[AZA 7]
H 364/01 Go
II. Kammer
Präsident Schön, Bundesrichterin Widmer und Bundesrichter
Frésard; Gerichtsschreiberin Hofer
Urteil vom 29. April 2002
in Sachen
W.________ , Beschwerdeführer,
gegen
Ausgleichskasse Zürcher Arbeitgeber, Siewerdtstrasse 9, 8050 Zürich, Beschwerdegegnerin,
und
Versicherungsgericht des Kantons Aargau, Aarau
W.________ amtete ab 3. April 1991 als Delegierter und seit 1. Mai 1992 als alleiniger Verwaltungsrat der A.________ SA mit Sitz in S.________, über die am 27. Mai 1992 der Konkurs eröffnet wurde. Die Ausgleichskasse der Textil- und Bekleidungsindustrie (deren Rechte und Pflichten seit der Liquidation per 31. Dezember 2000 von der Ausgleichskasse Zürcher Arbeitgeber wahrgenommen werden) reichte im Konkursverfahren eine Forderung in der Höhe von Fr. 31'791. 90 ein. Nachdem ihr das Konkursamt am 4. Juni 1993 mitgeteilt hatte, dass sie damit vollumfänglich zu Verlust komme, verpflichtete sie W.________ mit Verfügung vom 4. Juni 1993 zur Leistung von Schadenersatz für entgangene Sozialversicherungsbeiträge (einschliesslich Verwaltungskosten, Verzugszinsen und Mahngebühren) in derselben Höhe.
Auf Einspruch hin klagte die Ausgleichskasse beim Versicherungsgericht des Kantons Aargau auf Zahlung des Schadenersatzes im verfügten Umfang. Mit Entscheid vom 25. September 2001 hiess das Versicherungsgericht die Klage im Betrag von Fr. 6'390. 15 teilweise gut.
Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde beantragt W.________ vollumfängliche Abweisung der Schadenersatzklage.
Ausgleichskasse und Bundesamt für Sozialversicherung verzichten auf eine Vernehmlassung.
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:
1.- Da es sich bei der angefochtenen Verfügung nicht um die Bewilligung oder Verweigerung von Versicherungsleistungen handelt, hat das Eidgenössische Versicherungsgericht nur zu prüfen, ob das vorinstanzliche Gericht Bundesrecht verletzt hat, einschliesslich Überschreitung oder Missbrauch des Ermessens, oder ob der rechtserhebliche Sachverhalt offensichtlich unrichtig, unvollständig oder unter Verletzung wesentlicher Verfahrensbestimmungen festgestellt worden ist (Art. 132 in Verbindung mit Art. 104 lit. a und b sowie Art. 105 Abs. 2 OG).
2.- Die Vorinstanz hat die in materiellrechtlicher Hinsicht massgebenden Normen (Art. 52 AHVG, Art. 14 Abs. 1 AHVG in Verbindung mit Art. 34 ff. AHVV) und die Rechtspre- chung zur subsidiären Haftbarkeit der Organe (BGE 123 V 15 Erw. 5b) zutreffend dargelegt. Darauf kann verwiesen werden.
3.- a) Es steht ausser Frage, dass die Ausgleichskasse aufgrund versäumter bundesrechtlicher Beitragszahlungen seitens der nunmehr konkursiten A.________ SA einen Schaden von insgesamt Fr. 31'499. 30 (Fr. 31'791. 90 abzüglich FAK-Beiträge gemäss Erwägung 3 des vorinstanzlichen Entscheids) erlitten hat. Desgleichen wird nicht bestritten, dass dieser Ausfall betreffend Lohnbeiträge für 1991 und 1992 auf die Missachtung von Vorschriften im Sinne des Art. 52 AHVG zurückzuführen ist und der Beschwerdeführer kraft seiner Stellung als Verwaltungsrat der betroffenen Gesellschaft in grundsätzlicher Hinsicht dafür belangt werden kann. Als ebenso unbestritten gilt schliesslich, dass die Kasse ihren Schaden fristgerecht im Sinne von Art. 82 AHVG geltend gemacht hat. Zu prüfen bleibt, ob sich der Beschwerdeführer den Vorwurf gefallen lassen muss, die Beitragsablieferungspflicht in zumindest grobfahrlässiger Weise verletzt zu haben. Diesbezüglich wird geltend gemacht, bereits im Dezember 1991 sei eine Treuhandfirma beauftragt worden, einen Investor zu suchen. Dieser sei schliesslich in der Person von B.__________ gefunden worden, welcher gemäss Vertrag vom 18. Februar 1992 die Firma zu einem symbolischen Preis übernommen habe. Da der Beschwerdeführer zudem am 25. Februar 1992 wegen eines Hirnschlages für längere Zeit habe hospitalisiert werden müssen, falle ein Verschulden seinerseits ausser Betracht.
b) Die Vorinstanz hat aufgrund der von ihr eingeholten ärztlichen Berichte des Spital K._________ vom 20. September 1999 und der Klinik P._________ vom 14. Oktober 1999 die Schlussfolgerung gezogen, ab dem 25. Februar 1992 sei der Beschwerdeführer aufgrund des erlittenen Hirnschlages und der anschliessenden Hospitalisation nicht mehr in der Lage gewesen, die mit der Geschäftsführung beauftragten Personen zu überwachen und sich regelmässig über den Geschäftsgang orientieren zu lassen oder einen Stellvertreter einzusetzen. Bezüglich der für den Monat Februar 1992 geschuldeten Pauschale, der Abrechnung 1991, der Pauschale für den Monat März 1992, der Schlussabrechnung 1992, der Mahngebühren von Fr. 200.- und der Verwaltungskosten von Fr. 150.- könne er mangels Urteilsfähigkeit nicht belangt werden. Anders verhalte es sich bezüglich der Pauschale von Fr. 6390. 15 (inkl. Verzugszins) für den Monat Januar 1992, welche innert 10 Tagen (Art. 34 Abs. 3 AHVV) und somit vor dem 25. Februar 1992 hätte bezahlt werden müssen. Diesbezüglich lägen keine Gründe vor, welche ein Verschulden auszuschliessen vermöchten.
c) Diese Beurteilung des kantonalen Gerichts verletzt weder Bundesrecht (Art. 104 lit. a OG), noch beruht sie auf einer mangelhaften Sachverhaltsfeststellung im Sinne von Art. 105 Abs. 2 OG. Insbesondere vermag der Umstand, dass der Verwaltungsrat die finanziellen Probleme erkannt und einen Investor gesucht hat, den Beschwerdeführer als damaligen Geschäftsführer und verantwortliches Organ der Gesellschaft von der Schadenersatzpflicht - im masslich nicht bestrittenen Umfang von Fr. 6390. 15 - nicht zu entlasten. Gerade in wirtschaftlich schwierigen Zeiten ist darauf zu achten, dass nur soviel massgebender Lohn zur Auszahlung gelangt, als die darauf geschuldeten Beiträge gedeckt sind (SVR 1995 AHV Nr. 70 S. 214 Erw. 5). Soweit in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde geltend gemacht wird, es sei unverständlich, dass nicht der gesamte im Januar 1992 noch im Amt gestandene Verwaltungsrat belangt worden sei, gilt es darauf hinzuweisen, dass die Ausgleichskasse von jedem Schuldner den ganzen Schadenersatz verlangen kann und es in ihrem Belieben steht, welchen oder welche Solidarschuldner sie belangen will (BGE 119 V 87 Erw. 5a).
Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:
I.Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.
II.Die Gerichtskosten von Fr. 900.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. Sie sind durch den geleisteten Kostenvorschuss von Fr. 3000.- gedeckt; der
Differenzbetrag von Fr. 2100.- wird zurückerstattet.
III. Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungsgericht des Kantons Aargau und dem Bundesamt für Sozialversicherung zugestellt.
Luzern, 29. April 2002
Im Namen des
Eidgenössischen Versicherungsgerichts
Der Präsident der II. Kammer:
Die Gerichtsschreiberin: