[AZA 0/2]
4C.206/2001/rnd
I. ZIVILABTEILUNG
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18. Oktober 2001
Es wirken mit: Bundesrichterin und Bundesrichter Walter,
Präsident, Rottenberg Liatowitsch, Nyffeler und Gerichtsschreiber
Luczak.
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In Sachen
A.________, Beklagter und Berufungskläger, vertreten durch Rechtsanwalt Jean-Pierre Morand, 86bis Route de Frontenex, 1208 Genf,
gegen
B.________, Klägerin und Berufungsbeklagte, vertreten durch Advokat Werner Perrig, Bahnhofstrasse 14, 3900 Brig,
betreffend
Pachtvertrag; Mieterausweisung,
wird in Erwägung gezogen:
1.-Seit 1959 ist A.________ (Beklagter) Mieter oder Pächter des Hotels X.________. Später mietete er ein an das Hotel angrenzendes Likörgeschäft hinzu und schliesslich am 10. September 1997 die zum Hotelkomplex gehörenden Lokalitäten des bisherigen Textilgeschäfts "Y.________". Die letzte vereinbarte Pachtverlängerung endete am 10. September 1999. Das Pachtverhältnis wurde von der Mietschlichtungsstelle einmalig bis zum 10. Mai 2000 erstreckt. Am 11. November 1999 reichte der Beklagte beim Bezirksgericht Visp gegen B.________ (Vermieterin) Klage ein. Er verlangte zur Hauptsache die Erstreckung des Pachtvertrages bis zum 10. September 2004. Am 19. Mai 2000 wurde das Erstreckungsverfahren auf Ersuchen der Vermieterin mit Zustimmung des Beklagten sistiert.
2.- Am 20. Juni 2000 stellte die Vermieterin ein Ausweisungsbegehren beim Richter des Bezirkes Visp. Sie stützte das Begehren auf eine am 27. April 2000 infolge Zahlungsrückstandes des Beklagten ausgesprochene Kündigung, die sie mit Schreiben vom 24. Februar 2000 unter Ansetzung einer Zahlungsfrist von 60 Tagen angedroht hatte. Der Beklagte widersetzte sich im Ausweisungsverfahren der Kündigung, worauf der Bezirksrichter am 27. November 2000 die Kündigung aufhob und die Klagebegehren der Vermieterin abwies. Auf Berufung der Vermieterin wies das Kantonsgericht Wallis den Beklagten mit Urteil vom 18. Mai 2001 an, das Hotel X.________ mit sämtlichen Räumlichkeiten bis spätestens 10. September 2001 zu räumen und der Vermieterin zu übergeben.
3.- Der Beklagte hat gegen das Urteil des Kantonsgerichts sowohl staatsrechtliche Beschwerde als auch Berufung erhoben. Sein gleichzeitig gestelltes Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wies das Bundesgericht am 16. August 2001 ab. Er beantragt, vorab die Berufung zu behandeln, da die staatsrechtliche Beschwerde eine tatsächliche Feststellung betreffe, deren Entscheidwesentlichkeit vom Ausgang der Berufung abhänge. Das Bundesgericht hat diesen Antrag heute abgewiesen und ist auf die Beschwerde nicht eingetreten. In der Berufung verlangt er im Wesentlichen, den angefochtenen Entscheid aufzuheben, die Missbräuchlichkeit der Kündigung festzustellen und die Klage abzuweisen. Eventuell seien die Räumlichkeiten "Y.________" von der Ausweisung auszunehmen und ein praktikables Ausweisungsdatum festzusetzen. Es wurde keine Berufungsantwort eingeholt.
4.- Der Beklagte hat auf die Kündigungsandrohung der Vermieterin reagiert und einen Teil der verlangten Summe innert der angesetzten Frist bezahlt. Offen blieben nach den Feststellungen des Kantonsgerichts Fr. 5'517. 18 für Verzugszinse aus den Jahren 1994 und 1995, für die der Beklagte aus verschiedenen Gründen seine Zahlungspflicht in Abrede stellt. An anderer Stelle hält das Kantonsgericht demgegenüber fest, der Beklagte habe bis in das Jahr 1995 die Mietzinsen samt Verzugszinsen bezahlt. Da der Beklagte aber auch in der Berufung nicht behauptet, die streitigen Verzugszinse bezahlt zu haben, ist davon auszugehen, das Kantonsgericht habe irrtümlich festgestellt, die Verzugszinsen seien beglichen worden. Insoweit liegt ein offensichtliches Versehen des Kantonsgerichts vor, welches von Amtes wegen zu korrigieren ist.
5.- Die Parteien haben im Jahre 1997 eine neue vertragliche Vereinbarung über die gepachteten Räumlichkeiten getroffen.
Der Beklagte ist der Ansicht, Forderungen, welche vor diesem Datum entstanden seien, müssten bei der Festsetzung des Zahlungsrückstands unberücksichtigt bleiben. Der Beklagte wendet sich nicht gegen die bundesgerichtliche Rechtsprechung, wonach in der Weiterführung keine Begründung eines neuen Mietverhältnisses gesehen werden kann, selbst wenn Vertragsanpassungen erfolgen (BGE 99 II 297 E. 2, S. 300). Damit muss aber auch zulässig sein, eine Kündigung mit Rückständen, welche vor Anpassung des Vertragsverhältnisses aufliefen, zu begründen. Andernfalls käme eine einvernehmliche Vertragsanpassung regelmässig wohl nur zustande, wenn der Mieter mit seinen Zahlungen à jour ist. Dies läge weder im Interesse des Mieters noch des Vermieters oder Dritter, da möglichst schnell Klarheit darüber herrschen soll, ob und wie das Mietverhältnis fortgesetzt wird.
6.- Der Beklagte macht weiter geltend, die Vermieterin habe seit 1994 auf die Einforderung von Verzugszinsen verzichtet.
Das Kantonsgericht hat keinen entsprechenden tatsächlichen Willen der Vermieterin festgestellt, so dass zu prüfen bleibt, ob der Beklagte nach dem Vertrauensprinzip von einem Verzicht ausgehen durfte. Ein Verzicht auf Ansprüche kann indessen nicht leichthin angenommen werden und bedarf eindeutiger Hinweise. Allein die Tatsache, dass die Vermieterin die Forderung über eine gewisse Zeit nicht geltend gemacht und bei Eintreibung später entstandener Schulden die ausstehenden Verzugszinsen nicht erwähnt hat, genügt dazu nicht, zumal sie sich anlässlich der Rechnungsstellung im Januar 1995 die Nachforderung der Verzugszinsen ausdrücklich vorbehalten hatte. Ein Verzicht liegt damit nicht vor.
7.- a) Nach Auffassung des Beklagten sind die von der Vermieterin geltend gemachten Ansprüche verjährt. Das Kantonsgericht ging davon aus, in Bezug auf die Verzugszinsen komme die allgemeine Verjährungsfrist von 10 Jahren zur Anwendung, nicht die Fünfjahresfrist nach Art. 128 Ziff. 1 OR.
Zudem sei die Verjährung rechtzeitig durch Schuldanerkennung unterbrochen worden.
b) Nach herrschender Lehre und Rechtsprechung handelt es sich bei Verzugszinsen nicht um periodisch fällig werdende Leistungen. Für sie gilt daher grundsätzlich nicht die fünfjährige Verjährungsfrist nach Art. 128 Ziff. 1 OR (Bucher, Schweizerisches Obligationenrecht, Allgemeiner Teil, S. 467 FN 62; a.A. Spiro, Die Begrenzung privater Rechte durch Verjährungs-, Verwirkungs- und Fatalfristen, Bern 1975, Bd. I., S. 636 ff. mit Hinweisen auf die herrschende Lehre), sondern es gilt die Verjährungsfrist, welcher der Hauptanspruch unterliegt (Art. 133 OR; BGE 52 II 215 E. 2 S. 217; Rolf H. Weber, Zürcher Kommentar, N 111 zu Art. 73 OR; Engel, Traité des obligations en droit suisse,
2. Auflage, Bern 1997, S. 807). Da aber die Mietzinse selbst grundsätzlich periodisch geschuldet sind (vgl. Art. 257c OR) und nicht festgestellt ist, dass sich die Parteien auf eine nicht periodische Mietzinszahlung geeinigt hätten, verjähren die Mietzinse selbst nach fünf Jahren und damit auch die dafür geschuldeten Verzugszinse.
c) In einem Schreiben vom 9. August 1997 an die Vermieterin führte der Beklagte aus:
"... we will shortly be up to date with all open and due accounts with you. We can then make the overdue interest accounts ..."
Während das Kantonsgericht darin eine verjährungsunterbrechende Schuldanerkennung erblickt, behauptet der Beklagte, das Schreiben erwähne die damals offenen Mietzinse.
Das Versprechen, Verzugszinsen zu bezahlen, beziehe sich auf diese und nicht auf Verzugszinsen, die für längst bezahlte Mietzinsbetreffnisse aufgelaufen waren.
aa) Als Anerkennung mit Unterbrechungswirkung gemäss Art. 135 Ziff. 1 OR gilt jedes Verhalten des Schuldners, das vom Gläubiger nach Treu und Glauben im Verkehr als Bestätigung seiner rechtlichen Verpflichtung aufgefasst werden darf. Die Anerkennung muss sich nicht auf einen bestimmten Betrag beziehen und setzt keinen auf Unterbrechung der Verjährung gerichteten Willen voraus (BGE 119 II 368 E. 7b S. 378 f.; 110 II 176 E. 3, S. 180 f.; Guhl/Koller, Das Schweizerische Obligationenrecht, 9. Aufl. , Zürich 2000, S. 324; Bucher, a.a.O, S. 463). Stehen einer Partei mehrere Ansprüche gegen die andere zu, namentlich periodisch oder in zeitlicher Abfolge fällige Forderungen, ist hinreichende Individualisierung der anerkannten Schuld erforderlich (Grämiger, Der Einfluss des schuldnerischen Verhaltens auf Verjährungsablauf und Verjährungseinrede, Diss. Zürich 1934, S. 24 f.; vgl. auch Spiro, a.a.O., S. 373), da klar ersichtlich sein muss, auf welche Forderung sich die Anerkennung bezieht. Dabei genügt, dass die Forderungen bestimmbar sind.
Insbesondere ist es zulässig, sämtliche zu einem gewissen Zeitpunkt ausstehende Verzugszinsforderungen anzuerkennen und so deren Verjährungslauf zu unterbrechen.
bb) Eine Erklärung, die den Anforderungen an eine Schuldanerkennung nicht genügt oder vom Schuldner wegen Willensmängeln angefochten wird, vermag die Verjährung nicht zu unterbrechen, auch wenn sie geeignet ist, den Gläubiger von der Geltendmachung seiner Ansprüche abzuhalten. Indessen wird der Gläubiger in seinem berechtigten Vertrauen insofern geschützt, als die Verjährung so lange gehemmt ist, bis er erkennen kann, dass die vermeintliche Schuldanerkennung mit Mängeln behaftet ist (vgl. Grämiger, a.a.O., S. 42; Spiro, a.a.O., S. 360). Der Schuldner, der ein Verhalten gezeigt hat, das bei objektiver Betrachtungsweise geeignet ist, den Gläubiger von der Einleitung rechtlicher Schritte während der Verjährungsfrist abzuhalten, handelt widersprüchlich und damit missbräuchlich, wenn er sich nachher auf die Verjährung beruft (Art. 2 Abs. 2 ZGB; BGE 113 II 264 E. 2e, S. 269 mit Hinweisen).
cc) Ob sich die Erklärung des Beklagten unzweideutig auf sämtliche ausstehende Verzugszinsen bezieht, wie dies für eine Unterbrechung der Verjährung notwendig wäre (Grämiger, a.a.O., S. 8 mit Hinweisen), kann offen bleiben.
Der Beklagte pflegte in der Vergangenheit die Verzugszinsen regelmässig im Nachhinein und "im Paket" zu tilgen. Unter diesen Umständen war das Abrechnungsversprechen des Beklagten jedenfalls geeignet, die Vermieterin davon abzuhalten, sich um die Unterbrechung der Verjährung betreffend die aufgelaufenen Verzugszinse zu kümmern, zumal sie sich die Einforderung der nach wie vor streitigen Verzugszinse ausdrücklich vorbehalten hatte und auch der Gebrauch des Wortes "overdue" (überfällig) andeutete, dass die Abrechnung schon früher hätte erfolgen sollen. Das ergibt nur in Bezug auf Verzugszinse für bereits bezahlte Mietzinse einen Sinn. Da auch das Kantonsgericht die Erklärung im Sinne der Vermieterin auslegte, bestand für diese kein Anlass, an der verjährungsunterbrechenden Wirkung der Erklärung zu zweifeln. Daher wurde die Verjährung seit Abgabe der Erklärung bis zum heutigen Tage zumindest gehemmt. Die Ansprüche der Vermieterin sind mithin nicht verjährt.
8.- Damit steht fest, dass der Beklagte seinen Zahlungsrückstand innert der angesetzten Frist nicht vollständig beglichen hat, und die Vermieterin grundsätzlich zur Kündigung berechtigt war. An die Pflicht des Mieters zur Tilgung der Ausstände innerhalb der Zahlungsfrist stellt das Bundesgericht strenge Anforderungen. Selbst wenn bei Ablauf der Frist nur ein vergleichsweise geringer Betrag aussteht, kann der Vermieter ohne Rechtsmissbrauch kündigen (BGE 120 II 31 E. 4b S. 33; Urteil des Bundesgerichts vom 27. Februar 1997 in SJ 1997 S. 538 ff., E. 2a S. 542). Eine missbräuchliche Kündigung trotz Zahlungsrückstand ist nur in klaren Ausnahmefällen in Erwägung zu ziehen, wenn der Vermieter die Kündigung wegen Zahlungsverzugs eigentlich zweckentfremdet und missbraucht. Da der Beklagte nach den tatsächlichen Feststellungen des Kantonsgerichts ständig mit seinen Zahlungen in Verzug war und der offene Betrag einen nicht zu vernachlässigenden Teil der gesamten Nachforderung für Verzugszinse bildet, kann der Vermieterin nicht vorgeworfen werden, sie verfolge mit der Kündigung sachfremde Ziele. Die Kündigung ist daher nicht missbräuchlich.
9.- a) Eventuell beantragt der Beklagte, von der Ausweisung das Lokal "Y.________" auszunehmen, da die Verzugszinse, mit denen der Zahlungsrückstand des Beklagten begründet wird, zu einem Zeitpunkt aufliefen, in dem der Beklagte das Lokal noch nicht hinzugemietet hatte, weshalb sich der Zahlungsrückstand nicht auf dieses Mietverhältnis beziehen könne. Ob der Vermieter wegen Zahlungsrückstands betreffend ein Mietobjekt auch zur Kündigung anderer berechtigt ist, hängt davon ab, ob die verschiedenen Vertragsverhältnisse nach dem Willen der Vertragsparteien unabhängig voneinander bestehen oder die Mietobjekte nur zusammen vermietet werden sollten. Dass die Parteien die verschiedenen Mietobjekte mit einzeln ausgewiesenem Mietzins in einem einzigen oder in separaten Verträgen behandeln, kann ein Indiz für den Parteiwillen bilden, ist für sich allein aber nicht ausschlaggebend.
b) In Ziff. 3 des Mietvertrages betreffend die Geschäftslokalitäten "Y.________" vom 22. Mai 1997 verpflichtete sich der Beklagte, die vermieteten Räumlichkeiten in den Hotelbetrieb zu integrieren, in betriebsbereiten Zustand zu versetzen und während der Mietdauer in diesem Zustand zu erhalten (Art. 64 OG). Mit der Pflicht zur Integration in den Hotelbetrieb wäre ein Auseinanderfallen der Mietereigenschaft bezüglich der hinzugemieteten Lokalitäten und des übrigen Hotels unvereinbar. Daher hat das Kantonsgericht kein Bundesrecht verletzt, wenn es die Kündigung für beide Verträge für zulässig erachtete.
10.- Zuletzt verlangt der Beklagte, den Ausweisungstermin entweder auf das Ende der Sommer- oder Wintersaison festzulegen. Er zeigt indessen nicht auf, inwiefern das Kantonsgericht bei der Festsetzung des Auszugstermins gegen Bundesrecht verstossen hätte. Insoweit ist auf die Berufung nicht einzutreten. Da der Termin in der Zwischenzeit verstrichen ist, obliegt es den kantonalen Behörden im Rahmen der Vollstreckung, einen neuen Räumungstermin zu bestimmen.
11.- Damit erweist sich die Berufung insgesamt als offensichtlich unbegründet. Sie ist abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist. Der Beklagte hat die Gerichtskosten zu übernehmen, jedoch fällt keine Parteientschädigung an, da die Vermieterin nicht zur Vernehmlassung eingeladen wurde.
Demnach erkennt das Bundesgericht
im Verfahren nach Art. 36a OG:
1.- Die Berufung wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist, und das Urteil des Kantonsgerichts des Kantons Wallis vom 18. Mai 2001 wird bestätigt.
2.- Die Gerichtsgebühr von Fr. 7'000.-- wird dem Beklagten auferlegt.
3.- Es wird keine Parteientschädigung zugesprochen.
4.- Dieses Urteil wird den Parteien und dem Kantonsgericht des Kantons Wallis (Zivilgerichtshof I) schriftlich mitgeteilt.
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Lausanne, 18. Oktober 2001
Im Namen der I. Zivilabteilung
des SCHWEIZERISCHEN BUNDESGERICHTS
Der Präsident:
Der Gerichtsschreiber: