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Original
 
[AZA 0/2]
5P.218/2001/min
II. Z I V I L A B T E I L U N G ********************************
3. September 2001
Es wirken mit: Bundesrichter Reeb, Präsident der II. Zivilabteilung,
Bundesrichter Merkli, Bundesrichter Meyer sowie
Gerichtsschreiber Zbinden.
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In Sachen
X.________, Beschwerdeführerin, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Bruno Häfliger, Postfach, 6000 Luzern 5,
gegen
Obergericht des Kantons Luzern, Justizkommission,
betreffend
Art. 29 Abs. 3 BV
(unentgeltliche Rechtspflege), hat sich ergeben:
A.-Mit Entscheid vom 19. Februar 2001 wies die Instruktionsrichterin der II. Abteilung des Amtsgerichts Luzern-Stadt das Gesuch von X.________ (nachfolgend: Gesuchstellerin oder Beschwerdeführerin) um unentgeltliche Rechtspflege für das Eheschutz- bzw. Massnahmeverfahren sowie das Scheidungsverfahren ab, da sie die Gesuchstellerin als nicht bedürftig und einen Anwalt für das Verfahren als entbehrlich betrachtete.
B.-Die Justizkommission des Obergerichts des Kantons Luzern (nachfolgend: Justizkommission) wies den Rekurs der Gesuchstellerin am 21. Mai 2001 ab mit der Begründung, die Gesuchstellerin liege mit gut Fr. 500.-- über dem zivilprozessualen Notbedarf, womit sie in der Lage sei, die Verfahrenskosten zu decken.
C.-Die Gesuchstellerin führt staatsrechtliche Beschwerde wegen Verletzung von Art. 29 Abs. 3 BV mit dem Antrag, den Entscheid der Justizkommission aufzuheben. Für das bundesgerichtliche Verfahren ersucht sie um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung.
Die Justizkommission beantragt, die staatsrechtliche Beschwerde sei abzuweisen, soweit darauf einzutreten sei.
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1.-Die Justizkommission hat die unentgeltliche Rechtspflege ausschliesslich damit begründet, die Beschwerdeführerin sei nicht bedürftig. Soweit die Beschwerdeführerin beanstandet, ihr sei zu Unrecht kein unentgeltlicher Rechtsbeistand bestellt worden, richtet sie sich gegen das erstinstanzliche Urteil; dass die Voraussetzungen hiefür gegeben wären (BGE 114 Ia 307 E. 3a; 125 I 492 E. 1a/aa S. 493 f. mit weiteren Hinweisen), legt die Beschwerdeführerin allerdings nicht dar. Insoweit ist auf die staatsrechtliche Beschwerde von vornherein nicht einzutreten.
2.-Die Justizkommission hat die Bedürftigkeit verneint und zur Begründung bemerkt, die Beschwerdeführerin leide an einem chronischen Rückenproblem sowie an einer Muskelasymmetrie und sei daher immer wieder therapiebedürftig, wobei sie nach Aussagen des behandelnden Arztes als zu 50 % arbeitsfähig gelte. Für ihre Arbeitsfähigkeit spreche ausserdem, dass sie keine Invalidenrente beanspruchen könne. Die gesundheitlichen Probleme seien mithin nicht derart gravierend, dass sie der Beschwerdeführerin eine Erwerbstätigkeit verunmöglichen würden. Da der Arbeitsmarkt derzeit entspannt sei, könne die heute 49-jährige Beschwerdeführerin durchaus eine Beschäftigung finden. Nicht zu hören sei sie im Übrigen mit der gegenteiligen Auffassung, zumal sie sich bisher auch nicht um Arbeit bemüht habe. Unter den gegebenen Umständen sei davon auszugehen, dass die von jeglicher Kinderbetreuung freigestellte Beschwerdeführerin ein monatliches Einkommen von Fr. 500.-- erzielen könne und damit über einen monatlichen Überschuss von Fr. 500.-- verfüge, der es ihr ermögliche, die Kosten für das hängige Eheschutz- bzw. Massnahme- und Scheidungsverfahren selber zu tragen.
Die Beschwerdeführerin macht zusammengefasst geltend, die Justizkommission habe nicht beachtet, dass die unentgeltliche Rechtspflege nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung vom Fall des Rechtsmissbrauchs abgesehen auch dann gewährt werden müsse, wenn die Person, die ein Gesuch stelle, ihre Bedürftigkeit verschuldet habe. Dass die Beschwerdeführerin im vorliegenden Fall rechtsmissbräuchlich keine Arbeit aufgenommen habe, sei nicht erstellt, und die Justizkommission habe sich denn auch nicht darauf berufen.
Mit den effektiv vorhandenen Mitteln - so die Beschwerdeführerin sinngemäss - sei sie nicht in der Lage, die Kosten des Prozesses selbst zu bestreiten, weshalb die Justizkommission die Bedürftigkeit zu Unrecht verneint habe.
a) Das Bundesgericht prüft frei, ob die Kriterien zur Bestimmung der Bedürftigkeit im Sinne von Art. 29 Abs. 3 BV zutreffend gewählt worden sind, während seine Kognition in Bezug auf die tatsächlichen Feststellungen der kantonalen Behörde auf Willkür beschränkt ist (BGE 119 Ia 11 E. 3aS. 12 mit Hinweis).
b) Als bedürftig gilt, wer die Kosten eines Prozesses nicht aufzubringen vermag, ohne die Mittel anzugreifen, deren er zur Deckung des notwendigen Lebensunterhaltes für sich und seine Familie bedarf. Dabei sind die Einkommens- und Vermögensverhältnisse in Betracht zu ziehen (BGE 120 Ia 179 E. 3a S. 181 mit Hinweisen). Die prozessuale Bedürftigkeit beurteilt sich nach der gesamten wirtschaftlichen Situation des Rechtssuchenden im Zeitpunkt der Einreichung des Gesuchs.
Dazu gehören einerseits sämtliche finanziellen Verpflichtungen, anderseits die Einkommens- und Vermögensverhältnisse (BGE 124 I 1 E. 2a S. 2, 120 Ia 179 E. 3a S. 181, je mit Hinweisen). Bei der Ermittlung des notwendigen Lebensunterhaltes soll nicht schematisch auf das betreibungsrechtliche Existenzminimum abgestellt, sondern den individuellen Umständen Rechnung getragen werden. Ein allfälliger Überschuss zwischen dem zur Verfügung stehenden Einkommen und dem Zwangsbedarf des Gesuchstellers ist mit den für den konkreten Fall zu erwartenden Gerichts- und Anwaltskosten in Beziehung zu setzen (BGE 118 Ia 369 E. 4a S. 370 f.); dabei sollte es der monatliche Überschuss der gesuchstellenden Partei ermöglichen, die Prozesskosten bei weniger aufwendigen Prozessen innert eines Jahres, bei anderen innert zweier Jahre zu tilgen (nicht veröffentlichte Urteile des Bundesgerichts vom 11. Februar 1994 i.S. J. E. 3c und vom 12. Oktober 1995 i.S.
S. E. 4c). Entscheidend ist zudem, ob die gesuchstellende Partei mit dem ihr verbleibenden Überschuss in der Lage ist, die anfallenden Gerichts- und Anwaltskostenvorschüsse innert absehbarer Zeit zu leisten (BGE 109 Ia 5 E. 3a S. 9 mit Hinweisen).
Das Bundesgericht hat ausserdem von jeher dafürgehalten, die Bewilligung der unentgeltlichen Rechtspflege dürfe nicht davon abhängen, ob die Unfähigkeit, die Gerichts- und Anwaltskosten zu bestreiten, auf ein Verschulden des Gesuchstellers zurückzuführen sei oder nicht; auch derjenige, der seine Bedürftigkeit verschuldet habe, müsse seine Rechte auf prozessualem Weg durchsetzen können. Es hat dabei zwar den Rechtsmissbrauch nicht gänzlich ausgeschlossen, diesen jedoch auf den Fall beschränkt, wo der Gesuchsteller gerade im Hinblick auf den Prozess eine Arbeitsstelle aufgegeben oder eine andere Stelle nicht angetreten hat (BGE 99 Ia 437 E. 3c S. 442). Diese Rechtsprechung ist seither im Grundsatz mehrfach bestätigt worden (BGE 104 Ia 31 E. 4 S. 34; 108 Ia 108 E. 5b S. 109).
c) Den Ausführungen der Justizkommission lässt sich entnehmen, dass die Beschwerdeführerin im Zeitpunkt der Einreichung des Gesuchs keiner Arbeit nachgegangen ist und ausserdem nur bei einer Anrechnung eines hypothetischen Verdienstes von Fr. 500.-- pro Monat einen Überschuss in diesem Umfang erreichen kann. Unter Berücksichtigung der Verhältnisse zum Zeitpunkt des Gesuchs ist sie somit mit ihren finanziellen Mitteln nicht in der Lage, auch nur ratenweise allfällige Gerichts- und Anwaltskostenvorschüsse zu leisten.
Das übersieht die Justizkommission, wenn sie ausführt, die Beschwerdeführerin sei trotz ihrer nachgewiesenermassen angeschlagenen Gesundheit in der Lage, eine Teilzeitbeschäftigung aufzunehmen.
Die Justizkommission bringt vor, die Beschwerdeführerin habe sich nicht um Arbeit bemüht. Soweit sie damit sinngemäss ausdrücken will, die Beschwerdeführerin habe ihre Bedürftigkeit selbst verschuldet, ist sie nicht zu hören.
Sie übersieht dabei nämlich, dass es - wie erwähnt - für die Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege nicht darauf ankommt, ob die gesuchstellende Person ihre Bedürftigkeit selbst verschuldet hat oder nicht. Das Verhalten der Beschwerdeführerin ist abgesehen davon auch nicht als rechtsmissbräuchlich zu werten, stellt doch die Justizkommission nicht konkret fest, jene habe im Hinblick auf den Prozess eine ihr angebotene, zumutbare Arbeit ausgeschlagen, um so von der unentgeltlichen Rechtspflege profitieren zu können.
Die Bedürftigkeit ist daher zu Unrecht verneint worden.
3.-Damit ist die staatsrechtliche Beschwerde gutzuheis- sen, soweit darauf eingetreten werden kann; der angefochtene Entscheid ist aufzuheben. Da bei diesem Ausgang des Verfahrens dem Kanton keine Gerichtsgebühr auferlegt werden kann (Art. 156 Abs. 2 OG) und folglich von einer Gerichtsgebühr abgesehen wird, der Kanton aber die Beschwerdeführerin für das bundesgerichtliche Verfahren zu entschädigen hat (Art. 159 Abs. 2 OG), wird deren Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege für das Verfahren vor Bundesgericht gegenstandslos.
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.-Die staatsrechtliche Beschwerde wird gutgeheissen, soweit darauf einzutreten ist, und der Entscheid des Obergerichts des Kantons Luzern, Justizkommission, vom 21. Mai 2001 wird aufgehoben.
2.-Es werden keine Kosten erhoben.
3.-Der Kanton Luzern hat die Beschwerdeführerin für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 1'500.-- zu entschädigen.
4.-Dieses Urteil wird der Beschwerdeführerin sowie dem Obergericht des Kantons Luzern, Justizkommission, schriftlich mitgeteilt.
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Lausanne, 3. September 2001
Im Namen der II. Zivilabteilung
des SCHWEIZERISCHEN BUNDESGERICHTS
Der Präsident:
Der Gerichtsschreiber: