Eidgenössisches Versicherungsgericht
Tribunale federale delle assicurazioni
Tribunal federal d'assicuranzas
Sozialversicherungsabteilung
des Bundesgerichts
Prozess
{T 7}
U 115/02
Urteil vom 23. Dezember 2002
II. Kammer
Besetzung
Präsident Schön, Bundesrichterin Widmer und Bundesrichter Ursprung; Gerichtsschreiber Hadorn
Parteien
L.________, 1946, Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwältin Dr. Barbara Wyler, Zürcherstrasse 191, 8500 Frauenfeld,
gegen
Schweizerische Unfallversicherungsanstalt, Fluhmattstrasse 1, 6004 Luzern, Beschwerdegegnerin
Vorinstanz
Verwaltungsgericht des Kantons Thurgau, Weinfelden
(Entscheid vom 6. Februar 2002)
Sachverhalt:
A.
Der bei der Schweizerischen Unfallversicherungsanstalt (SUVA) gegen die Folgen von Berufs- und Nichtberufsunfällen obligatorisch versicherte L.________ (geb. 1946) erlitt am 3. Juni 1998 einen Unfall. Die SUVA erbrachte die gesetzlichen Leistungen, stellte diese aber mit Verfügung vom 12. April 2000 ein. Auf Einsprache von L.________ sprach ihm die SUVA mit Verfügung vom 15. März 2001 auf Grund eines Invaliditätsgrades von 25 % ab 1. Mai 2000 eine entsprechende Rente zu.
Die dagegen erhobene Einsprache hiess die SUVA mit Entscheid vom 26. April 2001 teilweise gut, indem sie den Rentenbeginn auf 1. April 2000 vorverlegte. Die Gewährung einer Integritätsentschädigung lehnte sie weiterhin ab. Zudem hielt sie fest, dass der Gehörschaden zurzeit abgeklärt und hierüber eine besondere Verfügung erlassen werde.
B.
Beschwerdeweise verlangte L.________ eine Rente von mindestens 50 % und eine Integritätsentschädigung. Mit Entscheid vom 6. Februar 2002 wies das Verwaltungsgericht des Kantons Thurgau die Beschwerde ab.
C.
L.________ lässt Verwaltungsgerichtsbeschwerde führen und die im kantonalen Verfahren gestellten Rechtsbegehren erneuern. Ausserdem beantragt er die Gewährung der unentgeltlichen Verbeiständung.
Die SUVA schliesst auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde, während das Bundesamt für Sozialversicherung auf eine Vernehmlassung verzichtet.
Nach Abschluss des Schriftenwechsels liess L.________ neue Unterlagen einreichen.
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:
1.
Das kantonale Verwaltungsgericht hat die gesetzlichen Grundlagen für den Rentenanspruch in der Unfallversicherung ( Art. 18 Abs. 1 und 2 UVG ) richtig dargelegt, worauf verwiesen wird. Zu ergänzen ist, dass der Versicherte nach Art. 24 Abs. 1 UVG Anspruch auf eine angemessene Integritätsentschädigung hat, wenn er durch den Unfall eine dauernde erhebliche Schädigung der körperlichen oder geistigen Integrität erleidet. Im Übrigen kann auf die im Einspracheentscheid zutreffend wiedergegebenen weiteren Vorschriften zur Integritätsentschädigung (Art. 25 Abs. 1 UVG; Art. 36 Abs. 1 UVV; Anhang 3 zur UVV) verwiesen werden.
2.
Vorliegend sind einzig die Ansprüche auf Rente und Integritätsentschädigung zu prüfen. Auf die Ausführungen zu den beruflichen Eingliederungsmassnahmen wird nicht eingegangen, da dieser Punkt in den Bereich der Invalidenversicherung fällt, während das Unfallversicherungsgesetz keine derartigen Massnahmen kennt. Ebenso wenig ist zu untersuchen, ob und gegebenenfalls in welcher Weise der Gehörschaden sich auf die Leistungen der SUVA auswirkt, nachdem die Anstalt diesbezüglich noch Abklärungen durchführt.
2.1 Hinsichtlich des Rentenanspruchs stimmen die medizinischen Unterlagen insoweit überein, als dem Beschwerdeführer wegen der somatischen Unfallfolgen am Knie keine schweren körperlichen Tätigkeiten mehr zumutbar sind. Gemäss dem Austrittsbericht der Rehabilitationsklinik X.________ vom 3. Mai 1999 sei dem Versicherten eine ganztags durchgeführte Umschulung auf den Beruf eines Lageristen oder Verkäufers zumutbar. Auch subjektiv fühle er sich in der Lage, in einer angepassten Tätigkeit den ganzen Tag zu arbeiten. Anlässlich der kreisärztlichen Untersuchung vom 10. April 2000 kam Dr. med. B.________, SUVA-Facharzt FHM für Chirurgie, zum gleichen Schluss (Bericht vom 11. April 2000). Gestützt auf einen anhand dieser Angaben erstellten Einkommensvergleich gelangte die SUVA zu einem (an sich rechtsprechungswidrig aufgerundeten, vgl. BGE 127 V 129) Invaliditätsgrad von 25 %.
2.2 Es ist kein triftiger Grund ersichtlich, weshalb bezüglich des Knieleidens nicht auf diese medizinischen Unterlagen abgestellt werden könnte. Die hiegegen vorgelegten Zeugnisse von Dr. med. R.________, Orthopäde, vom 6. Juni 2000 und Dr. med. D.________, Internist, vom 23. März 2001 bringen keine relevanten Gesichtspunkte ins Spiel: Dr. R.________ kommt zum Ergebnis, dass eine Umschulung auf eine leichtere Tätigkeit zumutbar sei, das Kurzzeugnis vom Dr. D.________ enthält keinerlei Begründung. Sodann trifft zwar zu, dass die Klinik X.________ schreibt, der Beschwerdeführer habe bei der Berufserprobung eine vierstündige Arbeitszeit von 8 bis 12 Uhr "durchgehalten". Dies ist jedoch nicht in dem Sinn zu verstehen, dass der Versicherte diesen Einsatz mit Mühe gerade noch geschafft habe, wie in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde geltend gemacht wird. Der entsprechende Satz ist vielmehr im Kontext zu lesen. Die Klinik X.________ fährt anschliessend fort: "Er arbeitete ohne besondere Probleme sitzend oder stehend, ohne Probleme Arbeiten über Schulter und Brusthöhe, vorgeneigte Haltung, Sitzen, Handkraft, Handfunktion. Leicht eingeschränkt sind Stehen, Gehen, Treppensteigen, nicht möglich ist das Gehen auf unebenem Gelände, Arbeiten auf Leitern." Nach dem Gesagten ist erstellt, dass auf Grund der somatischen Unfallfolgen jedenfalls bis zum Datum des Einspracheentscheides (26. April 2001), welcher rechtsprechungsgemäss die zeitliche Grenze der richterlichen Überprüfungsbefugnis bildet (BGE 116 V 248 Erw. 1a), kein Anspruch auf eine höhere Rente bestanden hat. Soweit der Beschwerdeführer eine Ver-schlechterung der Knieleiden geltend macht, bleibt ihm das Recht auf die Meldung von Rückfällen und Spätfolgen an die SUVA gewahrt.
2.3 Gestützt auf die psychischen Leiden kann ebenfalls keine höhere Rente ausgerichtet werden. Denn von den nach der Rechtsprechung für die Bejahung des adäquaten Kausalzusammenhangs bei mittelschweren Unfällen aufgestellten Kriterien (BGE 115 V 140 Erw. 6c/aa) sind weder mehrere zugleich noch ein einzelnes in besonders ausgeprägter Weise erfüllt: am 3. Juni 1998 rutschte der Versicherte auf nasser Unterlage aus und verletzte sich am linken Knie. Dieses Ereignis ist, wenn nicht als banal, so höchstens als mittelschwer in Grenzbereich zu den leichten Unfällen zu klassieren. Es war nicht besonders eindrücklich und erfolgte ohne eindrückliche Begleitumstände, die erlittenen Verletzungen waren nicht besonders schwer, ärztliche Fehlbehandlungen sind nicht eingetreten, der Heilungsverlauf war weder besonders schwierig noch ergaben sich dabei erhebliche Komplikationen, und auch Grad und Dauer der physisch bedingten Arbeitsunfähigkeit waren nicht aussergewöhnlich. Einzig das Kriterium der Dauerschmerzen könnte allenfalls als erfüllt betrachtet werden, was für die Bejahung des adäquaten Kausalzusammenhangs nicht ausreicht.
2.4 Der Anspruch auf Integritätsentschädigung ist in Übereinstimmung mit dem Bericht des SUVA-Arztes vom 11. April 2000 und den zutreffenden Erwägungen im Einspracheentscheid der SUVA, auf welche verwiesen wird, ebenfalls abzuweisen. In der Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird nichts vorgebracht, was Anlass zu einer abweichenden Beurteilung böte.
3.
Daran vermögen auch die nach Abschluss des Schriftenwechsels vorgelegten neuen Akten nichts zu ändern. Soweit deren Einreichung prozessual überhaupt zulässig war (vgl. dazu BGE 127 V 353), enthalten sie in Bezug auf die hier einzig zu prüfenden Knieleiden nichts Neues. Die Erwägungen der Eidgenössischen Rekurskommission der AHV/IV für die im Ausland wohnenden Personen im Entscheid vom 29. Juli 2002 können nicht unbesehen auf den vorliegenden Fall angewendet werden. Denn sie betreffen die Invalidenversicherung, welche als finale Versicherung im Unterschied zur Unfallversicherung den gesamten Gesundheitszustand des Beschwerdeführers zu prüfen hat. Demgegenüber ist die SUVA vorliegend nur insoweit leistungspflichtig, als natürlich und adäquat kausale Unfallfolgen bestehen. Mehrere der von der Eidgenössischen Rekurskommission erwähnten Leiden (Gehörschaden, Hypertonie) sind unfallfremd und die psychischen Beeinträchtigungen nicht adäquat unfallkausal (Erw. 2.3 hievor). Hinsichtlich der Kniebeschwerden sind angesichts der übereinstimmenden medizinischen Unterlagen zumindest für den hier zu beurteilenden Zeitraum (Erw. 2.2 hievor in fine) keine weiteren Abklärungen notwendig.
4.
Das Verfahren ist kostenfrei (Art. 134 OG). Die unentgeltliche Verbeiständung kann gewährt werden, da die entsprechenden Voraussetzungen (BGE 125 V 202 Erw. 4a) erfüllt sind. Der Beschwerdeführer wird jedoch auf Art. 152 Abs. 3 OG hingewiesen, wonach er dem Gericht Ersatz zu leisten haben wird, falls er dereinst hiezu im Stande sein sollte.
Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:
1.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.
2.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.
3.
Zufolge Gewährung der unentgeltlichen Verbeiständung wird Rechtsanwältin Dr. Barbara Wyler für das Verfahren vor dem Eidgenössischen Versicherungsgericht aus der Gerichtskasse eine Parteientschädigung von Fr. 2500.- (einschliesslich Mehrwertsteuer) ausgerichtet.
4.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Thurgau und dem Bundesamt für Sozialversicherung zugestellt.
Luzern, 23. Dezember 2002
Im Namen des Eidg. Versicherungsgerichts
Der Präsident der II. Kammer: Der Gerichtsschreiber: