BGer H 335/2002 |
BGer H 335/2002 vom 10.09.2003 |
Eidgenössisches Versicherungsgericht
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Tribunale federale delle assicurazioni
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Tribunal federal d'assicuranzas
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Sozialversicherungsabteilung
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des Bundesgerichts
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Prozess
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{T 7}
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H 335/02
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Urteil vom 10. September 2003
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I. Kammer
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Besetzung
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Präsident Schön, Bundesrichter Borella, Bundesrichterin Leuzinger, Bundesrichter Ursprung und Kernen; Gerichtsschreiber Flückiger
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Parteien
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Bundesamt für Sozialversicherung, Effingerstrasse 20, 3003 Bern, Beschwerdeführer,
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gegen
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Einwohnergemeinde X.________, Beschwerdegegnerin, vertreten durch Rechtsanwältin Karin Streuli, 8200 Schaffhausen
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Vorinstanz
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Obergericht des Kantons Schaffhausen, Schaffhausen
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(Entscheid vom 15. November 2002)
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Sachverhalt:
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A.
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Mit Nachzahlungsverfügungen vom 19. Juli 2001 verpflichtete das Sozialversicherungsamt Schaffhausen die Einwohnergemeinde X.________, für 1999 für eine Lohnsumme von Fr. 108'675.- Sozialversicherungsbeiträge, Verwaltungskosten und Verzugszinsen von insgesamt Fr. 18'380.95 und für das Jahr 2000 für eine Lohnsumme von Fr. 88'075.- Sozialversicherungsbeiträge, Verwaltungskosten und Verzugszinsen von insgesamt Fr. 13'859.70 zu bezahlen.
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B.
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Eine hiegegen erhobene Beschwerde hiess das Obergericht des Kantons Schaffhausen mit Entscheid vom 15. November 2002 insoweit gut, als es die auf die Angehörigen des Wehrdienstes entfallende Lohnsumme von Fr. 76'491.50 für das Jahr 1999 sowie die ganze auf das Jahr 2000 entfallende Lohnsumme für beitragsfrei erklärte.
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C.
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Das Bundesamt für Sozialversicherung (BSV) führt Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit dem Antrag, der kantonale Entscheid sei aufzuheben.
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Während die Stadt X.________ auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde schliesst, beantragt das Sozialversicherungsamt Schaffhausen deren Gutheissung.
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Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:
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1.
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1.1 Am 1. Januar 2003 ist das Bundesgesetz über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG) vom 6. Oktober 2000 in Kraft getreten. Mit ihm sind zahlreiche Bestimmungen im Bereich der AHV geändert worden. Weil in zeitlicher Hinsicht grundsätzlich diejenigen Rechtssätze massgebend sind, die bei der Erfüllung des zu Rechtsfolgen führenden Tatbestandes Geltung haben (BGE 127 V 467 Erw. 1), und weil ferner das Sozialversicherungsgericht bei der Beurteilung eines Falles grundsätzlich auf den bis zum Zeitpunkt des Erlasses der streitigen Verfügung (hier: 19. Juli 2001) eingetretenen Sachverhalt abstellt (BGE 121 V 366 Erw. 1b), sind im vorliegenden Fall die bis zum 31. Dezember 2002 geltenden Bestimmungen anwendbar.
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1.2 Da es sich bei der angefochtenen Verfügung nicht um die Bewilligung oder Verweigerung von Versicherungsleistungen handelt, hat das Eidgenössische Versicherungsgericht nur zu prüfen, ob das vorinstanzliche Gericht Bundesrecht verletzt hat, einschliesslich Überschreitung oder Missbrauch des Ermessens, oder ob der rechtserhebliche Sachverhalt offensichtlich unrichtig, unvollständig oder unter Verletzung wesentlicher Verfahrensbestimmungen festgestellt worden ist (Art. 132 in Verbindung mit Art. 104 lit. a und b sowie Art. 105 Abs. 2 OG).
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Ferner ist Art. 114 Abs. 1 OG zu beachten, wonach das Eidgenössische Versicherungsgericht in Abgabestreitigkeiten an die Parteibegehren nicht gebunden ist, wenn es im Prozess um die Verletzung von Bundesrecht oder die unrichtige oder unvollständige Feststellung des Sachverhalts geht.
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2.
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Gemäss Art. 5 Abs. 1 des Bundesgesetzes über die Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHVG) wird vom Einkommen aus unselbstständiger Erwerbstätigkeit (massgebender Lohn) ein Beitrag erhoben. Als massgebender Lohn gilt jedes Entgelt für in unselbstständiger Stellung auf bestimmte oder unbestimmte Zeit geleistete Arbeit (Art. 5 Abs. 2 Satz 1 AHVG). Nicht zum Erwerbseinkommen gehören u.a. der Militärsold, die Funktionsvergütung des Zivilschutzes sowie die soldähnlichen Vergütungen in öffentlichen Feuerwehren, Jungschützenleiterkursen und Leiterkursen von "Jugend und Sport" (Art.6 Abs.2 lit.a der Verordnung über die Alters- und Hinterlassenenversicherung [AHVV] in der seit 1.Januar 1988 geltenden Fassung).
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Rz2116 der Wegleitung des BSV über den massgebenden Lohn (WML) bestimmt, dass Sonderentschädigungen, wie die Pauschale für den Kommandanten oder Zuschläge für den Ernstfall, im Gegensatz zum Feuerwehrsold massgebenden Lohn darstellen.
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3.
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Streitig und zu prüfen ist, inwieweit die Entschädigungen an die Angehörigen des Wehrdienstes der Einwohnergemeinde X.________ in den Jahren 1999 und 2000 als beitragspflichtiger massgebender Lohn zu qualifizieren sind.
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3.1 Gemäss dem während des interessierenden Zeitraums geltenden Stadtratsbeschluss vom 28. August 1990 werden den Angehörigen der Feuerwehr ein Übungssold, der sich abhängig vom Grad auf Fr. 15.- bis Fr. 25.- beläuft, ein Brandsold, der für die erste Stunde Fr. 30.- und für jede weitere Stunde Fr. 25.- beträgt, sowie ein Retablierungssold von Fr. 20.- ausgerichtet. Die Ausgleichskasse ging bei Erlass der Verfügungen vom 19. Juli 2001 davon aus, der Übungssold stelle eine soldähnliche Vergütung im Sinne von Art. 6 Abs. 2 lit. a AHVV dar und sei dementsprechend nicht beitragspflichtig. Demgegenüber unterliege der Brandsold als "Zuschlag für den Ernstfall" im Sinne von Rz 2116 WML der Beitragspflicht.
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3.2 Die Vorinstanz hat im Wesentlichen erwogen, das Eidgenössische Versicherungsgericht habe schon früh entschieden, der Gradsold für den Feuerwehrdienst sei kein Erwerbseinkommen im Sinne des Gesetzes und daher beitragsfrei. Das einem Versicherten für die Erfüllung einer öffentlichen Bürgerpflicht ausgerichtete Entgelt sei kein Erwerbseinkommen. Dies gelte auch für Sold, welchen Feuerwehrmänner für die Leistung von Verkehrsordnungsdienst in der Gemeinde erhielten, und überdies auch für Soldleistungen an Angehörige des Materialdienstes. Für die Qualifikation einer Entschädigung als beitragsfreier Feuerwehrsold sei lediglich massgebend, ob die entschädigte Tätigkeit im Rahmen der nebenamtlichen Feuerwehrdienstpflicht im öffentlichen Interesse ausgeübt werde und insoweit nicht auf Erwerb ausgerichtet sei. Auf die Art des Einsatzes komme es nicht an. Ebenso unwesentlich sei, ob die Entschädigung nach dem Funktionsgrad oder nach Stunden berechnet oder allenfalls als Pauschale ausgerichtet werde. Der Begriff "soldähnlich" (Art. 6 Abs. 2 lit. a AHVV) lasse vielmehr ohne weiteres darauf schliessen, dass im Feuerwehrbereich weiterhin nicht nur der Sold im engeren Sinn, sondern generell die nach allgemeinen Ansätzen ausgerichteten Entschädigungen für die Aufgaben der Wehrdienste beitragsfrei seien. Inwiefern Ernsteinsätze anders behandelt werden sollten als die Ansätze für Übungen, sei unerfindlich.
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3.3 Demgegenüber macht das BSV geltend, die von der Stadt X.________ ausgerichteten Entschädigungen erfüllten die Anforderungen an Erwerbseinkommen. Nach neuerer Auffassung könne nicht massgebend sein, dass die Angehörigen der Wehrdienste eine Bürgerpflicht erfüllten und mit ihrem Einsatz zu Gunsten des Gemeinwesens und von Unglücksfällen Betroffener nicht in erster Linie Erwerbsmotive verfolgten. Die fraglichen Entschädigungen erhöhten die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Feuerwehrleute offensichtlich. Im Sinne von Art. 6 Abs. 2 lit. a AHVV vom Erwerbseinkommen ausgeschlossen werden könnten nur gerade dem Militärsold gleichgestellte Entschädigungen, das heisst rein symbolische Abgeltungen. In casu hätten die von der Stadt X.________ an die Angehörigen der Feuerdienste ausgerichteten Entschädigungen dieses übliche Mass überschritten. Seit der Revision von Art. 6 Abs. 2 lit. a AHVV auf den 1. Januar 1988 könne die vom kantonalen Gericht dargelegte frühere Rechtsprechung des Eidgenössischen Versicherungsgerichts nicht mehr unverändert weiter gelten.
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4.
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4.1 Die beitragsrechtliche Erfassung des Brandsoldes durch die Verfügung vom 19. Juli 2001 erfolgte gestützt auf Rz 2116 WML, wonach u.a. "Zuschläge für den Ernstfall" im Gegensatz zum Feuerwehrsold beitragspflichtiges Erwerbseinkommen darstellen. Derartige Verwaltungsweisungen sind für das Sozialversicherungsgericht nicht verbindlich. Es soll sie bei seiner Entscheidung mit berücksichtigen, sofern sie eine dem Einzelfall angepasste und gerecht werdende Auslegung der anwendbaren Bestimmungen zulassen. Es weicht andererseits insoweit von den Weisungen ab, als sie mit den anwendbaren Bestimmungen nicht vereinbar sind (BGE 127 V 61 Erw. 3a, 126 V 68 Erw. 4b, 427 Erw. 5a).
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4.2 In den bis Ende 1987 gültig gewesenen Fassungen von Art. 6 Abs. 2 lit. a AHVV waren Vergütungen an Dienstleistende der Feuerwehr nicht erwähnt. Das Eidgenössische Versicherungsgericht hat jedoch bereits in einem frühen Urteil erkannt, Erwerbseinkommen seien nur solche Einkünfte, die durch Ausübung einer auf Erwerb gerichteten Tätigkeit erzielt würden. Das einem Versicherten für die Erfüllung einer öffentlichen Bürgerpflicht ausgerichtete Entgelt sei kein Erwerbseinkommen. Der Dienst in einem öffentlichen Feuerwehrkorps oder einer anerkannten Werksfeuerwehr werde im öffentlichen Interesse geleistet und sei keine Erwerbstätigkeit. Der dafür bezogene Gradsold von Fr. 2.- bis Fr. 6.- pro Stunde sei deshalb beitragsfrei (ZAK 1950 S. 316 f.; vgl. ZAK 1969 S. 184 Erw. 2). In einem späteren Urteil wurde diese Rechtsprechung bestätigt (ZAK 1969 S. 184 Erw. 2) und gleichzeitig präzisiert, dieselben Grundsätze gälten auch für den Gradsold, der bei Erfüllung der Feuerwehr behördlich übertragener, nicht zu deren Kernaufgaben gehörender Obliegenheiten (im konkreten Fall: Verkehrsordnungsdienst) ausgerichtet wird (ZAK 1969 S. 184 f. Erw. 3). In ZAK 1972 S. 50 Erw. 1 wiederholte das Gericht den Grundsatz, dass der Feuerwehrsold nicht (beitragspflichtiges) Erwerbseinkommen darstelle, weil der Feuerwehrdienst wie der Militärdienst als allgemeine Bürgerpflicht nicht eine auf Erwerb gerichtete Tätigkeit sei. Eine Pauschalvergütung an den Materialoffizier der Feuerwehr für Verwaltungsarbeiten im Zusammenhang mit dem Materialdienst (von 1200 Franken jährlich), welche auf Grund der zeitlichen Beanspruchung nach allgemeinen Soldansätzen festgesetzt worden war, wurde ebenfalls dem Feuerwehrsold und nicht dem massgebenden Lohn zugerechnet (ZAK 1972 S. 50 f. Erw. 2 und 3). Mit Bezug auf die bis Ende1987 in Art.6 Abs.2 lit.a AHVV ebenfalls nicht erwähnten Bezüge Zivilschutzleistender hielt das Gericht demgegenüber fest, es erscheine als angezeigt, die tägliche Vergütung für Zivilschutzpflichtige, welche sich nach den rechtlichen Grundlagen im Rahmen der Soldansätze der Armee bewege, sozialversicherungsrechtlich dem Militärsold, der beitragsfrei sei, weil er blossen Spesenersatz darstelle, gleichzustellen (BGE 101 V 93 Erw.2a). Dagegen hätten das Taggeld und die freie Verpflegung für Zivilschutz-Instruktoren Lohncharakter, weil ihnen erwerbswirtschaftliche Bedeutung zukomme (BGE 101 V 93 Erw.2b).
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4.3 Die Ergänzung von Art. 6 Abs. 2 lit. a AHVV im Sinne der ausdrücklichen Nennung bestimmter Bezüge von Zivilschutz- und Feuerwehrdienstleistenden erfolgte im Rahmen der Änderung der Verordnung zur Erwerbsersatzordnung (EOV) vom Oktober 1987, welche am 1. Januar 1988 in Kraft trat. Die damaligen amtlichen Erläuterungen enthalten folgende Ausführungen (ZAK 1987 S. 468): "Weiterhin nicht zum Erwerbseinkommen gehören soll der Militärsold und die ihm nach der bisherigen Praxis und Rechtsprechung gleichgestellten soldähnlichen Vergütungen im Zivilschutz und in den öffentlichen Feuerwehren. Wie bisher werden auch die Entschädigungen in Jungschützenkursen und in Leiterkursen von 'Jugend und Sport', die auf der anderen Seite eine EO-Entschädigung auslösen, vom Beitrag ausgenommen. Nicht ausgenommen sind dagegen andere Vergütungen, wenn ihnen der soldähnliche Charakter fehlt." Daraus wird deutlich, dass eine Änderung der Rechtslage gegenüber der früheren Praxis im Sinne einer Einschränkung der beitragsfreien Bezüge zum damaligen Zeitpunkt nicht beabsichtigt war. Vielmehr sollte diese Praxis durch die Neufassung auf Verordnungsstufe festgehalten werden.
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4.4 Gemäss dem seit 1. Januar 1988 geltenden Wortlaut von Art. 6 Abs. 2 lit. a AHVV gelten u.a. "die soldähnlichen Vergütungen in öffentlichen Feuerwehren" (französischer Text: "les indemnités analogues à la solde dans les services publics du feu"; italienischer Text: "le indennità analoghe al soldo dei servizi pubblici antincendio") nicht als beitragspflichtiges Erwerbseinkommen. Daneben werden namentlich "der Militärsold" und "die Funktionsvergütung des Zivilschutzes" erwähnt. Die vergleichsweise offene Formulierung hinsichtlich der Feuerwehr spricht ebenfalls gegen die Annahme, die beitragsfreien Bezüge hätten gegenüber der früheren Rechtslage eingeschränkt werden sollen. Der Wortlaut bietet daher keine Grundlage für die in Rz2116 WML enthaltene Unterscheidung zwischen Feuerwehrsold einerseits und Zuschlägen für den Ernstfall andererseits.
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4.5 Das BSV macht geltend, nach Sinn und Zweck der Bestimmung könnten gestützt auf Art.6 Abs.2 lit.a AHVV vom Erwerbseinkommen nur gerade dem Militärsold gleichgestellte Entschädigungen vom Erwerbseinkommen ausgeschlossen werden, das heisst rein symbolische Abgeltungen, die sich auch betragsmässig innerhalb der Militärsoldansätze bewegten.
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4.5.1 Geringfügige Entgelte aus Nebenerwerb können gemäss Art. 5 Abs. 5 AHVG in Verbindung mit Art. 8bis AHVV von der Beitragspflicht ausgenommen werden, sofern sie Fr. 2000.- pro Kalenderjahr nicht übersteigen und sowohl der Arbeitgeber als auch der Arbeitnehmer zustimmen. Der Feststellung, bestimmte Vergütungen gehörten gemäss Art. 6 Abs. 2 lit. a AHVV nicht zum (beitragspflichtigen) Erwerbseinkommen, kommt jedoch in jedem Fall selbstständige Bedeutung zu, tritt die Beitragsbefreiung doch unabhängig von der Zustimmung der Beteiligten ein.
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4.5.2 Laut Beschluss des Stadtrates von X.________ vom 28. August 1990 beträgt der Übungssold Fr. 15.- bis Fr. 25.- pro Einsatz. Der Brandsold beläuft sich auf Fr. 30.- für die erste und Fr. 25.- für jede weitere Stunde. Bei Letzterem handelt es sich, wie die Vorinstanz zu Recht ausführt, nicht um einen Zuschlag für den Ernstfall im Sinne von Rz 2116 WML, wird doch der Brandsold nicht zusätzlich zum Übungssold, sondern anstelle dieses Soldes ausbezahlt. Richtig ist indessen, dass der Brandsold auch bei einem bloss einstündigen Einsatz stets über dem Übungssold liegt. Bei mehrstündigem Einsatz kann er den Übungssold erheblich übersteigen. Für die höhere Entschädigung bei Ernstfalleinsätzen lassen sich sachliche Gründe anführen: Einmal können die Feuerwehrpflichtigen den Einsatz im Ernstfall nicht vorausplanen und dieser kann, im Gegensatz zu Übungen, jederzeit, also auch nachts oder an Wochenenden, stattfinden. Im Weiteren werden an das Engagement des oder der Pflichtigen bei Ernstfalleinsätzen besonders hohe Ansprüche gestellt. Verlangt wird ein besonders hoher Einsatz. Mit diesem Einsatz setzen sich Pflichtige unter Umständen auch einer erhöhten Gefahr aus. Mit andern Worten kommt dem öffentlichen Interesse an der Dienstleistung der Feuerwehrleute im Ernstfall ein besonderes Gewicht zu, was eine höhere Entschädigung rechtfertigt.
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4.5.3 Den Akten lässt sich entnehmen, dass im Jahr 2000 an rund 170 Wehrpflichtige Vergütungen für Übungen in Höhe von Fr. 143'083.- ausgerichtet wurden. Dies entspricht einem durchschnittlichen Sold von Fr. 840.-. Demgegenüber beliefen sich die Auslagen für Brandfälle und Umweltentschädigungen auf Fr. 88'075.-. Die Ernsteinsatzentschädigungen lagen demnach unter denjenigen für Übungen und machten durchschnittlich rund Fr. 500.- pro Wehrpflichtigen aus. Es kann daher nicht gesagt werden, die Abgeltung für Ernstfalleinsätze überschreite das übliche Mass für Soldleistungen bei weitem. Vielmehr ergibt sich, dass sich die durchschnittlichen Werte vergleichen lassen.
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4.5.4 Der Militärsold beträgt derzeit zwischen Fr. 4.- und Fr. 30.- pro Tag (Art. 11 Abs. 3 des Bundesbeschlusses über die Verwaltung der Armee [BVA, SR 510.30] in Verbindung mit Art. 38 der Verordnung über die Verwaltung der Armee [VVA, SR 510.301]). Die Soldzulagen bei Beförderungsdiensten belaufen sich auf Fr. 20.- bis Fr. 50.- pro Tag (Art. 17 Abs. 1 BVA in Verbindung mit Art. 40 VVA). Bei längeren Dienstleistungen kann daher auch der in einer Beitragsperiode bezogene Militärsold einen nicht unerheblichen Umfang annehmen. Die Aussage, er habe bloss symbolischen Charakter, ist nur teilweise stichhaltig.
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4.5.5 Der Auffassung des BSV, Art.6 Abs.2 lit.a AHVV erfasse nur rein symbolische Abgeltungen, kann im Lichte dieser Feststellungen nicht beigepflichtet werden. Einerseits kann auch der Militärsold diesen Rahmen übersteigen. Andererseits zählen gemäss dem Wortlaut von Art.6 Abs.2 lit.a AHVV die soldähnlichen Vergütungen in öffentlichen Feuerwehren nicht zum massgebenden Lohn. Damit wäre es nicht vereinbar, sämtliche Bezüge als Erwerbseinkommen zu bezeichnen und eine vollständige beitragsrechtliche Erfassung sowohl des Übungs- und Retablierungs- als auch des Brandsoldes vorzunehmen. Die von der Ausgleichskasse gestützt auf Rz2116 WML vorgenommene Unterscheidung zwischen Übungssold, der kein Erwerbseinkommen darstelle, und beitragspflichtigem Brandsold lässt sich jedoch nicht mit der unterschiedlichen Relevanz der beiden Soldarten für die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Empfängers begründen, liegt doch der während einer Beitragsperiode bezogene Brandsold nicht notwendigerweise wesentlich über dem ausgerichteten Sold für Übungen. Nicht nur der Brand-, sondern auch der Übungssold kann über eine symbolische Abgeltung hinausgehen. Dieses Kriterium ist daher für die Auslegung von Art.6 Abs.2 lit.a AHVV nicht tauglich.
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4.6
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4.6.1 Das BSV argumentiert ferner, die Erfüllung einer Bürgerpflicht stelle kein geeignetes Kriterium zur Bestimmung des massgebenden Lohnes mehr dar. Die fraglichen Entschädigungen erhöhten offensichtlich die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Feuerwehrleute.
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Nach der vor 1988 ergangenen Rechtsprechung (Erw. 4.2 hievor) beruhte jedoch die Aussage, der Feuerwehrsold stelle kein Erwerbseinkommen dar, in erster Linie auf der Überlegung, es handle sich um ein Entgelt für die Erfüllung einer Bürgerpflicht. Diese Rechtsprechung sollte anlässlich der per 1. Januar 1988 erfolgten Änderung von Art. 6 Abs. 2 lit. a AHVV beibehalten werden (Erw. 4.3 hievor am Ende). Im Rahmen einer an den damaligen Intentionen des Verordnungsgebers orientierten Auslegung kann daher der Auffassung des BSV nicht gefolgt werden.
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4.6.2 Die bei Erlass einer Norm verfolgten Absichten bleiben für die Rechtsanwendung nicht unter allen Umständen verbindlich. So kann nach der Rechtsprechung in objektiv-zeitgemässer Auslegung einer Gesetzesnorm ein Sinn gegeben werden, der für den historischen Gesetzgeber infolge eines Wandels der tatsächlichen Verhältnisse nicht voraussehbar war und in der bisherigen Anwendung auch nicht zum Ausdruck gekommen ist, wenn er noch mit dem Sinn des Gesetzes vereinbar ist (BGE 125 II 213 Erw.4c/bb mit Hinweis). Das BSV erblickt den erforderlichen Wandel der tatsächlichen Verhältnisse in einer Änderung der allgemeinen Anschauungen. Nach neuerer Auffassung sei nicht mehr massgebend, ob die Angehörigen der Wehrdienste eine Bürgerpflicht erfüllten und mit ihrem Einsatz zu Gunsten des Gemeinwesens und von Unglücksfällen Betroffener nicht in erster Linie Erwerbsmotive verfolgten. Dass sich die allgemeine Anschauung in diesem Sinne gewandelt hätte, ist jedoch nicht derart evident, dass eine hinreichende Grundlage bestünde, um von den bei Erlass von Art.6 Abs.2 lit.a AHVV geäusserten Intentionen abzuweichen. Auch anderweitige Entwicklungen, die in jüngerer Zeit stattgefunden haben, wie insbesondere die vielerorts erfolgte Erhöhung der Entschädigungen sowie die teilweise Abschaffung oder Einschränkung der Feuerwehrpflicht, bilden zwar denkbare Argumente für eine Änderung der geltenden Regelung. Ob die Beitragsfreiheit der Entschädigungen für Feuerwehrleute in Abhängigkeit von der Art des Dienstes sowie Art und Höhe der Vergütungen Einschränkungen erfahren oder allenfalls ganz wegfallen soll, ist jedoch eine Frage der Abwägung der einander gegenüberstehenden Interessen (Allgemeinheit der Beitragspflicht einerseits, öffentliches Interesse an der Tätigkeit einer Milizfeuerwehr andererseits). Deren allfällige Neugewichtung mit Blick auf zwischenzeitlich eingetretene Veränderungen ist grundsätzlich nicht Sache des Gerichts (vgl. BGE 127 II 83 Erw.4a/aa, 84 Erw.4a/cc). Es läge vielmehr am Verordnungsgeber, die geltende Regelung, welche soldähnliche Vergütungen in öffentlichen Feuerwehren generell von der Beitragspflicht ausnimmt, allenfalls zu ändern, wenn sie den aktuellen Verhältnissen nicht mehr gerecht werden sollte.
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4.7 Nach dem Gesagten ist Rz2116 WML insoweit nicht mit Art. 6 Abs. 2 lit. a AHVV vereinbar, als Zuschläge für den Ernstfall als beitragspflichtiges Erwerbseinkommen erklärt werden. Die Vorinstanz hat daher die Verwaltungsweisung insoweit zu Recht nicht zur Anwendung gebracht und die Beitragspflicht für die entsprechenden Bezüge verneint.
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Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:
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1.
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Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.
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2.
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Es werden keine Gerichtskosten erhoben.
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3.
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Dieses Urteil wird den Parteien, dem Obergericht des Kantons Schaffhausen und der Ausgleichskasse des Kantons Schaffhausen zugestellt.
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Luzern, 10. September 2003
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Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts
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Der Präsident der I. Kammer: Der Gerichtsschreiber:
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