Eidgenössisches Versicherungsgericht
Tribunale federale delle assicurazioni
Tribunal federal d'assicuranzas
Sozialversicherungsabteilung
des Bundesgerichts
Prozess
{T 7}
I 494/01
Urteil vom 4. Juni 2003
II. Kammer
Besetzung
Präsident Schön, Bundesrichterin Widmer und Bundesrichter Frésard; Gerichtsschreiber Grünvogel
Parteien
N.________, 1987, Beschwerdeführerin, handelnd durch ihre Mutter J.________ und diese vertreten durch den Rechtsdienst für Behinderte, Bürglistrasse 11, 8002 Zürich,
gegen
IV-Stelle des Kantons Zürich, Röntgenstrasse 17, 8005 Zürich, Beschwerdegegnerin
Vorinstanz
Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich, Winterthur
(Entscheid vom 12. Juni 2001)
Sachverhalt:
A.
Die am 28. Januar 1987 geborene N.________ leidet seit ihrer Geburt an einer Erkrankung der Atemwege und an Schwerhörigkeit. Zudem liegt ein Entwicklungsrückstand vor.
Nachdem die IV-Stelle des Kantons Zürich bereits medizinische Massnahmen auf Grund der Geburtsgebrechen-Ziffern 247, 251 und 313 GgV-Anhang gewährt hatte, sprach sie erstmals mit Verfügung vom 27. Juni 1990 Beiträge für die Hauspflege zu. Im Rahmen eines Revisionsverfahrens kam die IV-Stelle nach Beizug eines Abklärungsberichtes vom 26. Januar 2000 zum Schluss, der Betreuungsaufwand von bisher zweieinhalb Stunden pro Tag habe sich neu auf weniger als zwei Stunden täglich reduziert, womit die mit Verfügung vom 16. November 1995 bis Ende April 1999 befristet zugesprochenen Hauspflegebeiträge nicht mehr gewährt werden könnten (Verfügung vom 26. Mai 2000).
B.
Dagegen erhob die Mutter von N.________ Beschwerde mit dem Antrag, in Aufhebung der Verfügung vom 26. Mai 2000 seien ihrer Tochter weiterhin Kosten für Hauspflege auf Grund eines geringen Betreuungsaufwandes zuzusprechen; eventuell sei die Sache zur Einholung eines neutralen Pflegegutachtens an die Verwaltung zurückzuweisen. Mit Entscheid vom 12. Juni 2001 hob das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich die angefochtene Verfügung auf und wies die Sache an die IV-Stelle zurück, damit diese nach erfolgter Abklärungen im Sinne der Erwägungen neu verfüge.
C.
Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde lässt die Mutter von N.________ das vorinstanzlich gestellte Rechtsbegehren erneuern.
Die IV-Stelle schliesst auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Das Bundesamt für Sozialversicherung verzichtet auf eine Stellungnahme.
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:
1.
1.1 Das kantonale Gericht hat die Bestimmungen über den Anspruch minderjähriger Versicherter auf die zur Behandlung von Geburtsgebrechen notwendigen Massnahmen (Art. 13 IVG), den Umfang der medizinischen Eingliederungsmassnahmen (Art. 14 Abs. 1 lit. a IVG) sowie die Übernahme der Kosten für zusätzlich benötigte Hilfskräfte, sofern der invaliditätsbedingt zu leistende Betreuungsaufwand in Hauspflege voraussichtlich während mehr als drei Monaten im Tagesdurchschnitt zwei Stunden überschreitet oder eine dauernde Überwachung notwendig ist (Art. 14 Abs. 3 IVG in Verbindung mit Art. 4 IVV), zutreffend dargelegt. Richtig ist insbesondere, dass für die Gewährung von Hauspflegebeiträgen der geltend gemachte erweiterte Pflegebedarf mit der Durchführung von ärztlich verordneten (Art. 14 Abs. 1 lit. a IVG) medizinischen Massnahmen im Sinne von Art. 12 oder 13 IVG zusammenhängen muss (BGE 120 V 284 Erw. 3a und b; AHI 2000 S. 24 Erw. 2b). Es genügt mit anderen Worten weder, dass die Hauspflege durch die Invalidität bedingt ist, noch, dass die versicherte Person im Vergleich zu einer gesunden wegen der Behinderung zusätzlicher Pflege bedarf (noch nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlichtes Urteil R. vom 18. März 2003, I 241/02). Hinsichtlich der Austauschbefugnis bei Hauspflegebeiträgen für den Fall, dass die erforderliche Pflege nicht Dritte, sondern die Eltern der versicherten Person leisten, wird ergänzend auf BGE 120 V 285 Erw. 4a hingewiesen.
Richtig sind ferner die Erwägungen zu den Voraussetzungen, unter denen Beiträge an die Hauspflege herabgesetzt werden können (BGE 125 V 369 Erw. 2 mit Hinweis; 109 V 265 Erw. 4a, 105 V 29, AHI 2000 S. 160).
1.2 Anzufügen ist, dass das am 1. Januar 2003 in Kraft getretene Bundesgesetz über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG) vom 6. Oktober 2000 im vorliegenden Fall nicht anwendbar ist, da nach dem massgebenden Zeitpunkt des Erlasses der streitigen Verfügung (hier: 26. Mai 2000) eingetretene Rechts- und Sachverhaltsänderungen vom Sozialversicherungsgericht nicht berücksichtigt werden (BGE 127 V 467 Erw. 1, 121 V 366 Erw. 1b).
2.
2.1 Das kantonale Gericht konnte wegen fehlenden aussagekräftigen Arztberichten seit letztmaliger Leistungszusprechung vom 16. November 1995 nicht abschliessend beantworten, ob die Geburtsgebrechen weiterhin, das heisst über den 30. April 1999 hinaus, einer medizinischen Behandlung zu Hause bedurften und gegebenenfalls in welchem Umfang. Es wies die Angelegenheit an die Verwaltung zurück, damit sie eine ärztliche Beurteilung zu dieser Frage einhole und hernach über den Anspruch auf Hauspflegebeiträge und allenfalls deren Umfang ab Mai 2000 (recte: 1999) neu verfüge.
2.2 Was die Beschwerdeführerin dagegen vorbringt, überzeugt nicht. Sie übersieht, dass die Notwendigkeit medizinischer Massnahmen zur Behandlung von Geburtsgebrechen sich im Verlaufe der Zeit ändern kann. Tritt dies ein, sind einmal zugesprochene Hauspflegebeiträge einer Revision zugänglich. Vorliegend finden sich in den Akten Hinweise auf eine veränderte Gesamtsituation: So erkannte etwa die Abklärungsperson bereits im Bericht vom 3. September 1997, die Versicherte habe erfreuliche Fortschritte gemacht. Anlässlich einer neuerlichen Abklärung an Ort und Stelle vom 27. Dezember 1999 äusserte eine andere Mitarbeiterin der IV-Stelle begründete Zweifel an der (fortbestehenden) medizinischen Notwendigkeit der geltend gemachten Hilfeleistungen (Bericht vom 26. Januar 2000). Eine ärztliche Stellungnahme zu diesen Aussagen findet sich in den Akten aber keine, weshalb die Rückweisung rechtens ist. Erst wenn feststeht, ob und gegebenfalls welche medizinischen Massnahmen aus ärztlicher Sicht eine häusliche Hilfeleistung über Ende April 1999 hinaus gebieten, kann über das Ausmass der damit zusammenhängenden Pflegeleistungen entschieden werden (vgl. BGE 128 V 93 Erw. 4).
Notwendige medizinische Massnahmen zu Hause vorausgesetzt, bedarf es alsdann einer die ärztlichen Feststellungen berücksichtigenden Abklärung an Ort und Stelle. Diese muss nicht zwingend durch eine versicherungsexterne Person vorgenommen werden. Wie bereits von der Vorinstanz dargetan, lässt allein die Tatsache, dass ein Bericht durch eine interne Abklärungsstelle verfasst wird, nicht auf mangelnde Objektivität und Befangenheit schliessen (vgl. BGE 120 V 364 Erw. 3a; RKUV 1999 Nr. U 332 S. 193 mit Hinweisen; SVR 2001 UV Nr. 2 S. 8 Erw. 4a). Ob ein Abklärungsbericht beweistauglich und -kräftig ist, beurteilt sich übrigens analog zur Rechtsprechung zur Beweiskraft von Arztberichten gemäss BGE 125 V 352 Erw. 3a mit Hinweis (näheres dazu: BGE 128 V 93 Erw. 4), welche die Vorinstanz in Erw. 4b des angefochtenen Entscheids auf den Bericht vom 26. Januar 2000 angewandt hat. An gleicher Stelle hat die Vorinstanz die letztinstanzlich wiederholte Rüge der Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör entkräftet, indem die im Vorbescheidverfahren vorhanden gewesene Möglichkeit, zu den Abklärungsberichten Stellung zu nehmen, erwähnt wurde. Obwohl von zentraler Bedeutung für die Beurteilung des Anspruchs auf Beiträge an die Hauspflege und im Hinblick auf die Beweiswürdigung regelmässig zumindest wünschenswert, besteht keine strikte Verpflichtung, die an Ort und Stelle erfassten Angaben der versicherten Person (oder ihrem gesetzlichen Vertreter) zur Durchsicht und Bestätigung vorzulegen. Nach Art. 73bis Abs. 1 IVV genügt es, wenn ihr im Rahmen des Anhörungsverfahrens das volle Akteneinsichtsrecht gewährt und ihr Gelegenheit gegeben wird, sich zu den Ergebnissen der Abklärung zu äussern (BGE 128 V 94 Erw. 4).
Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:
1.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.
2.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.
3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich, der Ausgleichskasse des Kantons Zürich und dem Bundesamt für Sozialversicherung zugestellt.
Luzern, 4. Juni 2003
Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts
Der Präsident der II. Kammer: Der Gerichtsschreiber: