BGer 4P.312/2001 |
BGer 4P.312/2001 vom 18.02.2002 |
[AZA 0/2]
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4P.312/2001/rnd
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I. ZIVILABTEILUNG
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18. Februar 2002
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Es wirken mit: Bundesrichterinnen und Bundesrichter Walter,
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Präsident, Klett, Rottenberg Liatowitsch und Gerichtsschreiberin
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Charif Feller.
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In Sachen
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A.________, Beschwerdeführer, vertreten durch Advokat Andreas Béguin, Picassoplatz 8, Postfach 330, 4010 Basel,
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gegen
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Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt,
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betreffend
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Art. 29 Abs. 3 BV
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(Zivilprozess; unentgeltliche Prozessführung), hat sich ergeben:
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A.- Mit Vertrag vom 3. September 1990 mietete A.________ in einer stark heruntergekommenen Liegenschaft eine 2-Zimmer-Wohnung, die er als Wohnatelier benutzte. Am 10. Juni 2000 schloss er einen Untermietvertrag ab, der vorsah, dass der Untermieter mit seinem und dem Einverständnis des Eigentümers auf eigene Kosten Renovations- und Umbauarbeiten vornehmen könne. Am 17. August 2000 teilte der Eigentümer A.________ mit, dass auf den 1. Oktober 2000 ein Eigentümerwechsel erfolgen würde. Mit Schreiben vom 20. September 2000 kündigte die Erwerberin der Liegenschaft, die X.________ AG, den Mietvertrag auf den 31. Januar 2001 mit der Begründung, sie werde den vom Untermieter unbewilligt vorgenommenen Umbau der Mieträume nicht akzeptieren und der Mieter benutze das von ihm gemietete Atelier nicht mehr.
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Mit Entscheid vom 1. Februar 2001 bestätigte die Staatliche Schlichtungsstelle für Mietstreitigkeiten Basel-Stadt die Kündigung per 31. Januar 2001 und erstreckte das Mietverhältnis einmalig und definitiv bis zum 30. Juni 2001.
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B.- A.________ reichte gegen diesen Entscheid beim Zivilgericht des Kantons Basel-Stadt Klage ein, welche am 16. August 2001, unter Bewilligung des Kostenerlasses, abgewiesen wurde.
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A.________ erhob am 27. August 2001 gegen das Urteil des Zivilgerichts Beschwerde und ersuchte um Kostenerlass.
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Mit Verfügung vom 1. November 2001 wies das Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt das Kostenerlassgesuch wegen Aussichtslosigkeit des Rechtmittels ab (Dispositiv Ziffer 2) und setzte erneut Frist zur Leistung des Kostenvorschusses.
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C.- Mit staatsrechtlicher Beschwerde verlangt A.________ die Aufhebung von Ziffer 2 der Verfügung vom 1. November 2001 und die Gewährung der unentgeltlichen Prozessführung für das bundesgerichtliche Verfahren mit dem unterzeichnenden Advokaten als unentgeltlichem Rechtsbeistand.
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Er macht geltend, die angefochtene Verfügung verletze Art. 29 Abs. 3 BV.
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In seiner Vernehmlassung beantragt das Appellationsgericht die Abweisung der Beschwerde.
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Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
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1.- a) Gemäss Art. 29 Abs. 3 BV hat jede Person, die nicht über die erforderlichen Mittel verfügt, Anspruch auf unentgeltliche Rechtspflege, wenn ihr Rechtsbegehren nicht aussichtslos erscheint. Soweit es zur Wahrung ihrer Rechte notwendig ist, hat sie ausserdem Anspruch auf unentgeltlichen Rechtsbeistand.
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b) Als aussichtslos sind nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung Prozessbegehren anzusehen, bei denen die Gewinnaussichten beträchtlich geringer sind als die Verlustgefahren und die deshalb kaum als ernsthaft bezeichnet werden können. Dagegen gilt ein Begehren nicht als aussichtslos, wenn sich Gewinnaussichten und Verlustgefahren ungefähr die Waage halten oder wenn jene nur wenig geringer sind als diese. Massgebend ist, ob eine Partei, die über die nötigen finanziellen Mittel verfügt, sich bei vernünftiger Überlegung zu einem Prozess entschliessen würde (BGE 125 II 265 E. 4b S. 275; 124 I 304 E. 2c S. 306, je mit Hinweisen).
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Die Frage der Aussichtslosigkeit prüft das Bundesgericht in rechtlicher Hinsicht frei, in tatsächlicher dagegen nur unter dem Gesichtspunkt der Willkür. Dabei ist Rechtsfrage, welche Umstände bei der Beurteilung der Prozessaussichten in Betracht fallen und ob sie für oder gegen eine hinreichende Erfolgsaussicht sprechen, Tatfrage hingegen, ob und wieweit einzelne Tatumstände erstellt sind. Ob im Einzelfall genügende Erfolgsaussichten bestehen, beurteilt sich nach den Verhältnissen zur Zeit, in der das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege gestellt wird (BGE 125 II 265 E. 4b S. 275; 124 I 304 E. 2c S. 307, je mit Hinweisen).
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2.- Das Appellationsgericht hat dem Beschwerdeführer die unentgeltliche Prozessführung verweigert, weil es seine Beschwerde als aussichtslos erachtete. Es erwog, dass die Frage der zwingenden Schriftlichkeit in Bezug auf bauliche Veränderungen gemäss Art. 260a Abs. 1 OR offen bleiben könne, da auch vom Vermieter erlaubte Arbeiten fachmännisch und unter Einhaltung öffentlich-rechtlicher Bestimmungen durchzuführen seien. Sodann hielt es unter Hinweis auf BGE 118 II 119 den Standpunkt des Beschwerdeführers, wonach die am 11. August 2000 im Tagebuch des Grundbuches eingetragene Erwerberin der Liegenschaft am 20. September 2000 zur Kündigung des Mietvertrages nicht berechtigt gewesen sei, für abwegig.
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Nach Auffassung des Appellationsgerichts überzeugt die von der Doktrin (namentlich Alfred Koller, Ab welchem Zeitpunkt kann der Käufer einer vermieteten Wohnliegenschaft das Mietverhältnis kündigen?, ZBJV 129 1993 S. 389 ff.) geübte Kritik an der Rechtsprechung keineswegs. Der erwähnte Autor konstruiere eine Fiktion des Eigentums, wo es doch um die Rückwirkung der Eintragung im Hauptbuch gehe. Jedenfalls erscheine seine Theorie insbesondere für die Basler Grundbuchpraxis als unrealistisch. Schliesslich hält das Appellationsgericht fest, dass der Beschwerdeführer seine Zweitwohnung am 24. Juni 2001, d.h. während des kantonalen Verfahrens, gekündigt habe. Dieses im Hinblick auf eine weitere Mieterstreckung geltend gemachte aber nicht zu berücksichtigende Novum zeige, dass der Beschwerdeführer heute eine durch die Kündigung eventuell verursachte Härte selbst geschaffen habe.
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3.- a) In erster Linie stellt sich die Frage, ob das Kündigungsrecht der Liegenschaftserwerberin vom Tagebucheintrag oder vom Hauptbucheintrag abhängt.
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Gemäss BGE 118 II 119 E. 3 kann der Erwerber der Mietsache den Mietvertrag kündigen, sobald die Eigentumsübertragung in das Tagebuch des Grundbuches eingeschrieben ist. Diese Rechtsprechung wurde bestätigt (4C. 382/1992 vom 12. Februar 1993). Die Beschwerde konnte mithin in diesem Punkt vom Appellationsgericht als aussichtslos bezeichnet werden, umso mehr als die Lehrmeinung, worauf sie sich hauptsächlich stützt, nun der erwähnten Rechtsprechung beipflichtet (Alfred Koller, Der Grundstückkauf, 2. Auflage, Bern 2001, S. 385 ff., N. 13-15).
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b) aa) Ferner ist der Beschwerdeführer der Ansicht, die Kündigung sei missbräuchlich, weil die angegebenen Gründe nicht zuträfen bzw. nicht nachgewiesen seien. Er macht geltend, der ehemalige Eigentümer habe sowohl der Untermiete als auch den nicht fachmännisch durchgeführten Umbauarbeiten zugestimmt. Da dieser weder vom Zivil- noch vom Appellationsgericht angehört worden sei, könnten die Erfolgsaussichten der Beschwerde nicht beurteilt werden. Zudem sei der von der Liegenschaftserwerberin eingereichte Bericht des Bauinspektorates Basel-Stadt vom 27. Dezember 2000 nicht geeignet, die Kündigungsgründe nachzuweisen.
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bb) Die Beweislast für eine gegen den Grundsatz von Treu und Glauben verstossende Kündigung (Art. 271 Abs. 1 OR) obliegt demjenigen, der sie vorbringt, in der Regel dem Mieter, wobei der Vermieter zur Wahrheitsfindung beitragen muss (BGE 120 II 105 E. 3c S. 111 mit Hinweis), indem er die Kündigungsgründe angibt oder sie zumindest glaubhaft macht.
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cc) In ihrem Kündigungsschreiben erklärte die Liegenschaftserwerberin, der Untermieter habe ihr mitgeteilt, dass das Mietobjekt ohne Orientierung des Hauseigentümers untervermietet wurde. Sodann bekundete sie ihren Willen, den vom Untermieter unbewilligt vorgenommenen Umbau nicht zu akzeptieren.
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Sie stellte zudem fest, dass der Vermieter das gemietete Atelier nicht mehr benutze. Diese Gründe veranlassten sie, den Mietvertrag zu kündigen.
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Im Zeitpunkt der Beurteilung der Prozessaussichten durch das Appellationsgericht stand unbestritten fest, dass der Beschwerdeführer das Wohnatelier untervermietet hatte und es nicht benutzte. Das Gericht durfte somit annehmen, dass dieser Kündigungsgrund der Wahrheit entsprach. Auf die Frage der Zustimmung des Vermieters zu den Umbauarbeiten muss insofern nicht näher eingegangen werden, als die Liegenschaftserwerberin in ihrer Kündigung einzig ihrem Willen Ausdruck gegeben hat, die unbewilligten Umbauarbeiten des Untervermieters nicht zu akzeptieren, was ihr zustand. Dass dieser Kündigungsgrund für sie massgeblich war und wahrheitsgetreu ist, lässt sich auch aus der Tatsache ableiten, dass die Liegenschaftserwerberin das Bauinspektorat einschaltete.
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Unter diesen Umständen durfte das Appellationsgericht davon ausgehen, die Kündigung verstosse nicht gegen Treu und Glauben, was auch in dieser Hinsicht die Annahme erlaubte, die Beschwerde sei aussichtslos.
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c) Schliesslich wendet sich der Beschwerdeführer auch gegen die Auffassung des Appellationsgerichtes, das Eventualbegehren auf Erstreckung des Mietverhältnisses sei trölerisch, da er sich für eine weitere Erstreckung auf die Härte der Kündigung vom 20. September 2000 berufe, nachdem er am 24. Juni 2001 seine Zweitwohnung gekündigt habe.
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Die in diesem Zusammenhang vom Beschwerdeführer geltend gemachten Gründe, nämlich sein Gesundheitszustand, seine baldige Genesung sowie der geplante Wiedereinzug in das umstrittene Atelier, wurden in der Vernehmlassung des Zivilgerichts an das Appellationsgericht aufgeführt und von diesem in Betracht gezogen. Angesichts des Umstands, dass der Beschwerdeführer über eine Zweitwohnung verfügte, durfte von einer weitergehenden Interessenabwägung (Art. 272 OR) abgesehen werden, insbesondere unter Berücksichtigung der Tatsache, dass das Mietverhältnis bereits einmal erstreckt worden ist und die Kündigung der Zweitwohnung durch den Beschwerdeführer kurz vor Ablauf dieser Erstreckungsfrist erfolgte.
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4.- Zusammenfassend ist festzuhalten, dass der Beschwerdeführer keinen Grund aufzuzeigen vermag, der die Verweigerung der unentgeltlichen Rechtspflege durch das Appellationsgericht als gegen Art. 29 Abs. 3 BV verstossend erscheinen liesse. Die Beschwerde ist daher abzuweisen. Damit fällt die Gewährung der unentgeltlichen Prozessführung auch für das vorliegende Verfahren ausser Betracht, so dass der Beschwerdeführer kostenpflichtig wird.
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Demnach erkennt das Bundesgericht:
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1.- Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen.
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2.- Die staatsrechtliche Beschwerde wird abgewiesen.
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3.- Die Gerichtsgebühr von Fr. 500.-- wird dem Beschwerdeführer auferlegt.
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4.- Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer und dem Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt schriftlich mitgeteilt.
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Lausanne, 18. Februar 2002
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Im Namen der I. Zivilabteilung
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des SCHWEIZERISCHEN BUNDESGERICHTS
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Der Präsident:
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Die Gerichtsschreiberin:
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