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Original
 
[AZA 7]
U 356/00 Gb
IV. Kammer
Bundesrichter Borella, Rüedi und Bundesrichterin Leuzinger; Gerichtsschreiberin Polla
Urteil vom 30. Juli 2001
in Sachen
Berner Versicherungen, Generaldirektion, Laupenstrasse 27, 3001 Bern, Beschwerdeführerin,
gegen
Schweizerische Unfallversicherungsanstalt, Fluhmattstrasse 1, 6004 Luzern, Beschwerdegegnerin,
und
Verwaltungsgericht des Kantons Bern, Bern,
betreffend Q.________, vertreten durch Fürsprecher Walter Krähenmann, Dählhölzliweg 3, 3000 Bern 6
A.- Der 1949 geborene Q.________ war seit dem 8. Januar 1979 bei der Firma X.________ AG als Gipser angestellt und somit bei der Schweizerischen Unfallversicherungsanstalt (SUVA) obligatorisch gegen die Folgen von Berufs- und Nichtberufsunfällen versichert. Seine Arbeitgeberin schloss zudem eine Krankentaggeldversicherung für Lohnausfälle gemäss Bundesgesetz über den Versicherungsvertrag bei der Berner Allgemeinen Versicherungs-Gesellschaft (nachfolgend: Berner) ab. Am 29. November 1996 hatte Q.________ auf einer Baustelle schwere Fenster verladen, (Unfallmeldung vom 13. Januar 1997), worauf Schmerzen in der linken Schulter und Halspartie auftraten, welche eine Arbeitsunfähigkeit ab 30. November 1996 nach sich zogen. Mit Verfügung vom 24. Februar 1997 verneinte die SUVA einen Anspruch auf Versicherungsleistungen, da kein Unfall oder eine unfallähnliche Körperschädigung vorliege. Anlässlich der vom Versicherten hiegegen erhobenen Einsprache anerkannte die SUVA jedoch ihre Leistungspflicht (Schreiben vom 10. April 1997), welche sie mit Verfügung vom 3. November 1997 (mit der Begründung neuer medizinischer Tatsachen) wiederum verneinte. Mit Entscheid vom 24. August 1998 wies die SUVA die dagegen erhobene Einsprache der Berner ab.
B.- Beschwerdeweise beantragte die Berner die Aufhebung des Einspracheentscheides, worauf die SUVA im Laufe des hängigen Verfahrens auf ihren Einspracheentscheid vom 24. August 1998 zurückkam und an dessen Stelle einen Nichteintretensentscheid (vom 26. November 1998) erliess, da die Berner als privater Taggeldversicherer nicht zur Einsprache legitimiert sei.
Hiegegen erhob die Berner eine weitere Beschwerde mit dem Antrag um Aufhebung des Einspracheentscheides, da sie ein Rechtsschutzinteresse aufweise, welches sie nach Art. 103 lit. a OG zur Einsprache legitimiere.
Der zur Vernehmlassung eingeladene Q.________ beantragte die Gutheissung der Beschwerden. Nach Vereinigung beider Beschwerdeverfahren hob das Verwaltungsgericht des Kantons Bern in Gutheissung der Beschwerde vom 25. November 1998 den Einspracheentscheid vom 24. August 1998 auf, während es nur insofern auf die zweite Beschwerde eintrat, als es den Einspracheentscheid vom 26. November 1998 als nichtig erklärte (Dispositiv Ziff. 2) (Entscheid vom 14. August 2000).
C.- Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde beantragt die Berner, mit Ausnahme von Ziff. 2 des Dispositivs sei der kantonale Entscheid aufzuheben und die Sache zur materiellen Beurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen.
Während Q.________ als Mitinteressierter auf eine Vernehmlassung verzichtet, schliesst die SUVA auf deren Abweisung. Das Bundesamt für Sozialversicherung lässt sich nicht vernehmen.
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:
1.- Da es sich bei den angefochtenen Verfügung nicht um die Bewilligung oder Verweigerung von Versicherungsleistungen handelt, hat das Eidgenössische Versicherungsgericht nur zu prüfen, ob das vorinstanzliche Gericht Bundesrecht verletzt hat, einschliesslich Überschreitung oder Missbrauch des Ermessens, oder ob der rechtserhebliche Sachverhalt offensichtlich unrichtig, unvollständig oder unter Verletzung wesentlicher Verfahrensbestimmungen festgestellt worden ist (Art. 132 in Verbindung mit Art. 104 lit. a und b sowie Art. 105 Abs. 2 OG).
2.- Die Vorinstanz hat die massgebenden Bestimmungen über das Verhältnis der Unfallversicherung zu den übrigen Sozialversicherungen (Art. 104 lit. c UVG) und das Beschwerderecht der Versicherer gegen Verfügungen aus dem Bereich einer anderen Sozialversicherung (Art. 104 lit. d UVG in Verbindung mit Art. 129 UVV) sowie die Beschwerdelegitimation nach Art. 103 lit. a und c OG richtig wiedergegeben. Darauf kann verwiesen werden.
3.- Streitig ist die Einsprachelegitimation der Berner als privatrechtlicher Kollektiv-Krankentaggeldversicherer gegen die Verfügungen der SUVA.
a) Nach Art. 105 Abs. 1 UVG kann gegen Verfügungen gemäss UVG (sowie gegen die auf solchen Verfügungen beruhenden Prämienrechnungen) innert 30 Tagen bei der verfügenden Stelle Einsprache erhoben werden, wobei eine diesbezügliche Berechtigung des privaten Krankenversicherers nach VVG nicht ausdrücklich vorgesehen ist. Art. 129 UVV in Verbindung mit Art. 104 UVG räumt sodann nur dem anderen Sozialversicherer nach KVG ein Beschwerderecht ein, sofern dieser durch die Verfügung in seiner Leistungspflicht berührt ist. Mit dem Erfordernis des Berührtseins knüpft diese Bestimmung an die bundesrechtliche Regelung des Art. 103 lit. a OG an. Damit gelangt zum Ausdruck, dass den andern Sozialversicherern das Einsprache- und Beschwerderecht im Sinne von Art. 103 lit. c OG unabhängig davon zusteht, ob sie das zusätzliche Legitimationserfordernis des schutzwürdigen Interesses an der Aufhebung oder Änderung der Verfügung (Art. 103 lit. a OG) erfüllen (RKUV 1997 Nr. U 276 S. 197 Erw. 2c mit Hinweis). Abs. 2 von Art. 129 UVV verdeutlicht seinerseits, dass im Zusammenhang mit koordinationsrechtlich bedeutsamen Verfügungen der Unfallversicherer stets sowohl dem mitbetroffenen Sozialversicherer als auch dem Versicherten selbst Gehörs- und Parteirechte einzuräumen sind. Art. 129 UVV bezieht sich demnach ausschliesslich auf die anderen Sozialversicherer unter Ausschluss der Privatversicherer, welche keine Parteistellung im Sinne dieses Artikels besitzen.
b) Soweit die Beschwerdeführerin ihre Beschwerdelegitimation aus Art. 103 lit. a und c OG ableiten will, hat das Eidgenössische Versicherungsgericht in BGE 125 V 339 entschieden, dass sich aus diesen Bestimmungen keine entsprechende Beschwerdelegitimation für verfahrensbeteiligte Privatversicherer nach VVG bezüglich des erstinstanzlichen Gerichtsverfahrens ergibt. Aufgrund der fehlenden spezialgesetzlichen Einräumung des Beschwerderechts (Art. 104 UVG in Verbindung mit Art. 129 UVV) kann die Legitimation nicht aus Art. 103 lit. c OG abgeleitet werden (BGE 125 V 342 Erw. 3b). Nach Art. 103 lit. a OG ist sodann zur Verwaltungsgerichtsbeschwerde berechtigt, wer durch die angefochtene Verfügung berührt ist und ein schutzwürdiges Interesse an deren Aufhebung oder Änderung hat. Damit dem Privatversicherer im Sinne eines Dritten ein Beschwerderecht eingeräumt werden könnte, müsste dieser persönlich und mehr als jedermann daran interessiert sein, dass die Verfügung aufgehoben oder geändert und somit das Rechtsverhältnis gegenüber dem Verfügungsadressaten anders geregelt wird (Gygi, Bundesverwaltungsrechtspflege, 2. Aufl., S. 158; BGE 125 V 342 Erw. 4a). Da der private Versicherer jedoch durch die rechtlich verbindlichen Anordnungen der SUVA gegenüber dem Versicherten nicht gebunden wird, bleibt die Berner bezüglich ihres Rechtsverhältnisses frei, zumal die Entschädigungsvoraussetzungen bei einem privatrechtlichen Erwerbsausfallversicherer mit denjenigen des Unfallversicherers nicht übereinstimmen, sodass lediglich von einem indirekten Reflexschaden gesprochen werden kann (BGE 125 V 342 f. Erw. 4), welcher zur Beschwerdelegitimation im Sinne der besonderen Beziehungsnähe gerade nicht ausreicht.
Was für das erstinstanzliche Gerichtsverfahren gilt, muss auch auf das verwaltungsrechtliche Einspracheverfahren Anwendung finden.
4.- Was hiegegen in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde vorgebracht wird, ist unbehelflich. Insoweit die Beschwerdeführerin geltend macht, der BGE 125 V 339 zu Grunde gelegte Sachverhalt entspreche nicht dem vorliegenden, welcher nicht eine ursprüngliche Leistungsverweigerung, sondern eine nachträgliche Verweigerung einer zuerst zugesprochenen Leistung beinhalte, ist dies für die Beurteilung des Berührtseins unbeachtlich, da der Privatversicherer im Rahmen des Versicherungsvertrages in beiden Fällen leistungspflichtig bleibt.
Die Beschwerdeführerin stösst ebenfalls mit dem Argument der besonderen, beachtenswerten und nahen Beziehung zum Streitgegenstand ins Leere. Auch wenn die SUVA die Auswirkungen auf die Leistungspflicht der Beschwerdeführerin ausdrücklich in der leistungsverweigernden Verfügungsbegründung nannte, werden die Auswirkungen dadurch nicht intensiver oder stehen dadurch mit dem Streitgegenstand nicht direkter in Zusammenhang als jene in BGE 125 V 345 Erw. 4d. Der anspruchsverneinende Entscheid trifft hier wie dort lediglich den Versicherten unmittelbar, den Privatversicherer hingegen indirekt; zumal vorliegend die SUVA zu Recht nicht über die Leistungspflicht der Berner verfügt hat und diese somit auch nicht Verfügungsadressatin ist.
Auch kann dem Einwand nicht gefolgt werden, die Beschwerdeführerin sei in ihrem Vertrauen auf die Leistungszusprechung der SUVA zu schützen. Rechtsprechungsgemäss setzt der Vertrauensschutz u.a. voraus, dass derjenige, welcher sich darauf berufen will, bereits Dispositionen getroffen hat, die er ohne Nachteil nicht wieder rückgängig machen kann (BGE 121 V 66 Erw. 2a mit Hinweisen), was vorliegend nicht zutrifft, zumal noch keine Taggeldleistungen erbracht wurden.
Es ist überdies nicht ersichtlich, inwiefern die gesamtarbeitsvertragliche Verpflichtung der Arbeitgeberin des Versicherten zum Abschluss einer Krankentaggeldversicherung für die hier zu beurteilende Frage von Bedeutung ist.
Zusammenfassend ist festzuhalten, dass der Berner gegen die Verfügung der SUVA keine Beschwerdebefugnis zusteht und das vorinstanzliche Gericht bei seinem Entscheid vom 14. August 2000 Bundesrecht nicht verletzt hat.
5.- Das Verfahren ist kostenpflichtig (Art. 134 OG e contrario). Die Gerichtskosten sind der unterliegenden Beschwerdeführerin aufzuerlegen (Art. 135 in Verbindung mit Art. 156 Abs. 1 OG). Da die SUVA eine mit öffentlichrechtlichen Aufgaben betraute Organisation ist, steht ihr trotz ihres Obsiegens keine Parteientschädigung zu (BGE 122 V 330 Erw. 6). Dem beigeladenen Mitinteressierten steht ebenfalls keine Parteientschädigung zu, weil er mit seinen Anträgen nicht obsiegte (SVR 1995 AHV Nr. 70 S. 214).
Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:
I. Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.
II. Die Gerichtskosten von Fr. 3'000.- werden der
Beschwerdeführerin auferlegt und mit dem geleisteten
Kostenvorschuss verrechnet.
III. Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht
des Kantons Bern, Sozialversicherungsrechtliche
Abteilung, dem Bundesamt für Sozialversicherung und
Q.________ zugestellt.
Luzern, 30. Juli 2001
Im Namen des
Eidgenössischen Versicherungsgerichts
Der Präsident der IV. Kammer:
Die Gerichtsschreiberin:
i.V.