Tribunale federale
Tribunal federal
{T 0/2}
5P.448/2002 /svc
Urteil vom 6. Februar 2003
II. Zivilabteilung
Besetzung
Bundesrichter Raselli, Präsident,
Bundesrichterin Escher, Bundesrichter Meyer,
Gerichtsschreiber Schett.
Parteien
X.________,
Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt
Dr. Guido Brusa, Strassburgstrasse 10, 8004 Zürich,
gegen
Kanton Zürich, vertreten durch das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich,
Postfach 441, 8401 Winterthur,
Obergericht des Kantons Zürich, III. Zivilkammer, Postfach, 8023 Zürich.
Gegenstand
Staatsrechtliche Beschwerde gegen den Beschluss des Obergerichts des Kantons Zürich, III. Zivilkammer, vom 22. Oktober 2002.
Sachverhalt:
A.
Das Schiedsgericht in Sozialversicherungsstreitigkeiten des Kantons Zürich (nachfolgend: Schiedsgericht) verurteilte X.________ am 29. November 2001 wegen unwirtschaftlicher Behandlungsweise zur Rückerstattung von Fr. 97'627.05 an 55 Krankenversicherer und zur Tragung der Verfahrenskosten von total Fr. 9'824.--. Das Eidgenössische Versicherungsgericht wies das Wiederherstellungsgesuch von X.________ ab und trat auf seine gegen den Schiedsgerichtsentscheid erhobene Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit Urteil vom 18. März 2002 nicht ein. Das Schiedsgericht wies das anschliessende Revisionsbegehren von X.________ gegen seinen Entscheid am 7. Mai 2002 ab, worauf dieser erneut an das Eidgenössische Versicherungsgericht gelangte. Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wurde am 31. Juli 2002 gutgeheissen, soweit darauf einzutreten war, das Revisionsurteil aufgehoben und die Sache zu neuer Entscheidung an das Schiedsgericht zurückgewiesen. Die erneute Beurteilung des Revisionsbegehrens steht noch aus.
B.
Der Einzelrichter am Bezirksgericht Zürich erteilte dem Schiedsgericht in der mit Begehren vom 26. Juni 2002 anhängig gemachten Betreibung Nr. 85837 des Betreibungsamtes Zürich 2 am 29. August 2002 für den Betrag von Fr. 9'824.-- nebst Kosten die definitive Rechtsöffnung. Die von X.________ dagegen erhobene Nichtigkeitsbeschwerde wurde vom Obergericht des Kantons Zürich mit Erledigungsbeschluss vom 22. Oktober 2002 teilweise gutgeheissen und der Rechtsöffnungsbetrag auf nunmehr Fr. 7'324.-- festgelegt.
C.
Mit staatsrechtlicher Beschwerde beantragt X.________ dem Bundesgericht, den Beschluss des Obergerichts aufzuheben und das Rechtsöffnungsbegehren des Kantons Zürich abzuweisen. Sein Gesuch um Gewährung der aufschiebenden Wirkung wurde am 25. November 2002 abgewiesen.
Es sind keine Vernehmlassungen eingeholt worden.
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1.
1.1 Entscheide der letzten kantonalen Instanz über die definitive oder die provisorische Rechtsöffnung stellen Endentscheide im Sinne von Art. 87 OG dar (BGE 127 III 232 E. 1; 120 Ia 256 E. 1a; 111 III 8 E. 1; 98 Ia 348 E. 1). Auf die staatsrechtliche Beschwerde ist vorliegend auch einzutreten, soweit die Abweisung des Rechtsöffnungsgesuchs beantragt wird, da der Beschwerdeführer neben der Verletzung von Art. 9 BV sinngemäss die Verfassungsmässigkeit und Unabhängigkeit des Schiedsgerichts in Frage stellt (BGE 120 Ia 256 E. 1b).
1.2 Die Vorbringen des Beschwerdeführers sind indes nur zu prüfen, soweit sie den Begründungsanforderungen des Art. 90 Abs. 1 lit. b OG genügen. Demnach ist klar darzulegen, welche verfassungsmässigen Rechte und inwiefern sie durch den angefochtenen Entscheid verletzt worden sind. Im Verfahren der staatsrechtlichen Beschwerde prüft das Bundesgericht nur klar und einlässlich erhobene Rügen. Auf bloss appellatorische Kritik tritt es nicht ein (BGE 119 Ia 197 E. 1d). Wird der kantonalen Behörde Willkür bei der Rechtsanwendung vorgeworfen, so ist die Rechtsnorm zu bezeichnen und anhand der angefochtenen Subsumtion zu zeigen, inwiefern der Entscheid offensichtlich unhaltbar ist, mit der tatsächlichen Situation in Widerspruch steht, eine Norm oder einen unumstrittenen Rechtsgrundsatz krass verletzt oder in stossender Weise dem Gerechtigkeitsgedanken zuwiderläuft (BGE 128 I 177 E. 2.1).
2.
Der Beschwerdeführer beruft sich vorab in allgemeiner Weise auf die kantonale, eidgenössische und in der EMRK verankerte "Justizgarantie". Er sei das Opfer einer Behörde, deren Bestand und Handeln verfassungsrechtlich und gesetzlich nicht oder ungenügend verankert sei. Diese Mängel seien so schwerwiegend und die sich daraus ergebenden Rechtsverletzungen so wichtig, dass sie jederzeit von jeder Behörde von Amtes wegen zu berücksichtigen und in jedem Folgeverfahren geltend gemacht werden könnten. Die Begründung, welche für deren Rechtfertigung vorgebracht werde, sei willkürlich und verletze das Gebot der Rechtsgleichheit.
2.1 Soweit sich diese Vorbringen in allgemeiner Weise gegen die geltende Justizorganisation des Kantons Zürich und insbesondere das Schiedsgericht richten und auf die hängige Verfassungsreform Bezug nehmen, beschlagen sie nicht das vorliegende Verfahren. Sie erlauben überdies auch nicht den vom Beschwerdeführer gezogenen Schluss, die Entscheide des Schiedsgerichts würden gar keine richterlichen Urteile darstellen.
Immerhin sei darauf hinzuweisen, dass es sich beim staatlichen Schiedsgericht um eine gerichtliche Instanz zur Erledigung von Streitigkeiten zwischen Leistungserbringern und Versicherern handelt, zu deren Einrichtung jeder Kanton verpflichtet ist und deren Verfahren teilweise vorgegeben ist (Art. 89 KVG [SR 832.10], vgl. auch Art. 57 UVG [SR 832.20], Art. 26 Abs. 4 IVG [SR 831.20] und Art. 27 MVG [SR 833.1]).
2.2 Im Einzelnen rügt der Beschwerdeführer, dass in dem ihn betreffenden Schiedsgerichtsverfahren Fachrichter mitgewirkt hätten, deren Amtszeit abgelaufen sei und die teilweise nach Erlass des Urteils rückwirkend vom Regierungsrat in ihrem Amt bestätigt worden seien. Daraus leitet er die Nichtigkeit der Kostenauflage ab, die zum Rechtsöffnungsverfahren und damit zum nunmehr angefochtenen Entscheid des Obergerichts geführt hat.
Beruht die Forderung auf einem vollstreckbaren gerichtlichen Urteil, so kann der Gläubiger die definitive Rechtsöffnung verlangen (Art. 80 Abs. 1 SchKG). Gegen ein solches Gesuch stehen dem Schuldner die im Gesetz vorgesehenen Einwendungen offen (Art. 81 SchKG). Auf jeden Fall ist es abzuweisen, sofern sich der Vollstreckungstitel als nichtig erweist. Im Interesse der Rechtssicherheit und des Rechtsfriedens soll das Prinzip der blossen Anfechtbarkeit von Urteilen lediglich in Ausnahmefällen durchbrochen werden. Nichtigkeit ist daher - ausser in den vom Gesetz vorgesehenen Fällen - erst anzunehmen, wenn auf Grund der Umstände die Möglichkeit einer Anfechtung des Urteils auf dem Rechtsmittelweg den Parteien offensichtlich nicht den nötigen Rechtsschutz verschaffen würde. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts ist ein Entscheid nichtig, d.h. absolut unwirksam, wenn der ihm anhaftende Mangel besonders schwer ist, wenn er offensichtlich oder zumindest leicht erkennbar ist und wenn zudem durch die Annahme der Nichtigkeit die Rechtssicherheit nicht ernsthaft gefährdet wird (BGE 122 I 97 E. 3a/aa S. 99 mit Hinweisen). Die Erkennbarkeit ist als Konkretisierung der Gebote des Vertrauensschutzes und der Rechtssicherheit von grundlegender Bedeutung: Die Rechtsuchenden sollen in ihrem Vertrauen in die Verbindlichkeit eines einmal gefällten und eröffneten Entscheids, der sich gegen aussen als korrekt zustande gekommenes Urteil präsentiert, geschützt werden. Der durch die gesetzeskonforme Eröffnung eines Urteils erzeugte Rechtsschein hat stark vertrauensbildende Wirkung (Art. 9 ZGB). Ist die Fehlerhaftigkeit auch mit zumutbarer Aufmerksamkeit nicht zu erkennen, dürfen sich die Rechtsuchenden auf die Rechtsbeständigkeit des Entscheids verlassen, so dass in der Regel blosse Anfechtbarkeit Platz greift.
Das Obergericht ist unter Berufung auf die angeführten Kriterien zum Schluss gelangt, dass die Kostenauflage des Schiedsgerichts keinesfalls in einem nichtigen Urteil gründet. Mit dieser Begründung des angefochtenen Entscheides setzt sich der Beschwerdeführer nicht auseinander. Er beschränkt sich im Wesentlichen darauf, die Mitwirkung ehemaliger Richter zu behaupten und dem Obergericht Willkür vorzuwerfen, weil es diesen Aspekt nicht beachtet habe. Gleichzeitig führt er aber auch selber aus, dass grundsätzliche Mängel wie der vorliegende im kantonalen Revisionsverfahren geltend zu machen sind. Somit kann von einer rechtsgenüglichen Begründung der Rüge keine Rede sein (E. 1.2 hiervor).
3.
Der Beschwerdeführer wirft dem Obergericht Willkür vor, da es die Gerichtsverwaltung mit dem Kanton gleichsetze. Seiner Ansicht nach kommt dem Schiedsgericht "prozessuale Aktivlegitimation" zu. Diese Rüge geht offensichtlich fehl. Die drei Gewalten des modernen Staates, Justiz, Legislative (Parlament) und Exekutive bilden nach allgemeinem Verständnis Bestandteile der öffentlichen Hand. Rechtsfähigkeit kommt nur der betreffenden Körperschaft, hier dem Kanton, zu. Dieser wiederum handelt durch seine jeweiligen Institutionen.
Weiter rügt der Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang, dass das Begehren des Sozialversicherungsgerichts als ein solches des Schiedsgerichts behandelt werde. Aus dem angefochtenen Entscheid ergibt sich der Hinweis auf die kantonalrechtliche Regelung, wonach die Kanzleigeschäfte des Schiedsgerichts durch die Kanzlei des Sozialversicherungsgerichts besorgt werden (§ 37 Abs. 2 GSVG). Mit den entsprechenden Ausführungen des Obergerichts setzt sich der Beschwerdeführer nicht auseinander. Schliesslich bringt der Beschwerdeführer vor, entgegen der Verordnung des Obergerichts über das Rechnungswesen der Gerichte trete ein Angestellter der Gerichtsverwaltung und nicht etwa der Gerichtsschreiber im Inkassoverfahren auf. Wie es sich damit verhält, braucht vorliegend nicht geprüft zu werden. Selbst wenn die Kompetenzregelung hinsichtlich der Eintreibung der Gerichtskosten verletzt sein sollte, erweist sich der angefochtene Beschluss im Ergebnis noch nicht als unhaltbar. Dem Obergericht als Kassationsinstanz kann kein Vorwurf gemacht werden, wenn es den definitiven Rechtsöffnungsentscheid des Bezirksrichters aus dieser Sicht nicht aufgehoben hat.
4.
Der Beschwerdeführer erachtet das Schiedsgerichtsurteil als nicht vollstreckbar, da ihm ungeachtet des hängigen Revisionsverfahrens die Stundung verweigert worden sei, was wiederum willkürlich geschehen sei. Zudem werde die Anhandnahme des Revisionsgesuchs vom Schiedsgericht hinausgezögert.
Dem ist entgegen zu halten, dass sich die staatsrechtliche Beschwerde einzig gegen den Entscheid des Obergerichts richten kann und damit Vorwürfe gegenüber dem Schiedsgericht hinsichtlich seiner Arbeitsweise in einem noch laufenden Verfahren nicht zu hören sind. Es ist auch nicht ersichtlich und wird nicht einmal ansatzweise begründet, weshalb dem Beschwerdeführer ein Anspruch auf Stundung zustehen sollte (E. 1.2 hiervor). Angesichts dieser blossen Behauptung verfassungswidrigen Verhaltens grenzt der nunmehr geäusserte Verdacht der Befangenheit gegenüber dem Schiedsgericht an Mutwilligkeit, ohne dass sich das Bundesgericht zur Frage der Rechtzeitigkeit eines solchen Vorbringens äussern muss.
5.
Nach dem Gesagten ist der staatsrechtlichen Beschwerde insgesamt kein Erfolg beschieden. Bei diesem Ausgang des Verfahrens trägt der Beschwerdeführer die Kosten (Art. 156 Abs. 1 OG).
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die staatsrechtliche Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
2.
Die Gerichtsgebühr von Fr. 2'000.-- wird dem Beschwerdeführer auferlegt.
3.
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, dem Kanton Zürich und dem Obergericht des Kantons Zürich, III. Zivilkammer, schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 6. Februar 2003
Im Namen der II. Zivilabteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: