BGer 1A.124/2001
 
BGer 1A.124/2001 vom 28.03.2002
Tribunale federale
{T 0/2}
1A.124/2001/sta
Urteil vom 28. März 2002
I. Öffentlichrechtliche Abteilung
Bundesgerichtsvizepräsident Aemisegger, Präsident,
Bundesrichter Féraud, Fonjallaz,
Gerichtsschreiberin Gerber.
L.________, Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwälte Dr. Peter Schaufelberger und lic.iur. Katia Favre, Schaufelberger & van Hoboken, Seestrasse 17, Postfach, 8702 Zollikon,
gegen
Bezirksanwaltschaft IV für den Kanton Zürich, Büro 2, Gartenhofstrasse 17, Postfach 9680, 8036 Zürich,
Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich, Florhofgasse 2, Postfach, 8023 Zürich,
Obergericht des Kantons Zürich, III. Strafkammer, Postfach, 8023 Zürich.
Internationale Rechtshilfe in Strafsachen an die Ukraine -
B 95375/10
(Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen den Beschluss des Obergerichts des Kantons Zürich, III. Strafkammer, vom 7. Juni 2001)
Sachverhalt:
A.
Der Generalstaatsanwalt der Ukraine führt seit 1997 ein Strafverfahren unter anderem gegen L.________ wegen Bestechung, Amtsmissbrauchs und Veruntreuung in verschiedenen hohen Staatsämtern, einschliesslich des Amts des Premierministers der Ukraine, das L.________ von Mai 1996 bis Juli 1997 inne hatte. In diesem Zusammenhang stellte die Ukraine seit 1997 zahlreiche Rechtshilfeersuchen an die Schweiz, u.a. zwecks Übermittlung von Unterlagen über Konten und Depots bei Schweizer Banken, auf die deliktisch erworbene Gelder der Beschuldigten transferiert worden seien. Am 20. Juni 1999 stellte die Generalstaatsanwaltschaft der Ukraine ein "Gesamtrechtshilfeersuchen", welches ihre früheren Gesuche teils wiederholte und teils ergänzte.
In dieser Rechtshilfesache ergingen bereits zahlreiche bundesgerichtliche Entscheide (vgl. insbesondere Urteile 1A.2/1999 und 1A.252/1998 vom 8. April 1999; 1A.70-81/1999 vom 25. Juni 1999; 1A.252/1999 vom 24. Dezember 1999; 1A.76 und 78/2000 vom 17. April 2000 und 1A.212/2000 vom 19. September 2000), welche die Beschwerden der Betroffenen gegen die Verfügungen der schweizerischen Rechtshilfebehörden abwiesen und die Zulässigkeit der Rechtshilfe an die Ukraine bestätigten.
B.
Seit 1999 befindet sich L.________ in den Vereinigten Staaten in Haft: zunächst in Auslieferungshaft aufgrund eines schweizerischen Auslieferungsersuchens und inzwischen in Untersuchungshaft wegen des Verdachts der Geldwäscherei. Mit rechtskräftig gewordenem Urteil vom 28. Juni 2000 hat ihn das Polizeigericht Genf auf Grund von Vortaten in der Ukraine, die er anerkannte, wegen Geldwäscherei zu einer bedingten Gefängnisstrafe von 18 Monaten verurteilt.
C.
Gestützt auf die weltweit erhobenen Unterlagen stellte die Generalstaatsanwaltschaft der Ukraine am 28. November 2000 ein ergänzendes Rechtshilfeersuchen. Darin verlangte sie u.a. die Herausgabe von Unterlagen zu einem bislang unbekannten Konto bei der Bank A.________ AG, zu dessen Lasten 1998 Transaktionen in Höhe von über 10 Mio. US-$ zugunsten der Bank B.________ Ltd. bei der Bank C.________ getätigt worden seien, die in der Folge dem Kunden D.________ Ltd. weiterverfügt worden seien. Mit Eintretensentscheid vom 10. Januar 2001 forderte die Bezirksanwaltschaft die Bank A.________ AG in Zürich auf, die belasteten Kundenverbindungen festzustellen und die namentlich genannten Kontounterlagen herauszugeben.
D.
Aus den von der Bank A.________ AG übermittelten Unterlagen ergibt sich, dass die fraglichen Beträge ab dem Konto Nr. xxx überwiesen wurden, das am 8. Oktober 1997 von L.________ persönlich eröffnet worden war. Kurze Zeit nach der Kontoeröffnung waren darauf ca. 10 Mio. US-$ überwiesen worden, mit denen Aktien und Obligationen gekauft wurden. Das Konto wurde am 12. November 1998 saldiert. Bereits am 21. April 1995 hatte L.________ bei der Bank A.________ AG das Konto Nr. yyy eröffnet. Gespiesen wurde dieses Konto hauptsächlich mit Überweisungen, die von der Firma E.________ stammten. Zwischen Oktober 1995 und Juli 1996 beliefen sich diese Überweisungen auf ca. 7 Mio. US-$. Das Konto wurde am 6. November 1997 saldiert.
E.
Mit Schlussverfügung vom 20. März 2001 entsprach die Bezirksanwaltschaft Zürich dem Rechtshilfeersuchen und ordnete nach Rechtskraft der Verfügung die Herausgabe der Unterlagen zu den Konten Nr. yyy und Nr. xxx bei der Bank A.________ AG an die ersuchende Behörde an. Hiergegen erhob L.________ am 19. April 2001 Rekurs an das Obergericht des Kantons Zürich. Dieses wies die Beschwerde am 7. Juni 2001 ab.
F.
Hiergegen erhob L.________ am 24. Juli 2001 Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Bundesgericht. Er beantragt, der Beschluss des Obergerichts vom 7. Juni 2001 und die Schlussverfügung der Bezirksanwaltschaft vom 20. März 2001 seien aufzuheben und die Rechtshilfe zu verweigern. Eventuell sei die Rechtshilfe unter der Bedingung zu gewähren, dass das Strafverfahren und ein etwaiger Strafprozess gegen den Rekurrenten im ersuchenden Staat durch von der Exekutive unabhängige Untersuchungsbehörden und Richter durchgeführt und entschieden werde. Diesbezüglich sei eine konkrete Zusicherung des Präsidenten einzuholen, dass sowohl er als auch eine etwaige Nachfolgerin oder ein etwaiger Nachfolger sich in dieser Angelegenheit nicht einmischen. Die Einhaltung dieser Auflagen sei vom Bundesamt für Justiz zu überprüfen.
G.
Die Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich und das Obergericht haben auf eine Vernehmlassung verzichtet. Das Bundesamt für Justiz, Abteilung internationale Rechtshilfe, beantragt, die Verwaltungsgerichtsbeschwerde sei abzuweisen, soweit darauf einzutreten sei. Ferner sei festzustellen, dass sämtliche Beweismittel zu den Finanztransaktionen des Beschwerdeführers zu erheben und an die Generalstaatsanwaltschaft der Ukraine zu übermitteln sind und es sei die Ergreifung disziplinarischer Massnahmen zu prüfen.
H.
Mit Schreiben vom 20. September 2001 nahm der Beschwerdeführer Stellung zur Vernehmlassung des Bundesamts und beantragte, es sei auf die Beschwerde vom 7. Juni 2001 einzutreten, es sei dem am 6. Juni 2001 gestellten Rechtsbegehren im Beschwerdeverfahren stattzugeben und es seien die Anträge des Bundesamtes für Justiz vollumfänglich abzuweisen.
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1.
1.1 Der angefochtene Entscheid ist eine Verfügung einer letztinstanzlichen kantonalen Behörde, mit der das Rechtshilfeverfahren teilweise abgeschlossen wird. Er unterliegt zusammen mit den vorangehenden Zwischenverfügungen der Verwaltungsgerichtsbeschwerde ans Bundesgericht (Art. 80f Abs. 1 des Bundesgesetzes vom 20. März 1981 über internationale Rechtshilfe in Strafsachen [IRSG; SR 351.1]). Der Beschwerdeführer ist als Kontoinhaber persönlich und direkt von den Rechtshilfemassnahmen betroffen (vgl. Art. 9a lit. a der Verordnung vom 24. Februar 1982 über internationale Rechtshilfe in Strafsachen [IRSV; SR 351.11]). Er ist deshalb zur Beschwerde legitimiert (Art. 80h lit. b IRSG). Entgegen der Auffassung des Bundesamts für Justiz hat er ein schutzwürdiges Interesse an der Aufhebung oder Änderung der angefochtenen Rechtshilfemassnahme: Die Schlussverfügung vom 20. März 2001 ordnet erstmals die Herausgabe von Unterlagen betreffend zwei Konten bei der Bank A.________ AG an; hierüber wurde in keiner der früheren Schlussverfügungen und keinem der bisherigen Beschwerdeverfahren entschieden. Auf die rechtzeitig erhobene Beschwerde ist daher grundsätzlich einzutreten.
1.2 Allerdings handelt es sich beim Rechtshilfeersuchen vom 28. November 2000 um eine Ergänzung der bisherigen Rechtshilfeersuchen der Ukraine, über deren Zulässigkeit das Bundesgerichts bereits entschieden hat (vgl. insbesondere Urteil 1A.212/2000 vom 19. September 2000). Das Bundesamt für Justiz ist der Auffassung, der Beschwerdeführer sei im ergänzenden Verfahren mit allen Rügen ausgeschlossen, die er schon im früheren Verfahren erhoben hat oder hätte erheben können; dazu gehöre der Ausschlussgrund gemäss Art. 2 lit. a IRSG i.V.m. Art. 2 lit. b des Europäischen Übereinkommen vom 20. April 1959 über die Rechtshilfe in Strafsachen (EUeR; SR 0.351.1).
Nach der bundesgerichtlichen Praxis ist es dem vom ursprünglichen wie vom ergänzenden Ersuchen betroffenen Beschwerdeführer verwehrt, im Ergänzungsverfahren Rügen nochmals zur Beurteilung zu bringen oder früher unterlassene Rügen neu zu erheben (vgl. BGE 117 Ib 330 E. 4 S. 336; in BGE 118 Ib 266 nicht abgedruckte E. 2; je mit Hinweisen). Dies gilt allerdings nur bei unveränderter Sach- und Rechtslage. Im vorliegenden Fall beschränkt sich der Beschwerdeführer nicht auf eine Wiederholung seiner bereits in früheren Beschwerden vorgebrachten Argumente, sondern legt auch neue Berichte und Beschlüsse des Europarats zur Menschenrechtssituation in der Ukraine vor. Diese, zeitlich nach den zitierten Bundesgerichtsentscheiden liegenden Dokumente konnte er in den früheren Rechtshilfeverfahren nicht geltend machen. Sie sind daher im vorliegenden Verfahren zu prüfen.
Auf die - in der Beschwerde einzig erhobene - Rüge der Verletzung von Art. 2 lit. a IRSG i.V.m. Art. 2 lit. b EUeR ist daher einzutreten.
1.3 Das Bundesamt verlangt, das Bundesgericht möge feststellen, dass sämtliche Informationen und Dokumente im Zusammenhang mit finanziellen Transaktionen, Bankkonten und Ähnlichem, die von Herrn L.________ erhoben werden, ohne weitere anfechtbare Schlussverfügung an die Ukraine herausgegeben werden dürfen. Auf diesen Antrag kann nicht eingetreten werden, da er weit über den Streitgegenstand hinausgeht. Ausgangspunkt und äussersten Rahmen des Streitgegenstands bildet das Anfechtungsobjekt, d.h. die ursprüngliche Verfügung (BGE 117 Ib 114 E. 5b S. 118 f.; Alfred Kölz/Isabelle Häner, Verwaltungsverfahren und Verwaltungsrechtspflege des Bundes, 2. Aufl., Rn. 404; Fritz Gygi, Bundesverwaltungsrechtspflege, 2. Aufl., S. 44 f.). Angefochten ist eine Schlussverfügung der Bezirksanwaltschaft, welche die Übermittlung bestimmter Kontounterlagen an die Ukraine bewilligt. Der Feststellungsantrag des Bundesamts bezieht sich dagegen auf das zukünftige Vorgehen der Rechtshilfebehörden in Sachen L.________. Das Bundesgericht ist im Bereich der internationalen Rechtshilfe in Strafsachen nicht Aufsichtsbehörde. Die aufsichtsrechtlichen Kompetenzen des Bundesamtes für Justiz (Art. 16 Abs. 1 Satz 2 IRSG) ermöglichen keine direkte Anrufung des Bundesgerichts.
2.
2.1 Für die hier streitige Rechtshilfe zwischen der Ukraine und der Schweiz sind in erster Linie die Bestimmungen des Europäischen Übereinkommens über die Rechtshilfe in Strafsachen vom 20. April 1959 massgeblich, das seit dem 9. Juni 1998 zwischen beiden Staaten in Kraft ist. Das Landesrecht ist nur subsidiär anwendbar, wenn eine staatsvertragliche Regelung fehlt oder lückenhaft ist oder wenn das nationale Recht geringere Anforderungen an die Rechtshilfe stellt und deshalb nach dem Günstigkeitsprinzip zur Anwendung gelangt (BGE 122 II 140 E. 2 S. 142, 485 E. 3b S. 487). In jedem Fall bleibt jedoch der Schutz der völkerrechtlich gewährleisteten Menschenrechte vorbehalten (BGE 126 II 324 E. 4c S. 327).
2.2 Das Bundesgericht prüft die bei ihm erhobenen Rügen mit freier Kognition. Es ist aber nicht verpflichtet, nach weiteren, der Rechtshilfe allenfalls entgegenstehenden Gründen zu forschen, die aus der Beschwerde nicht hervorgehen (BGE 112 Ib 576 E. 3 S. 586).
3.
Der Beschwerdeführer beruft sich auf Art. 2 lit. a IRSG i.V.m. Art. 2 lit. b EUeR, Art. 5 Abs. 4 und Art. 35 Abs. 1 und 2 BV und macht geltend, die Rechtshilfe müsse verweigert werden, weil die Ukraine die Menschenrechte und insbesondere die in Art. 6 EMRK garantierten Verfahrensrechte objektiv, ernsthaft und schwerwiegend verletze. Er sei hiervon als Beschuldigter direkt betroffen: Gegen ihn laufe in der Ukraine ein Strafverfahren, das auch während seiner Abwesenheit durchgeführt werden könne. Als bekannter und einflussreicher Politiker der Oppositionspartei "Hromada" sei er mehr als jeder Bürger der Gefahr von Repressionsakten des Präsidenten in einem Gerichtsverfahren ausgesetzt.
3.1 Wie bereits im Urteil 1A.212/2000 vom 19. September 2000 (E. 3a S. 10 ff.) dargelegt wurde, ist die Rechtshilfe nach Art. 2 lit. a IRSG i.V.m. Art. 2 lit. b EUeR zu verweigern, wenn Gründe für die Annahme bestehen, dass das ausländische Strafverfahren gegen die verfolgte Person die in der EMRK und dem UNO-Pakt II umschriebenen Minimalgarantien verletzt. Hierzu muss der Beschuldigte glaubhaft machen, dass objektiv und ernsthaft eine schwerwiegende Verletzung der Menschenrechte im ersuchenden Staat zu befürchten ist, die ihn unmittelbar berührt (BGE 126 II 324 E. 4a S. 326 mit Hinweisen).
Im Urteil 1A.252/1999 vom 24. Dezember 1999 erachtete das Bundesgericht diese Voraussetzungen nicht als erfüllt: Der Beschwerdeführer befinde sich in den Vereinigten Staaten in Auslieferungshaft; seine Auslieferung sei von der Schweiz und nicht von der Ukraine beantragt worden. Unter diesen Umständen bestehe für ihn keine konkrete und aktuelle Gefahr der Verletzung seiner Menschenrechte.
Im Urteil 1A.212/2000 vom 19. September 2000 (E. 3a/cc und b/bb sowie 5b) liess das Bundesgericht dann die Berufung auf Art. 2 lit. a IRSG i.V.m. Art. 2 lit. b EUeR zu, soweit der Beschwerdeführer eine Verletzung seines Anspruchs auf einen unabhängigen Richter (Art. 6 Ziff. 1 EMRK) in einem in der Ukraine durchgeführten Abwesenheitsverfahren geltend machte. Das Bundesgericht hielt die Rüge aber im Ergebnis - trotz bestehender Zweifel an der Unabhängigkeit der ukrainischen Justiz im Allgemeinen - für unbegründet: Der Beschwerdeführer habe nicht glaubhaft gemacht, dass die ukrainische Justiz speziell ihm gegenüber nicht unabhängig sei; die allgemeine Beurteilung des Rechts- und Gerichtssystems eines ausländischen Staates - unabhängig von den Gegebenheiten des Einzelfalls - sei bei Mitgliedstaaten des Europarats grundsätzlich den Organen dieser Organisation vorbehalten; diese hätten bislang noch keine Massnahmen gegen die Ukraine ergriffen (a.a.O., E. 5b/cc).
3.2 Das Obergericht kam im angefochtenen Entscheid zum Ergebnis, dass grundsätzlich Rechtshilfe zu leisten sei, weil der Beschwerdeführer nicht dargetan habe, dass er besondere Gefahr laufe, dass ihm gegenüber die Garantie eines unabhängigen und unparteilichen Richters verletzt werde. Aus dem "Gesamtrechtshilfeersuchen" vom 20. Juni 1999 ergäben sich keine Anhaltspunkte für eine Verfolgung des Beschwerdeführers aus politischen Gründen. Die ukrainischen Behörden ermittelten vielmehr, weil sie den Verdacht hegten, er habe während der Zeit, als er hohe Regierungsämter bekleidete, in grossem Umfang staatliche Gelder veruntreut. Dieser Verdacht sei aufgrund der bisher übermittelten Bankunterlagen nicht haltlos, so dass der Verdacht nicht bloss vorgeschoben sei.
Der Beschwerdeführer bestreitet diese Einschätzung, unter Berufung auf neuerliche Entwicklungen in der Ukraine.
3.3 Die Menschenrechtssituation in der Ukraine hat regelmässig die Organe des Europarates beschäftigt:
In ihrer Resolution Nr. 1179 und ihrer Empfehlung Nr. 1395 vom 27. Januar 1999 bedauerte die Parlamentarische Versammlung des Europarates das langsame Tempo der Reformen in der Ukraine und beklagte insbesondere die ungenügende Gewaltentrennung (Ziff. 3 Resolution Nr. 1179). Sie stellte die Eröffnung eines Verfahrens zur Suspendierung der Mitwirkungsrechte der ukrainischen Delegation in der Parlamentarischen Versammlung und einen Antrag auf Suspendierung der Vertretungsrechte der Ukraine im Ministerkomitee in Aussicht, wenn bis zum Juni 1999 keine wesentlichen Fortschritte zu verzeichnen seien (Ziff. 15 Resolution Nr. 1179).
Mit Resolution Nr. 1194 und Empfehlung Nr. 1416 vom 24. Juni 1999 stellte die Parlamentarische Versammlung fest, dass die Ukraine u.a. auf dem Gebiet der Justizreform und der Gewaltentrennung keine wesentlichen Fortschritte gemacht habe. Sie kündigte daher an, im Jahr 2000 ein Verfahren zur Sistierung des Vorschlags- und Stimmrechts der ukrainischen Delegation einzuleiten, sofern in der Zwischenzeit keine wesentlichen Fortschritte im Sinne der Resolution Nr. 1179 erzielt worden seien (Ziff. 4 Resolution Nr. 1194).
Mit Resolution Nr. 1244 und Empfehlung Nr. 1513 vom 26. April 2001 erinnerte die Parlamentarische Versammlung an ihre früheren Resolutionen und Empfehlungen und an die von den ukrainischen Behörden eingegangenen Verpflichtungen zum Schutz der Menschenrechte und zur Reform des Justizsystems. Sie bedauerte, dass die Ukraine nicht alle erforderlichen Massnahmen ergriffen habe. Sie stellte daher Sanktionen gegen die ukrainische Delegation in Aussicht, sofern bis zum Juni 2001 keine wesentlichen Fortschritte erzielt worden seien (Ziff. 9 Resolution Nr. 1224). Sie lud das Ministerkomitee ein, in diesem Fall auch die Vertretungsrechte der Ukraine im Ministerkomitee zu suspendieren. Gleichzeitig sei die Kooperation mit der Ukraine zu verstärken, um die ukrainischen Behörden auf dem schwierigen Weg zur Demokratie zu unterstützen und die Achtung der Menschenrechte zu gewährleisten, insbesondere im Bereich der Meinungs- und der Pressefreiheit (Ziff. 10 Empfehlung Nr. 1513). Die Parlamentarische Versammlung folgte somit nicht dem Antrag ihrer Kommission "pour le respect des obligations et engagements des Etats membres du Conseil de l'Europe" ("commission de suivi"), die am 9. April 2001 den Ausschluss der Ukraine aus dem Europarat vorgeschlagen hatte.
Als Antwort auf die Empfehlungen Nrn. 1395, 1416 und 1451 informierte das Ministerkomitee die Parlamentarische Versammlung am 25. September 2000 über seine Kontakte mit den ukrainischen Behörden, deren Zusicherungen und die vom Europarat organisierten Kooperations- und Unterstützungsprogramme für die Ukraine. In gleicher Weise antwortete es am 26. Juni und am 21. September 2001 auf die Empfehlung Nr. 1513.
Eine detaillierte Analyse des gegenwärtigen Stands der Reformen in der Ukraine und der bestehenden und geplanten Hilfsprogramme und Kontrollmassnahmen des Europarats enthält der Bericht des Generalsekretariats über eine "mission d'assistance et d'information" in der Ukraine vom 26. bis 29. August 2001. Danach hat das ukrainische Parlament im Jahr 2001 eine Reihe von Gesetzen zur Reform des Rechts- und Justizsystems angenommen, darunter das am 1. September 2001 in Kraft getretene neue Strafgesetzbuch und eine am 21. Juni 2001 angenommene, so genannte "kleine Gerichtsreform", mit der zehn Gesetze revidiert werden, u.a. die Gesetze über das Justizsystem, über die Staatsanwaltschaft, die Strafprozessordnung, das Gesetz über das Statut der Richter, über die Organe richterlicher Autonomie, über die Wahl und die disziplinarische Verantwortlichkeit der Magistratspersonen, über die Zwangsmassnahmen und über die Untersuchungshaft. Weitere Gesetzesinitiativen sind hängig, namentlich der Entwurf einer neuen Strafprozessordnung, der am 23. Juni 2001 im Parlament eingebracht wurde. Diese Gesetzgebung stellt nach Auffassung der Delegation des Generalsekretariats einen reellen Fortschritt dar, auch wenn die Gesetze und ihre praktische Anwendung noch im einzelnen evaluiert werden müssten. Heute seien die richterliche Unabhängigkeit und die Wahrung der Verfahrensrechte in der Praxis, vor allem auf untergerichtlicher Ebene, nicht immer gewährleistet, namentlich in Verfahren, in denen die Sicherheitsdienste oder die Steuerbehörden ein besonderes Interesse haben. Das Generalsekretariat hat daher ein Programm zur Schulung der ukrainischen Justizbeamten initiiert, insbesondere zur Anwendung der EMRK.
3.4 Nach dem Gesagten verfolgen die Organe des Europarates die Entwicklung der Institutionen und der Menschenrechtssituation in der Ukraine mit grosser Aufmerksamkeit, und haben zahlreiche, konkrete und ernsthafte Anstrengungen unternommen, um die ukrainischen Behörden zur Durchführung der Reformen zu bewegen, die zur Erfüllung der Normen des Europarates notwendig sind. Hierzu gehört insbesondere der Erlass neuer Gesetze im Bereich des Strafverfahrens, um eine vollständige Unabhängigkeit der Judikative gegenüber den anderen Gewalten und namentlich der Exekutive zu gewährleisten. Trotz der noch vorhandenen Defizite haben bis heute weder die Parlamentarische Versammlung noch das Ministerkomitee Sanktionen gegen die Ukraine ergriffen. Vielmehr haben sie die - wenn auch zu langsam und unvollständig - eingeleiteten Reformen in der Ukraine als Fortschritt gewertet, der es rechtfertige, die Kontakte nicht abzubrechen, sondern im Gegenteil die Zusammenarbeit und den politischen Druck fortzusetzen, um die erforderlichen Veränderungen der ukrainischen Institutionen herbeizuführen. Wie im Urteil vom 19. September 2000 (E. 5b/cc) dargelegt wurde, ist es unter diesen Umständen nicht Aufgabe des Bundesgerichts, eine von den Europaratsorganen abweichende Einschätzung der Rechtsstaatlichkeit und damit der allgemeinen Rechtshilfewürdigkeit der Ukraine vorzunehmen.
3.5 Der Beschwerdeführer bestreitet dies: Er macht geltend, die in Art. 6 EMRK garantierten Verfahrensrechte, namentlich das Recht auf einen unabhängigen Richter, seien Teil des zwingenden Völkerrechts (ius cogens) und müssten von allen Organen des Staates gegen jedes entgegenstehende Völker- oder Landesrecht durchgesetzt werden. Das Bundesgericht müsse daher unabhängig vom Europarat prüfen, ob Verletzungen des ius cogens zu befürchten seien.
Als "ius cogens" oder zwingendes Völkerrecht werden diejenigen Normen des Völkerrechts bezeichnet, von denen auch im gegenseitigen Einverständnis nicht abgewichen werden darf; entgegenstehende völkerrechtliche Verträge sind somit nichtig (vgl. Art. 53, 64 und 71 des Wiener Übereinkommens vom 23. Mai 1969 über das Recht der Verträge [VRK; SR 0.111]; Eva Kornicker, Ius cogens und Umweltvölkerrecht, Diss. Basel 1997, S. 6 ff.; Peter Saladin, Völkerrechtliches ius cogens und schweizerisches Landesrecht, FS-Schweizerischer Juristentag 1988, S. 69). Indizien für den absoluten Charakter einer Norm sind Vertragsklauseln, die bestimmte Rechte oder Pflichten als unaufhebbar bezeichnen, z.B. in dem sie es den Vertragspartnern untersagen, anderslautende Vereinbarungen zu treffen, gewisse Vertragsbestimmungen wegen eines Notstands zu suspendieren oder indem sie Vorbehalte ausschliessen (vgl. hierzu Kornicker, a.a.O. S. 58 ff.; Stefan Kadelbach, Zwingendes Völkerrecht, Berlin 1992, S. 178 f.).
Als zwingend werden im Bereich des Völkerrechts zum Schutz des Einzelnen vor allem das Recht auf Leben, der Schutz vor Folter und erniedrigender Behandlung, die Freiheit von Sklaverei und Menschenhandel, das Verbot von Kollektivstrafen, der Grundsatz der persönlichen Verantwortung in der Strafverfolgung sowie das non-refoulement-Gebot betrachtet (vgl. Kadelbach, a.a.O., S. 286-315; Pascal Arnold, Ius cogens als materielle Schranke der Verfassungsrevision, in: Die neue schweizerische Bundesverfassung, Basel 2000, S. 60; zum Non-refoulement-Gebot vgl. Botschaft des Bundesrates vom 22. Juni 1994 über die Volksinitiativen "für eine vernünftige Asylpolitik" und "gegen die illegale Einwanderung", BBl 1994 III 1486 ff., insbes. S. 1498 f.). Diese Rechte sind in multilateralen Menschenrechts- und humanitären Konventionen als unbedingte, nicht reziproke Verpflichtungen ausgestaltet, die auch im Notstand nicht ausser Kraft gesetzt werden dürfen (vgl. z.B. Art. 15 Abs. 2 EMRK und Art. 4 des Internationalen Pakts vom 16. Dezember 1966 über bürgerliche und politische Rechte [UNO-Pakt II; SR 0.103.2]). Dagegen erscheint es zweifelhaft, ob auch die grundlegenden prozessualen Rechte zwingender Natur sind: Zwar enthält jede allgemeine Konvention zu Menschenrechten und humanitärem Völkerrecht Garantien des Beschuldigten im Strafverfahren. Diese Rechte sind jedoch nicht "notstandsfest" ausgestaltet worden. Immerhin enthalten die Genfer Konventionen - auch in Zeiten bewaffneter interner Konflikte - ein absolutes Verbot einer Verurteilung ohne Urteil eines ordentlichen Gerichts, das die von den zivilisierten Völkern als unerlässlich anerkannten Rechtsgarantien bietet (vgl. Art. 3 Abs. 1 Ziff. 1 lit. d der vier Genfer Abkommen vom 12. August 1949 [SR 0.518.12; 0.518.23; 0.518.42; 0.518.51]). In der Literatur wird deshalb die Auffassung vertreten, ein zwingend geschützter Anspruch auf ein faires Verfahren bestehe nur im humanitären Völkerrecht in den dort näher definierten Grenzen (Kadelbach, a.a.O., S. 303 f. und 314; nur den Kern des humanitären Völkerrechts nennen auch Arnold, a.a.O., S. 60 und die Botschaft des Bundesrats vom 20. November 1996 über eine neue Bundesverfassung, Art. 129 Abs. 3 S. 362, als zwingendes Völkerrecht). Andere Autoren zählen das Recht auf fair trial zum "humanitären Kernbereich" oder "verfassungsrechtlichen Kern" des Völkerrechts, der allerdings nicht ohne Weiteres mit dem ius cogens gleichzusetzen sei (so Saladin, a.a.O., S. 77 und 79; Daniel Thürer, Bundesverfassung und Völkerrecht, BV-Kommentar, Rz 16 S. 11). Die Frage kann jedoch offen bleiben:
Es ist unbestritten, dass sowohl die Schweiz als auch die Ukraine verpflichtet sind, die Unabhängigkeit der Gerichte zu gewährleisten; diese Verpflichtung ergibt sich bereits aus der von beiden Staaten ratifizierten EMRK (so auch BGE 126 II 324 E. 4d S. 327 f.). Unstreitig ist auch, dass die Schweiz nach ihrem innerstaatlichen Recht (Art. 2 lit. a IRSG; Art. 35 BV) keine Rechtshilfe leisten darf und gemäss Art. 2 lit. b EUeR nicht leisten muss, wenn Gründe für die Annahme bestehen, dass das ausländische Strafverfahren gegen die verfolgte Person die in der EMRK und UNO-Pakt II umschriebenen Minimalgarantien verletzt. Selbst wenn sich das Verbot zur Zusammenarbeit in derartigen Fällen - auch im Bereich der "kleinen Rechtshilfe" - aus Völkerrecht ableiten lässt (in diesem Sinne z.B. BGE 123 II 161 E. 6a S. 167 mit Hinweisen), handelt es sich sicher nicht um ius cogens.
Streitig ist somit nur, ob in einem allfälligen ukrainischen Abwesenheitsverfahren gegen den Beschwerdeführer ernsthaft die Gefahr der Verletzung des Grundsatzes der Unabhängigkeit des Gerichts besteht. Diese Prüfung setzt ein Werturteil über das politische System des ersuchenden Staates, seine Institutionen, sein Verständnis von den Grundrechten und deren effektive Gewährleistung sowie über die Unabhängigkeit und Unparteilichkeit der Justiz voraus, bei der der Rechtshilferichter besondere Vorsicht walten lassen muss (BGE 126 II 324 E. 4a S. 326 mit Hinweisen). Er darf nicht leichthin die Rechtshilfewürdigkeit eines Staates verneinen, namentlich wenn dieser Mitglied des Europarates und Vertragsstaat der EMRK ist und die zuständigen Organe des Europarats keine Sanktionen gegen ihn ergriffen haben.
3.6 Hinzu kommt, wie das Obergericht zu Recht dargelegt hat, dass sich der Beschwerdeführer auf allgemeine Ausführungen zur Lage in der Ukraine beschränkt und nicht darlegt, inwiefern das konkret gegen ihn geführte Strafverfahren Art. 6 EMRK verletze und namentlich die richterliche Unabhängigkeit nicht gewährleistet sei.
3.7 Nach dem Gesagten liegt kein Ausschlussgrund gemäss Art. 2 lit. a IRSG i.V.m. Art. 2 lit. b EUeR vor. Aus den bereits im Urteil 1A.212/2000 vom 19. September 2000 (E. 6) genannten Gründen erscheint es auch nicht angezeigt, die Rechtshilfe von Zusicherungen der ukrainischen Behörden zur Respektierung der richterlichen Unabhängigkeit abhängig zu machen.
4.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde erweist sich somit als unbegründet und ist abzuweisen. Bei diesem Ausgang des Verfahrens trägt der Beschwerdeführer die Gerichtskosten (Art. 156 Abs. 1 OG). Bei der Bemessung der Gerichtsgebühren ist von einer Streitigkeit ohne Vermögensinteresse auszugehen, da die angefochtene Schlussverfügung lediglich die Übermittlung von Kontounterlagen und nicht von Vermögenswerten betrifft. Es ist kein Grund ersichtlich, disziplinarische Massnahmen gegen die Rechtsvertreter des Beschwerdeführers zu ergreifen.
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.
2.
Die Gerichtsgebühr von Fr. 5'000.-- wird dem Beschwerdeführer auferlegt.
3.
Es werden keine Parteientschädigungen zugesprochen.
4.
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, der Bezirksanwaltschaft IV für den Kanton Zürich, Büro 2, der Staatsanwaltschaft und dem Obergericht des Kantons Zürich, III. Strafkammer, sowie dem Bundesamt für Justiz, Abteilung internationale Rechtshilfe, schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 28. März 2002
Im Namen der I. öffentlichrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Die Gerichtsschreiberin: