[AZA 7]
P 35/99 Hm
III. Kammer
Präsident Schön, Bundesrichterin Widmer und Bundesrichter
Ursprung; Gerichtsschreiber Attinger
Urteil vom 30. November 2001
in Sachen
B.________, 1933, Beschwerdeführer,
gegen
Ausgleichskasse Luzern, Würzenbachstrasse 8, 6006 Luzern,
Beschwerdegegnerin,
und
Verwaltungsgericht des Kantons Luzern, Luzern
A.- B.________, geboren am 15. Januar 1933, meldete sich im August 1998 zum Bezug von Ergänzungsleistungen zu seiner seit 1. Februar 1998 ausgerichteten Altersrente an. Mit Verfügung vom 6. Januar 1999 verneinte die Ausgleichskasse Luzern einen Anspruch des Versicherten bis 30. November 1998 und sprach ihm für den Monat Dezember 1998 eine Ergänzungsleistung von Fr. 167. - sowie ab 1. Januar 1999 eine solche von Fr. 168. - pro Monat zu.
B.- Das Verwaltungsgericht des Kantons Luzern wies die hiegegen erhobene Beschwerde mit Entscheid vom 22. April 1999 ab.
C.- B.________ führt Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit dem Antrag auf Zusprechung einer Ergänzungsleistung von Fr. 779. - pro Monat mit Wirkung ab 1. Januar 1999.
Während die Ausgleichskasse auf Abweisung schliesst, enthält sich das Bundesamt für Sozialversicherung eines Antrags zur Verwaltungsgerichtsbeschwerde.
Das Eidgenössische Versicherungsgericht hat B.________ auf die Möglichkeit einer Verschlechterung seiner Rechtslage und eines Rückzugs der Verwaltungsgerichtsbeschwerde aufmerksam gemacht.
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:
1.- Das kantonale Gericht hat im angefochtenen Entscheid die vorliegend massgebenden gesetzlichen Bestimmungen und Grundsätze über den Anspruch auf Ergänzungsleistungen zur AHV - insbesondere die Vorschrift und die Rechtsprechung bezüglich der Anrechnung von Einkünften und Vermögenswerten, auf die (ohne rechtliche Verpflichtung und ohne adäquate Gegenleistung) verzichtet worden ist (Art. 3c Abs. 1 lit. g ELG; BGE 123 V 37 Erw. 1, 121 V 205 Erw. 4a, je mit Hinweisen) - richtig wiedergegeben. Darauf kann verwiesen werden.
2.- Streitig und zu prüfen ist der Anspruch auf Ergänzungsleistungen ab 1. Januar 1999, wobei in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde einzig geltend gemacht wird, Verwaltung und Vorinstanz hätten zu Unrecht ein hypothetisches Verzichtsvermögen von Fr. 98'885. - berücksichtigt.
a) Unter sämtlichen Verfahrensbeteiligten ist unbestritten, dass dem Beschwerdeführer aus dem Nachlass seines am 22. August 1996 verstorbenen Vaters ein Erbteil von Fr. 288'375. - zugefallen war und dass der Versicherte diesen im Juni 1997 ausbezahlten Erbschaftsanteil bis Mitte 1998 praktisch vollständig aufbrauchte (der verbliebene Restbetrag belief sich auf nur mehr Fr. 1380. -). Die Ausgleichskasse hat zunächst einen Betrag von insgesamt Fr. 93'110. -, für welchen gemäss vorliegenden Belegen Rechnungen bezahlt und Schulden getilgt wurden, ausser Acht gelassen, weil die entsprechende Vermögenshingabe im Austausch gegen eine adäquate Gegenleistung erfolgt sei. Ferner hat die Verwaltung den beim Lotto (Fr. 80'000. -) und im Spielkasino (Fr. 15'000. -) erlittenen Vermögensverlust nicht als Verzichtsvermögen angerechnet, weil der Beschwerdeführer offensichtlich spielsüchtig sei. Das kantonale Gericht bestätigte den auf diese Weise ermittelten Vermögensverzicht im Umfange von gesamthaft Fr. 98'885. -.
b) Soweit der Versicherte letztinstanzlich - wie bereits gegenüber Verwaltung und Vorinstanz - geltend macht, seine Aufwendungen für den drogenabhängigen Wohnpartner (sowie seine Hilfe "auf der Gasse") seien nicht als EL-rechtlich relevante Verzichtshandlungen zu qualifizieren, kann ihm nicht gefolgt werden. Die diesbezügliche Vermögensentäusserung erfolgte ohne rechtliche Verpflichtung im Sinne der angeführten Rechtsprechung (Erw. 1 hievor). Von einer adäquaten Gegenleistung kann ebenfalls keine Rede sein. Wenn in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde - ohne den geringsten Beleg - vorgebracht wird, der junge Wohnpartner bezahle monatlich einen Betrag von Fr. 700. -, sind dem Beschwerdeführer seine eigenen erstinstanzlichen Angaben (wie auch diejenigen gegenüber der Ausgleichskasse und den Steuerbehörden) entgegenzuhalten, wonach er seinen Mitbewohner mit "sicherlich 3-4 Tausend Fr. im Monat" unterstützt habe.
c) Die vorinstanzlich bestätigte Nichtberücksichtigung des beim Lotto und im Spielkasino erlittenen Vermögensverlustes von insgesamt Fr. 95'000. - widerspricht AHI 1994 S. 219 Erw. 4c. Danach ist beim Glücksspiel ein Vermögensverzicht deshalb zu bejahen, weil sich der Spieler seines Geldes aus freien Stücken, also ohne jede Rechtspflicht begibt, ohne dass er eine adäquate wirtschaftliche Gegenleistung dafür erhalten würde. Letzteres folgt unmittelbar aus dem Wesen des Spieles selbst, welchem definitionsgemäss jede ökonomische Gegenständlichkeit abgeht (vgl. die Literaturhinweise im angeführten Grundsatzurteil). Ob sich trotz der dargelegten Rechtsprechung in Fällen einer krankheitsbedingten Spielsucht des EL-Ansprechers eine Nichtanrechnung von verlorenen Spiel- und Wetteinsätzen rechtfertigen liesse, braucht vorliegend nicht beantwortet zu werden, weil ein solches medizinisch relevantes Suchtverhalten beim Beschwerdeführer nicht angenommen werden kann. Die Akten lassen nämlich keineswegs den Schluss zu, dass der Versicherte (schon) vor der Auszahlung seines Erbschaftsanteils der Spielsucht verfallen gewesen wäre. Vielmehr ist seinen eigenen Angaben in der vorinstanzlichen Replik zu entnehmen, dass ihn (erst) nach dem Erbschaftsanfall (weil er [zuvor] "eigentlich nie Geld" besessen hätte) eine "Spielwut" überkommen habe ("immer mit dem Gedanken, viel zu gewinnen um dann anderen zu helfen"). Zudem war das Verschleudern des überwiegenden Teils des Erbschaftsvermögens nicht eindimensional auf das Glücksspiel gerichtet, sondern erstreckte sich u.a. auch auf die vom Beschwerdeführer geltend gemachte "Hilfe auf der Gasse", was mit Bezug auf die Spieleinsätze ebenfalls gegen ein geradezu krankhaftes "Nicht-anders-Können" spricht. Ausgleichskasse und Vorinstanz haben demnach den beim Glücksspiel verlorenen Anteil am ererbten Vermögen zu Unrecht nicht als Verzichtsvermögen in die EL-Berechnung mit einbezogen.
d) Die nach dem Gesagten unverzichtbare Berücksichtigung eines zusätzlichen fiktiven Vermögensbestandteils von Fr. 95'000. - führt angesichts des der streitigen Kassenverfügung vom 6. Januar 1999 zu Grunde liegenden geringfügigen Ausgabenüberhangs offenkundig zu einem deutlichen Einnahmenüberschuss, weshalb im Verfügungszeitpunkt kein Anspruch auf Ergänzungsleistungen bestand (vgl. Art. 3a Abs. 1 ELG).
Nach Art. 132 lit. c OG kann das Eidgenössische Versicherungsgericht bei Verfügungen über die Bewilligung oder Verweigerung von Versicherungsleistungen zu Gunsten oder oder zu Ungunsten der Parteien über deren Begehren hinausgehen. Der Beschwerdeführer wurde - wie bereits erwähnt - rechtsprechungsgemäss (BGE 122 V 166) ausdrücklich auf die Möglichkeit einer Verschlechterung seiner Rechtslage sowie auf diejenige eines Beschwerderückzugs aufmerksam gemacht, womit auch die formellen Voraussetzungen für eine reformatio in peius mit Bezug auf den hier im Streite liegenden Anspruch auf Ergänzungsleistungen ab 1. Januar 1999 (Erw. 2 Ingress) erfüllt sind.
Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:
I. In Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde werden der Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Luzern vom 22. April 1999 und die Verfügung der Ausgleichskasse Luzern vom 6. Januar 1999 insoweit aufgehoben, als diese den EL-Anspruch ab 1. Januar 1999 betreffen, und es wird festgestellt, dass dem Beschwerdeführer ab dem letztgenannten Zeitpunkt keine Ergänzungsleistungen zustehen.
II. Es werden keine Gerichtskosten erhoben.
III. Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Luzern, Sozialversicherungsrechtliche Abteilung, und dem Bundesamt für Sozialversicherung zugestellt.
Luzern, 30. November 2001
Im Namen des
Eidgenössischen Versicherungsgerichts
Der Präsident der III. Kammer:
Der Gerichtsschreiber: