Tribunale federale
Tribunal federal
{T 1/2}
1P.293/2002 /sta
Urteil vom 30. Dezember 2002
I. Öffentlichrechtliche Abteilung
Bundesgerichtsvizepräsident Aemisegger, Präsident,
Bundesrichter Reeb, Féraud, Catenazzi, Fonjallaz,
Gerichtsschreiberin Gerber.
Kurt Wasserfallen, Scharnachtalstrasse 9, 3006 Bern, Beschwerdeführer, vertreten durch Fürsprecher Dr. Andreas Jost, Gesellschaftsstrasse 27, Postfach 6858, 3001 Bern,
gegen
Stadt Bern, handelnd durch den Gemeinderat, dieser vertreten durch seinen Rechtskonsulenten, Stadtkanzlei, Postfach, 3000 Bern 8,
Regierungsrat des Kantons Bern, Postgasse 68, 3011 Bern, vertreten durch die Justiz-, Gemeinde- und Kirchendirektion des Kantons Bern, Münstergasse 2, 3011 Bern.
Reglement über die Ablieferung von Entschädigungen von Mitgliedern des Gemeinderates aus der Parlamentstätigkeit,
Staatsrechtliche Beschwerde gegen den Entscheid des Regierungsrats des Kantons Bern vom 24. April 2002.
Sachverhalt:
A.
Am 26. Oktober 2000 beschloss der Stadtrat von Bern das Reglement über die Ablieferung von Entschädigungen von Mitgliedern des Gemeinderates aus der Parlamentstätigkeit in der Bundesversammlung und im Grossen Rat des Kantons Bern (Ablieferungsreglement). Es verpflichtet die Mitglieder des Gemeinderates, drei Viertel der Entschädigungen aus der Parlamentstätigkeit (ausgenommen Spesen und Vorsorgeentschädigungen) der Stadtkasse abzuliefern. Der Stadtratsbeschluss steht unter dem Vorbehalt des fakultativen Referendums und wurde am 2. November 2000 im Stadtanzeiger publiziert.
B.
Kurt Wasserfallen, Nationalrat, Gemeinderat und Polizeidirektor der Stadt Bern, führte am 4. Dezember 2000 Gemeindebeschwerde gegen das Ablieferungsreglement. Mit Entscheid vom 6. April 2001 wies die Regierungsstatthalterin II von Bern die Beschwerde ab.
C.
Gegen den Entscheid der Regierungsstatthalterin erhob Kurt Wasserfallen Beschwerde beim Regierungsrat des Kantons Bern. Am 24. April 2002 wies der Regierungsrat die Beschwerde ab.
D.
Gegen den Entscheid des Regierungsrats erhob Kurt Wasserfallen am 27. Mai 2002 staatsrechtliche Beschwerde an das Bundesgericht wegen Verletzung des Stimmrechts und Willkür. Er beantragt, der Beschwerdeentscheid des Regierungsrats des Kantons Bern vom 24. April 2002 und das Reglement des Stadtrates der Stadt Bern über die Ablieferung von Entschädigungen von Mitgliedern des Gemeinderates aus der Parlamentstätigkeit in der Bundesversammlung und im Grossen Rat des Kantons Bern vom 26. Oktober 2000 seien aufzuheben.
E.
Die Stadt Bern beantragt, die Beschwerde sei abzuweisen, soweit auf sie eingetreten werden könne. Die Justiz-, Gemeinde- und Kirchendirektion des Kantons Bern schliesst namens des Regierungsrats auf Beschwerdeabweisung. Im zweiten Schriftenwechsel hielten alle Beteiligten an ihren Rechtsbegehren fest.
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1.
1.1 Angefochten ist ein Entscheid des Regierungsrats, der als letzte kantonale Instanz (Art. 86 Abs. 1 OG) über die Rechtmässigkeit eines kommunalen Erlasses entschieden hat. Hiergegen steht die staatsrechtliche Beschwerde ans Bundesgericht offen (Art. 84 Abs. 2 OG). Mit dieser Beschwerde kann eine Verletzung des Stimmrechts (Art. 85 lit. a OG) oder verfassungsmässiger Rechte der Bürger (Art. 84 Abs. 1 lit. a OG) gerügt werden. Der Beschwerdeführer erhebt in erster Linie Stimmrechtsbeschwerde, weil das Ablieferungsreglement eine Bestimmung der Gemeindeordnung abändere und deshalb dem obligatorischen und nicht nur dem fakultativen Referendum unterliege. Darüber hinaus rügt er die Verletzung des Willkürverbots (Art. 9 BV).
1.2 Zur Erhebung der Stimmrechtsbeschwerde ist der Beschwerdeführer als stimmberechtigter Bürger der Gemeinde Bern befugt (BGE 118 Ia 184 E. 1b S. 188 mit Hinweisen). Er ist aber auch zur staatsrechtlichen Beschwerde wegen Verletzung seiner verfassungsmässigen Rechte legitimiert (Art. 88 OG), weil er durch das Ablieferungsreglement verpflichtet wird, die Entschädigung aus seiner Tätigkeit als Nationalrat an die Stadtkasse abzuliefern, und damit persönlich in seiner Rechtsstellung berührt wird.
1.3 Die Stadt Bern macht geltend, die Stimmrechtsbeschwerde sei unzulässig: Die Rüge, der Stadtrat habe eine Bestimmung der Gemeindeordnung nicht durch ein einfaches Reglement abändern dürfen, müsse mittels der Beschwerde wegen Verletzung des Prinzips der Gewaltenteilung erhoben werden.
Nach ständiger Rechtsprechung ist die Rüge, eine von der Exekutive erlassene Verordnung widerspreche inhaltlich dem Gesetz bzw. sei vom Gesetz nicht abgedeckt, nicht mit Stimmrechtsbeschwerde, sondern mit Verfassungsbeschwerde wegen Verletzung der Gewaltenteilung geltend zu machen (grundlegend BGE 104 Ia 305 E. 1b S. 308 und 105 Ia 349 E. 4b S. 360 ff.; bestätigt in BGE 123 I 41 E. 6b S. 46; Entscheid 1P.451/1998 vom 9. November 1998 E. 1b, publ. in Pra 1999 Nr. 88 S. 486; Entscheid 1P.77/1998 vom 26. November 1998 E. 7, publ. in RDAT 1999 I 11 40). Dagegen wurde die Stimmrechtsbeschwerde, soweit sie die politischen Rechte im Bereich der Rechtsetzung betrifft, gegen Erlasse der Legislative immer für zulässig gehalten (so schon der Grundsatzentscheid BGE 105 Ia 349 E. 4b S. 361/362, vgl. auch Etienne Grisel, Initiative et référendum populaires, 2. Aufl., S. 143 f. Rz. 342, Christoph Hiller, Die Stimmrechtsbeschwerde, Zürich 1990, S. 111 Fn. 84). Eine Verletzung des Gewaltenteilungsprinzips im Verhältnis zwischen der Legislative und der Stimmbürgerschaft stellt zugleich eine direkte Verletzung des verfassungsrechtlich gewährleisteten Stimmrechts dar, die mit Stimmrechtsbeschwerde gerügt werden kann.
Dies gilt auch im vorliegenden Fall: Hätte die Ablieferungspflicht auf Stufe der Gemeindeordnung geregelt werden müssen, wie der Beschwerdeführer meint, so hätte sie dem obligatorischen und nicht nur dem fakultativen Referendum unterlegen (Art. 116 Abs. 1 KV/BE; Art. 23 Abs. 1 lit. c des Berner Gemeindegesetzes vom 16. März 1998 [GG]; Art. 36 lit. a der Gemeindeordnung der Stadt Bern vom 18. April 1999 [GO]). Die Rüge, ein Erlass sei zu Unrecht dem fakultativen statt dem obligatorischen Referendum unterstellt worden, kann mit Stimmrechtsbeschwerde geltend gemacht werden (Christoph Hiller, Die Stimmrechtsbeschwerde, Zürich 1990, S. 111). Dabei darf es keinen Unterschied machen, ob der Stadtrat formell eine Änderung der Gemeindeordnung beschliesst und diese zu Unrecht nicht dem obligatorischen Referendum unterstellt, oder zu Unrecht die Rechtsform des - nur dem fakultativen Referendum unterliegenden - Reglements wählt. Das Bundesgericht hat denn auch die Stimmrechtsbeschwerde in einem Fall zugelassen, in dem geltend gemacht wurde, das kantonale Parlament habe eine Verfassungsnorm statt durch eine Bestimmung der Verfassungsstufe durch eine solche mit Gesetzesrang geändert (BGE 106 Ia 389 ff.; Walter Kälin, Staatsrechtliche Beschwerde, 2. Aufl., S. 103). Dann aber muss auch die entsprechende Rüge auf kommunaler Ebene (Änderung der Gemeindeordnung durch blosses Reglement) mit Stimmrechtsbeschwerde erhoben werden können.
1.4 Schliesslich hält die Stadt Bern die Stimmrechtsbeschwerde für unzulässig, weil der Beschwerdeführer nur das Ablieferungsreglement und nicht den Beschluss des Stadtrats vom 26. Oktober 2000 angefochten und die Verletzung des Stimmrechts erstmals vor Bundesgericht gerügt habe.
Dies trifft nicht zu: Schon in seiner Gemeindebeschwerde vom 4. Dezember 2000 hatte der Beschwerdeführer gerügt, mit dem Erlass des angefochtenen Ablieferungsreglements habe der Stadtrat auf der Stufe des Reglements eine Regelung getroffen, die den Stimmberechtigten vorbehalten sei. Damit hat er nicht nur die Gesetzmässigkeit des Reglements bestritten, sondern implizit auch eine Verletzung des Stimmrechts gerügt, und zwar nicht durch den Inhalt des Erlasses, sondern durch den Beschluss des Stadtrats vom 26. Oktober 2000, mit dem die Ablieferungspflicht in Form eines Reglements beschlossen wurde. Insofern stellt die Rüge der Stimmrechtsverletzung kein Novum dar und ist im Folgenden materiell zu prüfen.
1.5 Auf die rechtzeitig erhobene Beschwerde ist daher grundsätzlich, unter dem Vorbehalt rechtsgenügend begründeter Rügen (Art. 90 Abs. 1 lit. b OG), einzutreten.
2.
Bei Stimmrechtsbeschwerden prüft das Bundesgericht nicht nur die Auslegung von Bundesrecht und kantonalem Verfassungsrecht frei, sondern auch diejenige anderer kantonaler Vorschriften, welche den Inhalt des Stimm- und Wahlrechts normieren oder mit diesem in engem Zusammenhang stehen. Die Anwendung anderer Vorschriften und die Feststellung des Sachverhalts prüft das Bundesgericht nur unter dem Blickwinkel des Willkürverbots (BGE 123 I 152 E. 2b S. 155; 175 E. 2d S. 178 ff.; 121 I 1 E. 2 S. 2 f.; 291 E. 1c S. 293; 334 E. 2b S. 338). Soweit der Beschwerdeführer die Verletzung anderer verfassungsmässiger Rechte rügt, ohne Zusammenhang mit dem Stimmrecht, prüft das Bundesgericht die Auslegung und Anwendung des Verfassungsrechts des Bundes und des Kantons frei, die Handhabung des übrigen kantonalen und kommunalen Rechts dagegen nur unter dem Blickwinkel des Willkürverbots .
2.1 Der Beschwerdeführer macht geltend, die Ablieferungspflicht aus Parlamentstätigkeit stelle eine Abänderung der Gemeindeordnung, des Organisationsreglements der Stadt Bern, dar. Da das Organisationsreglement einer Gemeinde gemäss Art. 116 Abs. 1 KV/BE und Art. 23 Abs. 1 lit. c GG obligatorisch der Volksabstimmung unterliegt, hätte auch die Ablieferungspflicht durch formelle Änderung der Gemeindeordnung bzw. in einem separaten Organisationsreglement beschlossen und dem obligatorischen Referendum unterstellt werden müssen.
Die Regierungsstatthalterin von Bern hielt diese Rüge aus zwei Gründen für unzutreffend: Zum einen enthalte die Gemeindeordnung der Stadt Bern keine Regelung über die Ablieferungspflicht; zum anderen gehöre die Ablieferungspflicht nicht zu den zwingend im Organisationsreglement zu regelnden Fragen mit der Folge, dass eine entsprechende Bestimmung des Organisationsreglements durch ein einfaches, nicht der obligatorischen Volksabstimmung unterliegendes Reglement hätte abgeändert werden können. Diese Rechtsauffassung wird auch von der Gemeinde Bern geteilt.
Dagegen geht der Regierungsrat in seinem Entscheid davon aus, das Organisationsreglement stehe auf einer höheren Erlassstufe; ihm komme eine absolute Vorrangstellung gegenüber anderen Reglementen der Stimmberechtigten oder des Parlaments zu, auch hinsichtlich derjenigen Bestimmungen, die nicht zwingend ins Organisationsreglement gehört hätten. Er hält die Beschwerde jedoch für unbegründet, weil die Gemeindeordnung der Stadt Bern weder eine ausdrückliche noch eine stillschweigende Regelung der Ablieferungspflicht enthalte, weshalb der Stadtrat zur Regelung dieser Materie unter dem Vorbehalt des fakultativen Referendums zuständig gewesen sei.
Es ist unstreitig, dass die Ablieferungspflicht keine organisationsreglements-pflichtige Bestimmung ist und per se nicht der obligatorischen Volksabstimmung unterliegen würde.
2.2 Damit stellen sich im vorliegenden Fall im Wesentlichen zwei Fragen:
Zu prüfen ist erstens die Rechtsauffassung der Stadt Bern und der Regierungsstatthalterin, wonach Bestimmungen des Organisationsreglements (hier: der Gemeindeordnung der Stadt Bern) durch ein Reglement des Gemeindeparlaments (hier: Stadtrat) abgeändert oder aufgehoben werden können, wenn es sich um Materien handelt, die nicht zwingend im Organisationsreglement zu regeln sind. Diese Frage weist einen engen Bezug zum Stimmrecht auf, da sie die Abgrenzung zwischen Organisationsreglement und einfachem Reglement und damit zwischen dem obligatorischen und dem nur fakultativen Referendum betrifft. Sie ist deshalb vom Bundesgericht mit freier Kognition zu prüfen.
Dieses Problem der Normenhierarchie stellt sich jedoch nur, wenn die Gemeindeordnung der Gemeinde Bern überhaupt eine Regelung über die Ablieferungspflicht enthält. Zur Beantwortung dieser (zweiten) Frage, müssen die Artikel 91 und 92 der Gemeindeordnung ausgelegt werden. Es handelt sich um Bestimmungen über die Rechtsstellung der Gemeinderäte, die nicht direkt den Inhalt und die Ausübung der politischen Rechte betreffen, denen aber im vorliegenden Fall streitentscheidende Bedeutung zukommt. Es stellt sich deshalb die Frage, mit welcher Kognition das Bundesgericht die Auslegung dieser Artikel durch den Regierungsrat überprüft.
2.3 Im Entscheid BGE 123 I 175 E. 2d S. 178 ff. hatte das Bundesgericht im Zusammenhang mit der Überprüfung einer kommunalen Initiative eine vergleichbare Kognitionsfrage zu beantworten: Soll die Vereinbarkeit der Initiative mit kantonalem Gesetzesrecht nur unter dem Blickwinkel des Willkürverbots geprüft werden, weil das einschlägige kantonale Recht nicht direkt den Inhalt und die Ausübung der politischen Rechte betrifft, oder soll die Auslegung des kantonalen Rechts frei geprüft werden, weil die Gültigkeit der Initiative davon abhängt? Im genannten Entscheid wird zunächst ein Überblick über die divergierende Praxis des Bundesgerichts in dieser Frage gegeben (E. 2d/bb S. 179 f. mit Hinweisen). Anschliessend wird die Praxis in dem Sinne präzisiert, dass nur kantonale oder kommunale Normen, die das verfassungsrechtlich garantierte Stimmrecht konkretisieren, frei auszulegen sind. Dagegen sind Normen, die eine beliebige Materie regeln und in keinem Zusammenhang mit den politischen Rechten stehen, nur unter dem Blickwinkel des Willkürverbots zu prüfen, auch wenn ihrer Auslegung für die materielle Gültigkeit einer Initiative entscheidend ist. Solche Vorschriften konkretisieren das Stimmrecht nicht und können daher keine freie Überprüfung beanspruchen. Diese habe sich auf den unmittelbaren Bereich der politischen Stimmberechtigung zu beschränken (a.a.O., E. 2d/cc S. 180 f.; bestätigt in Entscheid 1P.633/2000 E. 2c, publ. in SJ 2001 I 253).
An dieser - in BGE 123 I 175 präzisierten Praxis ist festzuhalten. Die Stimmrechtsbeschwerde dient dem Schutz der in Art. 34 BV gewährleisteten politischen Rechte, deren Inhalt und Umfang auf Kantons- und Gemeindeebene durch das kantonale und kommunale Recht umschrieben wird. Das Bundesgericht muss deshalb alle diejenigen Normen frei auslegen können, die diese politischen Rechte konkretisieren; dagegen gibt es keinen Grund, diese erweiterte Kognition auch auf alle anderen Normen anzuwenden, die im streitigen Fall eine Rolle spielen.
Da die Artikel 91 und 92 der Berner Gemeindeordnung keine Konkretisierung des Stimmrechts darstellen, ist ihre Auslegung nur unter dem Blickwinkel der Willkürkognition zu prüfen.
3.
Die Gemeindeordnung der Stadt Bern enthält im 6. Kapitel "Gemeinderat" folgende Bestimmungen:
Art. 91 Einsitz in Institutionen
1. Soweit das öffentliche Interesse es erfordert, vertreten Mitglieder des Gemeinderates die Stadt in wirtschaftlichen, gemeinnützigen und kulturellen Unternehmungen und Organisationen. Der Gemeinderat bestimmt die Vertretung. Vorbehalten bleibt die Wahlbefugnis des Stadtrates.
2. ...
3. Entschädigungen fallen mit Ausnahme der Spesenentschädigungen in die Stadtkasse.
Art. 92 Politische Ämter
1. Dem Grossen Rat und der Bundesversammlung dürfen insgesamt höchstens zwei Gemeinderatsmitglieder angehören. Ein Gemeinderatsmitglied darf nicht gleichzeitig dem Grossen Rat und der Bundesversammlung angehören.
2. Wird bei Wahlen in den Gemeinderat, den Grossen Rat oder die Bundesversammlung die erlaubte Zahl überschritten und kommt es nicht zu einem freiwilligen Verzicht, haben sich die amtsjüngeren Mitglieder für das eine oder andere Amt zu entscheiden. Zwischen Mitgliedern mit gleichem Amtsalter im Gemeinderat entscheidet das Los.
3.1 Der Beschwerdeführer ist der Auffassung, Art. 92 GO sei als qualifiziertes Schweigen des Gemeindeordnungsgebers zu verstehen: Die Gemeindeordnung differenziere bewusst zwischen dem Einsitz in Institutionen und der Übernahme politischer Ämtern. Im ersten Fall sehe sie eine Ablieferungspflicht vor (Art. 91 Abs. 3 GO), während die Ablieferungspflicht bei parlamentarischen Mandaten ausgeschlossen sei.
3.2 Dagegen verneint der Regierungsrat das Vorliegen eines qualifizierten Schweigens: Eine Diskussion über eine Ablieferungspflicht betreffend Entschädigungen aus parlamentarischer Tätigkeit sei im Stadtrat erstmals bei der Beratung der parlamentarischen Initiative Zysset vom 9. März 2000 bzw. des gemeinderätlichen Gegenvorschlags vom 29. August 2000 geführt worden. Zwar sei im Zusammenhang mit der Beratung der neuen Gemeindeordnung im Jahre 1997 ein Antrag Rüegsegger gestellt worden, der eine Ablieferungspflicht angestrebt habe. Dieser Antrag sei jedoch zurückgezogen worden, bevor im Stadtrat darüber habe diskutiert werden können. Im Wesentlichen sei die alte Ordnung in die neue Gemeindeordnung übernommen worden. Danach habe, mangels ausdrücklicher Regelung, keine Abgabepflicht bestanden. Dies sei jedoch nicht als bewusster Entscheid auszulegen, dass keine Regelung über die Ablieferung von Entschädigungen erlassen werden dürfe. Es sei möglich, dass der Stadtrat sich damals mit der Ablieferungspflicht nicht befasst habe, weil man eine Regelung in der Gemeindeordnung nicht als nötig erachtete und die Angelegenheit dem Gemeinderat überlassen wollte. In diese Richtung weise ein Gemeinderatsbeschluss aus dem Jahr 1988, der eine Abgabe von Fr. 6'000.-- für die Mitgliedschaft im Nationalrat und eine Abgabe in ähnlicher Relation für die Mitgliedschaft im Grossen Rat vorgesehen habe. Offenbar sei dieser Beschluss nicht sehr konsequent gehandhabt und später wieder aufgehoben worden. Zu keinem anderen Ergebnis führten die vom Beschwerdeführer angeführten gesetzessystematischen Überlegungen: Da einerseits die Einsitznahme in Institutionen und die Ablieferungspflicht für Entschädigungen aus dieser Tätigkeit und andererseits die Einsitznahme im Parlament in der Gemeindeordnung geregelt werden, wäre es nahe liegend gewesen, auch das vierte Element, nämlich die Ablieferung von Entschädigungen aus Parlamentstätigkeit, in der Gemeindeordnung zu regeln. Dies sei jedoch nicht geschehen.
3.3 Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers beruht diese Auslegung des Regierungsrats - die mit derjenigen der Gemeinde Bern und der Regierungsstatthalterin übereinstimmt - nicht auf willkürlichen Sachverhaltsannahmen: Die Protokolle der Spezialkommission Gemeindeordnung vom 18. März 1997 und vom 20. Mai 1997 sowie des Stadtrats vom 16. Oktober 1997 und vom 21. November 1997 belegen, dass bei der Beratung von Art. 91 GO (damals: Art. 89 des Entwurfs) immer nur über die Möglichkeit der Kumulation politischer Ämter und die Anzahl der Gemeinderäte, denen der Einsitz im Parlament des Kantons oder des Bundes erlaubt werden solle, gesprochen wurde. Auch in der Botschaft des Stadtrats an die Gemeinde betreffend die Gemeindeabstimmung vom 18. April 1999 wird nur dieser Aspekt angesprochen. Über die Frage der Ablieferung oder Nichtablieferung der Einkünfte aus der Parlamentstätigkeit wurde nie diskutiert. Auch wenn die Stadträte und Stimmberechtigten wussten, dass Parlamentarier eine Entschädigung für ihre Tätigkeit erhalten, stand doch das Schicksal dieser Entschädigung nie zur Debatte.
3.4 Auch die rechtliche Schlussfolgerung des Regierungsrats, über die Ablieferung oder Nichtablieferung dieser Entschädigung sei weder positiv noch negativ entschieden worden, ist keineswegs willkürlich. Möglicherweise wäre eine andere Auslegung, gestützt auf die vom Beschwerdeführer vorgebrachten Argumente (u.a. Wortlaut der Vorgängerbestimmungen, Entstehungsgeschichte, Systematik der Gemeindeordnung, Gründe für eine unterschiedliche Behandlung des Einsitzes in Institutionen und der Übernahme parlamentarischer Mandate) ebenfalls vertretbar oder sogar vorzuziehen. Die Auslegung des Regierungsrats ist jedoch weder offensichtlich unhaltbar noch verletzt sie krass eine Norm, einen unumstrittenen Rechtsgrundsatz oder den Gerechtigkeitsgedanken (zur Willkürdefinition vgl. BGE 125 I 166 E. 2a S. 168; 125 II 10 E. 3a S. 15; 129 E. 5b S. 134; je mit Hinweis).
3.5 Ist mit dem Regierungsrat davon auszugehen, dass Art. 92 GO keine Regelung hinsichtlich der Ablieferungspflicht enthält, war der Stadtrat befugt, diese Frage in Form eines Reglements zu regeln. Die oben aufgeworfene Frage der Normhierarchie zwischen nicht organisationsreglementspflichtigen Bestimmungen der Gemeindeordnung und Reglementen des Stadtrats kann deshalb offen bleiben. Im Ergebnis liegt somit keine Verletzung des Stimmrechts vor.
4.
Der Beschwerdeführer rügt ferner, das Ablieferungsreglement sei sachwidrig und unverhältnismässig. Eine Ablieferung von drei Vierteln aller für die Parlamentstätigkeit ausgerichteter Entschädigungen (mit Ausnahme von Mahlzeiten, Übernachtungs- und Reiseentschädigungen sowie für Vorsorgeentschädigungen) trage weder dem erheblichen Zeitaufwand eines Grossrats-, National- oder Ständeratsmandats noch dem Nutzen, den die Stadt aus einer Parlamentstätigkeit von Gemeinderäten ziehe, Rechnung. In diesem Zusammenhang (und nicht als selbständige Rüge der Verletzung des Wahlrechts) macht der Beschwerdeführer geltend, die Ablieferungspflicht schränke indirekt das passive Wahlrecht ein. Schliesslich sei es untragbar, dass das Ablieferungsreglement während einer Nationalrats-Amtsdauer in Kraft gesetzt werden könnte.
4.1 Der Beschwerdeführer beruft sich nicht auf ein spezifisches, durch das Ablieferungsreglement eingeschränktes Grundrecht, sondern auf das verfassungsmässige Verhältnismässigkeitsprinzip (Art. 5 Abs. 2 BV). Dieses stellt kein selbständiges verfassungsmässiges Recht dar. Seine Missachtung kann deshalb ausserhalb seiner Funktion als Schranke von Grundrechtsbeschränkungen (vgl. Art. 36 Abs. 3 BV) nur im Rahmen einer Willkür- oder Rechtsgleichheitsbeschwerde geltend gemacht werden (BGE 125 I 161 E. 2b S. 163; 123 I 1 E. 10 S. 11; Kälin, a.a.O. S. 69). Daran hat sich auch unter dem Geltungsbereich der neuen Bundesverfassung nichts geändert (vgl. BBl 1997 I 133; Andreas Auer/Giorgio Malinverni/Michel Hottelier, Droit constitutionnel suisse, Vol. I, Bern 2000, Rz. 1907, S. 681 f.; zur vergleichbaren Rechtslage im Hinblick auf das Legalitätsprinzip vgl. BGE 127 I 60 E. 3a S. 67). Der Beschwerdeführer erhebt denn auch ausdrücklich die Rüge der Verletzung des Willkürverbots (Art. 9 BV).
4.2 Der Regierungsrat hat in seinem Entscheid ausführlich dargelegt, dass die Regelung des Ablieferungsreglements auf einer vertretbaren Interessenabwägung beruhe und das passive Wahlrecht nicht in unzulässiger Weise einschränke (vgl. angefochtener Entscheid, E. 5 S. 13 f., auf die verwiesen wird). Der Beschwerdeführer setzt sich mit der Argumentation des Regierungsrats nicht näher auseinander und legt nicht dar, inwiefern die Ablieferungspflicht geradezu willkürlich sei. Auf seine Rüge ist daher mangels rechtsgenügender Begründung nicht einzutreten (Art. 90 Abs. 1 lit. b OG).
4.3 Gleiches gilt für die Rüge zur Inkraftsetzung des Ablieferungsreglements während der Nationalrats-Amtsdauer: Der Regierungsrat hat festgestellt , dass der Gemeinderat die Inkraftsetzung des Reglements noch nicht beschlossen habe (angefochtener Entscheid, E. 5 S. 14 unten); dies wird vom Beschwerdeführer nicht bestritten. Er legt auch nicht dar, inwiefern eine Inkraftsetzung während der laufenden Nationalrats-Amtsdauer zu erwarten sei und inwiefern dies seine verfassungsmässigen Rechte verletzen würde.
5.
Nach dem Gesagten ist die Beschwerde abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist. Praxisgemäss wird bei der Stimmrechtsbeschwerde auf die Erhebung von Gerichtskosten verzichtet (BGE 113 Ia 43 E. 3 S. 46). Es sind keine Parteientschädigungen zuzusprechen (Art. 159 Abs. 2 OG).
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die staatsrechtliche Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
2.
Es werden keine Kosten erhoben.
3.
Es werden keine Parteientschädigungen zugesprochen.
4.
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, der Stadt Bern und dem Regierungsrat des Kantons Bern schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 30. Dezember 2002
Im Namen der I. öffentlichrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Die Gerichtsschreiberin: