[AZA 7]
K 97/01 Vr
III. Kammer
Bundesrichter Schön, Bundesrichterin Widmer und Bundesrichter
Ursprung; Gerichtsschreiber Ackermann
Urteil vom 14. August 2001
in Sachen
F.________, 1947, Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Ueli Kieser, Ulrichstrasse 14, 8032 Zürich,
gegen
Krankenkasse Aquilana, Bruggerstrasse 46, 5401 Baden, Beschwerdegegnerin,
und
Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich, Winterthur
A.- F.________ ist bei der Krankenkasse Aquilana krankenpflegeversichert. Mit Verfügung vom 24. Oktober 2000, bestätigt durch Einspracheentscheid vom 20. Dezember 2000, lehnte es diese ab, die Kosten der vom Arzt delegierten Psychotherapie zu übernehmen, da sich dieser geweigert habe, der Krankenkasse die für die Überprüfung der Leistungspflicht notwendigen Angaben zu machen, indem er einen entsprechenden Fragebogen des Verbandes Zürcher Krankenversicherer nicht beantwortet habe.
B.- Im Rahmen der gegen den Einspracheentscheid geführten Beschwerde liess F.________ das Gesuch stellen, die Aquilana habe im Sinne einer vorsorglichen Massnahme während des hängigen Verfahrens die Kosten der delegierten Psychotherapie zu übernehmen. Mit Entscheid vom 4. Juli 2001 lehnte das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich dieses Begehren ab; der Entscheid in der Hauptsache steht noch aus.
C.- F.________ lässt Verwaltungsgerichtsbeschwerde führen mit dem Antrag, unter teilweiser Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheides sei die Aquilana zu verpflichten, im Sinne einer vorläufigen Massnahme die Kosten der delegierten Psychotherapie während des laufenden Beschwerdeverfahrens zu übernehmen.
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:
1.- a) Der angefochtene Entscheid ist eine Verfügung über vorsorgliche Massnahmen, die mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde anfechtbar ist, sofern sie einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil bewirken kann (Art. 128 in Verbindung mit Art. 97 Abs. 1 OG und Art. 5 in Verbindung mit Art. 45 Abs. 1 und Abs. 2 lit. g VwVG).
In vorliegender Sache kann der Beschwerdeführer unter Umständen die delegierte Psychotherapie bis zu einem allfällig zu seinen Gunsten lautenden Entscheid in der Hauptsache nicht weiterführen, wenn die Kosten von der Krankenkasse nicht übernommen werden. Zeitliche Therapieunterbrüche können nicht nachgeholt werden, und obwohl ein wegen Therapieunterbruchs sich verschlechterter Gesundheitszustand später allenfalls wieder verbessert werden kann, ist die mögliche Verschlechterung der Gesundheit nur für die Zukunft - nicht aber für die therapielose Zeit - heilbar.
Deshalb droht dem Versicherten ein nicht wieder gutzumachender Nachteil, womit diese Eintretensvoraussetzung erfüllt ist.
b) In der Hauptsache geht es um die Bewilligung oder Verweigerung von Leistungen der Krankenversicherung, wobei nach Art. 91 KVG letztinstanzlich die Verwaltungsgerichtsbeschwerde zulässig ist; damit ist auch die Voraussetzung gemäss Art. 129 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 101 lit. a OG gegeben.
Auf die Verwaltungsgerichtsbeschwerde ist deshalb einzutreten.
2.- a) Die Vorinstanz hat die Voraussetzungen zur Anordnung vorsorglicher Massnahmen (Art. 56 VwVG; vgl. BGE 117 V 191 Erw. 2b mit Hinweisen) zutreffend dargestellt.
Darauf kann verwiesen werden.
b) Das kantonale Gericht ist davon ausgegangen, dass das Interesse der Krankenkasse an der Vermeidung eines Rückforderungsverfahrens das Interesse des Beschwerdeführers an der vorsorglichen Leistungsgewährung überwiege, da der Arzt dafür zu sorgen habe, dass der Versicherte die Therapie nicht aus finanziellen Gründen abzubrechen oder die Therapeutin zu wechseln habe.
aa) Der Beschwerdeführer rügt zunächst, dass die Vorinstanz die Interessen der Krankenkasse mit denjenigen des Arztes und der Therapeutin verglichen habe.
Wie der Versicherte zu Recht vorbringt, sind tatsächlich die Interessen der Parteien gegeneinander abzuwägen, jedoch ist nicht ersichtlich, inwiefern dies das kantonale Gericht nicht getan haben sollte; im Gegenteil hat es festgehalten, dass die Interessen des Arztes oder der Therapeutin nicht massgebend seien.
bb) In der Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird weiter vorgebracht, dass die Weiterführung der im Oktober 1999 begonnenen Therapie abgebrochen werden müsse, da es dem Arzt und der Therapeutin als Leistungserbringer nicht zumutbar sei, jahrelang auf die Begleichung der Rechnung zu warten; müsse die Therapie jedoch abgebrochen werden, gefährde dies die Gesundheit des Beschwerdeführers. Das Interesse der Krankenkasse bestehe demgegenüber nur in der Vermeidung eines Rückforderungsverfahrens.
Der Versicherte hat tatsächlich ein Interesse an der Weiterführung der Therapie. Jedoch argumentiert er letztlich mit den - wie er selber zu Recht ausführt - nicht massgeblichen Interessen des Arztes und der Therapeutin an der Bezahlung ihrer Aufwendungen. Den Arzt trifft nämlich eine Aufklärungspflicht, wenn Zweifel am Pflichtleistungscharakter der Leistung bestehen; im Gegenzug besteht jedoch keine Pflicht zur Behandlung des Patienten (Gebhard Eugster, Krankenversicherung, in Schweizerisches Bundesverwaltungsrecht [SBVR], Soziale Sicherheit, Rz 266 mit Hinweisen). Übernimmt der Arzt dennoch eine solche Behandlung, macht er dies primär auf sein eigenes finanzielles Risiko; übernimmt er dagegen die Behandlung ohne Aufklärung, kann er unter Umständen bei einem späteren Abbruch aus finanziellen Gründen wegen Verletzung seiner Aufklärungspflichten haftpflichtig werden. Weiter ist zu berücksichtigen, dass der Arzt als Hilfsperson des Versicherten jede Mitwirkung verweigert hat, indem er nicht einmal die unumstrittenen Punkte des von der Krankenkasse zugestellten Fragebogens beantwortet hatte und so verhinderte, dass die Krankenkasse die ihr obliegende Pflicht der Sachverhaltsabklärung vornehmen konnte.
Das Interesse der Krankenkasse besteht demgegenüber nicht - wie vom Versicherten angenommen - in der Vermeidung eines Rückforderungsverfahrens bei einem allfällig zu Gunsten der Krankenkasse lautenden Entscheid in der Hauptsache.
Vielmehr steht die Vermeidung der Abschreibung wegen Uneinbringlichkeit der entsprechenden Kosten auf dem Spiel (was in der Folge via Prämien auf das Kollektiv der Versicherten überwälzt werden müsste). Da der Beschwerdeführer nach eigenen Angaben nicht in der Lage ist, die angeblich geringen Kosten vorzuschiessen, ist anzunehmen, dass er sie bei einem allfällig zu seinen Ungunsten lautenden Entscheid in der Hauptsache auch später nicht wird bezahlen können.
Damit ist festzuhalten, dass das Interesse der Krankenkasse das Interesse des Versicherten überwiegt, weil die vorläufige Bezahlung der delegierten Psychotherapie primär dem Arzt und der Therapeutin zugute käme. Der Versicherte selber würde nur mittelbar profitieren, indem er sich Streitigkeiten mit seinem Arzt über die Fortführung der Therapie und die Bezahlung der Rechnung ersparen kann, was jedoch dem Interesse der Kasse an der wirtschaftlichen Verwendung ihrer Mittel (d.h. der ihr vom Versichertenkollektiv anvertrauten Gelder) untergeordnet ist.
cc) Die weiteren vom Beschwerdeführer vorgebrachten Argumente vermögen an diesem Resultat nichts zu ändern.
Wie die übrigen Krankenkassen die Übernahme der delegierten Psychotherapie handhaben, ist - entgegen der Ansicht des Versicherten - irrelevant, da sonst der Entscheid in der Hauptsache schon vorweggenommen würde und eine definitive Leistungspflicht bejaht werden müsste.
Zudem muss sich die Aquilana das Verhalten der anderen Krankenversicherer nicht anrechnen lassen, weil andernfalls die vom Gesetzgeber vorgesehene dezentrale Organisation der obligatorischen Krankenpflegeversicherung (vgl. Art. 11 KVG) illusorisch würde, und es zu einer de facto-Zentralisierung käme, wobei die einzelnen Versicherer mangels zentralem Ansprechpartner weder eine Mitsprache- noch eine Mitentscheidungsmöglichkeit hätten.
Schliesslich kann die Auffassung des Versicherten, dass in der Hauptsache ein zu seinen Gunsten lautender Entscheid ergehen wird, nicht geteilt werden. Die Lage ist diesbezüglich noch offen; es sei insbesondere daran erinnert, dass in einem früheren Verfahren des Arztes des Beschwerdeführers betreffend delegierte Psychotherapie festgehalten worden ist, dass die Leistungspflicht der Krankenkasse im Einzelfall zu prüfen ist, wobei den Leistungserbringer eine Mitwirkungspflicht trifft (Urteil M.
vom 23. Januar 2001, K 111/00). Da diese hier offensichtlich verletzt worden ist, bleibt der Sachverhalt ungenügend abgeklärt, weshalb keine Prognose über den zu fällenden Entscheid gestellt werden kann.
Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:
I.Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.
II.Es werden keine Gerichtskosten erhoben.
III. Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich und dem Bundesamt für Sozialversicherung zugestellt.
Luzern, 14. August 2001
Im Namen des
Eidgenössischen Versicherungsgerichts
Der Präsident der III. Kammer:
Der Gerichtsschreiber: