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Original
 
[AZA 7]
U 11/01 Gr
II. Kammer
Präsident Lustenberger, Bundesrichter Meyer und Ferrari; Gerichtsschreiber Hadorn
Urteil vom 9. Oktober 2001
in Sachen
G.________, 1974, Beschwerdeführer, vertreten durch Fürsprecher Dr. Bernhard Frei, Schwanengasse 9, 3011 Bern,
gegen
Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (SUVA), Fluhmattstrasse 1, 6004 Luzern, Beschwerdegegnerin,
und
Verwaltungsgericht des Kantons Bern, Bern
Mit Verfügung vom 7. Februar 2000 sprach die Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (SUVA) dem 1974 geborenen G.________ ein Taggeld ab 13. Mai 1997 zu. Dieses kürzte sie wegen Teilnahme an einer Schlägerei um 50 %, woran sie mit Einspracheentscheid vom 27. April 2000 festhielt.
Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Verwaltungsgericht des Kantons Bern mit Entscheid vom 18. Dezember 2000 ab.
G.________ lässt Verwaltungsgerichtsbeschwerde führen und beantragen, die SUVA sei zur Ausrichtung ungekürzter Leistungen zu verpflichten.
Die SUVA schliesst auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde, während das Bundesamt für Sozialversicherung sich nicht vernehmen lässt.
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:
1.- a) Das kantonale Verwaltungsgericht hat die gesetzlichen Grundlagen für Kürzungen von Leistungen der Unfallversicherung (Art. 39 UVG), namentlich bei Beteiligung an Raufereien und Schlägereien (Art. 49 Abs. 2 lit. a UVV), richtig dargelegt. Darauf wird verwiesen.
b) Nach der Rechtsprechung ist eine Beteiligung an einer Rauferei oder Schlägerei nicht nur bei der Teilnahme an einer eigentlichen tätlichen Auseinandersetzung gegeben. Sie liegt vielmehr schon vor, wenn sich jemand in einen allenfalls vorausgehenden Wortwechsel eingelassen hat, der - gesamthaft betrachtet - das Risiko in sich schliesst, dass es zu Tätlichkeiten kommen könnte (BGE 107 V 235 Erw. 2a, 99 V 11 Erw. 1; RKUV 1991 Nr. U 120 S. 89 Erw. 3b; in RKUV 1995 Nr. U 214 S. 86 nicht veröffentlichte Erw. 2c). Eine Beteiligung ist jedes Verhalten, das - objektiv - bereits das Risiko einschliesst, in Tätlichkeiten überzugehen oder solche nach sich zu ziehen. Nicht notwendig ist deshalb, dass der Versicherte selbst tätlich geworden ist, und unerheblich ist, aus welchen Motiven er sich beteiligt hat, wer mit einem Wortwechsel oder Tätlichkeiten begonnen hat und welche Wendung die Ereignisse in der Folge genommen haben. Ebensowenig ist Voraussetzung, dass den Versicherten ein Verschulden trifft. Entscheidend ist vielmehr nur, ob er die Gefahr einer tätlichen Auseinandersetzung erkannt hat oder erkennen musste (BGE 99 V 11 Erw. 1 in fine; RKUV 1991 Nr. U 120 S. 90 Erw. 3b).
c) Die Beteiligung an Raufereien oder Schlägereien im Sinne von Art. 49 Abs. 2 lit. a UVV deckt sich nicht mit dem Tatbestand der Beteiligung an einem Raufhandel gemäss Art. 133 StGB (RKUV 1991 Nr. U 210 S. 90 Erw. 3c). Das Sozialversicherungsgericht ist deshalb an die Beurteilung des Strafgerichts nicht gebunden. Hingegen weicht es von den tatbeständlichen Feststellungen des Strafgerichts nur ab, wenn der im Strafverfahren ermittelte Tatbestand und dessen rechtliche Subsumtion nicht zu überzeugen vermögen oder auf Grundsätzen beruhen, die zwar im Strafrecht gelten, im Sozialversicherungsrecht jedoch unerheblich sind (BGE 111 V 177 Erw. 5a mit Hinweisen; RKUV 1991 Nr. U 120 S. 90 Erw. 3c).
2.- a) Vorliegend besteht kein Grund, die tatbeständlichen Feststellungen in Zweifel zu ziehen, welche im Entscheid des Obergerichts des Kantons Bern vom 25. Juni 1999 beschrieben sind. Demnach hat der Beschwerdeführer am 10. Mai 1997 dank einer zuvor installierten Alarmanlage bemerkt, dass S.________, zu welchem er ein gespanntes Verhältnis hatte, sich nachts in unmittelbarer Nähe seiner Wohnung aufhielt. Der Versicherte setzte S.________ nach, holte ihn ein und setzte ihm mit den Fäusten zu. Spuren dieser Tätlichkeiten liessen sich bei S.________ bildlich festhalten. Im Laufe der Auseinandersetzung holte S.________ eine Pistole hervor und fügte dem Beschwerdeführer mit mehreren Schüssen aus nächster Nähe schwere Verletzungen zu.
b) Angesichts dieses Geschehensablaufes haben SUVA und Vorinstanz zu Recht die Voraussetzungen für eine Leistungskürzung bejaht. Was der Beschwerdeführer hiegegen vorträgt, vermag nicht zu überzeugen. Dass ihm keine Zeit für einen eigenen Angriff geblieben sei, weil S.________ sofort auf ihn geschossen habe, widerspricht den tatbeständlichen Feststellungen des kantonalen Obergerichts, wurde doch mit Bildern dokumentiert, in welchem Zustand sich S.________ nach dem Vorfall befand. Damit ist ein aktives und aggressives Vorgehen des Beschwerdeführers erstellt, von welchem er sich bewusst sein musste, dass es das Risiko von Tätlichkeiten in sich schloss. Dass S.________ mit dem Abfeuern der Schüsse überreagiert hat, ändert daran nichts.
Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:
I. Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.
II. Es werden keine Gerichtskosten erhoben.
III. Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht
des Kantons Bern, Sozialversicherungsrechtliche
Abteilung, und dem Bundesamt für Sozialversicherung
zugestellt.
Luzern, 9. Oktober 2001
Im Namen des
Eidgenössischen Versicherungsgerichts
Der Präsident der II. Kammer:
Der Gerichtsschreiber: