[AZA 7]
I 682/00 Vr
I. Kammer
Präsident Lustenberger, Bundesrichter Schön, Spira, Bundesrichterin
Widmer und Bundesrichter Ursprung; Gerichtsschreiber
Hadorn
Urteil vom 27. November 2001
in Sachen
Bundesamt für Sozialversicherung, Effingerstrasse 20, 3003 Bern, Beschwerdeführer,
gegen
K.________, 1997, Beschwerdeführer, vertreten durch seine Eltern, und diese vertreten durch die Beratungsstelle X.________,
und
Versicherungsgericht des Kantons Basel-Landschaft, Liestal
A.- Mit Verfügung vom 7. August 2000 lehnte die IV-Stelle Basel-Landschaft die Gewährung von Beiträgen an die Sonderschulung (Sonderkindergarten der Heilpädagogischen Tagesschule) des am 13. April 1997 geborenen K.________ ab, da das Kind im Zeitpunkt des beabsichtigten Eintritts in den Sonderkindergarten noch nicht mindestens 3 ½ Jahre alt gewesen sei.
B.- Die dagegen gerichtete Beschwerde der Eltern von K.________ hiess das Versicherungsgericht des Kantons Basel-Landschaft mit Entscheid vom 18. Oktober 2000 gut. Es verpflichtete die Invalidenversicherung, Sonderschulbeiträge für den Besuch des erwähnten Sonderkindergartens auszurichten.
C.- Das Bundesamt für Sozialversicherung (BSV) führt Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit dem Antrag, der kantonale Entscheid sei aufzuheben.
Während die Eltern von K.________ auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde schliessen lassen, verzichtet die IV-Stelle auf eine Vernehmlassung.
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:
1.- Es wird von keiner Seite bestritten und ist auf Grund der Akten (Antrag des Schulpsychologischen Dienstes vom 7. Juni 2000, Bericht Dr. med. B.________, Kinderarzt FMH, vom 31. Mai 2000, Antrag auf Kostengutsprache des Pädagogisch-therapeutischen Dienstes vom 18. April 2000) erwiesen, dass der Versicherte wegen Trisomie 21 grundsätzlich sonderschulbedürftig ist und ein Eintritt in den Sonderschulkindergarten der Heilpädagogischen Tagesschule im August 2000 als zweckmässige Vorkehr erachtet wird.
2.- Gemäss Art. 19 Abs. 1 IVG werden Beiträge an die Sonderschulung bildungsfähiger Versicherter gewährt, die das 20. Altersjahr noch nicht vollendet haben und denen infolge Invalidität der Besuch der Volksschule nicht möglich oder nicht zumutbar ist. Zur Sonderschulung gehört die eigentliche Schulausbildung sowie, falls ein Unterricht in den Elementarfächern nicht oder nur beschränkt möglich ist, die Förderung in manuellen Belangen, in den Verrichtungen des täglichen Lebens und der Fähigkeit des Kontaktes mit der Umwelt. Nach Abs. 3 Satz 1 der selben Bestimmung bezeichnet der Bundesrat im Einzelnen die gemäss Abs. 1 erforderlichen Voraussetzungen für die Gewährung von Beiträgen und setzt deren Höhe fest. Nach Satz 2 des genannten Absatzes erlässt er Vorschriften über die Gewährung entsprechender Beiträge an Massnahmen für invalide Kinder im vorschulpflichtigen Alter, insbesondere zur Vorbereitung auf die Sonderschulung, sowie an Massnahmen für invalide Kinder, die die Volksschule besuchen. Gestützt auf diese Delegationsnormen hat der Bundesrat in Art. 8 Abs. 1 IVV bestimmt, dass die Invalidenversicherung einen Schulgeldbeitrag leistet, wenn Versicherte infolge eines Gesundheitsschadens den Anforderungen der Volksschule nicht zu genügen vermögen und deshalb auf einen regelmässigen, dem Gesundheitsschaden angepassten Sonderschulunterricht angewiesen sind. Gemäss Abs. 2 der selben Vorschrift beginnt der Sonderschulunterricht mit der Kindergartenstufe und kann, sofern notwendig, über das ordentliche Schulalter hinaus bis längstens zur Vollendung des 20. Altersjahres fortgesetzt werden.
3.- a) Nach Ansicht des Beschwerde führenden BSV kann die Invalidenversicherung Beiträge an den Besuch eines Sonderkindergartens erst zusprechen, wenn das betroffene Kind das Alter von 3 ½ Jahren erreicht hat. Zur Begründung führt das Bundesamt an, für das Schulwesen seien die Kantone zuständig. Wo das Eintrittsalter für die Kindergartenstufe offiziell reglementiert sei, stelle die Invalidenversicherung auf diese Regelung ab. Zahlreiche Kantone, darunter der vorliegend betroffene Kanton Basel-Landschaft, hätten jedoch keine Vorschriften zum Eintrittsalter erlassen.
Dort müsse die Invalidenversicherung aus Gründen der Gleichbehandlung aller Versicherten einheitliche Kriterien anwenden. Basierend auf den Vorschlägen einer Expertengruppe empfehle die Konferenz der Kantonalen Erziehungsdirektoren (EDK), das Eintrittsalter auf vier Jahre festzusetzen.
Um den individuellen Bedürfnissen der Kinder und den unterschiedlichen Entwicklungsverläufen gerecht zu werden, könne der Eintritt auch sechs Monate früher oder später erfolgen, und zwar zweimal im Jahr je im August oder Februar. Obwohl es sich hier nur um eine Empfehlung der EDK handle, garantiere diese klare, überdies von einem Fachgremium erlassene Umschreibung des Eintrittsalters eine Gleichbehandlung der Versicherten. Im Übrigen habe der Kanton Basel-Landschaft ein Konzept zur Sonderschulung entworfen, in welchem die Altersdefinition der EDK übernommen worden, jedoch kein Spielraum für einen um sechs Monate vorgezogenen Eintritt vorgesehen sei.
b) Hiegegen lassen die Eltern des Versicherten einwenden, für die Festsetzung eines Mindestalters fehle eine gesetzliche Grundlage. Die formalistische Argumentation des BSV sei nicht nachvollziehbar und schade dem Kind, nachdem alle Beteiligten es auf den Besuch des Sonderkindergartens vorbereitet hätten.
4.- Der Rechtsstreit dreht sich um die Frage, wann Kindergartenstufe vorliegt, welche die Leistungspflicht der Invalidenversicherung auslöst. Wie das BSV selber einräumt, enthalten weder das Gesetz noch die dazu ergangene Verordnung eine nähere Umschreibung dieses Begriffs und insbesondere kein Mindestalter, ab welchem die Invalidenversicherung Leistungen erbringen muss. Diese Frage ist mangels bundesrechtlicher Konkretisierung nach dem kantonalen Recht im Rahmen der kantonalen Schulhoheit zu beantworten. Es gelten somit die im jeweiligen Kanton massgebenden Regelungen über die Einschulung in Kindergärten und Sonderkindergärten.
Soweit die betroffenen Kantone sich nach den Empfehlungen des EDK richten, sind diese verbindlich.
5.- Gemäss Schreiben der kantonalen Erziehungs- und Kulturdirektion vom 10. August 2000 ist das Eintrittsalter für den Kindergarten im Kanton Basel-Landschaft kantonalrechtlich nicht geregelt. Damit fehlt einerseits ein kantonal festgesetztes Mindestalter. Anderseits sind aber auch die EDK-Empfehlungen nicht anwendbar, da der Kanton Basel-Landschaft sie (jedenfalls bis zum Zeitpunkt der hier streitigen Verwaltungsverfügung) nicht übernommen hat.
Entscheidend für den vorliegenden Fall ist, dass der Kanton Basel-Landschaft mit der Heilpädagogischen Tagesschule Y.________ einen Sonderkindergarten führt. In diesen wurde der versicherte Knabe von der zuständigen kantonalen Schulbehörde eingewiesen (erwähntes Schreiben der kantonalen Erziehungs- und Kulturdirektion vom 10. August 2000, Antrag des Schulpsychologischen Dienstes vom 7. Juni 2000, Antrag der Heilpädagogischen Früherziehung, pädagogisch-therapeutischer Dienst, vom 18. April 2000). Die Einweisung erfolgte somit im Rahmen der kantonalen Schulhoheit in einen im Kanton anerkannten Sonderkindergarten. Damit sind die Voraussetzungen für eine Leistungspflicht der Invalidenversicherung nach Art. 8 Abs. 2 IVV erfüllt.
6.- Das Verfahren ist kostenlos (Art. 134 OG). Die durch eine Sozialarbeiterin der Beratungsstelle X.________ vertretenen Eltern haben grundsätzlich Anspruch auf eine Parteientschädigung, da die diesbezügliche Rechtsprechung bei einer Vertretung durch den Schweizerischen Invalidenverband (BGE 122 V 278 Erw. 3), durch den Rechtsdienst für Behinderte der Schweizerischen Arbeitsgemeinschaft zur Eingliederung Behinderter (SAEB; SVR 1997 IV Nr. 110 S. 341 Erw. 3), durch die Pro Infirmis (nicht veröffentlichtes Urteil K. vom 30. April 1998 [I 501/97]) und andere Organisationen auf die Vertretung durch die Beratungsstelle X.________ analog anzuwenden ist. Diese Beratungsstelle ist gemäss Angaben auf ihrem Briefpapier Vertreterin der Pro Infirmis.
Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:
I.Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.
II.Es werden keine Gerichtskosten erhoben.
III. Das Bundesamt für Sozialversicherung hat dem Beschwerdegegner für das Verfahren vor dem Eidgenössischen Versicherungsgericht eine Parteientschädigung von
Fr. 500.- (einschliesslich Mehrwertsteuer) auszurichten.
IV.Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungsgericht des Kantons Basel-Landschaft, der IV-Stelle Basel-Landschaft und der Ausgleichskasse Basel-Landschaft
zugestellt.
Luzern, 27. November 2001
Im Namen des
Eidgenössischen Versicherungsgerichts
Der Präsident der I. Kammer:
Der Gerichtsschreiber: