Zurück zur Einstiegsseite Drucken
Original
 
Tribunale federale
Tribunal federal
{T 0/2}
1A.150/2003 /sta
Urteil vom 6. Januar 2004
I. Öffentlichrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesgerichtspräsident Aemisegger, Präsident,
Bundesrichter Féraud, Ersatzrichter Loretan,
Gerichtsschreiber Haag.
Parteien
X.________, Beschwerdeführer,
gegen
Einwohnergemeinde Thun, handelnd durch den Gemeinderat, Rathaus, 3600 Thun,
Amt für Gemeinden und Raumordnung des Kantons Bern, Nydeggasse 11/13, 3011 Bern,
Verwaltungsgericht des Kantons Bern, Verwaltungsrechtliche Abteilung, Speichergasse 12, 3011 Bern.
Gegenstand
Überbauungsordnung "Abfallsammelstellen Haldenweg" und Baubewilligung,
Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Bern, Verwaltungsrechtliche Abteilung, vom 17. Juni 2003.
Sachverhalt:
A.
X.________ ist Eigentümer der Liegenschaft Thun Gbbl. Nr. 2026 mit den Wohnbauten Haldenweg ... und ... sowie dem Garagentrakt ... . Die Einwohnergemeinde Thun beabsichtigt seit längerem, im unteren Bereich des Haldenwegs zwei befestigte Abfallsammelstellen (Containerstandplätze) zu errichten, von denen eine auf dem Grundstück von X.________ vorgesehen ist. Nachdem eine einvernehmliche Lösung nicht gefunden wurde, beschloss der Stadtrat von Thun am 10. Mai 2001 die "Überbauungsordnung Abfallsammelstellen Haldenweg"; diese gilt gleichzeitig als Baubewilligung im Sinn von Art. 1 Abs. 4 des Baugesetzes des Kantons Bern vom 9. Juni 1985 (BauG; BSG 721.0) für die Sammelstellen auf den Parzellen Gbbl. Nr. 2026 (X.________) und Nr. 4582 (Y.________). Die auf dem Grundstück von X.________ geplante Sammelstelle soll 2 Containern Platz bieten, ist im Bereich östlich der bestehenden Garageneinfahrt vorgesehen und beansprucht eine Fläche von knapp 7 m2.
Das Amt für Gemeinden und Raumordnung genehmigte die Überbauungsordnung am 30. November 2001 und wies die Einsprache von X.________ gegen den geplanten Standort auf seinem Grundstück ab.
B.
Die Justiz-, Gemeinde- und Kirchendirektion des Kantons Bern wies eine Beschwerde von X.________ gegen die Überbauungsordnung am 12. November 2002 ab, soweit sie darauf eintrat. Der Weiterzug dieses Entscheides an das kantonale Verwaltungsgericht, welches wie deren Vorinstanz vor dem Entscheid einen Augenschein vornahm, blieb ebenfalls ohne Erfolg.
C.
X.________ hat gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 17. Juni 2003 am 18. Juli 2003 Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Bundesgericht erhoben. Er beantragt die Aufhebung des angefochtenen Urteils sowie verschiedene Feststellungen.
Die Einwohnergemeinde Thun und das Verwaltungsgericht beantragen Abweisung der Beschwerde, soweit darauf eingetreten werden könne. Das Amt für Gemeinden und Raumordnung erklärt Verzicht auf Stellungnahme, ebenso das Bundesamt für Umwelt, Wald und Landschaft.
Die Stellungnahmen wurden den Parteien zur Kenntnisnahme zugestellt. Das Bundesgericht teilte dem Beschwerdeführer mit, dass ein zweiter Schriftenwechsel nicht vorgesehen sei.
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1.
Das Bundesgericht prüft von Amtes wegen und mit freier Kognition, ob und inwieweit auf ein Rechtsmittel eingetreten werden kann (128 I 177 E. 1 mit Hinweisen).
1.1 Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde ist zulässig gegen Verfügungen, die sich auf öffentliches Recht des Bundes stützen oder hätten stützen sollen (Art. 5 VwVG in Verbindung mit Art. 97 OG), sofern diese von einer in Art. 98 OG genannten Vorinstanz erlassen worden sind und keiner der in Art. 99 ff. OG oder in der Spezialgesetzgebung vorgesehenen Ausschlussgründe greift. Sodann unterliegen der Verwaltungsgerichtsbeschwerde gemischt-rechtliche Verfügungen bzw. (auch) auf unselbständiges kantonales Ausführungsrecht zum Bundesrecht gestützte Anordnungen sowie auf übrigem kantonalem Recht beruhende Anordnungen, die einen hinreichend engen Sachzusammenhang mit der im Rahmen der Verwaltungsgerichtsbeschwerde zu beurteilenden Frage des Bundesverwaltungsrechts aufweisen. Soweit dem angefochtenen Entscheid selbständiges kantonales Recht ohne den genannten Sachzusammenhang zum Bundesrecht zugrunde liegt, steht die staatsrechtliche Beschwerde zur Verfügung (BGE 128 I 46 E.1b/aa; 123 II 359 E.1a/aa, je mit Hinweisen).
Das angefochtene Urteil stützt sich einerseits namentlich auf das kantonale Abfallgesetz vom 7. Dezember 1986 und das Abfallreglement der Stadt Thun vom 4. Juni 1992 sowie das kantonale Baugesetz. Andererseits prüfte das Verwaltungsgericht eingehend, ob der Bau der umstrittenen Sammelstelle mit der Eigentumsgarantie gemäss Art. 26 BV zu vereinbaren sei. Nur am Rande untersuchte es, ob von der Sammelstelle übermässige Geruchs- oder Lärmimmissionen ausgehen würden (was es verneinte). Damit liegt ein Urteil vor, das sich hauptsächlich auf kantonales und kommunales Recht stützt. Die darin thematisierten Fragen des Immissionsschutzes werden zwar durch Bundesverwaltungsrecht, nämlich das Bundesgesetz vom 7. Oktober 1983 über den Umweltschutz (USG; SR 814.01) geregelt; sie waren indessen im Laufe des ganzen Verfahrens von untergeordneter Bedeutung.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wäre daher nur zulässig, wenn damit die im USG geregelten Aspekte des vorliegenden Falles zur Diskussion gestellt würden. Der Beschwerdeführer erhebt indessen in seiner Eingabe an das Bundesgericht solche Rügen weder ausdrücklich noch sinngemäss, und die Akten geben dem Bundesgericht keinerlei Anlass, darauf in Rechtsanwendung von Amtes wegen (Art. 114 Abs. 1 OG) einzugehen. Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde steht unter diesem Umständen nicht zur Verfügung.
1.2 Es stellt sich die Frage, ob die Eingabe als staatsrechtliche Beschwerde (Art. 84 ff. OG) entgegenzunehmen ist.
1.2.1 Beim angefochtenen Urteil handelt es sich um einen letztinstanzlichen kantonalen Endentscheid, der mit staatsrechtlicher Beschwerde wegen Verletzung verfassungsmässiger Rechte angefochten werden kann (Art. 84 Abs. 1 lit. a und Art. 87 OG). Der Beschwerdeführer ist durch dieses Urteil in eigenen rechtlich geschützten Interessen betroffen und somit beschwerdeberechtigt (Art. 88 OG). Die Beschwerde wurde innert Frist eingereicht. Trotz ihrer unzutreffenden Bezeichnung kann sie als staatsrechtliche Beschwerde entgegengenommen werden, soweit damit die Aufhebung des angefochtenen Entscheids verlangt und eine hinreichende Begründung gegeben wird (siehe dazu E. 1.2.2).
Die staatsrechtliche Beschwerde ist, von hier nicht massgeblichen Sonderfällen abgesehen, rein kassatorischer Natur (BGE 129 I 129 E. 1.2.1 S. 131 f. mit Hinweisen). Das Bundesgericht kann eine als verfassungswidrig erkannte Verfügung oder Bestimmung nur aufheben, nicht aber abändern oder ersetzen. Nicht einzutreten ist deshalb auf die verschiedenen Feststellungsanträge des Beschwerdeführers.
1.2.2 Die staatsrechtliche Beschwerde führt nicht das vorangegangene kantonale Verfahren weiter, sondern eröffnet als ausserordentliches Rechtsmittel ein selbständiges staatsgerichtliches Verfahren, das der Kontrolle kantonaler Hoheitsakte unter dem spezifischen Gesichtspunkt verfassungsmässiger Rechte dient (BGE 117 Ia 393 E. 1c). Aus diesem Grund sind die als verletzt erachteten verfassungsmässigen Rechte oder deren Teilgehalte zu bezeichnen; überdies ist in Auseinandersetzung mit den Erwägungen des angefochtenen Entscheids im Einzelnen darzustellen, worin die Verletzung der angerufenen Verfassungsrechte bestehen soll (Art. 90 Abs. 1 lit. b OG). Im staatsrechtlichen Beschwerdeverfahren prüft das Bundesgericht nur klar und detailliert erhobene Rügen, die soweit möglich zu belegen sind (Rügeprinzip). Auf ungenügend begründete Rügen und rein appellatorische Kritik am angefochtenen Entscheid tritt das Bundesgericht nicht ein (vgl. BGE 127 III 279 E. 1c S. 282; 125 I 492 E. 1b S. 495, je mit Hinweisen).
1.2.3 Die Eingabe des Beschwerdeführers zielt unter anderem darauf, den Eingriff in sein Eigentum als unverhältnismässig darzustellen. Insofern kann darauf eingetreten werden. Nicht einzutreten ist auf die Beschwerde insoweit, als damit Mängel früherer Verfahrensabschnitte geltend gemacht, unmassgebliche Ergänzungen zur Sachverhaltsfeststellung des Verwaltungsgerichts angeführt und allgemeine Kritik am Abfallkonzept und der Planung der Einwohnergemeinde Thun geübt werden.
2.
2.1 Das Verwaltungsgericht hat die Voraussetzungen für einen Eingriff in das Eigentumsrecht im Einzelnen dargestellt. Auf diese zutreffenden Erwägungen kann grundsätzlich verwiesen werden. Zu prüfen ist allein, ob der projektierte Sammelplatz A einen unverhältnismässigen Eingriff in die Eigentumsposition des Beschwerdeführers darstellt.
2.2 Das Verwaltungsgericht hat festgehalten, dass die Kehrichtfahrzeuge ab der Verzweigung Haldenweg/Wartbodenstrasse rückwärts zu den geplanten Sammelstellen fahren werden oder im Bereich des Standortes B wenden müssen. Daraus leitet der Beschwerdeführer ab, es wäre für die Kehrichtfahrzeuge möglich, noch rund weitere 50 m den Haldenweg rückwärts hinauf zu fahren, so dass dort, schräg gegenüber der Parzelle Nr. 3124, ein weiterer (unbefestigter) Sammelplatz für Abfall vorgesehen werden könnte. Zugleich wiederholt der Beschwerdeführer seine im kantonalen Verfahren vorgebrachte Auffassung, ein weiterer Sammelplatz könne auf seinem Grund an der Wartbodenstrasse eingerichtet werden. Damit sei der Sammelplatz am Standort A auf seinem Grundstück überflüssig.
2.3 Das Verwaltungsgericht hat erwogen, es bestehe ein öffentliches Interesse daran, die bisherigen Sammelplätze, an denen der Kehricht in Säcken am Strassenrand bzw. auf der Strasse bereitgestellt wird, durch Sammelplätze mit Containern zu ersetzen. Dies ermögliche den Anwohnern, die Kehrichtsäcke nicht nur am Sammeltag bzw. an dessen Vorabend bereit zu stellen, und vermeide das Risiko, dass die Säcke von Tieren aufgerissen würden und der Abfall verstreut werde. Das Beladen der Kehrichtfahrzeuge werde einfacher, schneller und belaste das Personal weniger. Schon diese zutreffenden Überlegungen, denen der Beschwerdeführer nichts entgegenhält, sprechen gegen die Einrichtung einer weiteren Sammelstelle (ohne Container) weiter oben am Haldenweg. Gegen diese Lösung spricht auch die Tatsache, dass der vom Beschwerdeführer vorgeschlagene zusätzliche Platz, anders als der Standort B, zwingend rückwärts angefahren werden müsste, da dort, ebenfalls anders als beim Standort B, ein Wenden des Kehrichtfahrzeugs praktisch nicht in Frage kommt. Das Verwaltungsgericht hat dies ausdrücklich festgestellt und der Beschwerdeführer anerkennt diese Feststellung. Ein solches Rückwärtsfahrmanöver würde ein Sicherheitsrisiko darstellen und die Abfallsammlung unnötig verlängern.
Gegen einen Sammelplatz an der Wartbodenstrasse sprechen gemäss dem angefochtenen Urteil ebenfalls Sicherheitsüberlegungen, da diese Strasse zeitweise stark befahren und wegen der Kurve im fraglichen Bereich schlecht überblickbar ist. Der Beschwerdeführer hält dem nichts entgegen.
Ein öffentliches Interesse an der Schaffung der geplanten neuen Sammelplätze kann demnach im Lichte der Erwägungen des Verwaltungsgerichts als ausgewiesen gelten. Die gegenteilige Behauptung des Beschwerdeführers ist unbegründet.
2.4 Weiter ist dem Verwaltungsgericht darin beizupflichten, dass der Eingriff in die Eigentümerposition des Beschwerdeführers unter den konkreten Umständen nicht schwer wiegt. In Abwägung der betroffenen Interessen ist der geplante Eingriff daher ohne weiteres als verhältnismässig zu bezeichnen.
3.
Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet und ist abzuweisen. Bei diesem Ausgang sind die Gerichtskosten dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 156 Abs. 1 OG).
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf eingetreten werden kann.
2.
Die Gerichtsgebühr von Fr. 3'000.-- wird dem Beschwerdeführer auferlegt.
3.
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, der Einwohnergemeinde Thun, dem Amt für Gemeinden und Raumordnung und dem Verwaltungsgericht des Kantons Bern, Verwaltungsrechtliche Abteilung, sowie dem Bundesamt für Umwelt, Wald und Landschaft schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 6. Januar 2004
Im Namen der I. öffentlichrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: