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Original
 
Eidgenössisches Versicherungsgericht
Tribunale federale delle assicurazioni
Tribunal federal d'assicuranzas
Sozialversicherungsabteilung
des Bundesgerichts
Prozess
{T 7}
U 90/02
Urteil vom 23. Januar 2004
IV. Kammer
Besetzung
Präsident Ferrari, Bundesrichterin Widmer und Bundesrichter Ursprung; Gerichtsschreiber Hadorn
Parteien
G.________, 1941, Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt Sandro Sosio, Müllackerstrasse 25, 8152 Glattbrugg,
gegen
Schweizerische Unfallversicherungsanstalt, Fluhmattstrasse 1, 6004 Luzern, Beschwerdegegnerin
Vorinstanz
Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich, Winterthur
(Entscheid vom 28. Januar 2002)
Sachverhalt:
A.
Der 1941 geborene G.________ war bei der Schweizerischen Unfallversicherungsanstalt (SUVA) obligatorisch gegen die Folgen von Berufs- und Nichtberufsunfällen versichert, als er am 31. Januar 1997 einen Unfall erlitt. Die SUVA erbrachte die gesetzlichen Leistungen. Mit Verfügung vom 27. Oktober 2000 sprach sie G.________ eine Invalidenrente entsprechend einer Erwerbsunfähigkeit von 10% ab 1. Dezember 2000 sowie eine Entschädigung für eine Integritätseinbusse von 5% zu. Diese Verfügung bestätigte die SUVA mit Einspracheentscheid vom 28. März 2001.
B.
Die gegen die Rentenhöhe gerichtete Beschwerde hiess das Sozial-versicherungsgericht des Kantons Zürich mit Entscheid vom 28. Ja-nuar 2002 insofern gut, als es G.________ eine Rente von 11,4% ab 1. Dezember 2000 gewährte.
C.
G.________ lässt Verwaltungsgerichtsbeschwerde führen und beantragen, die Sache sei zu näheren Abklärungen und neuer Rentenberechnung an die Vorinstanz zurückzuweisen.
Die SUVA stellt das Rechtsbegehren, die G.________ ausgerichtete Rente sei im Sinne einer reformatio in peius aufzuheben.
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:
1.
Die gesetzlichen Bestimmungen zum Anspruch auf eine Invalidenrente der Unfallversicherung (Art. 18 Abs. 1 und 2 UVG) wurden im Einspracheentscheid richtig dargelegt. Darauf wird verwiesen. Zu ergänzen ist, dass das am 1. Januar 2003 in Kraft getretene Bundesgesetz über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG) vom 6. Oktober 2000 im vorliegenden Fall nicht anwendbar ist, da nach dem massgebenden Zeitpunkt des Erlasses des streitigen Einspracheentscheids (hier: 28. März 2001) eingetretene Rechts- und Sachverhaltsänderungen vom Sozialversicherungsgericht nicht berücksichtigt werden (BGE 127 V 467 Erw. 1, 121 V 366 Erw. 1b).
2.
Der Beschwerdeführer beantragt, ergänzende medizinische Auskünfte bei Dr. med. K.________, Spezialarzt FMH für Orthopädische Chirurgie einzuholen, da dieser Arzt die Arbeitsunfähigkeit des Versicherten wesentlich niedriger einschätze als die Arzte der SUVA und der Klinik X.________, auf welche die Vorinstanz abgestellt habe.
Diesem Begehren ist nicht zu entsprechen. Die Vorinstanz hat einlässlich dargelegt, weshalb auf die Berichte der Klinik X.________ und des SUVA-Kreisarztes abgestellt werden kann. Darauf wird verwiesen. Hiegegen vermag das kurze Zeugnis von Dr. med. K.________ vom 13. März 2001 nicht aufzukommen, enthält es doch keinerlei Begründung für die abweichende Einschätzung der Arbeitsfähigkeit in leichten Tätigkeiten. Auch die von Dr. K.________ ausgefüllten Unfallscheine enthalten keine verwertbaren Angaben. Demnach bleibt es dabei, dass der Gesundheitszustand des Beschwerdeführers ausreichend abgeklärt worden ist und dieser demzufolge zwar keine schweren Arbeiten mehr verrichten kann, in leichten, angepassten Tätigkeiten jedoch noch voll arbeitsfähig ist. Unter diesen Umständen kann offen bleiben, während welcher Periode der Versicherte effektiv bei Dr. K.________ in Behandlung stand.
3.
Einer näheren Überprüfung bedarf die Ermittlung des Invaliditätsgrades. Dabei ist das hypothetische Valideneinkommen nicht bestritten. Dieses beträgt Fr. 56'442.- (bezogen auf das Jahr 2000). Hingegen gibt das von der Vorinstanz ermittelte hypothetische Invalideneinkommen Anlass zu Kritik.
3.1 Die SUVA stellte zur Ermittlung des dem Beschwerdeführer noch zumutbaren Verdienstes auf sieben Dokumentationen von Arbeitsplätzen (DAP) ab. Die Vorinstanz erachtete diese Stellen als dem Versicherten zumutbar und ermittelte aus dem Durchschnitt der sieben Jahresverdienste ein hypothetisches Invalideneinkommen von Fr. 49'991.- für das Jahr 2000. Dies ergab im Vergleich zum erwähnten hypothetischen Valideneinkommen einen Invaliditätsgrad von 11,4%. "Im Sinne einer Plausibilitätsprüfung" führte das kantonale Gericht sodann einen Einkommensvergleich auf der Grundlage der Tabellenlöhne gemäss der Schweizerischen Lohnstrukturerhebung (LSE) durch. Dabei kam es auf ein hypothetisches Invalideneinkommen von Fr. 54'608.-. Hierauf erwog die Vorinstanz, es rechtfertige sich, auf den tieferen Wert (d.h. die DAP-Löhne) abzustellen, auch wenn sich dies zu Gunsten des Beschwerdeführers auswirke. Die SUVA beanstandet dieses Vorgehen, gebe es doch in der Sozialversicherung keinen Grundsatz "im Zweifel zu Gunsten des Versicherten". Ferner kritisiert sie die Rechtsprechung nach BGE 127 V 129, wonach der vorliegend von der Vorinstanz auf Grund der DAP-Tabellen errechnete Invaliditätsgrad von 11,4% nicht mehr abgerundet werden dürfe.
3.2 Zur Streitfrage, ob und gegebenenfalls unter welchen Umständen bei einem Einkommensvergleich auf die LSE- oder auf die DAP-Tabellen zurückzugreifen sei, hat das Eidgenössische Versicherungsgericht in BGE 129 V 472 ein Grundsatzurteil gefällt. Damit auf die DAP-Arbeitsplätze abgestellt werden kann, muss die Unfallversicherung demnach mindestens fünf zumutbare Arbeitsplätze vorlegen. Ferner hat sie Angaben zu machen über die Gesamtzahl der auf Grund der gegebenen Behinderung in Frage kommenden dokumentierten Arbeitsplätze, über den Höchst- und den Tiefstlohn sowie über den Durchschnittslohn der dem jeweils verwendeten Behinderungsprofil entsprechenden Gruppe. Dies ermöglicht eine Überprüfung des Auswahlermessens und erlaubt eine zuverlässige Beurteilung der von der SUVA verwendeten DAP-Löhne hinsichtlich ihrer Repräsentativität (BGE 129 V 480 Erw. 4.2.2). Genügt die SUVA im Einzelfall diesen Anforderungen nicht, kann bei einer Bestreitung nicht auf den DAP-Lohnvergleich abgestellt werden. Diesfalls hat das im Beschwerdeverfahren angerufene Gericht die Sache entweder an den Versicherer zurückzuweisen oder an Stelle des DAP-Lohnvergleichs einen Tabellenlohnvergleich gestützt auf die LSE vorzunehmen (BGE 129 V 480 f. Erw. 4.2.2 in fine).
3.3 Vorliegend hat die SUVA sieben DAP-Löhne und somit die nach dem erwähnten Urteil geforderte Mindestzahl von zumutbaren Arbeitsplätzen beigezogen. Hingegen fehlen Angaben über die Gesamtzahl der beim Behinderungsprofil des Versicherten in Frage kommenden dokumentierten Arbeitsstellen sowie deren Höchst-, Tiefst- und Durchschnittslohn. Damit sind die Anforderungen an den auf die DAP gestützten Einkommensvergleich gemäss BGE 129 V 472 nicht erfüllt, weshalb auf die Tabellenlöhne der LSE zurückgegriffen werden muss.
3.4 Diesbezüglich ist von dem von der Vorinstanz plausibilitätshalber durchgeführten Einkommensvergleich auszugehen. Demnach ergäbe sich ein hypothetisches Invalideneinkommen von Fr. 54'608.-. Indessen ist zu beachten, dass Versicherte mit gesundheitlichen Einschränkungen selbst in zumutbaren Verweisungstätigkeiten oft das Lohnniveau gesunder Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nicht erreichen. Nebst gesundheitlichen Problemen können sich persönliche Merkmale der versicherten Person, wie Alter, Dauer der Betriebszugehörigkeit, Nationalität oder Aufenthaltskategorie sowie Beschäftigungsgrad auf das hypothetische Invalideneinkommen auswirken. Daher ist je nach den konkreten Umständen des Einzelfalls ein Abzug von den LSE-Tabellenlöhnen von maximal 25% zu gewähren (zum Ganzen BGE 126 V 75).
3.5 Vorliegend fällt neben der ausländischen Nationalität des Versicherten namentlich dessen Alter erschwerend ins Gewicht, weshalb es sich rechtfertigt, das von der Vorinstanz auf Grund der LSE-Tabellen ermittelte hypothetische Invalideneinkommen um 10% zu reduzieren. Damit beträgt der dem Beschwerdeführer noch zumutbare Verdienst Fr. 49'147.- (Fr. 54'608.- ./. 10%). Im Vergleich zum hypothetischen Invalideneinkommen von Fr. 56'442.- beträgt der Invaliditätsgrad somit 12,92%, gerundet 13%, nachdem das Eidgenössische Versicherungsgericht in dem zur Publikation in BGE 130 V vorgesehenen Urteil R. vom 23. Dezember 2003 (U 27/02) in Änderung der Rechtsprechung von dem in BGE 127 V 129 statuierten, absoluten Rundungsverbot in dem Sinne abgewichen ist, dass rechnerisch exakt ermittelte Werte nach den Regeln der Mathematik auf die nächste ganze Prozentzahl auf- und abzurunden sind.
3.6 Das Verfahren ist kostenlos (Art. 134 OG). Nach dem Gesagten hat der Beschwerdeführer Anspruch auf eine Rente der Unfallversicherung von 13%. Er obsiegt somit teilweise, weshalb ihm eine Parteientschädigung zuzusprechen ist (Art. 159 Abs. 1 OG).
Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:
1.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird in dem Sinne gutgeheissen, dass der Entscheid des Sozialversicherungsgerichts des Kantons Zürich vom 28. Januar 2002 und der Einspracheentscheid der SUVA vom 28. März 2001 aufgehoben werden und festgestellt wird, dass der Beschwerdeführer Anspruch auf eine Rente der Unfallversicherung von 13% hat.
2.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.
3.
Die SUVA hat dem Beschwerdeführer für das Verfahren vor dem Eidgenössischen Versicherungsgericht eine Parteientschädigung von Fr. 1000.-- (einschliesslich Mehrwertsteuer) zu bezahlen.
4.
Das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich wird über eine Parteientschädigung für das kantonale Verfahren entsprechend dem Ausgang des letztinstanzlichen Prozesses zu befinden haben.
5.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich, der IV-Stelle des Kantons Zürich und dem Bundesamt für Gesundheit (BAG) zugestellt.
Luzern, 23. Januar 2004
Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts
Der Präsident der IV. Kammer: Der Gerichtsschreiber: