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Original
 
Tribunale federale
Tribunal federal
{T 0/2}
4P.47/2002 /rnd
Urteil vom 4. Juni 2002
I. Zivilabteilung
Bundesrichterin und Bundesrichter Walter, Präsident,
Klett, Nyffeler,
Gerichtsschreiber Dreifuss
X.________
Beschwerdeführerin, vertreten durch Rechtsanwalt David Horák, Utoquai 29/31, 8008 Zürich,
gegen
Y.________
Beschwerdegegnerin, vertreten durch Rechtsanwälte Dr. Marcus Desax und Philipp Haberbeck, Löwenstrasse 1, 8001 Zürich,
Kassationsgericht des Kantons Zürich
Art. 9 BV (Zivilprozess; Vollstreckung)
Staatsrechtliche Beschwerde gegen den Beschluss des
Kassationsgerichts des Kantons Zürich vom 22. Dezember 2001
Sachverhalt:
A.
Am 17. August 1999 verurteilte das Bundesgericht die Y.________ (Beklagte und Beschwerdegegnerin) auf Berufung der X.________ (Klägerin und Beschwerdeführerin), US$ 12'104'537.90 nebst Zins zu 5% seit 4. November 1991 zu bezahlen (Urteil 4C.135/1997). In der Folge rechnete die Beklagte gestützt auf Art. 84 Abs. 2 OR die zugesprochene Summe und den Zins (für die Zeit zwischen dem 4. November 1991 und dem 1. September 1999) zum Wechselkurs per 4. November 1991 in CHF um und liess der Klägerin am 2. September 1999 den Betrag von CHF 24'332'660.94 (CHF 24'162'660.94 Urteilsschuld plus CHF 170'000.-- Prozessentschädigungen) gutschreiben.
Der Betrag von CHF 24'162'660.94 ergab umgerechnet zum aktuellen Kurs einen Betrag von US$ 16'160'821.93. Da der Kurs des US$ seit der Fälligkeit am 4. November 1991 gegenüber dem CHF gestiegen war, bezifferte die Klägerin den ihr gemäss dem Urteil vom 17. August 1999 zustehenden Betrag aus Kapital und Zins dagegen auf US$ 16'848'790.10. Sie verlangte von der Beklagten die Bezahlung des durch die Währungsschwankung bedingten Fehlbetrages von US$ 688'636.98.
B.
Am 29. März 2000 machte die Klägerin beim Handelsgericht des Kantons Zürich eine Forderungsklage anhängig, in der sie (unter Vorbehalt der Nachklage) die Verurteilung der Beklagten zur Bezahlung von US$ 688'636.98 aus Währungsschaden forderte. Das Handelsgericht wies die Parteien mit instruktionsrichterlicher Verfügung vom 2. Oktober 2000 darauf hin, dass der eingeklagte (Differenz-)Betrag der Klägerin im Bundesgerichtsurteil vom 17. August 1999 bereits rechtskräftig zugesprochen worden sei und daher eine res iudicata vorliege. Es stellte daher in Aussicht, dass es auf die Klage nicht eintreten werde. Am 8. Januar 2001 sistierte das Handelsgericht das Verfahren, nachdem die Klägerin mit Eingabe vom 20. Oktober 2000 beim Einzelrichter im summarischen Verfahren des Bezirks Zürich (Audienzrichter) ein Verfahren auf Vollstreckung eingeleitet hatte.
C.
Im Vollstreckungsverfahren ersuchte die Klägerin den Audienzrichter um Erlass eines Vollstreckungsbefehls im Sinne von § 222 Ziff. 1 ZPO/ZH. Sie beantragte, "das Urteil des Bundesgerichts vom 17. August 1999 sei im Restbetrag von US$ 688'636.98 (nebst Zins) unter Androhung der Ungehorsamsstrafe gemäss Art. 292 StGB gegen die Organe der Beklagten zu vollstrecken". Mit Verfügung vom 5. März 2001 trat der Audienzrichter auf das Vollstreckungsbegehren nicht ein.
Das Obergericht des Kantons Zürich hiess am 11. Juni 2001 einen von der Klägerin hiergegen eingelegten Rekurs teilweise gut und hob die Verfügung des Audienzrichters auf. Es verpflichtete die Beklagte in Vollstreckung des Urteils des Bundesgerichts vom 17. August 1999 unter Androhung der Bestrafung ihrer Organe gemäss Art. 292 StGB, der Klägerin US$ 688'636.98 (nebst Zins) zu bezahlen.
Diesen Entscheid hob das Kassationsgericht des Kantons Zürich am 22. Dezember 2001 in Gutheissung einer Nichtigkeitsbeschwerde der Beklagten auf. Es ersetzte ihn, indem es den Rekurs der Klägerin gegen die Verfügung des Audienzrichters abwies und dessen Entscheid vom 5. März 2001 bestätigte. Das Kassationsgericht kam zum Schluss, der Audienzrichter sei zur Beurteilung des Vollstreckungsbegehrens sachlich nicht zuständig; bei der im Urteil des Bundesgerichts vom 17. August 1999 festgelegten Fremdwährungsschuld handle es sich um eine in der Schweiz zu erfüllende und nach dem Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG) zu vollstreckende Geldschuld.
D.
Mit staatsrechtlicher Beschwerde vom 11. Februar 2002 stellt die Klägerin den Antrag, es sei der Entscheid des Kassationsgerichts des Kantons Zürich vom 22. Dezember 2001 aufzuheben und das Urteil des Bundesgerichts vom 17. August 1999 im Restbetrag von US$ 688'636.98 nebst Zins zu 5% seit dem 2. September 1999 unter Androhung der Ungehorsamsstrafe gemäss Art. 292 StGB gegen die Organe der Beklagten zu vollstrecken. Sie rügt, das Kassationsgericht habe die Art. 8 ZGB, Art. 84 Abs. 2 OR und §§ 300 ff. ZPO/ZH willkürlich angewendet.
Die Beschwerdegegnerin beantragt, auf die Beschwerde sei nicht einzutreten, eventualiter sei sie abzuweisen. Das Kassationsgericht weist in seiner Stellungnahme darauf hin, dass mit Blick auf die allein streitige Frage der Zuständigkeit des Vollstreckungsrichters im angefochtenen Urteil einzig die Frage zu beantworten war, ob eine rechtskräftig beurteilte Fremdwährungsschuld im Wege kantonalrechtlicher Zwangsvollstreckung oder gemäss den Vorschriften des SchKG zu vollstrecken sei. Insbesondere sei die in der staatsrechtlichen Beschwerde aufgeworfene Frage nach dem massgeblichen Zeitpunkt der Umrechnung der Schuld in Schweizerfranken nicht zur Diskussion gestanden.
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1.
1.1 Die Beschwerdeführerin hat zur Verhinderung einer Vollstreckung der ihr in den kantonalen Entscheiden auferlegten Parteientschädigungen um Gewährung der aufschiebenden Wirkung ersucht. Dieses Begehren wird mit dem vorliegenden Entscheid gegenstandslos.
1.2 Die staatsrechtliche Beschwerde ist, von hier nicht gegebenen Ausnahmen abgesehen, kassatorischer Natur (BGE 124 I 327 E. 4 S. 332 ff mit Hinweisen). Soweit die Beschwerdeführerin mehr verlangt als die Aufhebung des angefochtenen Beschlusses, kann auf ihre Beschwerde nicht eingetreten werden.
2.
2.1 Das Kassationsgericht hat dargelegt, dass der von der Beschwerdeführerin angerufene Vollstreckungsrichter für die Vollstreckung von Geldforderungen im Sinne von Art. 38 SchKG nicht zuständig ist. Die Vollstreckung von in der Schweiz zu erfüllenden Geldschulden richte sich nach dem Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG), auch wenn es sich dabei um auf eine fremde Währung lautende Schulden handle. Einzig im Fall einer Effektiv-Schuld handle es sich um eine Sachschuld, deren Vollstreckung sich nach kantonalem Recht richte. Da die im bundesgerichtlichen Berufungsurteil vom 17. August 1999 zugesprochene Summe eine gewöhnliche Fremdwährungsschuld zum Inhalt habe, sei diese nach SchKG zu vollstrecken.
Die Beschwerdeführerin behauptet nicht, der von ihr befasste Audienzrichter sei nach dem massgebenden kantonalen Recht zuständig, sofern das Verfahren nach SchKG anwendbar ist. Insoweit rügt sie keine willkürliche Anwendung des massgebenden kantonalen Verfahrensrechts. Sie ist dagegen der Auffassung, das Kassationsgericht sei in Willkür verfallen, indem es angenommen habe, die Vollstreckung ihrer Forderung richte sich nach SchKG.
2.2 Die Rüge erweist sich als unbegründet, soweit darauf einzutreten ist. Das Bundesgericht hat die Beschwerdegegnerin im Urteil vom 17. August 1999 verpflichtet, der Beschwerdeführerin USD 12'104'537.90 nebst Zins zu 5 % seit 4. November 1991 zu bezahlen. Das Kassationsgericht erkannte, der Beschwerdeführerin sei damit keine Sachleistung sondern eine Geldleistung zugesprochen worden. Daher habe sie gemäss Art. 84 Abs. 2 OR alternativ den Gegenwert des zugesprochenen Betrags in CHF erfüllen dürfen und habe gemäss Art. 67 Abs. 1 Ziff. 3 SchKG auch die Vollstreckung in CHF zu erfolgen. Anders verhielte es sich nur dann, wenn im verpflichtenden Urteil der Effektivschuld-Charakter der zugesprochenen Geldforderung und damit der Ausschluss der Erfüllbarkeit in Landeswährung eindeutig zum Ausdruck käme.
Die Beschwerdeführerin macht unter Berufung auf eine vom Kassationsgericht verworfene Literaturmeinung (Koller, in Guhl/Koller/Schnyder/Druey, Das Schweizerische Obligationenrecht, 9. Aufl., S. 90) geltend, entgegen den Erwägungen des Kassationsgerichts hätte im Urteil die Alternativ-Ermächtigung (Art. 84 Abs. 2 OR) und nicht eine allfällige Effektiv-Klausel zum Ausdruck kommen müssen. Sie legt jedoch nicht dar und es ist nicht ersichtlich, inwiefern die gegenteilige und einlässlich begründete und belegte Ansicht des Kassationsgerichts willkürlich sein soll (Art. 90 Abs. 1 lit. b OG; BGE 127 III 279 E. 1c; 125 I 492 E. 1b, je mit Hinweisen). Der Standpunkt der Beschwerdeführerin findet auch in dem bei Koller (a.a.O.) zitierten Urteil (4C.399/1996 vom 17. Juli 1997, E. 9, SJ 1998 S. 205 ff.) keine Stütze. Inwiefern es im Übrigen falsch oder geradezu unvertretbar sein sollte anzunehmen, die Verurteilung zur Zahlung einer Fremdwährungsschuld beziehe sich grundsätzlich auf eine Geldzahlung (Art. 38 SchKG), ergibt sich aus der Begründung der Beschwerde nicht. Die Beschwerdeführerin geht auch fehl, soweit sie in diesem Zusammenhang geltend macht, die Beschwerdegegnerin hätte ihre gesetzliche Alternativermächtigung (Art. 84 Abs. 2 OR) im Verfahren, das zum Urteil des Bundesgerichts vom 17. August 1999 führte, zum Beweis verstellen müssen. Sie scheint damit zu verkennen, dass gesetzliche Rechtsfolgen nicht Gegenstand prozessualer Behauptungen bilden können.
Der Ansicht der Beschwerdeführerin, das zu vollstreckende Urteil des Bundesgerichts vom 17. August 1999 verpflichte die Beschwerdegegnerin zu einer Sachleistung und nicht zu einer Geldleistung, kann nicht gefolgt werden. Das Kassationsgericht hat ferner ohne Willkür erkannt, dass für die Vollstreckung von Geldleistungen - und sei es in fremder Währung - ausschliesslich das SchKG anwendbar ist.
3.
Demnach ist die Beschwerde abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann. Bei diesem Verfahrensausgang wird die Beschwerdeführerin kostenpflichtig (Art. 156 Abs. 1 OG). Sie hat die Beschwerdegegnerin überdies für das bundesgerichtliche Verfahren zu entschädigen (Art. 159 Abs. 2 OG). Die Bemessung von Gerichtsgebühr und Parteientschädigung richtet sich nach dem Streitwert.
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die staatsrechtliche Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf eingetreten werden kann.
2.
Die Gerichtsgebühr von Fr. 12'000.-- wird der Beschwerdeführerin auferlegt.
3.
Die Beschwerdeführerin hat die Beschwerdegegnerin für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 15'000.-- zu entschädigen.
4.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Kassationsgericht des Kantons Zürich schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 4. Juni 2002
Im Namen der I. Zivilabteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: