Eidgenössisches Versicherungsgericht
Tribunale federale delle assicurazioni
Tribunal federal d'assicuranzas
Sozialversicherungsabteilung
des Bundesgerichts
Prozess
{T 7}
I 401/02
Urteil vom 24. Januar 2003
II. Kammer
Besetzung
Präsident Schön, Bundesrichter Ursprung und Frésard; Gerichtsschreiberin Schüpfer
Parteien
D.________, 1944, Beschwerdeführerin, vertreten durch Rechtsanwältin Christina Ammann, Bahnhofstrasse 12, 8610 Uster,
gegen
IV-Stelle des Kantons Zürich, Röntgenstrasse 17, 8005 Zürich, Beschwerdegegnerin
Vorinstanz
Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich, Winterthur
(Entscheid vom 29. April 2002)
Sachverhalt:
A.
D.________, geboren 1944, erlitt am 26. Juni 1999 eine distale, stark dislozierte, intraartikuläre Radiusfraktur links. Sie musste sich mehreren operativen Eingriffen unterziehen. Am 14. November 2000 meldete sie sich bei der Invalidenversicherung zum Bezug einer Rente an. Die IV-Stelle des Kantons Zürich klärte die medizinische und erwerbliche Situation ab und zog Akten der involvierten Unfallversicherung (Zürich Versicherungen, im Folgenden: Zürich) bei. Nach Durchführung eines Vorbescheidverfahrens sprach sie der Versicherten mit Verfügung vom 19. Oktober 2001 aufgrund eines Invaliditätsgrades von 100 % eine vom 1. Juni 2000 bis 31. Dezember 2000 befristete ganze Invalidenrente zu. Sie ging dabei von einer teilweisen Erwerbstätigkeit von 73 % und einem ergänzenden Wirken im eigenen Haushalt aus. Für den Zeitraum nach dem 1. Januar 2001 lehnte die IV-Stelle das Begehren mangels rentenbegründender Invalidität ab.
B.
Die hiegegen erhobene Beschwerde, mit welcher im Wesentlichen die Ausrichtung einer halben Rente ab Januar 2001 beantragt wurde, hiess das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich mit Entscheid vom 29. April 2002 in dem Sinne teilweise gut, als der Rentenanspruch ab 1. Januar 2001 verneint wurde, und wies die Sache - bei einem festgestellten Invaliditätsgrad im erwerblichen Bereich von 31 % - zur weiteren Abklärung der Invalidität im Haushaltsbereich an die IV-Stelle zurück.
C.
D.________ lässt mit dem Antrag Verwaltungsgerichtsbeschwerde führen, es seien ihr weiterhin bis mindestens Juni 2002 eine Invalidenrente aufgrund einer 100%igen Erwerbsunfähigkeit und ab Juli 2002 eine solche auf der Basis von mindestens 50 % auszurichten.
Während die IV-Stelle des Kantons Zürich auf Abweisung des Begehrens schliesst, verzichtet das Bundesamt für Sozialversicherung auf eine Vernehmlassung.
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:
1.
Das kantonale Gericht hat die massgebenden Bestimmungen über die Voraussetzungen und den Umfang des Rentenanspruchs ( Art. 28 Abs. 1 und 1bis IVG ), die Bemessung des Invaliditätsgrades bei erwerbstätigen Versicherten nach der Einkommensvergleichsmethode (Art. 28 Abs. 2 IVG), bei Nichterwerbstätigen, namentlich im Haushalt tätigen Versicherten, nach der spezifischen Methode (Art. 28 Abs. 3 IVG in Verbindung mit Art. 27 Abs. 1 und 2 IVV ) sowie bei teilerwerbstätigen Versicherten nach der gemischten Methode (Art. 27bis Abs. 1 IVV) zutreffend dargelegt. Ebenfalls richtig wiedergegeben hat die Vorinstanz die Rechtsprechung zur Bestimmung der anwendbaren Bemessungsmethode (vgl. BGE 125 V 150 Erw. 2c, 117 V 194 Erw. 3b), zu den auf eine befristet ausgerichtete Invalidenrente anwendbaren Grundsätzen über die Revision einer Verfügung (Art. 41 IVG; BGE 121 V 275 Erw. 6b/dd; AHI-Praxis 1999 S. 246 Erw. 3a) und zum Beweiswert von ärztlichen Berichten (BGE 125 V 352 Erw. 3a). Darauf kann verwiesen werden.
Zu ergänzen ist, dass das am 1. Januar 2003 in Kraft getretene Bundesgesetz über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG) vom 6. Oktober 2000 im vorliegenden Fall nicht anwendbar ist, da nach dem massgebenden Zeitpunkt des Erlasses der streitigen Verfügung (hier: 19. Oktober 2001) eingetretene Rechts- und Sachverhaltsänderungen vom Sozialversicherungsgericht nicht berücksichtigt werden (BGE 127 V 467 Erw. 1, 121 V 366 Erw. 1b).
2.
Einig ist man sich, dass die Beschwerdeführerin ohne Behinderung weiterhin wie vor dem Unfall einer Teilerwerbstätigkeit im Umfang von 73 % nachgehen würde. Ebenso unbestritten ist, dass sie nach dem Unfall vom 26. Juni 1999 zu 100 % arbeitsunfähig war, womit sie nach Ablauf des Wartejahres ab Juni 2000 Anspruch auf eine ganze Invalidenrente hatte. Strittig ist, ob bereits ab 1. Januar 2001 allein aus erwerblicher Sicht, ein Anspruch auf eine ganze oder eine halbe Rente bestand.
2.1 Wird gleichzeitig eine Rente zugesprochen und diese revisionsweise, in sinngemässer Anwendung von Art. 41 IVG und Art. 88a IVV, herauf- oder herabgesetzt oder aufgehoben, liegt ein zwar komplexes, im Wesentlichen jedoch einzig durch die Höhe der Leistung und der Anspruchsperioden definiertes Rechtsverhältnis vor. Der Umstand allein, dass Umfang und allenfalls Dauer des Rentenanspruchs über den verfügungsweise geregelten Zeitraum hinweg variieren, ist unter anfechtungs- und streitgegenständlichem Gesichtspunkt belanglos. Wird nur die Abstufung oder die Befristung der Leistungen angefochten, wird damit die gerichtliche Überprüfungsbefugnis nicht in dem Sinne eingeschränkt, dass unbestritten gebliebene Bezugszeiten von der Beurteilung ausgeklammert bleiben (BGE 125 V 417 f. Erw. 2d mit Hinweisen).
2.2 Verwaltung wie Vorinstanz stützen sich für ihre Invaliditätsschätzung primär auf einen Arztbericht von Dr. med. F.________, Leitender Arzt Handchirurgie, Spital X.________, vom 13. Dezember 2000. Demnach sei die Osteotomie praktisch als vollständig konsolidiert zu bezeichnen. Radiologisch seien zwar beginnende degenerative Gelenksveränderungen im Rahmen der multifragmentären Gelenksfraktur bekannt, diese seien aber für die schon in Ruhe vorhandenen Beschwerden keine sichere Erklärung. Die Beschwerdeführerin sei bei Tätigkeiten eingeschränkt, welche das Heben und Tragen von Lasten sowie Kraftarbeiten mit der adominanten linken Hand, oder die eine aktive Handgelenksbewegung unter Belastung erforderten. In einer behinderungsangepassten Tätigkeit - ohne Einsatz der linken Hand - könne sie ganztags arbeiten. Diese Beurteilung wird durch Prof. Dr. med. S.________, Leitender Arzt der Abteilung für Hand- und Mikrochirurgie, Spital Y.________, in seinem Gutachten vom 7. Mai 2001 geteilt. Demnach könne die linke Hand nur als wenig kraftvolle und durch Schmerzen eingeschränkt einsetzbare Beihand benutzt werden. Die Funktionsfähigkeit der linken Hand sei auf die Hälfte einer gesunden Hand beschränkt. Aufgrund dieser Berichte ermittelte die IV-Stelle gestützt auf Angaben von drei verschiedenen Arbeitsstellen (DAP-Zahlen) ein Invalideneinkommen von Fr. 33'462.- und ein Valideneinkommen für das Jahr 2000 von Fr. 38'649.-, was einen Invaliditätsgrad von 13 % ergab. Das Sozialversicherungsgericht Zürich erkannte, dass der Validenlohn Fr. 40'147.- betrage und errechnete das zumutbarerweise zu erzielende Invalideneinkommen bei einem behinderungsbedingten Abzug von 15 % vom Durchschnittseinkommen für ungelernte Arbeitnehmerinnen auf Fr. 27'721.-. Im erwerblichen Bereich betrage die Invalidität der Beschwerdeführerin 31 %, was anteilig zur prozentualen Erwerbstätigkeit 23 % ergebe. Hinzu komme die noch zu ermittelnde Invalidität im Haushaltsbereich.
2.3 Die Beschwerdeführerin wendet dagegen ein, im Dezember 2001 habe sie sich einer Metallentfernung unterziehen müssen, womit sie ab November 2001 weiterhin zu 100 % arbeitsunfähig gewesen sei. Die Zürich habe eine ununterbrochene volle Arbeitsunfähigkeit bis zum 31. März 2002 anerkannt, womit sie auch bei der Invalidenversicherung bis zu jenem Zeitpunkt Anspruch auf eine ganze Rente habe. Bei der Ermittlung des Invalideneinkommens sei übersehen worden, dass die Ärzte sie als praktische Einhänderin beurteilten. Dies sei mit einem invaliditätsbedingten Abzug von den Tabellenlöhnen gemäss den Lohnstrukturerhebungen des Bundesamtes für Statistik (LSE) von mindestens 25 % zu berücksichtigen. Ein Gutachten von Dr. phil. B.________ vom 5. Mai 2002 habe ergeben, dass sie nur mehr ca. vier Stunden am Tag arbeiten könne und dabei auf ein jährliches Invalideneinkommen von Fr. 14'950.- käme. Das ergebe bei einem von der Vorinstanz ermittelten Valideneinkommen von Fr. 40'147.- einen Invaliditätsgrad von 63 %.
3.
3.1 Gemäss dem auf die vorliegende Konstellation analog anwendbaren Art. 88a Abs. 1 IVV (vgl. BGE 121 V 275 Erw. 6b/dd mit Hinweis) ist bei einer Verbesserung der Erwerbsfähigkeit die anspruchsbeeinflussende Änderung für die Herabsetzung oder Aufhebung der Leistung von dem Zeitpunkt an zu berücksichtigen, in dem angenommen werden kann, dass sie voraussichtlich längere Zeit dauern wird. Sie ist in jedem Fall zu berücksichtigen, nachdem sie ohne wesentliche Unterbrechung drei Monate angedauert hat und voraussichtlich weiterhin andauern wird. Zu prüfen ist, ob sich der Sachverhalt ab 1. Januar 2001 aus rein erwerblichen Gesichtspunkten - nachdem die Verhältnisse im Haushalt noch abzuklären sein werden - entsprechend verbessert haben.
3.2 Laut Verfügung vom 19. Oktober 2001 war die Beschwerdeführerin bis Ende 2000 unfallbedingt voll arbeitsunfähig. Ab Januar 2001 sei ihr wieder ganztags eine behinderungsangepasste Tätigkeit zumutbar. Das ergibt sich aus den Arztberichten. Im ärztlichen Zwischenbericht an die Unfallversicherung vom 20. Juli 2000 legte Dr. med. F.________ dar, dass eine Wiederaufnahme der Arbeit noch nicht vorgesehen sei, dass man sich aber für die Zuweisung einer leichten Arbeit verwenden solle. Auch in jenem vom 6. Oktober 2000 wiederholt derselbe Arzt, dass zwar noch keine Wiederaufnahme vorgesehen sei; er definiert aber bereits, welche Bedingungen eine solche werde erfüllen müssen. Gegenüber der IV-Stelle führt Dr. F.________ am 13. Dezember 2000 schliesslich aus, dass es der Beschwerdeführerin nun zumutbar sei, ganztags einer behinderungsangepassten Tätigkeit nachzugehen. Den physischen Möglichkeiten angepasst seien Arbeiten, welche ohne Heben und Tragen von Lasten mit der adominanten linken Hand, ohne Kraftarbeiten links und ohne aktive Handgelenksbewegung unter Belastung erfolgen können. Damit steht fest, dass sich die gesundheitlichen Verhältnisse spätestens per Mitte Dezember 2000 insoweit geändert haben, dass der Beschwerdeführerin wieder eine Tätigkeit im zeitlichen Rahmen, wie sie sie vor dem Unfall ausgeführt hatte, zumutbar war. Damit liegt ab diesem Zeitpunkt auch ein Revisionsgrund vor.
3.3 Daran vermag auch nichts zu ändern, dass die Zürich als Unfallversicherung offenbar über jenen Zeitpunkt hinaus eine volle Arbeitsunfähigkeit anerkannt hat. Diese betrifft nur die bisherige Tätigkeit als Abwascherin in einem Labor. Spätestens seit dem 20. Juli 2000, als Dr. F.________ anregte, es sei der Betrieb um Zuweisung einer leichten Arbeit zu ersuchen und es seien Restbeschwerden und eine eingeschränkte Beweglichkeit des linken Handgelenks als bleibender Nachteil zu erwarten, wusste die Beschwerdeführerin aber, dass sie sich nach einer neuen Tätigkeit umsehen musste. Die weitergehende volle Taggeldzahlung der Unfallversicherung vermag die Invalidenversicherung daher nicht zu binden.
3.4 Soweit vorgebracht wird, im Dezember 2001 habe eine Metallentfernung stattgefunden, weshalb die Beschwerdeführerin ab jenem Zeitpunkt wieder voll arbeitsunfähig gewesen sei, ist einerseits auf Art. 88a Abs. 1 IVV hinzuweisen (vgl. Erwägung 3.1 hiervor). Hinzu kommt, dass für die Vornahme des Einkommensvergleichs grundsätzlich auf die Gegebenheiten im Zeitpunkt des allfälligen Rentenbeginns - bzw. Revisionszeitpunkts - abzustellen ist. Bevor die Verwaltung über einen Leistungsanspruch befindet, muss sie indessen prüfen, ob allenfalls in der dem Rentenbeginn folgenden Zeit eine erhebliche Veränderung der hypothetischen Bezugsgrössen eingetreten ist. Gegebenenfalls hat sie vor ihrem Entscheid einen weiteren Einkommensvergleich durchzuführen (BGE 128 V 174). Vorliegend hat bis zum Erlass der Verfügung am 19. Oktober 2001 keine weitere Änderung des Sachverhalts stattgefunden. Soweit dies während des laufenden Verfahrens der Fall gewesen sein sollte, hätte die Beschwerdeführerin diese Tatsachen in einem eigenen Revisions- bzw. Neuanmeldungsgesuch geltend zu machen.
4.
Auf der Grundlage des vorstehend von Dr. med. F.________ und Prof. med. S.________ ausgeführten Zumutbarkeitsprofils für die Zeit ab dem 13. Dezember 2000 (vgl. Erwägung 2.2 hiervor) ergibt sich ein Invaliditätsgrad von deutlich weniger als 40 %. Es kann insoweit auf die zutreffenden vorinstanzlichen Erwägungen zum Einkommensvergleich verwiesen werden. Das gilt insbesondere auch für den vom Sozialversicherungsgericht Zürich vorgenommenen Abzug von 15 % vom Tabellenlohn. Die Beschwerdeführerin ist nicht mehrfach behindert und es liegen - abgesehen von ihrer Behinderung an der linken Hand - auch sonst keine Gründe vor, welche es als wahrscheinlich erscheinen lassen, dass die Beschwerdeführerin, an einer ihren Fähigkeiten angepassten Stelle, weniger als einen durchschnittlichen Lohn verdienen würde. Den Ausführungen gemäss dem im vorliegenden Verfahren aufgelegten Gutachten vom 5. Mai 2002 von Dr. phil. B.________ ist entgegenzuhalten, dass kein Arzt die Meinung vertreten hat, die Beschwerdeführerin sei nur noch während vier Stunden täglich einsatzfähig. Es ist auch nicht nachvollziehbar, dass eine ausschliesslich an der adominanten Hand Behinderte nur teilzeitlich tätig sein kann. Aus erwerblicher Sicht liegt demnach kein rentenbegründender Invaliditätsgrad vor, womit das kantonale Urteil, mit welchem die Sache an die Verwaltung zurückgewiesen wird, damit diese nach Abklärungen über die Invalidität im Haushaltsbereich neu über den Invaliditätsgrad ab 1. Januar 2001 und damit über eine eventuelle Befristung der Rente entscheide, zu bestätigen ist.
Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:
1.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.
2.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.
3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich, der Ausgleichskasse Albicolac und dem Bundesamt für Sozialversicherung zugestellt.
Luzern, 24. Januar 2003
Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts
Der Präsident der II. Kammer: Die Gerichtsschreiberin:
i.V.