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Original
 
Eidgenössisches Versicherungsgericht
Tribunale federale delle assicurazioni
Tribunal federal d'assicuranzas
Sozialversicherungsabteilung
des Bundesgerichts
Prozess
{T 7}
I 714/02
Urteil vom 7. Mai 2003
III. Kammer
Besetzung
Präsident Borella, Bundesrichter Meyer und Lustenberger; Gerichtsschreiberin Bollinger
Parteien
P.________, 1958, Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwältin Maria Londis, Wartstrasse 29, 8400 Winterthur,
gegen
IV-Stelle des Kantons Zürich, Röntgenstrasse 17, 8005 Zürich, Beschwerdegegnerin
Vorinstanz
Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich, Winterthur
(Entscheid vom 30. August 2002)
Sachverhalt:
A.
Der 1958 geborene P.________ leidet im Wesentlichen an einem Panvertebralsyndrom mit zerviko- und lumbospondylogener Komponente (Arnold-Chiari-Missbildung Typ I mit Hydrosyringomyelie im Halsmark; kernspintomographisch mediane Diskushernie C5/6 mit Kompression des Myeloms; klinisch erhebliche rechtskonvexe Torsionsskoliose; radiologisch erhebliche Fehlstatik, multiple Keilwirbeldeformation, reaktive Osteochondrosen und Spondylosen am thorakolumbalen Übergang) sowie an Periarthropathia humeroscapularis (PHS) calcarea rechts. Bis Ende 1996 arbeitete er als Hilfsspengler bei der Firma X.________ & Co, welche Stelle ihm auf den 31. Dezember 1996 gekündigt wurde, wobei er ab Mitte November 1996 in seiner angestammten Tätigkeit arbeitsunfähig war. Am 3. März 1998 meldete er sich bei der Invalidenversicherung zum Leistungsbezug (Berufsberatung und Arbeitsvermittlung) an. Die IV-Stelle des Kantons Zürich führte erwerbliche Abklärungen durch und holte Arztberichte von Hausarzt Dr. med. A.________ vom 19. März 1998 und 18. März 1999 sowie von Dr. med. B.________, Spezialarzt FMH für Neurologie, vom 10. und 30. Juni 1998 ein. Mit Vorbescheid vom 7. Juli 1999 stellte sie die Ablehnung eines Rentenanspruches in Aussicht. Auf die von P.________ daraufhin erhobene Rüge, die medizinischen und erwerblichen Abklärungen seien ungenügend, liess ihn die IV-Stelle durch die Medizinische Abklärungsstelle der Invalidenversicherung (MEDAS) Y.________ (Gutachten vom 18. August 2000) sowie im Beruflichen Trainingszentrum (Berichte vom 26. Januar und 30. März 2001), abklären und holte Stellungnahmen ihres ärztlichen Dienstes ein. Mit Verfügung vom 19. September 2001 wies sie das Leistungsbegehren infolge eines rentenausschliessenden Invaliditätsgrades von 18 % ab.
B.
Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich mit Entscheid vom 30. August 2002 ab.
C.
P.________ lässt Verwaltungsgerichtsbeschwerde führen und unter Aufhebung des angefochtenen Entscheids die Zusprechung einer ganzen Invalidenrente, eventualiter die Rückweisung der Sache an die Vorinstanz oder an die IV-Stelle zur Durchführung weiterer Abklärungsmassnahmen, beantragen.
Die IV-Stelle schliesst auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde; das Bundesamt für Sozialversicherung verzichtet auf eine Stellungnahme.
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:
1.
Das kantonale Gericht hat die gesetzlichen Bestimmungen und die Grundsätze über den Begriff der Invalidität (Art. 4 Abs. 1 IVG), die Voraussetzungen und den Umfang des Rentenanspruchs (Art. 28 Abs. 1 und 1bis IVG), die Invaliditätsbemessung bei erwerbstätigen Versicherten nach der Einkommensvergleichsmethode (Art. 28 Abs. 2 IVG; BGE 104 V 136 Erw. 2a und b) sowie die Aufgabe des Arztes bei der Invaliditätsbemessung (BGE 125 V 261 Erw. 4 mit Hinweisen) zutreffend dargelegt. Darauf wird verwiesen.
Zu ergänzen ist, dass das am 1. Januar 2003 in Kraft getretene Bundesgesetz über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG) vom 6. Oktober 2000 nicht anwendbar ist, da nach dem massgebenden Zeitpunkt des Erlasses der streitigen Verfügung (hier: 19. September 2001) eingetretene Rechts- und Sachverhaltsänderungen vom Sozialversicherungsgericht nicht berücksichtigt werden (BGE 127 V 467 Erw. 1, 121 V 366 Erw. 1b).
2.
In formeller Hinsicht macht der Beschwerdeführer geltend, der angefochtene Entscheid verletze seinen Anspruch auf rechtliches Gehör, indem das kantonale Gericht auf seine gegen die beruflichen Einsatzbereiche vorgebrachten Argumente nicht eingehe. Dem kann nicht gefolgt werden. Zum einen verpflichtet die sich aus Art. 29 Abs. 2 BV ergebende Prüfungspflicht die entscheidende Behörde nicht dazu, sich über alle Vorbringen auszusprechen; vielmehr kann sie sich auf die für den Entscheid wesentlichen Gesichtspunkte beschränken (BGE 124 V 181 Erw. 1a mit Hinweisen; zu der auch nach Inkraftsetzung der neuen Bundesverfassung weiterhin geltenden Rechtsprechung zu Art. 4 Abs. 1 aBV vgl. BGE 126 V 130 Erw. 2a). Das Gleiche gilt in Bezug auf die Begründungspflicht (BGE 126 V 80 Erw. 5b/dd mit Hinweisen). Zum andern hat die Vorinstanz, entgegen den Vorbringen in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde, die Einwendungen des Versicherten nicht unbeachtet gelassen (Erw. 3 des angefochtenen Entscheids), so dass es schon deshalb an einer Verletzung des rechtlichen Gehörs fehlt.
3.
Nach den medizinischen Unterlagen ist erstellt, dass der Beschwerdeführer die vor Eintritt des Gesundheitsschadens ausgeübte Tätigkeit als Hilfsspengler nicht mehr auszuüben vermag. Hingegen ist ihm eine der Behinderung angepasste, leichte Tätigkeit (ohne Arbeiten auf Gerüsten, Heben schwerer Lasten, dauerndes Sitzen und Bücken) sowohl nach Angaben des Hausarztes Dr. med. A.________ vom 19. März 1998, 18. März und 5. November 1999 als auch nach Einschätzung von Dr. med. B.________ vom 30. Juni 1998 zumutbar. Divergierende Wertungen liegen dagegen hinsichtlich des Umfangs der Arbeitsfähigkeit vor. Während Dr. med. A.________ davon ausgeht, eine angepasste Tätigkeit sei dem Beschwerdeführer lediglich zu 80 % möglich, erachtet Dr. med. B.________ eine solche als vollumfänglich zumutbar. Die untersuchenden Ärzte der MEDAS kamen ebenfalls zum Schluss, dem Versicherten sei eine körperlich leichte Tätigkeit zu 100 % zumutbar. Das kantonale Gericht stufte den Beschwerdeführer im Wesentlichen gestützt auf diese umfassende, allseitige und einlässlich begründete Expertise in einer leidensangepassten Tätigkeit als vollumfänglich arbeitsfähig ein. Von dieser Beurteilung abzugehen besteht keine Veranlassung, zumal das MEDAS-Gutachten die von der Rechtsprechung verlangten Beweisanforderungen (BGE 125 V 352 Erw. 3a) erfüllt und - wie die Vorinstanz zutreffend erwägt - bei der Würdigung der Einschätzungen von Hausärzten der Erfahrungstatsache Rechnung zu tragen ist, dass diese mitunter in Zweifelsfällen eher zu Gunsten ihrer Patienten aussagen (BGE 125 V 353 Erw. 3b/cc mit Hinweisen).
4.
4.1 Zu prüfen ist, ob bzw. inwiefern sich das Leistungsvermögen auf dem für den Beschwerdeführer in Frage kommenden ausgeglichenen Arbeitsmarkt wirtschaftlich verwerten lässt.
4.2 Bei der verwertbaren Restarbeitsfähigkeit darf nicht von realitätsfremden Einsatzmöglichkeiten ausgegangen werden. Insbesondere kann von einer Arbeitsgelegenheit im Sinne von Art. 28 Abs. 2 IVG dort nicht gesprochen werden, wo die zumutbare Tätigkeit in nur so eingeschränkter Form möglich ist, dass sie der allgemeine Arbeitsmarkt praktisch nicht kennt oder dass sie nur unter nicht realistischem Entgegenkommen eines durchschnittlichen Arbeitgebers möglich wäre und das Finden einer entsprechenden Stelle deshalb zum Vornherein als ausgeschlossen erscheint (ZAK 1991 S. 320 Erw. 3b, 1989 S. 321 Erw. 4a). Ferner beinhaltet der Begriff des ausgeglichenen Arbeitsmarktes nicht nur ein gewisses Gleichgewicht zwischen dem Angebot und der Nachfrage nach Stellen, sondern bezeichnet einen Arbeitsmarkt, der von seiner Struktur her einen Fächer verschiedenartiger Stellen offen hält, und zwar sowohl bezüglich der dafür verlangten beruflichen und intellektuellen Voraussetzungen wie auch hinsichtlich des körperlichen Einsatzes (BGE 110 V 276 Erw. 4b mit Hinweisen; ZAK 1991 S. 321 Erw. 3b).
Soweit der Beschwerdeführer geltend macht, auf dem ausgeglichenen Arbeitsmarkt würden keine leichten, wechselbelastenden Tätigkeiten angeboten, kann ihm nicht gefolgt werden. Solche Arbeiten sind durchaus und in ausreichender Zahl vorhanden, zumal in Industrie und Gewerbe Arbeiten, die physische Kraft erfordern, in zunehmendem Mass durch Maschinen verrichtet werden, während den körperlich weniger belastenden Bedienungs- und Überwachungsfunktionen eine stetig wachsende Bedeutung zukommt; auch im Dienstleistungssektor gibt es entsprechende Stellen (SVR 1999 IV Nr. 6 S. 15 Erw. 2 Ingress und 2b/aa). Ausserdem sind an die Konkretisierung von Arbeitsgelegenheiten und Verdienstaussichten praxisgemäss nicht übermässige Anforderungen zu stellen; vielmehr hat die Sachverhaltsabklärung nur so weit zu gehen, dass im Einzelfall eine zuverlässige Ermittlung des Invaliditätsgrades gewährleistet ist (AHI 1998 S. 290 Erw. 3b), was vorliegend zutrifft.
5.
Streitig ist sodann der von der Verwaltung vorgenommene und von der Vorinstanz im Wesentlichen bestätigte Einkommensvergleich.
5.1 Bei der Ermittlung des ohne Invalidität erzielbaren Einkommens (Valideneinkommen) ist entscheidend, was der Versicherte im massgebenden Zeitpunkt des Rentenbeginns nach dem Beweisgrad der überwiegenden Wahrscheinlichkeit als Gesunder tatsächlich verdienen würde. Die Einkommensermittlung hat so konkret wie möglich zu erfolgen. Massgebend ist, was der Versicherte aufgrund seiner beruflichen Fähigkeiten und persönlichen Umstände unter Berücksichtigung seiner beruflichen Weiterentwicklung, soweit hiefür konkrete Anhaltspunkte bestehen (Kursbesuche, Aufnahme eines Studiums etc.), zu erwarten gehabt hätte (BGE 96 V 29, ZAK 1985 S. 635 Erw. 3a sowie RKUV 1993 Nr. U 168 S. 100 f. Erw. 3b). Da nach empirischer Feststellung in der Regel die bisherige Tätigkeit im Gesundheitsfall weitergeführt worden wäre, ist Anknüpfungspunkt für die Bestimmung des Valideneinkommens häufig der zuletzt erzielte, der Teuerung sowie der realen Einkommensentwicklung angepasste Verdienst (RKUV 1993 Nr. U 168 S. 101 Erw. 3b am Ende; vgl. auch ZAK 1990 S. 519 Erw. 3c). Lässt sich auf Grund der tatsächlichen Verhältnisse das ohne gesundheitliche Beeinträchtigung realisierte Einkommen nicht hinreichend genau beziffern, sind Erfahrungs- und Durchschnittswerte heranzuziehen (vgl. AHI 1999 S. 240 Erw. 3b). Auf diese darf jedoch im Rahmen der Invaliditätsbemessung nur unter Mitberücksichtigung der für die Entlöhnung im Einzelfall gegebenenfalls relevanten persönlichen und beruflichen Faktoren abgestellt werden (Meyer-Blaser, Rechtsprechung des Bundesgerichts zum IVG, Zürich 1997, S. 205 f.; Omlin, Die Invalidität in der obligatorischen Unfallversicherung, Diss. Freiburg 1995, S. 180).
5.2 Soweit der Versicherte geltend macht, er wäre im Gesundheitsfall weiterhin beim bisherigen Arbeitgeber tätig und würde erheblich mehr verdienen als das der Nominallohnentwicklung angepasste zuletzt erzielte Einkommen, kann ihm nicht gefolgt werden. Den Akten lässt sich nichts entnehmen, was darauf hindeutet, dass gesundheitliche Gründe bei der auf Ende 1996 erfolgten Kündigung eine Rolle gespielt hätten. Vielmehr führte der ehemalige Arbeitgeber sowohl in der Kündigung vom 30. September 1996 als auch in seinem Bericht vom 25. Mai 1998 ausschliesslich wirtschaftliche Gründe an und auch der Versicherte selbst schilderte gegenüber der Abklärungsperson der MEDAS, er habe seine Stelle einzig deshalb verloren, weil der Chef seine Söhne in der Firma nachgezogen hätte, weshalb weniger Angestellte notwendig gewesen seien. Da der Stellenverlust aus invaliditätsfremden Gründen erfolgte und sich somit nicht abschliessend beantworten lässt, wie sich die berufliche Laufbahn im Gesundheitsfall weiter entwickelt hätte, ist der Validenlohn anhand von Durchschnittswerten zu bestimmen, die in der Schweizerischen Lohnstrukturerhebung des Bundesamtes für Statistik (LSE) enthalten sind (BGE 126 V 76 Erw. 3b/bb; AHI 1999 S. 240 Erw. 3b). Damit erweisen sich auch weitere erwerbliche Abklärungen als überflüssig.
Für den Einkommensvergleich nach Art. 28 Abs. 2 IVG sind die Verhältnisse im Zeitpunkt des Beginns des Rentenanspruchs massgebend, wobei Validen- und Invalideneinkommen auf zeitidentischer Grundlage zu ermitteln und allfällige rentenwirksame Änderungen der Vergleichseinkommen bis zum Verfügungserlass zu berücksichtigen sind (Urteil R. vom 3. Februar 2003 [I 670/01] Erw. 4.1 und 4.2; vgl. BGE 128 V 174). Vorliegend ist der frühest mögliche Beginn eines allfälligen Rentenanspruchs der 1. November 1997 (Art. 29 Abs. 1 lit. b IVG). Validen- und Invalideneinkommen sind somit auf der Grundlage der LSE 1996 zu bestimmen (vgl. BGE 126 V 77 Erw. 3b/bb) und an die bis 1997 eingetretene Nominallohnentwicklung anzupassen. Der Beschwerdeführer verfügt über keine abgeschlossene Berufslehre. Es kann nicht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden, dass er im bisherigen Tätigkeitsbereich als Hilfsspengler eine neue Arbeitsstelle gefunden hätte, so dass es sich rechtfertigt, bei beiden Einkommensgrössen als Ausgangspunkt den monatlichen Bruttolohn (Zentralwert) von Männern für einfache und repetitive Tätigkeiten (Anforderungsniveau 4), Privater Sektor/Total, also Fr. 4'294.- (LSE 1996 S. 17 Tabelle A1) anzunehmen.
5.3 Sind Validen- und Invalideneinkommen ausgehend vom selben Tabellenlohn zu errechnen, erübrigt sich deren genaue Ermittlung. Diesfalls entspricht der Invaliditätsgrad dem Grad der Arbeitsunfähigkeit unter Berücksichtigung des Abzuges vom Tabellenlohn.
Im vorliegenden Fall ergibt sich bei einer Arbeitsfähigkeit in einer leidensangepassten Tätigkeit von 100 % und dem von der Vorinstanz in Anschlag gebrachten, maximal zulässigen leidensbedingten Abzug von 25 % (BGE 126 V 78 Erw. 5 und AHI 2002 S. 62) ein Invaliditätsgrad von 25 %, weshalb kein Anspruch auf eine Invalidenrente besteht. Der vorinstanzliche Entscheid ist daher im Ergebnis zu bestätigen.
Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:
1.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.
2.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.
3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich, der Ausgleichskasse SPIDA und dem Bundesamt für Sozialversicherung zugestellt.
Luzern, 7. Mai 2003
Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts
Der Präsident der III. Kammer: Die Gerichtsschreiberin: