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Original
 
Eidgenössisches Versicherungsgericht
Tribunale federale delle assicurazioni
Tribunal federal d'assicuranzas
Sozialversicherungsabteilung
des Bundesgerichts
Prozess
{T 7}
I 638/02
Urteil vom 3. Juli 2003
II. Kammer
Besetzung
Präsident Schön, Bundesrichterin Widmer und Bundesrichter Ursprung; Gerichtsschreiber Scartazzini
Parteien
C.________, 1963, Beschwerdeführer,
gegen
IV-Stelle Bern, Chutzenstrasse 10, 3007 Bern, Beschwerdegegnerin
Vorinstanz
Verwaltungsgericht des Kantons Bern, Bern
(Entscheid vom 26. Juni 2002)
Sachverhalt:
A.
Der 1963 geborene C.________ meldete sich am 3. Februar 1992 mit einem Gesuch auf Umschulung bei der Invalidenversicherung wegen einer Knocheninfektion am rechten Unterschenkel zum Bezug von Leistungen an. Mit Vorbescheid vom 8. Dezember 1994 teilte die IV-Stelle Bern dem Versicherten mit, er leide an keinem körperlichen oder geistigen Gesundheitsschaden. Drogen- und Alkoholsucht stelle keine Invalidität dar, sodass es ihm möglich und zumutbar sei, eine Erwerbstätigkeit als Hilfspfleger/Erzieher auszuüben. Am 10. Januar 1995 verfügte die Verwaltung rechtskräftig die Abweisung des Leistungsbegehrens. Wegen verschiedener Beinleiden meldete sich der Versicherte am 25. Februar 2000 erneut bei der IV-Stelle an und ersuchte um Gewährung von Massnahmen zur Umschulung auf eine neue Tätigkeit sowie um Ausrichtung einer Rente. Mit Vorbescheid vom 20. November 2001 und Verfügung vom 20. Dezember 2001 wurde festgestellt, es liege keine Invalidität vor, da die Arbeitsunfähigkeit des Versicherten auf reinem Suchtgeschehen beruhe.
B.
Die dagegen erhobene Beschwerde, womit sinngemäss die Aufhebung der angefochtenen Verfügung und die Zusprechung von IV-Leistungen beantragt wurden, wies das Verwaltungsgericht des Kantons Bern mit Entscheid vom 26. Juni 2002 ab.
C.
C.________ führt Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit den Rechtsbegehren, nach Einholung eines neuen Gutachtens über seine somatischen und psychischen Leiden seien ihm Umschulungsmassnahmen zu gewähren oder eine Rente auszurichten.
Die IV-Stelle schliesst auf Abweisung der Beschwerde, während das Bundesamt für Sozialversicherung auf eine Vernehmlassung verzichtet.
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:
1.
1.1 Die Vorinstanz hat die Bestimmungen und Grundsätze zum Begriff der Invalidität (Art. 4 Abs. 1 IVG), zu den Voraussetzungen und dem Umfang des Rentenanspruchs (Art. 28 Abs. 1 und 1bis IVG) und zur Bemessung des Invaliditätsgrades bei erwerbstätigen Versicherten nach der Einkommensvergleichsmethode (Art. 28 Abs. 2 IVG; BGE 104 V 136 Erw. 2a und b) richtig dargelegt. Ebenfalls zutreffend hat sie ausgeführt, Alkoholismus, Medikamentenmissbrauch und Drogensucht, welche für sich allein betrachtet keine Invalidität im Sinne des Gesetzes begründen, seien im Rahmen der Invalidenversicherung nur bedeutsam, wenn sie eine Krankheit oder einen Unfall bewirkt haben, in deren Folge ein körperlicher oder geistiger, die Erwerbsfähigkeit beeinträchtigender Gesundheitsschaden eingetreten ist, oder aber wenn sie selber Folge eines körperlichen oder geistigen Gesundheitsschadens sind, welchem Krankheitswert zukommt (AHI 2001 S. 228 f. Erw. 2b in fine mit Hinweisen; vgl. auch BGE 99 V 28 Erw. 2; AHI 2002 S. 30 Erw. 2a mit Hinweisen). Darauf wird verwiesen.
1.2 Zu ergänzen ist, dass die an die Bestimmungen über die Revision von Invalidenrenten und Hilflosenentschädigungen anknüpfenden Vorschriften über die Neuanmeldung nach vorangegangener Rentenverweigerung (vgl. Art. 41 IVG; Art. 86 ff., insbesondere Art. 87 Abs. 3 und 4 IVV) in analoger Weise auch bei einer Neuanmeldung nach rechtskräftiger Verweigerung von Eingliederungsmassnahmen Gültigkeit haben (BGE 113 V 27 Erw. 3b mit Hinweisen; SVR 1999 IV Nr. 21 S. 63; vgl. zur massgebenden Vergleichsbasis BGE 125 V 369 Erw. 2 mit Hinweis; 117 V 198 Erw. 3a; AHI 1999 S. 84 Erw. 1). Zu beachten ist weiter, dass in der Invalidenversicherung der Grundsatz der Schadenminderungspflicht gilt. Danach hat die invalide Person, bevor sie Leistungen verlangt, alles ihr Zumutbare selbst vorzukehren, um die Folgen ihrer Invalidität bestmöglich zu mildern, weshalb kein Rentenanspruch besteht, wenn der Versicherte selbst ohne Eingliederungsmassnahmen zumutbarerweise in der Lage wäre, ein rentenausschliessendes Erwerbseinkommen zu erzielen (BGE 113 V 28 Erw. 4a mit Hinweisen). Zudem sind im vorliegenden Fall die Bestimmungen und Grundsätze über den Anspruch auf Eingliederungsmassnahmen (Art. 8 Abs. 1 IVG), die Massnahmen beruflicher Art (Art. 15 bis 18 IVG), insbesondere den Begriff und den Anspruch auf Umschulung (Art. 17 IVG; BGE 124 V 110 Erw. 2a mit Hinweisen) sowie den Invaliditätsbegriff im Sinne von Art. 17 IVG und die Erheblichkeit der Invalidität in Form einer bleibenden oder längere Zeit dauernden Erwerbseinbusse von etwa 20 % zu berücksichtigen (BGE 124 V 110 f. Erw. 2b mit Hinweisen; AHI 2000 S. 62 Erw. 1, 1997 S. 80 Erw. 1b).
1.3 Am 1. Januar 2003 ist das Bundesgesetz über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG) vom 6. Oktober 2000 in Kraft getreten. Mit ihm sind zahlreiche Bestimmungen im Invalidenversicherungsbereich geändert worden. Weil in zeitlicher Hinsicht grundsätzlich diejenigen Rechtssätze massgebend sind, die bei der Erfüllung des zu Rechtsfolgen führenden Tatbestandes Geltung haben (BGE 127 V 467 Erw. 1), und weil ferner das Sozialversicherungsgericht bei der Beurteilung eines Falles grundsätzlich auf den bis zum Zeitpunkt des Erlasses der streitigen Verfügung (hier: 20. Dezember 2001) eingetretenen Sachverhalt abstellt (BGE 121 V 366 Erw. 1b), sind im vorliegenden Fall die bis zum 31. Dezember 2002 geltenden Bestimmungen anwendbar.
2.
2.1 Das erste Umschulungsgesuch des Beschwerdeführers wurde im Januar 1995 rechtskräftig abgelehnt. Die Verwaltung hat das Begehren um Gewährung von beruflichen Eingliederungsmassnahmen und Ausrichtung einer Rente vom 25. Februar 2000 mit der Begründung abgewiesen, die Arbeitsunfähigkeit des Versicherten beruhe auf reinem Suchtgeschehen (Polytoxikomanie) und es bestehe somit keine Invalidität im Sinne des Gesetzes. Dabei stützte sie sich im Wesentlichen auf ein MEDAS-Gutachten vom 25. September 2001 sowie auf ein Teilgutachten der Fusschirurgie vom 19. Januar 2001. Gemäss letzterem war die Arbeitsfähigkeit des Versicherten nicht eingeschränkt. In einem psychiatrischen Teilgutachten vom 27. August 2001 wurde eine Polytoxikomanie diagnostiziert, wobei jedoch keine Folgeschäden vorlagen.
2.2 Die Vorinstanz ist zum Schluss gelangt, dass der Versicherte wegen den Beschwerden im Bereich des rechten Fusses und Unterschenkels in seiner früheren und gelernten Tätigkeit als Bäcker/Konditor zu 100 % arbeitsunfähig sei. Eine Arbeit jedoch, die er im Sitzen ausüben könne, sei ihm aus somatischer Sicht vollumfänglich zumutbar. Wegen der lange bestehenden Polytoxikomanie mit Opiaten und Alkohol sowie den wiederholten, erfolglosen Versuchen, die Sucht behandeln zu lassen, wurde im erwähnten MEDAS-Gutachten eine Arbeitsfähigkeit von lediglich 50 % attestiert. Nachdem die begutachtenden Ärzte weder Hinweise für suchtbedingte irreversible Schädigungen noch sekundäre Schäden seitens der Opiate auf die Persönlichkeit oder des Alkohols auf neuropsychologische Komponenten eruieren konnten, war jedoch festzustellen, dass die Arbeitsunfähigkeit des Beschwerdeführers auf reinem Suchtgeschehen basierte, was allein keine Invalidität zu begründen vermochte.
2.3 Der Beschwerdeführer macht geltend, auf Grund einer neuen psychiatrischen Begutachtung, welche vorzugsweise durch die MEDAS-Stelle B.________ durchzuführen wäre, würde der Verdacht auf eine Persönlichkeitsstörung erhärtet werden, was tatsächlich sein eigentliches gesundheitliches Leiden darstelle. Den erlernten Beruf könne er schon aus hygienischen Gründen nicht mehr ausüben und eine Stelle in einem Spital oder Altersheim sei auszuschliessen, weil er damit als Polytoxikomane der Quelle von Opiaten ausgesetzt wäre.
3.
3.1 Die Berichte der begutachtenden MEDAS-Ärzte und ein Arztbericht von Dr. med. S.________ stimmen sowohl in der Diagnosenstellung als auch darin überein, dass dem Beschwerdeführer sitzende Tätigkeiten zumutbar seien, wobei angesichts der seit Dezember 1999 im rechten Fuss vermehrt aufgetretenen Schmerzen bzw. wegen der bestehenden Polytoxikomanie die Arbeitsfähigkeit eingeschränkt sei. Zwar hat Dr. med. S.________ in seinem Bericht vom 30. Mai 2000 keine konkrete zeitliche oder leistungsmässige Einschränkung im Rahmen einer angepassten Arbeit erwähnt und lediglich festgehalten, unter Berücksichtigung der Schmerzsituation komme nur ein Teilpensum in Frage. Demgegenüber haben die Gutachter der MEDAS aus somatischer Sicht eine dem Leiden angepasste Tätigkeit nach langsamem schrittweisem Aufbau zeitlich zu 100 % zumutbar gehalten und befunden, eine solche Tätigkeit sei aus psychiatrischen Gründen zeitlich nur zu 50 % zumutbar.
3.2 Daraus kann indessen geschlossen werden, dass die Vorinstanz zu Recht davon ausgegangen ist, die Arbeitsunfähigkeit des Versicherten ergebe sich aus reinem Suchtgeschehen, was keine Invalidität zu begründen vermag. Der Beschwerdeführer hat daher mangels eines invalidisierenden Gesundheitsschadens weder Anspruch auf Umschulung auf eine neue Erwerbstätigkeit, da er mit einer geeigneten Tätigkeit ohne zusätzliche Ausbildung ein leistungsausschliessendes Erwerbseinkommen zu erzielen vermöchte, noch kann er eine Rente beanspruchen. Hierüber geben die Akten hinreichenden Aufschluss, weshalb auch der beantragten ergänzenden Abklärung des Sachverhalts durch Einholung eines neuen Gutachtens über die somatischen und psychischen Leiden nicht Folge geleistet werden kann.
Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:
1.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.
2.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.
3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Bern, Sozialversicherungsrechtliche Abteilung, der Ausgleichskasse des Kantons Bern und dem Bundesamt für Sozialversicherung zugestellt.
Luzern, 3. Juli 2003
Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts
Der Präsident der II. Kammer: Der Gerichtsschreiber: