[AZA 7]
U 286/01 Bl
II. Kammer
Präsident Schön, Bundesrichter Ursprung und nebenamtlicher Richter Maeschi; Gerichtsschreiberin Polla
Urteil vom 8. März 2002
in Sachen
F.________, 1949, Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt Markus Bischoff, Walchestrasse 17, 8006 Zürich,
gegen
Schweizerische Unfallversicherungsanstalt, Fluhmatt- strasse 1, 6004 Luzern, Beschwerdegegnerin,
und
Verwaltungsgericht des Kantons Luzern, Luzern
A.- F.________, geboren 1949, ist gelernter Maurer und arbeitet seit April 1965 bei der Bauunternehmung A.________ AG seit 1975 als Vorarbeiter (Polier). Am 31. März 1974 erlitt er beim Fussballspielen einen bei der Schweizerischen Unfallversicherungsanstalt (SUVA) versicherten Unfall, bei dem er sich einen Riss des medialen Seitenbandes, einen Abriss des Meniscus medialis und eine Zerrung des vorderen Kreuzbandes am rechten Knie zuzog. Er musste sich deswegen am 3. Mai 1974 im kantonalen Kreisspital X._______ einer Operation unterziehen. Während der Nachbehandlung in der Rehabilitationsklinik Y.________ kam es am 3. Oktober 1974 zu einem Sturz, welcher einen vollständigen Riss des medialen Seitenbandes, des Meniscus medialis sowie des vorderen Kreuzbandes rechts zur Folge hatte und eine zweite Operation erforderlich machte. Zufolge Knieinstabilität und erneuter Beschwerden wurden am 8. Juli und 2. November 1988 weitere Eingriffe vorgenommen. Schliesslich wurde am 26. November 1997 in der Klinik S.________ wegen schwerer Gonarthrose im rechten Knie eine LCS-Totalprothese eingesetzt. Nach einem Sturz am 28. Juni 1999 kam es zu verstärkten Beschwerden, worauf F.________ die Arbeitszeit ab 1. Januar 2000 auf vier Tage in der Woche herabsetzen musste. Die SUVA, welche ihm am 22. April 1999 eine Integritätsentschädigung auf Grund einer Integritätseinbusse von 12% zugesprochen hatte, stellte die Heilbehandlungsleistungen am 14. Januar 2000 ein und erliess am 9. Februar 2000 eine Verfügung, mit der sie ab 1. Januar 2000 eine Rente auf Grund einer Erwerbsunfähigkeit von 20% und eines versicherten Jahresverdienstes von Fr. 58'350.- zusprach. Mit Einspracheentscheid vom 11. April 2000 hielt sie daran fest.
B.- F.________ führte gegen diesen Entscheid Beschwerde mit dem Rechtsbegehren, die Rente sei nicht auf der Basis des vor dem Unfall als Maurer, sondern auf der Grundlage des vor Beginn des Rentenanspruchs als Vorarbeiter erzielten Jahresverdienstes von Fr. 89'215.- festzusetzen. Mit Entscheid vom 25. Juni 2001 hiess das Verwaltungsgericht des Kantons Luzern die Beschwerde insoweit teilweise gut, als es den Lohn, welchen der Versicherte im Jahre 1999 als (unverheirateter) Maurer erzielt hätte, auf Fr. 60'499.- festsetzte; im Übrigen wies es die Beschwerde ab.
C.- Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde lässt F.________ den vorinstanzlich gestellten Antrag erneuern; eventuell sei die Rente auf der Basis eines jährlichen versicherten Verdienstes von Fr. 67'879.- festzusetzen.
Die SUVA und das Bundesamt für Sozialversicherung beantragen Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde.
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:
1.- Nach Art. 15 UVG werden Taggelder und Renten nach dem versicherten Verdienst bemessen (Abs. 1). Als versicherter Verdienst gilt für die Bemessung der Taggelder der letzte vor dem Unfall bezogene Lohn, für die Bemessung der Renten der innerhalb eines Jahres vor dem Unfall bezogene Lohn (Abs. 2). Gemäss Abs. 3 der Bestimmung setzt der Bundesrat den Höchstbetrag des versicherten Verdienstes fest und bezeichnet die dazu gehörenden Nebenbezüge und Ersatzeinkünfte; ferner erlässt er Bestimmungen über den versicherten Verdienst in Sonderfällen. Gestützt hierauf hat der Bundesrat in Art. 24 UVV Vorschriften zum massgebenden Lohn für Renten in Sonderfällen erlassen. Abs. 2 dieser Bestimmung lautet wie folgt: "Beginnt die Rente mehr als fünf Jahre nach dem Unfall oder dem Ausbruch der Berufskrankheit, so ist der Lohn massgebend, den der Versicherte ohne den Unfall oder die Berufskrankheit im Jahr vor dem Rentenbeginn bezogen hätte, sofern er höher ist als der letzte vor dem Unfall oder dem Ausbruch der Berufskrankheit erzielte Lohn."
2.- Streitig ist zunächst, ob Art. 24 Abs. 2 UVV auf den vorliegenden Fall anwendbar ist.
a) In der Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird geltend gemacht, Art. 15 Abs. 3 UVG ermächtige den Bundesrat zum Erlass von Sonderbestimmungen über den versicherten Verdienst u.a. bei langdauernder Taggeldberechtigung (lit. a). Dementsprechend regle Art. 24 Abs. 2 UVV den Sonderfall der langdauernden Heilbehandlung und der dadurch bedingten Verzögerung in der Rentenfestsetzung. Mit dieser Bestimmung solle vermieden werden, dass die Rente auf dem vor dem Unfall erzielten Lohn festgesetzt bleibe, wenn die Löhne während der Heilbehandlung stark stiegen. Um einen solchen Sachverhalt gehe es hier jedoch nicht. Der Beschwerdeführer sei im Jahre 1974 verunfallt und habe in der Folge bis 1997 voll gearbeitet. Dieser Sonderfall sei in Art. 24 Abs. 2 UVV nicht geregelt und es liege diesbezüglich eine echte Lücke vor, welche vom Richter zu füllen sei.
b) Es trifft zwar zu, dass Art. 24 Abs. 2 UVV in Verbindung mit Art. 15 Abs. 3 lit. a UVG insbesondere bei langdauernder Heilbehandlung und entsprechendem Taggeldbezug zur Anwendung gelangt (BGE 127 V 172 oben). Dem Wortlaut und der Zweckbestimmung (Vermeidung unbilliger Ergebnisse bei steigenden Löhnen) nach kommt der Vorschrift jedoch generelle Bedeutung zu. Sie findet immer dann Anwendung, wenn die Rente mehr als fünf Jahre nach dem Unfall oder nach dem Ausbruch der Berufskrankheit festgesetzt wird. Auch in dieser umfassenderen Bedeutung hält sich die Bestimmung im Rahmen der dem Bundesrat mit Art. 15 Abs. 3 UVG eingeräumten weiten Regelungskompetenz. Dies gilt umso mehr, als nach dem Wortlaut des Art. 15 Abs. 3 UVG die zu regelnden Sonderfälle in lit. a bis d nicht abschliessend aufgezählt werden.
Nach der Rechtsprechung ist Art. 24 Abs. 2 UVV auch bei Rückfällen (oder Spätfolgen) anwendbar, die mehr als fünf Jahre nach dem Unfall eingetreten sind (noch nicht in der Amtlichen Sammlung veröffentlichtes Urteil F. vom 10. Dezember 2001, U 427/99, Erw. 3a mit Hinweisen). Dies gilt allerdings nur bei der erstmaligen Rentenfestsetzung, nicht auch bei der revisionsweisen Neufestsetzung der Rente. Bei der durch einen Rückfall oder Spätfolgen bewirkten Erhöhung des Rentenanspruchs handelt es sich nicht um einen neuen Anspruch, weshalb der Rentenbemessung im Rahmen einer Revision der grundsätzlich nicht revidierbare Jahresverdienst (BGE 119 V 492 Erw. 4b mit Hinweisen) zu Grunde zu legen ist, den der Versicherte innerhalb eines Jahres vor dem Unfall erzielt hat (BGE 118 V 296 Erw. 2b). Im vorliegenden Fall geht es indessen nicht um eine revisionsweise Neufestsetzung der Rente, sondern um deren erstmalige Zusprechung im Anschluss an einen Rückfall. Weil die Rente zudem mehr als fünf Jahre nach dem versicherten Unfall zu laufen beginnt, ist Art. 24 Abs. 2 UVV anwendbar. Es liegt in Bezug auf den vorliegenden Fall somit keine vom Richter auszufüllende Rechtslücke vor.
3.- Zu prüfen bleibt die Höhe des gemäss Art. 24 Abs. 2 UVV festzusetzenden versicherten Jahresverdienstes.
a) Wie das kantonale Gericht unter Hinweis auf die Rechtsprechung zutreffend darlegt, bezweckt die Bestimmung von Art. 24 Abs. 2 UVV nur eine Anpassung an die Nominallohnentwicklung. Sie erlaubt es nicht, andere den versicherten Verdienst beeinflussende Änderungen in den erwerblichen Faktoren zu berücksichtigen, wie beispielsweise eine vom Versicherten angestrebte berufliche Weiterentwicklung mit entsprechender Lohnerhöhung. Der massgebende Jahresverdienst darf daher nicht angepasst werden, wenn zwischen dem Eintritt des versicherten Ereignisses und der Rentenfestsetzung nach Art. 24 Abs. 2 UVV eine berufliche Veränderung oder Karriereschritte zu einem höheren Einkommen führen oder ein neues Arbeitsverhältnis mit anderem Lohnniveau angetreten wird. Angesichts der grundsätzlichen Unabänderlichkeit des versicherten Verdienstes hätte die Berücksichtigung solcher Umstände eine mit der Rechtsgleichheit nicht zu vereinbarende Besserstellung derjenigen Versicherten zur Folge, deren Rente nicht innert fünf Jahren nach dem Unfall festgesetzt wird (BGE 127 V 172 f. mit Hinweisen).
b) aa) Dass im vorliegenden Fall zwischen Unfall (1974) und Rentenbeginn (2000) ein langer Zeitraum liegt, führt entgegen den Vorbringen in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde zu keiner andern Beurteilung. Wohl ist eine berufliche Karriere, wie sie der Versicherte durchlaufen hat, insbesondere unter Berücksichtigung des zur Diskussion stehenden langen Zeitraums als üblich zu betrachten. Dies vermag ein Abgehen vom Grundsatz, wonach mit Art. 24 Abs. 2 UVV lediglich der Nominallohnentwicklung Rechnung getragen wird, jedoch nicht zu begründen, zumal sich eine befriedigende Abgrenzung der Ausnahmen kaum vornehmen liesse.
bb) Unerheblich ist sodann, dass der Beschwerdeführer bereits vor dem Unfall eine Ausbildung zum Polier (Vorarbeiterschule) begonnen und diese trotz des Unfalls abgeschlossen hat. Nach der vom Gesetzgeber getroffenen Regelung sind nicht nur hypothetische, sondern auch effektiv eingetretene erwerbliche Veränderungen im Sinne einer höheren Einkommenserzielung nach dem Unfall ausser Acht zu lassen (RKUV 1999 Nr. U 340 S. 404 f.) Im Rahmen von Art. 15 Abs. 2 UVG ist auf den innerhalb eines Jahres vor dem Unfall erzielten Verdienst insbesondere auch dann abzustellen, wenn sich der Versicherte zur Zeit des Unfalls in beruflicher Weiterbildung befindet; etwas anderes gilt nach der Sonderregel von Art. 24 Abs. 3 UVV nur für Versicherte, die sich in der beruflichen Grundausbildung befinden (vgl. Maurer, Schweizerisches Unfallversicherungsrecht, Bern 1985, S. 332). In gleicher Weise hat auch im Anwendungsbereich von Art. 24 Abs. 2 UVV eine berufliche Weiterbildung unbeachtet zu bleiben.
cc) Fehl geht schliesslich die Berufung auf das Äquivalenzprinzip (vgl. hiezu BGE 127 V 173 Erw. 4a und 118 V 301 Erw. 2b, je mit Hinweisen). Dieser Grundsatz wird nicht verletzt, wenn die Rente auf Grund des bei Unfalleintritt versicherten und entsprechend der Nominallohnentwicklung auf den Zeitpunkt des Rentenbeginns umgerechneten Verdienstes festgesetzt wird. Das Äquivalenzprinzip wird auch insoweit nicht verletzt, als der Versicherte nach dem Unfall auf einem höheren Einkommen Prämien geleistet hat, wäre doch bei einem erneuten Unfall grundsätzlich der im Jahr vor dem zweiten Unfall erzielte Verdienst massgebend gewesen (Art. 24 Abs. 4 UVV).
c) Nach dem Gesagten haben SUVA und Vorinstanz zu Recht am Arbeitsverhältnis im Zeitpunkt des Unfalls angeknüpft und den für die Rentenfestsetzung massgebenden versicherten Verdienst nach dem Einkommen bemessen, welches der Beschwerdeführer als gelernter Maurer im Jahre 1999 erzielt hätte. Nach der vorinstanzlich beim Arbeitgeber eingeholten Beweisauskunft beträgt dieser Verdienst in Abänderung des Einspracheentscheids vom 11. April 2000 Fr. 60'499.- im Jahr, wie das kantonale Gericht zutreffend entschieden hat. Entgegen den Ausführungen in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde sind die für die Kinder bezogenen Ausbildungszulagen von Fr. 7'380.- ausser Acht zu lassen, weil der Versicherte im Zeitpunkt des Unfalls kinderlos war und Kinderzulagen, auf welche erst nach Eintritt des Unfallereignisses Anspruch entsteht, im Rahmen von Art. 24 Abs. 2 UVV nicht zu berücksichtigen sind (BGE 127 V 165 ff.).
Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:
I. Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.
II. Es werden keine Gerichtskosten erhoben.
III. Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht
des Kantons Luzern, Sozialversicherungsrechtliche
Abteilung, und dem Bundesamt für Sozialversicherung
zugestellt.
Luzern, 8. März 2002
Im Namen des
Eidgenössischen Versicherungsgerichts
Der Präsident der II. Kammer:
Die Gerichtsschreiberin: