BGer U 285/1999 |
BGer U 285/1999 vom 27.08.2001 |
[AZA 7]
|
U 285/99 Vr
|
IV. Kammer
|
Bundesrichter Borella, Rüedi und Bundesrichterin Leuzinger;
|
Gerichtsschreiberin Polla
|
Urteil vom 27. August 2001
|
in Sachen
|
R.________, 1940, Beschwerdeführer, vertreten durch
|
S.________,
|
gegen
|
Schweizerische Unfallversicherungsanstalt, Fluhmattstrasse
|
1, 6004 Luzern, Beschwerdegegnerin,
|
und
|
Versicherungsgericht des Kantons Basel-Landschaft, Liestal
|
A.- Der 1940 geborene R.________ arbeitete bis 31. Januar
|
1995 bei der F.________ AG. Infolge Betriebsschliessung
|
war er seit dem 1. Februar 1995 bei der Arbeitslosenversicherung
|
zum Leistungsbezug gemeldet und bezog bis
|
9. November 1995 Arbeitslosenentschädigung. Die Versicherungs-Gesellschaft
|
X.________ richtete vom 13. Oktober 1995
|
bis 29. Februar 1996 Krankentaggelder basierend auf einer
|
Arbeitsunfähigkeit von 100 % aus. Am 6. Januar 1996
|
rutschte R.________ auf einer vereisten Treppe aus und
|
zog sich eine Schulterverletzung zu. Am 25. September 1996
|
meldete die Öffentliche Arbeitslosenkasse Baselland das
|
Unfallereignis der Schweizerischen Unfallversicherungsanstalt
|
(SUVA). Diese verneinte mit Verfügung vom 2. Dezember
|
1996 ihre Leistungspflicht, weil R.________ zur Zeit
|
des Unfalls nicht obligatorisch versichert gewesen sei,
|
woran sie mit Einspracheentscheid vom 11. April 1997 festhielt.
|
B.- Beschwerdeweise liess R.________ beantragen, die
|
SUVA habe ihm für die Folgen des Unfalls vom 6. Januar 1996
|
Leistungen auszurichten. Mit Entscheid vom 16. Dezember
|
1998 wies das Versicherungsgericht des Kantons Basel-Landschaft
|
die Beschwerde ab.
|
C.- Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde lässt R.________
|
das im kantonalen Verfahren gestellte Rechtsbegehren erneuern.
|
Die SUVA schliesst auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde,
|
das Bundesamt für Sozialversicherung verzichtet
|
auf eine Vernehmlassung.
|
Nach Abschluss des Schriftenwechsels lässt R.________
|
ein Schreiben der SUVA vom 3. Dezember 1999 in einem anderen
|
Fall zu den Akten geben, welches die SUVA zur Kenntnisnahme
|
erhielt.
|
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:
|
1.- Die Vorinstanz hat die anwendbaren Bestimmungen
|
über Beginn und Ende der obligatorischen Unfallversicherung
|
(Art. 3 Abs. 1 und 2 UVG), den Beginn der Versicherung bei
|
arbeitslosen Personen (Art. 2 der rückwirkend auf den
|
1. Januar 1996 in Kraft gesetzten Verordnung über die Unfallversicherung
|
von arbeitslosen Personen vom 24. Januar
|
1996) und den Abzug der Prämie (Art. 22a Abs. 4 AVIG) richtig
|
festgehalten. Darauf kann verwiesen werden.
|
Zu ergänzen ist, dass bei arbeitslosen Personen der
|
Versicherungsschutz mit dem 30. Tag nach dem Tag, an dem
|
sie letztmals die Anspruchsvoraussetzungen von Art. 8 AVIG
|
erfüllt oder Entschädigungen nach Art. 29 AVIG bezogen haben,
|
endet (Art. 3 Abs. 2 der Verordnung über die Unfallversicherung
|
von arbeitslosen Personen). Als Lohn im Sinne
|
von Art. 3 Abs. 2 UVG gelten gemäss Art. 7 Abs. 1 lit. b
|
UVV auch Taggelder der obligatorischen Unfallversicherung,
|
der Militärversicherung, der Invalidenversicherung und der
|
Erwerbsersatzordnung sowie jene der Krankenkassen und privaten
|
Kranken- und Unfallversicherer, die die Lohnfortzahlung
|
ersetzen.
|
2.- Streitig und zu prüfen ist, ob der Beschwerdeführer
|
zum Unfallzeitpunkt obligatorisch bei der SUVA gegen
|
Unfall versichert war.
|
a) Das kantonale Gericht verneinte mit der SUVA sowohl
|
den Versicherungsschutz als arbeitslose Person wie auch den
|
Lohnfortzahlungscharakter der Krankentaggelder der Versicherungs-Gesellschaft
|
X.________. Aus den Akten sei ersichtlich,
|
dass der Beschwerdeführer ab 1. Februar 1995
|
arbeitslos gemeldet war und gemäss Angaben der Arbeitslosenkasse
|
des Kantons Basel-Land letztmals vor dem Unfall
|
am 9. November 1995 die Anspruchsvoraussetzungen nach
|
Art. 8 AVIG erfüllte; daher sei er längstens bis zum
|
9. Dezember 1995 als arbeitslose Person obligatorisch bei
|
der SUVA gegen Unfall versichert gewesen (Art. 3 Abs. 2 der
|
Verordnung über die Unfallversicherung von arbeitslosen
|
Personen).
|
Da der Beschwerdeführer letztmals am 31. Januar 1995
|
arbeitete, könne die als Einzelversicherung weitergeführte
|
Krankentaggeldversicherung nicht als Lohnfortzahlung im
|
Sinne von Art. 7 Abs. 1 lit. b UVV angesehen werden. Würden
|
die Krankentaggelder als Lohn betrachtet, kämen Personen,
|
die weder obligatorisch gegen Unfall versichert sind, noch
|
eine private Unfallversicherung abgeschlossen hätten,
|
allein aufgrund ausbezahlter Krankentaggelder in den Genuss
|
einer kostenlosen Nichtberufsunfallversicherung. Der Versicherungsschutz
|
wäre abredeweise verlängerbar gewesen.
|
Der Beschwerdeführer wendet ein, es treffe nicht zu,
|
dass er im Sinne der Arbeitslosenversicherung nicht mehr
|
anspruchsberechtigt gewesen sei. Durch die Krankheit sei
|
der Taggeldanspruch lediglich unterbrochen worden. Dies
|
ergebe sich aus der ins Recht gelegten Abrechnung der
|
Öffentlichen Arbeitslosenkasse Basel-Land für den Monat Mai
|
1996, welche auch eine Rahmenfrist bis 31. Januar 1997 ausweise.
|
Weiter würden die ausbezahlten Leistungen des privaten
|
Krankenversicherers Lohn ersetzen, hätten somit Lohnfortzahlungscharakter,
|
wodurch der Versicherungsschutz für
|
Nichtbetriebsunfälle bei der SUVA verlängert worden sei. Er
|
habe nach Beendigung seines letzten Arbeitsverhältnisses
|
die Möglichkeit wahrgenommen, sich bei der Krankenkasse der
|
F.________ AG bei gleichbleibenden Versicherungsleistungen
|
weiter zu versichern. Der Arbeitgeber habe mit dieser Versicherung
|
seine Lohnfortzahlungspflicht der Krankenkasse
|
übertragen.
|
b) Dies führt zunächst zur Frage, ob der Beschwerdeführer
|
als arbeitslose Person zum Unfallzeitpunkt (am
|
6. Januar 1996) bei der SUVA obligatorisch versichert war.
|
Er bestreitet nicht, dass er am 6. Januar 1996 die Anspruchsvoraussetzungen
|
von Art. 8 AVIG nicht mehr erfüllte.
|
Zu diesem Zeitpunkt erhielt er krankheitsbedingt vom privaten
|
Krankenversicherer Taggeldleistungen auf der Basis
|
einer Arbeitsunfähigkeit von 100 %. Eine laufende Rahmenfrist
|
für den Leistungsbezug allein weist einen Versicherten
|
nicht als anspruchsberechtigt aus, wie der Beschwerdeführer
|
anzunehmen scheint. Ab 1. April 1996 erfüllte er
|
wieder die Voraussetzungen zum Bezug von Arbeitslosenentschädigung
|
im Umfang von 50 % und erhielt Taggelder in entsprechender
|
Höhe.
|
Erfüllte der Beschwerdeführer letztmals vor dem Unfall
|
am 9. November 1995 die Anspruchsvoraussetzungen nach
|
Art. 8 AVIG, war er damit, wie die Vorinstanz richtig ausführte,
|
längstens bis zum 9. Dezember 1995 als arbeitslose
|
Person bei der SUVA obligatorisch versichert (Art. 3 Abs. 2
|
der Verordnung über die Unfallversicherung von arbeitslosen
|
Personen), sodass - zumindest gestützt auf diese Bestimmungen
|
- kein Versicherungsschutz zum Unfallzeitpunkt bestand.
|
c) Zu prüfen ist weiter, ob die seit 13. Oktober 1995
|
bis 29. Februar 1996 ausbezahlten Krankentaggelder als Ersatz
|
für die Lohnfortzahlung im Sinne von Art. 7 Abs. 1
|
lit. b UVV gelten, die den obligatorischen Versicherungsschutz
|
weiter bestehen liessen.
|
Mit Schreiben vom 14. Mai 1996 sandte die Versicherungs-Gesellschaft
|
X.________ dem Beschwerdeführer die
|
Anträge zum Abschluss einer Einzelversicherung infolge
|
Übertritts aus der vom Arbeitgeber abgeschlossenen Kollektiv-Krankentaggeldversicherung,
|
wobei ausdrücklich darauf
|
hingewiesen wurde, dass ein Unfallrisiko nicht versichert
|
sei. Vorinstanz und SUVA haben zutreffend dargelegt, dass
|
die abgeschlossene Krankentaggeldversicherung nicht als
|
Ersatz für die Lohnfortzahlungspflicht des Arbeitgebers
|
angesehen werden kann. Dem Lohn gleichgestellt sind die
|
Taggelder, die der Versicherte von einer privaten Versicherungseinrichtung
|
erhält, wenn er sich selbst durch eine
|
Einzelversicherung versichert hat, nur, sofern der Arbeitgeber
|
auch einen Prämienanteil zu seinen Lasten übernimmt
|
(RKUV 1999 Nr. U 347 S. 472 Erw. 2b; Maurer, Schweizerisches
|
Unfallversicherungsrecht, Bern 1985, S. 144). Dies
|
war hier unbestrittenermassen nicht der Fall. Auch aus dem
|
nicht fallbezogenen Schreiben der SUVA vom 15. Januar 1996
|
lässt sich kein Anspruch auf Unfalltaggelder ableiten.
|
3.- a) Der Beschwerdeführer hätte vorgängig eine Abredeversicherung
|
gemäss Art. 8 UVV abschliessen sollen,
|
damit im relevanten Zeitraum ein Versicherungsschutz gewährleistet
|
gewesen wäre, was er offensichtlich unterlassen
|
hat. Zu prüfen bleibt hingegen, ob und welche Informationspflichten
|
die SUVA und die Organe der Arbeitslosenversicherung
|
wahrzunehmen haben, ob diese verletzt wurden und welche
|
Folgen sich bejahendenfalls daraus ergeben.
|
b) In BGE 121 V 28 erkannte das Eidgenössische Versicherungsgericht,
|
dass sich aus der allgemeinen Informationspflicht
|
des Versicherers (Art. 72 UVV) die Verpflichtung
|
ergebe, nebst anderem über die Möglichkeit des Abschlusses
|
einer Abredeversicherung zu informieren. In Ergänzung
|
dieser Rechtsprechung wurde in RKUV 2000 U Nr. 387
|
S. 272 festgehalten, dass die in BGE 121 V 28 dargestellte
|
Informationspflicht von Versicherer und Arbeitgeber hinsichtlich
|
einer Abredeversicherung nach Auflösung eines
|
Arbeitsverhältnisses im Fall, wo es um die Abredeversicherung
|
einer arbeitslosen (ausgesteuerten) Person geht, die
|
Organe der Arbeitslosenversicherung trifft. Was im Falle
|
der Aussteuerung gilt, muss - um den Zweck der Abredeversicherung
|
zu gewährleisten - auch bei der krankheitsbedingten
|
Verneinung der Anspruchsberechtigung gelten. Ob die
|
Arbeitslosenversicherung z.B. mittels Informationsblatt
|
oder Broschüre der ihr obliegenden Informationspflicht
|
hinreichend nachgekommen war, lässt sich den Akten nicht
|
entnehmen, weshalb die Sache zur entsprechenden Abklärung
|
an die SUVA zurückzuweisen ist. Ergänzend sei festgehalten,
|
dass mit dem allfälligen Ergebnis einer Verletzung der Informationspflicht
|
noch nicht feststeht, dass dem Beschwerdeführer
|
die anbegehrten Leistungen auszurichten sind, da
|
für eine erfolgreiche Berufung auf den Vertrauensschutz
|
noch weitere Voraussetzungen, insbesondere die kausal verursachte
|
Disposition seitens des Arbeitslosen aus unterbliebener
|
Information, erfüllt sein müssen. Bei der Beurteilung
|
der Wahrscheinlichkeit des Versicherungsabschlusses
|
im Informationsfall wird die SUVA allenfalls auch ihre Erfahrungen
|
aus Abredeversicherungen mit arbeitslosen Personen
|
einbeziehen können (vgl. BGE 121 V 35 Erw. 3).
|
Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:
|
I. Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird in dem Sinne
|
gutgeheissen, dass der Entscheid des Versicherungsgerichts
|
des Kantons Basel-Landschaft vom 16. Dezember
|
1998 und der Einspracheentscheid vom 11. April 1997
|
aufgehoben werden und die Sache an die SUVA zurückgewiesen
|
wird, damit sie, nach erfolgter Abklärung im
|
Sinne der Erwägungen, über den Leistungsanspruch neu
|
verfüge.
|
II. Es werden keine Gerichtskosten erhoben.
|
III. Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungsgericht
|
des Kantons Basel-Landschaft und dem Bundesamt
|
für Sozialversicherung zugestellt.
|
Luzern, 27. August 2001
|
Im Namen des
|
Eidgenössischen Versicherungsgerichts
|
Der Präsident der IV. Kammer:
|
Die Gerichtsschreiberin:
|