gerichtlicher oder dauernder tatsächlicher Trennung der Ehegatten eine Zwischenveranlagung vorgenommen wird. Eine getrennte Besteuerung, zu welcher die Zwischenveranlagung führt, setzt demnach eine dauernde Trennung und damit eine Aufhebung des gemeinsamen Haushalts bzw. ein Getrenntleben im Sinne von Art. 137 und Art. 175/176 ZGB oder ein Einvernehmen darüber voraus, dass die eheliche Gemeinschaft aufgehoben wird. Solange die Ehegatten (wie etwa bei einer "Wochenendehe") nur über getrennte Wohnsitze bzw. Wohnstätten verfügen, an der ehelichen Gemeinschaft aber festhalten, liegt demnach keine getrennte Ehe im Sinne von Art. 9 Abs. 1 bzw. keine dauernde Trennung im Sinne von Art. 45 lit. a DBG vor. Zum gleichen Ergebnis führen auch die Materialien, wird doch in der Botschaft zur Steuerharmonisierungsvorlage ausgeführt, dass Ehegatten getrennt veranlagt werden, wenn die eheliche Gemeinschaft aufgehoben wird (BBl 1983 III S. 30) bzw. "wenn die Ehe zwar rechtlich noch besteht, die Eheleute aber getrennt leben" (ebenda S. 159). Eine ungetrennte Ehe im Sinne von Art. 9 Abs. 1 DBG liegt somit vor, solange die Ehegatten die eheliche Gemeinschaft aufrecht erhalten.
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cc) Die getrennte Besteuerung erfordert schliesslich, dass keine Gemeinschaftlichkeit der Mittel für Wohnung und Lebensunterhalt besteht bzw. dass sich die Unterstützung des einen an den anderen Ehegatten in ziffernmässig bestimmten Beiträgen erschöpft (vgl. Danielle Yersin, Le domicile des époux et la double imposition intercantonale, Steuer Revue 43/1988 S. 344 f.; Locher, a.a.O., S. 18; für das interkantonale Steuerrecht BGE 121 I 14 E. 5c). Verfügen die Ehegatten gemeinschaftlich über ihre Mittel, so leben sie - auch wenn sie über je einen eigenen Wohnsitz verfügen - nicht im Sinne von Art. 9 Abs. 1 DBG getrennt und sind folglich gemeinschaftlich zu besteuern (vgl. zum Ganzen Greminger, a.a.O., N. 5 ff. zu Art. 9 DBG).
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dd) Diese Voraussetzungen der Familienbesteuerung bzw. umgekehrt der getrennten Besteuerung nach Art. 9 Abs. 1 DBG stimmen mit den Regeln überein, die diesbezüglich nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung im interkantonalen Verhältnis für die Kantons- und Gemeindesteuern gelten (vgl. dazu BGE 121 I 14 E. 5), womit dem Gebot der vertikalen Steuerharmonisierung gemäss Art. 129 Abs. 1 BV Genüge getan ist: Auch nach den Regeln zur Vermeidung einer interkantonalen Doppelbesteuerung sind die Grundsätze der Familienbesteuerung zu beachten, wenn die Ehegatten zwar über ein je eigenes Hauptsteuerdomizil verfügen, jedoch eine Gemeinschaftlichkeit der Mittel für Wohnung und Lebensunterhalt besteht. Wenn die Ehegatten somit nicht dauernd getrennt leben, sondern die eheliche Gemeinschaft im Sinne von Art. 159 ZGB weiterführen, ist nach der Praxis an der gemeinsamen Besteuerung auch bei getrennten Hauptsteuerdomizilen festzuhalten, wobei jeder Ehegatte in seinem Wohnsitzkanton besteuert wird, die Steuerfaktoren beider Ehegatten zusammengerechnet werden und zwischen den beteiligten Kantonen eine Steuerausscheidung vorgenommen wird (in diesem Sinne ist BGE 121 I 14 E. 5c und E. 6 richtigerweise zu verstehen).
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Eine getrennte Veranlagung setzt somit voraus, dass die Ehegatten die eheliche Gemeinschaft nicht mehr weiterführen (also den gemeinsamen Haushalt aus den in Art. 137 und Art. 175 ZGB genannten Gründen aufgehoben haben und dauernd getrennt leben). Besteht die eheliche Gemeinschaft aber nach dem Willen der Ehegatten - wenn auch nur mit sporadischem Gemeinschaftsleben (wie an den Wochenenden oder in den Ferien) - weiter, sind die Ehegatten gemeinschaftlich zu veranlagen.
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c) Vorliegend steht fest, dass der Beschwerdeführer und seine Ehegattin während der Woche getrennt leben bzw. über keine dauernd gemeinsam benutzte Wohnstätte verfügen, an der ehelichen Gemeinschaft aber festhalten. Auch wenn nach der Heirat die Ehefrau ihre bisherige Wohnung in Kilchberg und der Beschwerdeführer sein Haus in Haldenstein beibehalten hat, die Ehegatten in den gleichen Stellen weiter arbeiten, für ihren Lebensunterhalt je selber aufkommen und offenbar auch nicht über gemeinschaftliche Mittel verfügen, liegt damit nicht eine (dauernd) getrennte Ehe im Sinne von Art. 9 Abs. 1 und Art. 45 lit. a DBG vor. Die Ehegatten sind somit für die direkte Bundessteuer gemeinschaftlich zu veranlagen.
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d) Im vorliegenden Fall haben die Ehegatten je einen eigenen Wohnsitz in verschiedenen Kantonen. Sie sind daher für die direkte Bundessteuer in demjenigen Kanton gemeinschaftlich zu veranlagen, in dem sie die überwiegenden persönlichen und wirtschaftlichen Interessen haben (Art. 15 Abs. 2 der Verordnung vom 16. September 1992 über die zeitliche Bemessung der direkten Bundessteuer bei natürlichen Personen, SR 642. 117.1), wobei zwischen den beteiligten Kantonen allenfalls ein Repartitionsverfahren durchgeführt wird (Art. 197 DBG, vgl. Greminger, a.a.O., N 11 zu Art. 9 DBG).
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Da der Veranlagungsort vorliegend ungewiss bzw. streitig ist, ist die Sache zu dessen Feststellung an die Eidgenössische Steuerverwaltung zu überweisen (Art. 108 DBG).
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3.- Die Beschwerde ist damit in Bezug auf die direkte Bundessteuer 1997/98 abzuweisen. Der angefochtene Entscheid ist aber von Amtes wegen aufzuheben und die Sache gestützt auf Art. 108 Abs. 2 DBG zur Feststellung des Veranlagungsortes an die Eidgenössische Steuerverwaltung zu überweisen.
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In Bezug auf die Kantons- und Gemeindesteuern 1997/98 ist auf die Beschwerde nicht einzutreten.
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Lausanne, 12. Juli 2001
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