Eidgenössisches Versicherungsgericht
Tribunale federale delle assicurazioni
Tribunal federal d'assicuranzas
Sozialversicherungsabteilung
des Bundesgerichts
Prozess
{T 7}
I 232/02
Urteil vom 17. Dezember 2002
IV. Kammer
Besetzung
Präsidentin Leuzinger, Bundesrichter Rüedi und nebenamtlicher Richter Weber; Gerichtsschreiberin Schüpfer
Parteien
S.________, 1941 Beschwerdeführer, vertreten durch Advokat Dr. Alex Hediger, Freie Strasse 82, 4051 Basel,
gegen
IV-Stelle Basel-Stadt, Lange Gasse 7, 4052 Basel, Beschwerdegegnerin
Vorinstanz
Kantonale Rekurskommission für die Ausgleichskassen und IV−Stellen, Basel
(Entscheid vom 13. Dezember 2001)
Sachverhalt:
A.
S.________, geboren 1941, lebt seit 1961 in der Schweiz und machte sich 1977 als Taxichauffeur selbstständig. Am 28. Oktober 1998 meldete er sich zum Bezug von Leistungen der Invalidenversicherung an. Die IV−Stelle Basel-Stadt klärte die gesundheitliche und erwerbliche Situation des Versicherten ab. Dr. med. V.________ attestierte S.________ mit Bericht vom 5. November 1998 eine Arbeitsunfähigkeit als Taxifahrer von 50% seit dem 2. November 1998 bei Hypertonie mit Schwindel. Im Weiteren diagnostizierte er eine zeitweise Lumbalgie und eine leichte Diabetes. Der Versicherte reichte seine Erfolgsrechnungen der Jahre 1993 bis 1998 ein. In der Folge liess die IV−Stelle einen Abklärungsbericht für Selbstständigerwerbende erstellen, welcher am 3. März 1999 erstattet wurde. Demnach war S.________ ab Februar 1998 für alle in seinem Beruf anfallenden Tätigkeiten zu 21%, ab Juli 1998 zu 100% und ab November 1998 zu 52% arbeitsunfähig. Die Abklärungen in medizinischer Hinsicht wurden vom Zentrum für medizinische Begutachtung (ZMB) durchgeführt. Laut Expertise vom 4. April 2000 litt der Versicherte an einer depressiven Entwicklung und arterieller Hypertonie, welche seine Arbeitsfähigkeit beeinträchtigten. Als Nebendiagnosen ohne Einfluss auf die Arbeitsfähigkeit wurden ein Diabetes mellitus Typ II, eine gemischte Hyperlipidämie und ein tendomyotisches Thorakolumbalsyndrom aufgeführt. Die Experten erachteten seine Arbeitsfähigkeit ab 1998 zu 20% und im Zeitpunkt der Begutachtung zu 50% eingeschränkt.
Gestützt darauf lehnte die IV−Stelle das Rentenbegehren nach Durchführung des Vorbescheidverfahrens und einer erneuten Erkundigung bei Dr. med. V.________ (Bericht vom 24. September 2000) mit Verfügung vom 26. Februar 2001 ab.
B.
Die dagegen erhobene Beschwerde wies die Kantonale Rekurskommission für die Ausgleichskassen und die IV−Stellen, Basel (heute: Sozialversicherungsgericht Basel-Stadt), mit Entscheid vom 13. Dezember 2001 ab.
C.
S.________ lässt Verwaltungsgerichtsbeschwerde führen mit dem Rechtsbegehren, in Aufhebung des kantonalen Entscheides sei ihm eine halbe Rente basierend auf einer mindestens 50%igen Invalidität, zuzusprechen. Ferner ersucht er um Gewährung der unentgeltlichen Prozessführung und Verbeiständung.
Die IV−Stelle und das Bundesamt für Sozialversicherung verzichten auf eine Vernehmlassung.
D.
Mit Eingabe vom 26. April 2002 lässt S.________ sein Gesuch um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege zurückziehen.
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:
1.
1.1 Die Vorinstanz hat die Bestimmungen und Grundsätze über den Begriff der Invalidität (Art. 4 Abs. 1 IVG), die Voraussetzungen und den Umfang des Anspruches auf eine Invalidenrente ( Art. 28 Abs. 1 und 1bis IVG ), die Bemessung des Invaliditätsgrades bei erwerbstätigen Versicherten nach der Einkommensvergleichsmethode (Art. 28 Abs. 2 IVG; BGE 104 V 136 Erw. 2a und b; vgl. auch BGE 128 V 30 Erw. 1) sowie die Rechtsprechung zur Bedeutung ärztlicher Berichte und Gutachten für die Invaliditätsbemessung (BGE 115 V 134 Erw. 2, 114 V 314 Erw. 3c, 105 V 158 Erw. 1; vgl. auch BGE 125 V 261 Erw. 4 mit Hinweisen) zutreffend dargelegt. Darauf wird verwiesen.
1.2 Zu ergänzen ist, dass für die Vornahme des Einkommensvergleichs grundsätzlich auf die Gegebenheiten im Zeitpunkt des allfälligen Rentenbeginns abzustellen ist. Bevor die Verwaltung über einen Leistungsanspruch befindet, muss sie indessen prüfen, ob allenfalls in der dem Rentenbeginn folgenden Zeit eine erhebliche Veränderung der hypothetischen Bezugsgrössen eingetreten ist. Gegebenenfalls hat sie vor ihrem Entscheid einen weiteren Einkommensvergleich durchzuführen (noch nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlichtes Urteil B. vom 23. Mai 2002, U 234/00).
2.
Streitig ist der Anspruch des Beschwerdeführers auf eine halbe Rente. Aktenmässig erstellt und letztinstanzlich unbestritten ist insbesondere der Gesundheitszustand des Versicherten bzw. dessen Auswirkungen auf seine Arbeitsfähigkeit (vgl. BGE 125 V 413). Bleibt zu prüfen, ob der Einkommensvergleich von Verwaltung und Vorinstanz richtig vorgenommen worden ist.
2.1 Das Valideneinkommen basiert laut IV−Stelle auf dem Durchschnitt der Jahre 1993 bis 1997 gemäss persönlichem Abrechnungskonto (IK-Auszug) zuzüglich einer teuerungsbedingten Anpassung. Es wurde auf Fr. 15'576.- beziffert. Das Einkommen des Jahres 1998 hat die Verwaltung nicht in ihre Berechnung miteinbezogen, weil der Beschwerdeführer damals in seiner Arbeitsfähigkeit schon stark eingeschränkt gewesen sei. Die Kantonale Rekurskommission korrigierte die Schätzung insofern, als sie das Einkommen des Jahres 1998 mitberücksichtigte, den Aufwand in der Erfolgsrechnung jedoch um Fr. 1'100.- erhöhte, da davon auszugehen sei, dass die Abweichung bei den allgemeinen Unkosten im Jahre 1998 gegenüber den vorhergehenden Jahren auf eine mangelhafte Erfassung der Ausgaben zurückzuführen sei. Die Vorinstanz errechnete ein Valideneinkommen von Fr. 18'411.-.
2.2 Der Beschwerdeführer macht geltend, es sei für die Bestimmung des Valideneinkommens auf den Gewinn des Jahres 1998 von Fr. 22'021.- zuzüglich eines "Privatanteils" von Fr. 1'800.- abzustellen, wobei die Summe um 20% zu erhöhen sei, da er laut Gutachten des ZMB vom 4. April 2000 spätestens ab Anfang jenes Jahres in diesem Umfang arbeitsunfähig gewesen sei. Das massgebliche Valideneinkommen beziffere sich auf Fr. 28'585.20. Dieser Betrag sei verglichen mit dem Lohn eines fest angestellten Taxifahrers von Fr. 38'400.- jährlich immer noch sehr tief.
2.3 Letzterem Argument ist zu entgegnen, dass der Beschwerdeführer sich über mehrere Jahre hinweg mit einem sehr bescheidenen Einkommen aus selbstständiger Erwerbstätigkeit begnügte. Auch ein solches ist jedoch massgebend für die Festlegung des Valideneinkommens, wenn der Versicherte dieses erzielte, als seine Arbeitsunfähigkeit noch nicht beeinträchtigt war (vgl. BGE 125 V 157 Erw. 5c/bb; Urteil A. vom 31. Juli 2001 Erw. 4a, I 1/01; Meyer-Blaser, Rechtsprechung des Bundesgerichts zum IVG, Zürich, 1997, S. 208). Diese Voraussetzungen sind vorliegend gegeben, so dass es gerechtfertigt erscheint, für die Ermittlung des Valideneinkommens auf die Einkünfte der Jahre 1993 bis 1998 abzustellen. In Übereinstimmung mit der Vorinstanz ist von einem Durchschnittseinkommen mehrerer Jahre auszugehen (ZAK 1985 S. 466). Offensichtlich hat der Beschwerdeführer 1998 ein höheres Einkommen als in den vorangegangenen Jahren erzielt, wobei die Einnahmen 1998 mit Fr. 30'399.- weniger als 10% über jenen des Jahres 1997 lagen und sich dann 1999 auf Fr. 24'489.- verminderten. Auffallend sind jedoch die in den Jahren 1993 bis 1999 eher gleich bleibenden Auslagen für Treibstoff (1993: Fr. 4'441; 1994: Fr. 4'112.-; 1995: Fr. 4'452.-; 1996: Fr. 4'223.-; 1997: Fr. 4'618.-; 1998: Fr. 4'295.-; 1999: Fr. 4'276.-), obwohl gerade diese variablen Kosten sich doch stärker hätten verändern müssen, wenn tatsächlich eine wesentliche Veränderung der Erwerbsmöglichkeiten eingetreten wäre. Insbesondere hätte sich dann von 1997 bis 1998 eine Zunahme der Treibstoffbezüge ergeben müssen. Stattdessen liegt ein Rückgang von Fr. 4'618.- auf Fr. 4'295.- vor. Die übrigen Aufwandpositionen sind demgegenüber zu einem sehr wesentlichen Anteil fixe Auslagen, die sich nur in einem weitaus kleineren Ausmass proportional zu den Einnahmen verändern. Gerade wenn diese Überlegungen in die Beurteilung miteinbezogen werden, erweist sich das Abstellen auf die Durchschnittseinkünfte der Jahre 1993 bis 1998 zur Festlegung des Valideneinkommens als sachgerecht.
2.4 Es rechtfertigt sich daher auch nicht, für das Jahr 1998 eine Aufrechnung von 20 % vorzunehmen, da es sich dabei nur um einen medizinisch-theoretischen Wert an Einschränkung handelt, wie er im Gutachten des ZMB vom 4. April 2000 aufgeführt wird. Wie die kantonale Rekursbehörde erkannte, hat sich diese Einschränkung nicht effektiv auf das Erwerbseinkommen des Beschwerdeführers ausgewirkt. Das Argument, erst im Jahre 1998 habe es eine starke Verbesserung der Erwerbsmöglichkeiten gegeben, wie in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde vorgebracht, kann in dieser Form nicht zutreffend sein, hatte der Versicherte doch in den vorangegangenen Jahren ähnliche oder sogar höhere Auslagen an Treibstoff. Wenn er im Jahre 1998 in stärkerem Ausmass hätte Taxifahrten ausführen können, wären auch diese Kosten entsprechend angestiegen.
2.5 Zu Diskussionen Anlass gibt weiter der sogenannte "Privatanteil" an Auslagen von Fr. 1'800.-. Der Beschwerdeführer verlangt, dass dieser Betrag zu den von der Vorinstanz ermittelten Einkommenswerten hinzugezählt wird. Er verkennt dabei, dass der Privatanteil in den von ihm in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde angeführten Werten bereits korrekt berücksichtigt wurde. Der Privatanteil ist derjenige Anteil an den Auslagen, der nicht geschäftsmässig begründet ist, da er keine Gewinnungskosten für die Einkommenserzielung, sondern private Einkommensverwendung darstellt (vgl. Reich in: Kommentar zum Schweizerischen Steuerrecht I/2a, Art. 16 DBG N. 42). Der Privatanteil, der in den fraglichen Jahren vom Beschwerdeführer selber mit Fr. 1'800.- beziffert wurde, vermindert in diesem Umfange den Geschäftsaufwand, indem dieser Betrag vom Geschäftsaufwand subtrahiert wird. Der Versicherte hat dies für das Jahr 1997 korrekt selber vorgenommen, währenddem er in den Jahren 1993, 1994, 1995, 1996, 1998 und 1999 anstatt einer Subtraktion eine Addition vornahm, was natürlich zu einem falschen Ergebnis führte, weil dadurch der Aufwand, anstatt um den privaten Anteil der Auslagen vermindert zu werden, noch um diesen Betrag erhöht wurde.
2.6 Schliesslich nahm die Vorinstanz bei der Erfolgsrechnung für das Jahr 1998 eine Korrektur vor, indem sie den Aufwand um Fr. 1'100.‑ erhöhte. Die dafür angegebenen Gründe sind jedoch nicht stichhaltig, da auch in den verschiedenen früheren Jahren sehr ähnliche Aufwandzahlen wie im Jahre 1998 vorlagen. Unter Berücksichtigung eines Einkommens für das Jahr 1998 von Fr. 22'021.- und den von der Vorinstanz zutreffend ermittelten teuerungsbereinigten Einkünften der Jahre 1993 bis 1997 resultiert für alle sechs Jahre zusammen ein Total von Fr. 111'568.- bzw. ein Durchschnitt von Fr. 18'595.-. Dieser Wert entspricht dem massgebenden Valideneinkommen.
3.
3.1 Für die Ermittlung des Invalideneinkommens haben IV−Stelle und Vorinstanz auf die vom Beschwerdeführer im Jahre 1999 angegebenen Einkünfte abgestellt. Dies erweist sich als sachgerecht, auch wenn die Verfügung erst am 26. Februar 2001 erging. Wie in Erwägung 2.2 hievor ausgeführt, ist der Einkommensvergleich auf den Zeitpunkt eines möglichen Rentenbeginns vorzunehmen. Gemäss dem unbestrittenen medizinischen Sachverhalt ist die Arbeitsfähigkeit des Beschwerdeführers seit Anfang 1998 zu 20% und seit 1999 zu 50% eingeschränkt. Es ist daher nicht zu beanstanden, wenn der Einkommensvergleich zur Ermittlung des Invaliditätsgrades per 1999 vorgenommen wurde. Es gibt keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass sich der Sachverhalt bis zum Verfügungserlass wesentlich verändert hätte.
3.2 Der Beschwerdeführer rügt bei der Ermittlung des Invalideneinkommens lediglich die gegenüber dem deklarierten Gewinn von Fr. 11'827.- vorgenommene Aufrechnung von Fr. 3'600.-. Hier ist jedoch unter Verweis auf die vorstehende Erwägung 2.5 zu vermerken, dass auch für das Jahr 1999 vom Beschwerdeführer fälschlicherweise eine Addition statt eine Subtraktion des Privatanteiles zum Aufwand vorgenommen wurde. Damit ergibt sich aber eine Erhöhung des vom Beschwerdeführer in seiner Erfolgsrechnung angegebenen Gewinns von Fr. 11'827.- um Fr. 3'600.- auf Fr. 15'427.-. Eine an Stelle einer Subtraktion vorgenommene Addition wirkt sich naturgemäss um den doppelten Betrag aus. Der Bruttoumsatz von Fr. 24'489.- bleibt dabei unverändert, während sich der Aufwand von Fr. 12'662.- um Fr. 3'600.- auf Fr. 9'062.- reduziert. Damit ergibt sich ein massgebendes Invalideneinkommen von Fr. 15'427.-. In Beziehung gesetzt zum Valideneinkommen von Fr. 18'595.- resultiert somit ein rentenausschliessender Invaliditätsgrad von 17,04%.
4.
Das Verfahren ist kostenlos (Art. 134 OG). Dem Prozessausgang entsprechend steht dem Beschwerdeführer keine Parteientschädigung zu (Art. 159 Abs. 2 in Verbindung mit 135 OG). Das in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde gestellte Gesuch um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege und Verbeiständung wurde vom Beschwerdeführer am 26. April 2002 zurückgezogen, da er in der Zwischenzeit von seiner Rechtsschutzversicherung die entsprechende Versicherungsdeckung erhalten hat. Ab wann Kostengutsprache geleistet wurde und ob sich die im kantonalen Entscheid gewährte unentgeltliche Verbeiständung im Wissen um diese neue Tatsache rechtfertigt, kann vorliegend offen bleiben.
Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:
1.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.
2.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.
3.
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird als durch Rückzug erledigt vom Geschäftsverzeichnis abgeschrieben.
4.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht Basel-Stadt, der Ausgleichskasse Basel-Stadt und dem Bundesamt für Sozialversicherung zugestellt.
Luzern, 17. Dezember 2002
Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts
Die Präsidentin der IV. Kammer: Die Gerichtsschreiberin: