[AZA 0/2]
5C.240/2001/bnm
II. Z I V I L A B T E I L U N G ********************************
13. Dezember 2001
Es wirken mit: Bundesrichter Reeb, Präsident der II. Zivilabteilung,
Bundesrichter Meyer, Ersatzrichter Hasenböhler
und Gerichtsschreiber Gysel.
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In Sachen
Kranken- und Unfallversicherung X.________, Klägerin und Berufungsklägerin,
gegen
Z.________, Beklagten und Berufungsbeklagten, vertreten durch Rechtsanwältin Dorothee Jaun-Gysel, Maurstrasse 2, Postfach 158, 8117 Fällanden,
betreffend
Zusatzversicherung, hat sich ergeben:
A.- Z.________ verfügte seit dem 1. September 1994 bei der Kranken- und Unfallversicherung X.________ (im Folgenden:
X.________) über die obligatorische Grundversicherung ("BASIS") sowie über die Zusatzversicherungen "COMPLEMENTA PLUS" (Arzt-, Arznei- und Spitalkosten) und "OPTIMA PLUS" (Behandlung in Privatabteilung oder Klinik). Am 30. Januar 1996 unterzeichnete er einen Antrag für die Taggeldversicherung "PECUNIA" (Taggeld von Fr. 40.-- ab dem 22. Tag) und für die weitere Zusatzversicherung "PREVISIA" (für den Fall von Tod oder Invalidität infolge eines Unfalls). Die im entsprechenden Gesundheitsfragebogen enthaltene Frage "Konsumieren Sie oder haben Sie regelmässig Alkohol oder Drogen konsumiert?" hat er mit "Nein" beantwortet. Die X.________ gab dem Antrag ohne Vorbehalt statt, und die entsprechenden Zusatzversicherungen traten auf den 1. Juni 1996 in Kraft.
Am 19. März 1996 hatte Z.________ als Beifahrer in einem Personenwagen einen Unfall erlitten, der seine vollständige Arbeitsunfähigkeit zur Folge hatte. Die X.________ leistete ab 1. Oktober 1996 die vereinbarten Taggelder. Durch ein von Dr. med. Y.________ am 13. Mai 1998 ausgestelltes ärztliches Zeugnis erfuhr X.________, dass Z.________ cannabisabhängig sei. Nachdem sie diesen am 9. Juli 1998 aufgefordert hatte, zu erklären, weshalb er diesen Umstand beim Eintritt in die Kasse nicht erwähnt habe, liess sie ihn mit Schreiben vom 24. Juli 1998 wissen, dass sie das Vertragsverhältnis bezüglich der Zusatzversicherungen "PECUNIA" und "PREVISIA" rückwirkend ab Vertragsbeginn aufhebe. Gleichzeitig forderte sie Z.________ auf, die empfangenen Taggelder, abzüglich der von ihm zuviel geleisteten Prämien, zurückzuerstatten.
B.- Mit Eingabe vom 30. Dezember 1999 erhob X.________ beim Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich Klage gegen Z.________ und verlangte, den Beklagten zu verpflichten, ihr Fr. 11'018. 40 zu zahlen. Der Beklagte schloss auf Abweisung der Klage und beantragte widerklageweise, die Klägerin sei zu verpflichten, ihm Fr. 655. 75 (Rückerstattung für ärztliche Leistungen im Jahre 1998) nebst Zins zu 5 % seit 17. März 1999 zu zahlen.
Das kantonale Sozialversicherungsgericht (I. Kammer) beschloss am 22. Juni 2000, dass auf die Widerklage, die auf der Grundversicherung nach KVG beruhe, nicht eingetreten werde.
Mit Urteil vom 31. August 2001 wies das kantonale Sozialversicherungsgericht (Einzelrichterin) sodann die Klage ab.
C.- Die Klägerin hat eidgenössische Berufung erhoben mit dem Antrag, den Entscheid des kantonalen Sozialversicherungsgerichts aufzuheben. Im Übrigen erneuert sie das im kantonalen Verfahren gestellte Rechtsbegehren.
Die Vorinstanz hat auf Gegenbemerkungen verzichtet.
Eine Berufungsantwort ist nicht eingeholt worden.
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1.- Streitigkeiten aus Zusatzversicherungen zur obligatorischen Grundversicherung gemäss KVG sind vermögensrechtliche Zivilrechtsstreitigkeiten im Sinne von Art. 46 OG (dazu BGE 124 III 44 E. 1a S. 46). Die in dieser Bestimmung festgelegte Streitsumme von 8'000 Franken ist hier erreicht, und gegen den angefochtenen Entscheid ist kein ordentliches kantonales Rechtsmittel vorgesehen (vgl. die §§ 2 und 29 des Zürcher Gesetzes über das Sozialversicherungsgericht vom 7. März 1993). Aus der Sicht der angeführten Kriterien ist auf die Berufung demnach einzutreten.
2.- Gemäss Art. 55 Abs. 1 lit. c OG muss die Begründung der Berufung in der Rechtsschrift selbst enthalten sein (dazu BGE 115 II 83 E. 3 S. 85 mit Hinweis; Peter Münch, in: Thomas Geiser/Peter Münch [Hrsg. ], Prozessieren vor Bundesgericht,
2. Auflage, Rz. 4.92). Der Hinweis der Klägerin auf den vor der kantonalen Instanz durchgeführten Schriftenwechsel ist daher unbeachtlich.
3.- Die Klägerin hält dafür, der Beklagte habe mit seiner verneinenden Antwort auf die Frage "Konsumieren Sie oder haben Sie regelmässig Alkohol oder Drogen konsumiert?" seine Anzeigepflicht verletzt. Gestützt auf Art. 6 VVG habe sie deshalb hinsichtlich der Versicherungskategorien "PECUNIA" und "PREVISIA" vom Vertrag zurücktreten dürfen und stehe ihr ein Anspruch auf Rückerstattung der dem Beklagten erbrachten Leistungen zu.
a) Wenn der Anzeigepflichtige beim Abschluss der Versicherung eine erhebliche Gefahrstatsache, die er kannte oder kennen musste, unrichtig mitgeteilt oder verschwiegen hat, so ist der Versicherer an den Vertrag nicht gebunden, wenn er binnen vier Wochen, nachdem er von der Verletzung der Anzeigepflicht Kenntnis erhalten hat, vom Vertrag zurücktritt (Art. 6 VVG). Nach Art. 4 Abs. 1 VVG hat der Antragsteller dem Versicherer an Hand eines Fragebogens oder auf sonstiges schriftliches Befragen alle für die Beurteilung der Gefahr erheblichen Tatsachen, soweit und so wie sie ihm beim Vertragsabschluss bekannt sind oder bekannt sein müssen, schriftlich mitzuteilen. Erheblich sind diejenigen Gefahrstatsachen, die geeignet sind, auf den Entschluss des Versicherers, den Vertrag überhaupt oder zu den vereinbarten Bedingungen abzuschliessen, einen Einfluss auszuüben (Art. 4 Abs. 2 VVG).
b) Das Sozialversicherungsgericht erklärt, die von einem Versicherer gestellten Fragen hätten den Zweck, die mit einem allfälligen Vertragsabschluss verbundenen Risiken im Voraus abschätzen zu können. Aus dieser Sicht bedeute ein gelegentlicher Genuss von Alkoholika oder Drogen, auch wenn er mit einer gewissen Regelmässigkeit, beispielsweise einmal oder vier- bis sechsmal im Jahr, vorkomme, noch keine Regelmässigkeit im Sinne einer erhöhten Gefahr für den Versicherer. Die Frage der Klägerin nach der Regelmässigkeit von Alkohol- oder Drogenkonsum sei insofern nicht genügend klar formuliert gewesen, als bei einem nur gelegentlichen, wenn auch regelmässigen Konsum nicht von einer erheblichen Gefahrstatsache gesprochen werden könne.
Zu den konkreten Verhältnissen hält die Vorinstanz des Weitern fest, der Beklagte habe nach seinen eigenen Angaben während der Lehre hin und wieder Cannabis geraucht und den Konsum nach einem Berufsunfall und wegen persönlicher Probleme im Jahre 1986 leicht erhöht. In dem am 23. Juni 1998 erstatteten Bericht habe Dr. med. Y.________ von einer schweren Cannabisabhängigkeit gesprochen. Der Bericht nehme indessen Bezug auf den Haschischkonsum des Beklagten seit der letzten Schulklasse und ende mit der Erwähnung des Spitalaufenthalts im Jahre 1990; er enthalte keine Angaben zu den Jahren 1991 bis 1997. Auf Grund der Aktenlage sei für den massgeblichen Zeitpunkt der Unterzeichnung des Fragebogens am 30. Januar 1996 kein regelmässiger Drogenkonsum nachgewiesen.
Habe aber der Beklagte seit spätestens 1990 nur noch gelegentlich Cannabis geraucht, habe er die Frage nach regelmässigem Drogenkonsum verneinen dürfen.
c) Die Klägerin geht davon aus, mit den in Art. 6 VVG erwähnten Gefahrstatsachen seien nicht nur solche gemeint, die beim Vertragsabschluss vorhanden seien, sondern auch solche, die zu einem früheren Zeitpunkt bestanden hätten.
So müssten beispielsweise durchgemachte Krankheiten auch dann deklariert werden, wenn sie beim Versicherungsabschluss nicht mehr andauerten. Das sei vom Sozialversicherungsgericht missachtet worden, habe doch dieses nur gerade geprüft, ob der Beklagte bei Unterzeichnung des Antragsformulars regelmässig Drogen konsumiert habe. Werde bei der Beurteilung der Frage nach einer Anzeigepflichtverletzung die Vergangenheit miteinbezogen, ergebe sich klar, dass der Beklagte in früheren Jahren regelmässig Cannabis konsumiert habe; dem Bericht von Dr. med. Y.________ sei zu entnehmen, dass der Beklagte seit ungefähr 1983 und bis 1989 massiv Cannabis geraucht habe.
Demzufolge habe bei diesem zweifellos ein regelmässiger Drogenkonsum im Sinne der im Gesundheitsbogen gestellten Frage vorgelegen.
4.- a) Wie aus seiner oben (E. 3b) angeführten Erklärung, der Beklagte habe seit spätestens 1990 nur noch gelegentlich Cannabis konsumiert, hervorgeht, hat sich das Sozialversicherungsgericht entgegen der Ansicht der Klägerin nicht nur gerade mit dem Drogenkonsum im Zeitpunkt der Antragstellung befasst. Die Feststellungen der Vorinstanz zum Umfang des Drogenkonsums des Beklagten in den verschiedenen Zeitabschnitten sind tatsächlicher Natur und für das Bundesgericht daher verbindlich (vgl. Art. 63 Abs. 2 OG). Mit dem, was sie namentlich zur Würdigung des Berichts von Dr. med.
Y.________ vorbringt, verkennt die Klägerin, dass das Bundesrecht (Art. 8 ZGB) nicht bestimmt, mit welchen Mitteln der Sachverhalt abzuklären ist und wie der Sachrichter das Ergebnis der Abklärungen zu würdigen hat (vgl. BGE 125 III 78 E. 3a S. 79; 122 III 219 E. 3c S. 223, mit Hinweisen). Dass von ihr anerbotene Beweise nicht abgenommen worden wären und so gegen Art. 8 ZGB verstossen worden wäre, macht die Klägerin nicht geltend.
b) In Anbetracht der von ihm festgestellten tatsächlichen Gegebenheiten hat das Sozialversicherungsgericht Art. 6 VVG nicht verletzt und auch sonst nicht gegen Bundesrecht verstossen: Der Versicherer darf davon ausgehen, dass der Antragsteller bei der Beantwortung der ihm gestellten Fragen mit der nötigen Sorgfalt verfährt. Die Genauigkeit der Antworten, die erwartet werden dürfen, hängt jedoch von der Präzision der Fragen ab. Bei einer weit gefassten, einen grossen Beurteilungsspielraum öffnenden Frage darf eine Verletzung der Anzeigepflicht nur mit der entsprechenden Zurückhaltung bejaht werden (dazu BGE 118 II 333 E. 2b S. 337 f.; Urs Ch. Nef, Basler Kommentar zum VVG, N 4 zu Art. 6). Die dem Beklagten gestellte Frage, ob er regelmässig Alkohol oder Drogen konsumiere oder konsumiert habe, war auslegungsbedürftig.
Fragen der vorliegenden Art sind grundsätzlich nicht nach der Absicht des Versicherers auszulegen, sondern danach, wie sie der Antragsteller nach Treu und Glauben verstehen durfte (vgl. BGE 101 II 339 E. 2b S. 343 ff.; Nef, a.a.O., N 50 zu Art. 4). Nach dem gewöhnlichen Sprachgebrauch, wie er mithin massgebend ist (vgl. BGE 96 II 204 E. 8 S. 217), hat das Wort "regelmässig" die Bedeutung von "ständig" oder "wiederkehrend".
Es steht im Gegensatz zu "gelegentlich" oder "manchmal". Der Beklagte durfte so davon ausgehen, mit regelmässigem Konsum von Drogen sei in seinem Fall ein ständiges Rauchen von Cannabis gemeint. Nach den verbindlichen Feststellungen der Vorinstanz hatte er im Zeitpunkt der Antragstellung vom 30. Januar 1996 seit über fünf Jahren nur noch gelegentlich Cannabis konsumiert. Die Auffassung des Sozialversicherungsgerichts, der Beklagte habe mit der Verneinung der Frage die ihn treffende Anzeigepflicht nicht verletzt, ist unter den angeführten Umständen nicht zu beanstanden.
5.- Die Berufung ist nach dem Gesagten abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist, so dass die Gerichtsgebühr der Klägerin aufzuerlegen ist (Art. 156 Abs. 1 OG). Da keine Berufungsantwort eingeholt worden ist, sind dem Beklagten keine Kosten erwachsen; die Zusprechung einer Parteientschädigung entfällt mithin von vornherein.
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.- Die Berufung wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist, und das Urteil des Sozialversicherungsgerichts (I. Kammer) des Kantons Zürich vom 31. August 2001 wird bestätigt.
2.- Die Gerichtsgebühr von Fr. 2'000.-- wird der Klägerin auferlegt.
3.- Dieses Urteil wird den Parteien und dem Sozialversicherungsgericht (I. Kammer) des Kantons Zürich schriftlich mitgeteilt.
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Lausanne, 13. Dezember 2001
Im Namen der II. Zivilabteilung des
SCHWEIZERISCHEN BUNDESGERICHTS
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: