BGer 8G.33/2003 |
BGer 8G.33/2003 vom 09.04.2003 |
Tribunale federale
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{T 0/2}
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8G.33/2003 /kra
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Urteil vom 9. April 2003
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Anklagekammer
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Besetzung
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Bundesrichter Karlen, Präsident,
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Bundesrichter Fonjallaz, Marazzi,
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Gerichtsschreiber Monn.
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Parteien
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Firma Z.________,
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Beschwerdeführerin, vertreten durch Rechtsanwältin Sibylle Fankhauser, Zeltweg 44, Postfach, 8032 Zürich,
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gegen
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Eidgenössische Spielbankenkommission, 3003 Bern.
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Gegenstand
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Beschlagnahme,
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AK-Beschwerde gegen die Verfügung der Eidgenössischen Spielbankenkommission vom 26. Februar 2003.
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Sachverhalt:
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A.
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AX.________ und B.X.________ betrieben vom 1. April bis 15. September 2000 zwei illegale Internetcasinos. Sie wurden deswegen durch die Eidgenössische Spielbankenkommission (ESBK) am 25. April 2002 rechtskräftig verurteilt.
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Der Firma Z.________ in Vaduz wird vorgeworfen, sie habe die von AX.________ und B.X.________ betriebenen Internetspielbanken mit Software beliefert und deren Support sichergestellt. Dafür habe sie einen Kaufpreis von 220'000 US-Dollar verrechnet und sich zu 25 Prozent an den in den virtuellen Spielcasinos erzielten Nettospielerträgen beteiligt. In Rechnung gestellt habe die Firma Z.________ in der Zeit von 1. April bis 31. August 2000 insgesamt über 1,8 Millionen US-Dollar für Lizenz- und Unterhaltsgebühren.
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Gegen die Firma Z.________ wurde ein Verwaltungsstrafverfahren wegen des Verdachts auf Widerhandlung gegen das Bundesgesetz über Glücksspiele und Spielbanken vom 18. Dezember 1998 (SBG, SR 952.0) eröffnet. Die ESBK prüft, ob die Firma Z.________ gegen das SBG verstossen habe und ob Geld einzuziehen sei.
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B.
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Mit Verfügung vom 26. Februar 2003 sperrte die ESBK das auf die Firma Z.________ lautende Konto Nr. ... bei der UBS AG in Zug und beschlagnahmte die darauf liegenden Vermögenswerte. Die Verfügung wurde der Firma Z.________ am 28. Februar 2003 zugestellt.
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C.
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Die Firma Z.________ wendet sich mit fristgerechter Beschwerde vom 3. März 2003 an die Anklagekammer des Bundesgerichts und beantragt, die Verfügung der ESBK vom 26. Februar 2003 sei aufzuheben und die Vermögenswerte auf dem gesperrten Konto seien freizugeben (act. 1).
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Die ESBK beantragt in ihrer Stellungnahme vom 7. März 2003, die Beschwerde sei abzuweisen, soweit darauf einzutreten sei (act. 4).
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Im zweiten Schriftenwechsel halten die Parteien mit Eingaben vom 25. März und 1. April 2003 an ihren Anträgen fest (act. 8 und 10).
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Die Kammer zieht in Erwägung:
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1.
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Vom untersuchenden Beamten sind Vermögenswerte mit Beschlag zu belegen, die voraussichtlich der Einziehung unterliegen (Art. 46 Abs. 1 lit. b VStrR). Im Gegensatz zur materiellrechtlichen Einziehung stellt die Beschlagnahme lediglich eine von Bundesrechts wegen vorgeschriebene provisorische prozessuale Massnahme zur vorläufigen Sicherstellung der allenfalls der Einziehung unterliegenden Vermögenswerte dar, die dem Entscheid über die endgültige Einziehung nicht vorgreift. Voraussetzung für die Beschlagnahme ist ein hinreichender, objektiv begründeter konkreter Tatverdacht gegenüber dem Inhaber der Vermögenswerte oder einem Dritten. Im Gegensatz zum erkennenden Sachrichter hat die Anklagekammer bei der Überprüfung des Tatverdachts keine erschöpfende Abwägung der in Betracht fallenden Tat- und Rechtsfragen vorzunehmen. Es ist nicht Sache des vorliegenden Beschwerdeverfahrens, dem Sachrichter vorzugreifen, indem bereits heute die Handlungen, aus denen die sichergestellten Werte herrühren, abschliessend beurteilt werden. Die Anklagekammer hebt die Beschlagnahme nur auf, wenn die behauptete Rechtsverletzung offensichtlich ist (BGE 124 IV 313 E. 4; 120 IV 365 E. 1c).
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2.
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Die Beschwerdeführerin macht geltend, ihre Software sei auf einem Gaming-Server von AX.________ und B.X.________ installiert worden, der sich an einem Ort in Kanada befinde, wo der Betrieb von lizenzierten Online-Casinos legal sei. Das Webseitensystem sei nicht von der Schweiz aus betrieben worden, in welchem Land es folglich von vornherein keinen strafrechtlichen Anknüpfungspunkt gebe (act. 1 S. 8-10).
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Die ESBK bringt in ihrer Stellungnahme dagegen vor, die von der Beschwerdeführerin gelieferte Back-Office-Software, bei der es sich um einen unabdingbaren Bestandteil einer virtuellen Spielbank handle, sei auf Servern in der Schweiz gespeichert worden (act. 4 S. 3 Ziff. 8). Dieser Serverstandort wird von der Beschwerdeführerin im zweiten Schriftenwechsel nicht in Abrede gestellt, und sie anerkennt, dass die von ihr zur Verfügung gestellte Software die Verwaltung der einzelnen Spielerkonti vereinfacht (act. 8 S. 6/7). Es könnte sich bei der Software somit tatsächlich um einen wesentlichen Bestandteil der Spielbank gehandelt haben. Dies kann im vorliegenden Beschwerdeverfahren nicht abschliessend geprüft werden. Jedenfalls ist es nicht offensichtlich ausgeschlossen, dass die Beschwerdeführerin gemäss Art. 55 Abs. 1 lit. a SBG "Spieleinrichtungen beschafft" haben könnte.
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Die genannte Behauptung der Beschwerdeführerin trifft noch aus einem anderen Grund nicht zu. Neben dem Webseitensystem existiert noch ein so genanntes "Pubsystem", bei welchem in einem öffentlichen Lokal eine Konsole mit den vom Casinobetreiber angebotenen Spielen installiert wird. AX.________ und B.X.________ haben ihre Casinos nicht nur im Webseitensystem angeboten, sondern liessen im Kanton Tessin in mehreren öffentlichen Lokalen Konsolen installieren, mittels welchen der Zugang zu ihrem Online-Casino ermöglicht wurde (act. 1 S. 7). Folglich liegt ein Anknüpfungspunkt im Kanton Tessin vor (s. dazu unten E. 5).
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3.
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Die Beschwerdeführerin rügt, in den abgeschlossenen Verfahren gegen AX.________ und B.X.________ sei keine Einziehung von Vermögenswerten angeordnet worden. Dies könne nun nicht mehr nachgeholt werden, denn die Beschlagnahme von Vermögenswerten der Beschwerdeführerin müsse ihre Grundlage in einem Verfahren gegen diese selber haben (act. 1 S. 10).
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Sie verkennt damit, dass auch gegen sie selber eine Strafuntersuchung eingeleitet worden ist. Folglich ist ihre Rüge offensichtlich unbegründet.
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4.
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Die Beschwerdeführerin macht geltend, der angefochtenen Verfügung sei nicht zu entnehmen, inwiefern gegen sie ein Verdacht auf Widerhandlung gegen das SBG bestehe (act. 1 S. 10/11).
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Auch diese Rüge ist offensichtlich unbegründet. Der Beschwerdeführerin wird gemäss der angefochtenen Verfügung ausdrücklich vorgeworfen, sie habe die von AX.________ und B.X.________ betriebenen Internetspielbanken mit Software beliefert, deren Support sichergestellt und sich dafür entschädigen lassen (S. 2). Dass der Beschlagnahmeverfügung, die nur summarisch begründet werden muss, nicht zu entnehmen ist, aus welchen Umständen sich der Verdacht auf diese Handlungen ergibt, ist nicht zu beanstanden.
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5.
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In ihren weiteren Ausführungen anerkennt die Beschwerdeführerin ausdrücklich, dass beim "Pubsystem" die Zuständigkeit der schweizerischen Behörden bezüglich des Casinobetreibers grundsätzlich gegeben sei. Sie macht jedoch geltend, dies gelte nicht für den Hersteller der Software, die den Betrieb des Online-Casinos ermögliche. Mit der blossen Erteilung einer Nutzungslizenz für die von der Beschwerdeführerin vertriebene Software an einen in der Schweiz operierenden Casinobetreiber, von dem die Beschwerdeführerin zudem habe annehmen dürfen, dass er über eine Bewilligung verfüge, liege keine Tätigkeit vor, die einen genügenden Bezug zur Schweiz aufweise, um eine örtliche Zuständigkeit zu begründen (act. 1 S. 11/12).
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Diese Ausführungen betreffen zur Hauptsache die Frage, ob sich jemand, der für ein in der Schweiz in öffentlichen Lokalen angebotenes und illegales Internetcasino die Software geliefert hat, strafbar gemacht haben könnte. Da dies angesichts von Art. 55 Abs. 1 lit. a SBG - wonach auch strafbar ist, wer "Spieleinrichtungen beschafft" - jedenfalls nicht offensichtlich ausgeschlossen ist, braucht sich die Anklagekammer im vorliegenden Beschwerdeverfahren damit nicht weiter zu befassen.
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6.
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Schliesslich macht die Beschwerdeführerin geltend, selbst wenn eine Beschlagnahme der mit dem "Pubsystem" erwirtschafteten Lizenzerträge zulässig wäre, könnte nur ein Teil der Gewinne beschlagnahmt werden (act. 1 S. 12). Die von ihr dazu eingereichte Beilage 2 ist jedoch nicht sehr aussagekräftig. Jedenfalls ergibt sich daraus nicht mit hinreichender Sicherheit, dass der Gewinn aus dem "Pubsystem" tatsächlich nur rund 178'000 US-Dollar betragen hat.
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7.
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Die Beschwerde ist aus den genannten Gründen abzuweisen. Bei diesem Ausgang des Verfahrens hat die Beschwerdeführerin die bundesgerichtlichen Kosten zu tragen (Art. 25 Abs. 4 VStrR, Art. 156 Abs. 1 OG).
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Demnach erkennt die Kammer:
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1.
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Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
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2.
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Die Gerichtsgebühr von Fr. 1'000.-- wird der Beschwerdeführerin auferlegt.
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3.
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Dieses Urteil wird der Beschwerdeführerin und der Eidgenössischen Spielbankenkommission schriftlich mitgeteilt.
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Lausanne, 9. April 2003
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Im Namen der Anklagekammer
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des Schweizerischen Bundesgerichts
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Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:
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