BGer 2A.110/2003 |
BGer 2A.110/2003 vom 29.01.2004 |
Tribunale federale
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{T 0/2}
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2A.110/2003 /dxc
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Urteil vom 29. Januar 2004
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II. Öffentlichrechtliche Abteilung
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Besetzung
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Bundesrichter Wurzburger, Präsident,
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Bundesrichter Hungerbühler, Bundesrichter Müller, Bundesrichterin Yersin, Bundesrichter Merkli,
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Gerichtsschreiber Feller.
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Parteien
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Zürcher Anwaltsverband, Bahnhofstrasse 61,
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Postfach 7675, 8023 Zürich,
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Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt lic. iur. Daniel Urech, Wenger Vieli Belser,
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gegen
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X.________,
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Beschwerdegegner,
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Aufsichtskommission über die Rechtsanwälte im Kanton Zürich, c/o Obergericht, Hirschengraben 15, Postfach, 8023 Zürich,
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Obergericht des Kantons Zürich, Verwaltungskommission, Postfach, 8023 Zürich.
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Gegenstand
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Eintragung in das kantonale Anwaltsregister,
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Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen den Beschluss des Obergerichts des Kantons Zürich, Verwaltungskommission, vom 12. Februar 2003.
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Sachverhalt:
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A.
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Dr.iur. X.________ ist Inhaber des aargauischen Fürsprecherpatents. Er steht in einem Anstellungsverhältnis zur Bank Y.________ AG, wo er in der Rechtsabteilung tätig ist. Im Handelsregister ist er bei dieser Bank u.a. als Vizedirektor mit Kollektivunterschrift eingetragen.
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B.
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Nachdem am 1. Juni 2002 das Bundesgesetz vom 23. Juni 2000 über die Freizügigkeit der Anwältinnen und Anwälte (Anwaltsgesetz, BGFA; SR 935.61) in Kraft getreten war, stellte X.________ bei der Aufsichtskommission über die Rechtsanwälte im Kanton Zürich (nachfolgend: Aufsichtskommission) am 29. Juli 2002 das Gesuch, er sei im Sinne von Art. 5 ff. und Art. 36 BGFA ins kantonale Anwaltsregister einzutragen. Er erklärte, den Anwaltsberuf als Teilzeit-Selbständigerwerbender ausüben zu wollen, neben seiner Tätigkeit als Angestellter bei der Bank Y.________. Die Aufsichtskommission stellte fest, dass X.________ auf Grund des bisherigen Rechts über ein Anwaltspatent des Kantons Aargau verfüge und nach Art. 196 Ziff. 5 BV in den anderen Kantonen eine Berufsausübungsbewilligung erhalten hätte, weshalb sein Eintragungsgesuch nach Art. 36 BGFA als begründet erscheine. Dementsprechend gab sie dem Gesuch statt und trug X.________ mit Beschluss vom 20. August 2002 in das kantonale Anwaltsregister ein.
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Der Zürcher Anwaltsverband erhob am 26. September 2002 gegen diesen Beschluss Rekurs bei der Verwaltungskommission des Obergerichts des Kantons Zürich. Diese wies den Rekurs am 12. Februar 2003 ab, soweit sie darauf eintrat.
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C.
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Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde vom 20. März 2003 beantragt der Zürcher Anwaltsverband dem Bundesgericht, den Beschluss der Verwaltungskommission des Obergerichts vollumfänglich aufzuheben und die Aufsichtskommission anzuweisen, die Eintragung von X.________ ins kantonale Anwaltsregister rückgängig zu machen.
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Die Verwaltungskommission des Obergerichts des Kantons Zürich sowie die kantonale Aufsichtskommission haben auf Vernehmlassung verzichtet. X.________ stellt den Antrag, der angefochtene Beschluss sei vollumfänglich zu bestätigen, unter Kosten- und Entschädigungsfolgen. Das Bundesamt für Justiz hat sich zur Sach- und Rechtslage geäussert.
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Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
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1.
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Streitgegenstand bildet die Frage, welche Voraussetzungen eine Person erfüllen muss, um in das kantonale Anwaltsregister eingetragen werden zu können. Die Frage ist bundesrechtlich geregelt (Art. 6 ff. BGFA). Der angefochtene Beschluss stützt sich auf Bundesrecht (Art. 97 Abs. 1 OG in Verbindung mit Art. 5 VwVG), und er kann, da die Voraussetzungen gemäss Art. 98 ff. OG erfüllt sind, mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde angefochten werden. Gegen Eintragungen ins kantonale Register steht das Beschwerderecht auch dem Anwaltsverband des betreffenden Kantons zu (Art. 6 Abs. 4 BGFA); der Beschwerdeführer ist damit zur Verwaltungsgerichtsbeschwerde legitimiert. Auf die form- und fristgerecht erhobene Beschwerde ist grundsätzlich einzutreten.
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2.
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2.1 Der Beschwerdegegner stellte sein Gesuch um Eintragung in das kantonale Anwaltsregister gestützt auf Art. 5 ff. und Art. 36 BGFA, wobei er insbesondere hervorhob, dass er den Anwaltsberuf im Sinne von Art. 8 Abs. 1 lit. d BGFA unabhängig ausübe. Er geht davon aus, dass er sämtliche gesetzlichen Voraussetzungen für den Registereintrag erfülle. Die Aufsichtskommission begründete ihren Beschluss vom 20. August 2002 über die Eintragung ins Register damit, dass der Gesuchsteller auf Grund des bisherigen Rechts über ein Anwaltspatent des Kantons Aargau verfüge und nach Art. 196 Ziff. 5 BV in den anderen Kantonen eine Berufsausübungsbewilligung erhalten hätte, weshalb sein Eintragungsgesuch nach Art. 36 BGFA als begründet erscheine. In ihrem Rekursentscheid ging die Verwaltungskommission des Obergerichts davon aus, dass der Beschwerdegegner sämtliche gesetzlichen Voraussetzungen für den Registereintrag erfülle, stützte ihren Entscheid mithin nicht auf Art. 36 BGFA.
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Als Übergangsbestimmung soll Art. 36 BGFA den Eintrag ins Anwaltsregister regeln in Fällen, da ein Eintrag gestützt auf das neu geltende Bundesrecht nicht (mehr) in Frage kommt, jedoch nach bisherigem Recht interkantonal eine Berufsausübungsbewilligung hätte erlangt werden können. Erfüllt eine Person die ordentlichen Voraussetzungen für einen Eintrag ins Register, erübrigt sich eine Berufung auf Art. 36 BGFA. Zuerst ist daher zu prüfen, ob der Beschwerdegegner nach heute geltendem Recht ins Register eingetragen werden kann.
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2.2 Gemäss Art. 6 Abs. 1 BGFA lassen sich Anwälte, die über ein kantonales Anwaltspatent verfügen und Parteien vor Gericht vertreten wollen, ins Register des Kantons eintragen, in dem sie ihre Geschäftsadresse haben. Die Aufsichtsbehörde trägt sie ein, wenn sie festgestellt hat, dass die Voraussetzungen nach den Artikeln 7 und 8 erfüllt sind (Art. 6 Abs. 2 BGFA). Art. 7 BGFA umschreibt die fachlichen Voraussetzungen für einen Eintrag, Art. 8 BGFA die persönlichen Voraussetzungen. Gemäss Art 8 Abs. 1 BGFA müssen die Anwälte handlungsfähig sein (lit. a); es darf keine im Strafregister nicht gelöschte strafrechtliche Verurteilung wegen Handlungen vorliegen, die mit dem Anwaltsberuf nicht zu vereinbaren sind (lit. b), und es dürfen gegen sie keine Verlustscheine bestehen (lit. c). Art. 8 Abs. 1 lit. d BGFA bestimmt sodann, dass die Anwälte in der Lage sein müssen, den Anwaltsberuf unabhängig auszuüben, und Angestellte nur von Personen sein können, die ihrerseits in einem kantonalen Register eingetragen sind. Was Anstellungen betrifft, gilt gemäss Art. 8 Abs. 2 BGFA eine Ausnahme für Anwälte, die bei anerkannten gemeinnützigen Organisationen angestellt sind; auch sie können sich ins Register eintragen lassen, wenn die übrigen persönlichen Voraussetzungen (Art. 8 Abs. 1 lit. a-c BGFA) erfüllt sind und sich die Tätigkeit der Parteivertretung strikte auf Mandate im Rahmen des von der betreffenden Organisation verfolgten Zwecks beschränkt.
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2.3 Der Beschwerdeführer widersetzt sich dem Eintrag des Be-schwerdegegners ins kantonale Anwaltsregister mit der Begründung, es werde dadurch Art. 8 Abs. 1 lit. d BGFA verletzt; wegen seines Anstellungsverhältnisses biete der Beschwerdegegner keine Gewähr dafür, seine nebenberufliche Anwaltstätigkeit unabhängig auszuüben.
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Das Gesetz umschreibt den Begriff der anwaltlichen Unabhängigkeit weder im Zusammenhang mit der Registereintragung noch in Art. 12 lit. b BGFA, wo die unabhängige Berufsausübung als Berufsregel aufgeführt ist, näher. Es ist nachfolgend zu prüfen, unter welchen Voraussetzungen ein Anwalt Gewähr für unabhängige Berufsausübung bietet und insofern, unter Berücksichtigung von Sinn und Zweck des Anwaltsregisters, den Eintrag in dasselbe verlangen kann.
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3.
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Zur Anwaltstätigkeit gehören typischerweise die Vertretung von Parteien vor Gericht sowie die Rechtsberatung; das Tätigkeitsgebiet des Anwalts kann sich darüber hinaus auf andere Bereiche erstrecken (wirtschaftliche Dienstleistungen, Ausübung von Verwaltungsratsmandaten usw.). Gemäss Art. 2 Abs. 1 BGFA gilt das Anwaltsgesetz für Personen, die über ein Anwaltspatent verfügen und in der Schweiz im Rahmen des Anwaltsmonopols Parteien vor Gericht vertreten (s. auch Art. 4 BGFA). Der Eintrag ins kantonale Anwaltsregister ist erforderlich, sofern ein Rechtsanwalt Parteien in sämtlichen Kantonen ohne weitere Bewilligung vor Gericht vertreten will (Art. 6 Abs. 1 BGFA); der Registereintrag betrifft somit allein die so genannte Monopoltätigkeit.
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Beim Anwaltsmonopol handelt es sich nicht um ein echtes Monopol im Rechtssinn. Der Zugang zum Beruf des Anwalts als Prozessvertreter erfolgt auf Grund einer klassischen wirtschaftspolizeilichen Bewilligung, welche zum Schutz des rechtsuchenden Publikums die persönlichen und fachlichen Eigenschaften und Fähigkeiten des Berufsausübenden sicherstellen soll (Tomas Poledna, Anwaltsmonopol und Zulassung zum Anwaltsberuf - Streiflichter in vier Thesen, in: Schweizerisches Anwaltsrecht, Festschrift Schweizerischer Anwaltsverband 1998, Bern 1998, S. 89 ff.). Damit aber fällt auch die Anwaltstätigkeit im Monopolbereich grundsätzlich in den Schutzbereich der von Art. 27 BV garantierten Wirtschaftsfreiheit. Gemäss Art. 36 BV bedarf daher jede Einschränkung der Befugnis, Parteien vor Gericht zu vertreten, einer gesetzlichen Grundlage; sie muss sich durch ein öffentliches Interesse oder durch den Schutz von Grundrechten Dritter rechtfertigen lassen und hat verhältnismässig zu sein. Unzulässig sind wirtschaftspolitische oder standespolitische Massnahmen, die den freien Wettbewerb behindern, um gewisse Gewerbezweige oder Bewirtschaftungsformen zu sichern oder zu begünstigen. Andere die Wirtschaftsfreiheit des Anwalts einschränkende, im öffentlichen Interesse liegende Massnahmen sind zulässig, wenn nebst dem Grundsatz der Verhältnismässigkeit derjenige der Rechtsgleichheit, namentlich im Sinne der Wettbewerbsneutralität, gewahrt wird (BGE 125 I 417 E. 4a S. 422; 123 I 12 E. 2a S. 15; Urteil 2P.187/2000 vom 8. Januar 2001, publ. in: Pra 90/2001 Nr. 141 S. 835, E. 3a S. 838; Urteil 2P.151/1995 vom 12. Dezember 1996, publ. in: RDAT 1997 II Nr. 10 S. 14, E. 4b S. 20).
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Wird einem Rechtsanwalt der Eintrag ins kantonale Anwaltsregister und damit die Möglichkeit, in sämtlichen Kantonen Parteien vor Gericht zu vertreten, mit der Begründung verweigert, dass ihm die erforderliche Unabhängigkeit fehle, wird er in seiner durch Art. 27 BV garantierten Wirtschaftsfreiheit eingeschränkt. Für die Auslegung des Begriffs der Unabhängigkeit des Anwalts im Sinne von Art. 8 Abs. 1 lit. d BGFA ist daher die verfassungsrechtliche Komponente mitzuberücksichtigen. Der Begriff darf nicht zu eng verstanden werden. Die Bestimmung ist so auszulegen, dass patentierten Rechtsanwälten die Parteivertretung vor Gericht nur insoweit verwehrt bleibt, als dies zur Verwirklichung der mit der Zulassungsbeschränkung verfolgten Zielsetzung notwendig ist. Vor diesem Hintergrund ist nachfolgend auf die Bedeutung der Unabhängigkeit des Anwalts einzugehen.
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4.
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4.1 Der Grundsatz der Unabhängigkeit des Anwalts ist von herausragender Bedeutung; er ist als Berufspflicht des Anwalts weltweit anerkannt (BGE 123 I 193 E. 4a S. 195; Pra 90/2001 Nr. 141 S. 835, E. 4a/aa S. 838 f., je mit Hinweisen). Die Unabhängigkeit des Anwalts soll grösstmögliche Freiheit und Sachlichkeit bei der Interessenwahrung gegenüber dem Klienten wie gegenüber dem Richter gewährleisten. Sie bildet die Voraussetzung für das Vertrauen in den Anwalt und in die Justiz (Pra 90/2001 Nr. 141 S. 835, E. 4c S. 842).
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Die Vorstellung des unabhängigen Anwalts ist verbunden mit dem Bild des freien Anwalts, der selbständig ein Anwaltsbüro betreibt. Geläufig ist auch die kombinierte Tätigkeit Anwalt/Notar. Insofern ergeben sich kaum Schwierigkeiten. Allerdings sind Rechtsanwälte heute vielmals im Rahmen komplexer (Unternehmens-)Strukturen tätig. Nicht nur schliessen sich häufig mehrere Anwälte zu immer grösseren Anwaltskanzleien zusammen; sie organisieren sich mit Wirtschaftsfachleuten, Treuhändern, Steuerexperten usw. Vor allem sind immer mehr Inhaber von Anwaltspatenten als Arbeitnehmer tätig. Viele Unternehmungen (Banken, Treuhandbüros, Versicherungen) offerieren ihren Kunden Rechts- und Wirtschaftsberatung in weitem Sinn und stellen zu diesem Zweck Anwälte an. Druck für derartige Umgestaltungen entsteht durch die zunehmende Komplexität der gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse, nicht zuletzt wegen der Internationalisierung des Wirtschaftslebens. Der Markt für anwaltliche Tätigkeiten ist vielfältiger geworden (vgl. zum Ganzen, nebst anderen: Michael Pfeifer, Der Rechtsanwalt in der heutigen Gesellschaft, ZSR 115/1996 II S. 253 ff., insbes. S. 291 ff.; Dominique Dreyer, L'avocat dans la société actuelle, ZSR 115/1996 II S. 395 ff., insbes. S. 410 ff.; Isabelle Häner, Das veränderte Berufsbild des Anwaltes und der Anwältin. Neue Entwicklungen in der Rechtsberatung und Rechtsvertretung, in: Bernhard Ehrenzeller [Hrsg.], Das Anwaltsrecht nach dem BGFA, St. Gallen 2003, S. 9 ff.; ferner verschiedene Beiträge in: Das künftige Berufsbild des Anwalts in Europa, DACH Schriftenreihe 13 zur 20. Tagung der Europäischen Anwaltsvereinigung e.V. vom 27.-29. Mai 2000 in München, Köln 2000).
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Konkurrenz bzw. Wettbewerb herrscht damit insbesondere zwischen den freien Anwälten und jenen Anwälten, die bei Unternehmungen angestellt sind, welche nebst wirtschaftlichen Dienstleistungen auch rechtliche Beratung anbieten und daran interessiert sind, die Vertretung ihrer Kunden vor Gericht nötigenfalls durch eigenes Personal zu gewährleisten; die grossen Revisions- und Beratungsfirmen sowie Banken usw. "wollen ihren globalen Klienten ein möglichst umfassendes Leistungspaket anbieten" (Peter Nobel, Rechtsformen der Zusammenarbeit von Anwälten, in: Festschrift des Schweizerischen Anwaltsverbands 1998, a.a.O., S. 339 ff., insbes. S. 351 ff.). Da die Unabhängigkeit des Anwalts Voraussetzung für die Zulassung zur Parteivertretung vor Gerichten ist und sich das Problem der Unabhängigkeit bei mit Unternehmungen verbundenen Anwälten ausgeprägt stellt, wirkt sich die Beurteilung der Unabhängigkeitsfrage unweigerlich entscheidend auf den Wettbewerb aus. In diesem Zusammenhang ist vereinzelt davon die Rede, dass die Unabhängigkeitsfrage in der Literatur ohne klare Differenzierung "hochstilisiert" werde (Peter Nobel, a.a.O., S. 353). Dem ist höchstens insofern beizupflichten, als damit der Besorgnis Ausdruck gegeben wird, dass das Erfordernis der Unabhängigkeit angerufen werden könnte, um im Sinne reiner Standespolitik undifferenziert die selbständigen Anwälte zu privilegieren; dies wäre aus verfassungsrechtlicher Sicht (vorne E. 3) unzulässig. Die Unabhängigkeit des Anwalts ist aber vom Gesetzgeber, unter Berufung auf die Lehre und insbesondere die Rechtsprechung, zu Recht zu einem zentralen Kriterium für die Zulassung von Anwälten zur forensischen Tätigkeit gemacht worden (Botschaft des Bundesrats vom 28. April 1999 zum Anwaltsgesetz, BBl 1999 S. 6013 ff., insbes. S. 6033 ff.; AB 1999 N 1556 ff.; AB 1999 S 1165 ff.; AB 2000 N 38 ff.).
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4.2 Die Frage der Unabhängigkeit ist verknüpft mit der in Art. 12 lit. c BGFA festgeschriebenen Berufspflicht des Anwalts, jeden Konflikt zwischen den Interessen seiner Klientschaft und denjenigen anderer Personen, Unternehmungen oder Organisationen, mit denen er geschäftlich oder privat in Beziehung steht, zu vermeiden (Lucien W. Valloni/Marcel C. Steinegger, Bundesgesetz über die Freizügigkeit der Anwältinnen und Anwälte, Gesetzesausgabe mit Einführung, Zürich/Basel/Genf 2002, S. 46). Damit ist der Aspekt angesprochen, dass der Anwalt bei der Ausübung eines Mandats von Dritten unabhängig sein muss. Das ist der Fall bei "absence de tous liens qui exposent l'avocat, dans l'exercice de sa profession, à quelque influence que ce soit de la part de tiers (qui ne pratiquent pas le barreau)" (Jean-Pierre Gross, La libre circulation des avocats - Portée de certaines dispositions de la LLCA [art. 7, 8 et 12], in: Anwaltsrevue 3/2002 S. 7/8). Dasselbe Verständnis der anwaltlichen Unabhängigkeit hat der Europäische Gerichtshof. Er billigt den Mitgliedstaaten der EU das Recht zum Erlass von Regelungen zu, die vom Rechtsanwalt verlangen, dass er sich in einer Position der Unabhängigkeit gegenüber staatlichen Stellen, anderen Wirtschaftsteilnehmern und Dritten befindet, von denen er sich zu keiner Zeit beeinflussen lassen darf. Der Anwalt muss insoweit Gewähr dafür bieten, dass sämtliche Handlungen, die er in einer Angelegenheit vornimmt, ausschliesslich vom Interesse seines Mandanten bestimmt sind (Urteil des EuGH vom 19. Februar 2002 in der Rechtssache C-309/99, Wouters, Slg. 2002, I-1577, Randnr. 102). Wer sich an einen Anwalt wendet, soll gewiss sein dürfen, dass dieser in keiner Weise an einen Dritten gebunden ist, dessen Interessen den eigenen in irgendeiner Weise entgegenstehen könnten (Pra 90/2001 Nr. 141 S. 835, E. 4c S. 842). Dieser Aspekt der Unabhängigkeit liegt auf der Hand.
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Darüber hinaus wird gemeinhin verlangt, dass der Anwalt auch gegenüber seinem Klienten unabhängig sein muss. Er soll als objektiv urteilender Helfer dienlich sein können. Das setzt voraus, dass er eigenständig abschätzt, wie im Prozess vorzugehen ist, und versucht, den Klienten von seiner Betrachtungsweise zu überzeugen bzw. von einer unzweckmässigen Handlungsweise abzuhalten (zu diesem Element der Unabhängigkeit etwa: Tomas Poledna, a.a.O., S. 94; Franz Werro, Les conflits d'intérêts de l'avocat, in: Festschrift des Schweizerischen Anwaltsverbands 1998, a.a.O., S. 231 ff., insbes. S. 240 f.; Albert-Louis Dupont-Willemin, Le secret professionnel et l'indépendance de l'avocat, in: Bulletin SAV, März 1986, Nr. 101, S. 9 ff., insbes. S. 14 ff.).
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Beide soeben erwähnte Gesichtspunkte betreffen insbesondere die Frage, ob eine Anstellung mit der Pflicht zur Unabhängigkeit des Anwalts vereinbar ist. Dabei sind mehrere Konstellationen zu unterscheiden: Es gibt einerseits den Anwalt, der neben der Tätigkeit für seinen Arbeitnehmer und ohne Konnex mit der im Rahmen dieser Anstellung ausgeübten Tätigkeit eigene Klienten betreut und vor Gericht vertritt. Der Anwalt kann andererseits in seiner Tätigkeit als Angestellter entweder seinen Arbeitgeber oder aber Kunden seines Arbeitgebers vertreten.
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4.3 Da das Anwaltsrecht bisher kantonalrechtlich geregelt war, hatte das Bundesgericht sich mit der Problematik der anwaltlichen Unabhängigkeit nicht umfassend und jedenfalls nicht mit freier Kognition zu befassen. Diesbezügliche Fragen konnten ihm im Wesentlichen bloss im Rahmen von staatsrechtlichen Beschwerden unterbreitet werden, wobei jeweilen zu prüfen war, ob mit dem Gebot der anwaltlichen Unabhängigkeit begründete Beschränkungen der Anwaltstätigkeit mit den angerufenen verfassungsmässigen Rechten (insbesondere der Wirtschaftsfreiheit) vereinbar waren. Immerhin wurden in dieser Rechtsprechung die Konturen des Begriffs der Unabhängigkeit abgesteckt.
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4.3.1 Das Bundesgericht hat eine kantonale Norm wegen Verletzung der Handels- und Gewerbefreiheit aufgehoben, welche bestimmte, dass die Anwaltstätigkeit unvereinbar sei mit jeder anderen Erwerbstätigkeit, welche diejenige als Anwalt überwiegt. Es erachtete zwar das vom Gesetzgeber verfolgte Ziel, die Qualität der Dienstleistung und die Unabhängigkeit des Anwalts sicherzustellen, als zulässig, qualifizierte die Massnahme aber als unverhältnismässig, weil sie ohne Notwendigkeit Anwälte benachteilige, die freiwillig oder gezwungenermassen die Anwaltstätigkeit nur in einem Teilpensum ausübten; sie sei einerseits nur bedingt geeignet zur Erreichung des gesetzgeberischen Ziels und schiesse andererseits über dieses hinaus (Urteil P.1175/1985 vom 18. Oktober 1985, publ. in: RDAF 1986 S. 157, E. 4b und c S. 161 ff.). Aus den gleichen Überlegungen hat das Bundesgericht die staatsrechtliche Beschwerde eines hauptberuflich als Leiter der Schadensabteilung einer Versicherung angestellten Anwalts insofern teilweise gutgeheissen, als der Kanton Tessin ihm die Zulassung zum Anwaltsberuf vollständig verweigern und ihm unterschiedslos jegliche Nebentätigkeit als Anwalt untersagen wollte (RDAT 1997 II Nr. 10 S. 14, E. 6b S. 23 ff.). Aus verfassungsrechtlicher Sicht ist ein Verbot, einem angestellten Anwalt die Parteivertretung vor Gericht generell und selbst für den Fall zu untersagen, dass ein Mandat in keinem Zusammenhang zu seiner Tätigkeit als Angestellter steht, unzulässig.
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4.3.2 Ein absolutes Verbot, den eigenen Arbeitgeber als Anwalt vor Gerichten zu vertreten, hat das Bundesgericht unter dem Gesichtswinkel der (finanziellen) Unabhängigkeit - ausdrücklich (RDAT 1999 II Nr. 10 S. 14, E. 6b/cc S. 26 f.; vgl. auch BGE 123 I 193 E. 4b S. 198; Pra 90/2001 Nr. 141 S. 835, E. 4a/aa S. 839) oder implizit (Urteil P.370/1978 vom 17. Oktober 1980, E. 4c, e contrario) - als verfassungskonform erachtet (s. dazu Franz Werro, Les conflits d'intérêts de l'avocat, in: Festschrift des Schweizerischen Anwaltsverbands 1998, a.a.O., S. 241; Albert-Louis Dupont-Willemin, a.a.O., S. 14 ff.). Gemeint ist damit der Fall, dass der Angestellte der Unternehmung formell als deren Anwalt auftritt. Nicht berührt davon ist hingegen die Frage, ob eine Unternehmung sich durch eigene Arbeitnehmer mit Organfunktion, die über ein Anwaltspatent verfügen, vertreten lassen darf. Soweit kein Anwaltszwang besteht, dürfte dem nichts entgegenstehen; der Arbeitnehmer kann dabei aber nicht die Stellung eines Anwalts beanspruchen.
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4.3.3 In Bezug auf die Vertretung von Kunden des Arbeitgebers eines Anwalts hat das Bundesgericht in seiner Rechtsprechung zur Handels- und Gewerbefreiheit bzw. zur Wirtschaftsfreiheit eine differenzierte Haltung eingenommen (s. Zusammenfassung in BGE 123 I 193 E. 4b S. 197 f.; ferner BBl 1999 S. 6037 f.). Als ausschlaggebend erscheint das Kriterium des Interessenkonflikts. Übernimmt der angestellte Anwalt ein Mandat eines Kunden seines Arbeitgebers, tut er dies - auch - im Interesse seines Arbeitgebers, der ihm gegenüber aus dem Arbeitsverhältnis weisungsbefugt ist. Die Ausübung eines Mandats unter dem Einfluss des Arbeitgebers ist mit dem Erfordernis der anwaltlichen Unabhängigkeit nicht vereinbar und darf untersagt werden. Die Möglichkeit der Vertretung von mit dem Arbeitgeber in Beziehung stehenden Personen ist dagegen von der Rechtsprechung nicht vollständig ausgeschlossen worden, sofern im Einzelfall als sichergestellt erscheint, dass der Anwalt das Mandat führen kann, ohne dass er dabei durch ein möglicherweise vom Interesse des Klienten abweichendes Interesse des Arbeitgebers beeinflusst wird. So nahm das Bundesgericht im Falle des von einer Gewerkschaft angestellten und entlöhnten Anwalts an, das Prinzip der (finanziellen) Unabhängigkeit des Anwalts sei nicht verletzt, wenn dieser Mitglieder der Gewerkschaft berät und vor Gerichten vertritt (Urteil P.370/1978 vom 17. Oktober 1980). Im Fall eines Anwalts, der gegen eine Pauschalentschädigung für eine soziale Institution tätig war, welche Bedürftigen unentgeltliche Rechtsberatung sowie Vertretung im Prozess gewährte, wobei er auch das Alimenteninkasso zu besorgen hatte, nahm das Bundesgericht an, die Unabhängigkeit sei gewahrt, weil sich der Anwalt im Arbeitsvertrag die Art und Weise der Durchführung des Mandats ausdrücklich vorbehalten hatte und diesbezüglich keinerlei Weisungen unterlag (BGE 113 Ia 279 E. 2 S. 282 f.). Demgegenüber bestätigte das Bundesgericht einen kantonalen Entscheid, womit einem leitenden Angestellten einer Rechtsschutzversicherung untersagt wurde, als Anwalt Kunden der Arbeitgeberin zu vertreten (BGE 123 I 193). Ebenso schützte es einen Entscheid, mit welchem die kantonale Behörde annahm, ein bei einer Treuhandgesellschaft angestellter Rechtsanwalt habe das Unabhängigkeitsgebot verletzt; dieser hatte in einem Gerichtsverfahren als Rechtsvertreter einer Klientin Briefpapier verwendet, auf welchem nebst seinem Namen seine Arbeitgeberin aufgeführt war (Pra 90/2001 Nr. 141 S. 835). Wohl schloss das Bundesgericht nicht aus, dass auch bei derartigen Anstellungsverhältnissen im Einzelfall eine Vertretung von Kunden des Arbeitgebers ohne Beeinträchtigung der anwaltlichen Unabhängigkeit möglich sei. Es hielt aber dafür, dass angesichts der besonderen Natur der Geschäftstätigkeit von Unternehmungen wie (Rechtsschutz-)Versicherungen, Treuhandgesellschaften, Banken usw. die Gefahr der Divergenz der Interessen des Klienten und der Arbeitgeberin und damit die Möglichkeit einer Gefährdung der Unabhängigkeit und der eigenverantwortlichen Berufsausübung als Anwalt augenscheinlich sei (BGE 123 I 193 E. 4e S. 199 ff.); im Interesse einer klaren, transparenten und auch für den Rechtsuchenden überblickbaren Ordnung erweise sich der generelle Ausschluss der von Treuhandgesellschaften oder anderen (gewinnorientierten) Unternehmungen angestellten Anwälte von der Monopoltätigkeit als geeignet und verhältnismässig, um die Unabhängigkeit des Anwaltsstandes zu gewährleisten (Pra 90/2001 Nr. 141 S. 835, E. 4c S. 842 f.). Im gleichen Zusammenhang hat das Bundesgericht auch die Bedeutung des Anwaltsgeheimnisses hervorgehoben, dessen Einhaltung durch einen angestellten Anwalt im Rahmen der Unternehmensorganisation nur schwer gewährleistet werden kann (s. dazu Voten von Nationalrat Suter, AB 1999 N 1560 f, S. 1566; ferner Benoît Chappuis, La pratique du barreau au sein d'une personne morale - Réflexions de lege ferenda sous l'angle de l'indépendance de l'avocat, in: Anwaltsrevue 8/2003 S. 261 ff., insbes. S. 263).
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4.3.4 Nie problematisiert wurde in der bundesgerichtlichen Rechtsprechung, soweit ersichtlich, die Frage der Unabhängigkeit von Anwälten, die bei Anwaltsbüros angestellt sind; diesfalls bietet der Arbeitgeber hinsichtlich der Pflicht zur Unabhängigkeit (wie auch in Bezug auf das Anwaltsgeheimnis) selber die notwendigen Garantien.
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4.4 Vor Inkrafttreten des Anwaltsgesetzes wurde in der Literatur die Tätigkeit von angestellten Anwälten im Monopolbereich grossenteils abgelehnt und insbesondere hinsichtlich der Vertretung von Kunden des Arbeitgebers als mit dem Unabhängigkeitsgebot grundsätzlich unvereinbar erachtet. Gewisse Autoren hielten die Tätigkeit von angestellten Anwälten im Monopolbereich für zulässig, sofern sich der Anwalt von seinem Arbeitgeber vertraglich eine unabhängige Berufsausübung ausbedungen hatte (s. Übersicht in Pra 90/2001 Nr. 141 S. 835, E. 4a/bb S. 839 f.). Unterschiedlich gehandhabt wurde die Zulassung von angestellten Anwälten zur Monopoltätigkeit in den Kantonen (s. Übersicht in BGE 123 I 193 E. 4a S. 196 f.; ferner Zusammenstellung in der Botschaft zum Anwaltsgesetz, BBl 1999 S. 6033 f.). Hervorzuheben ist die Praxis der Zürcher Aufsichtsbehörde, wonach es dem angestellten Anwalt gestattet ist, Kunden seines Arbeitgebers (selbst einer Treuhandgesellschaft) vor Gericht zu vertreten; Voraussetzung ist, dass durch schriftlichen Vertrag mit dem Arbeitgeber jene Kautelen vereinbart werden, die für die unabhängige Berufsausübung und zur Einhaltung der Standespflichten unerlässlich sind (ZR 79/1980 Nr. 126 S. 265 ff.).
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5.
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5.1
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5.1.1 Die vorstehend wiedergegebenen Überlegungen bildeten, was den Gesichtspunkt der Unabhängigkeit des Anwalts betrifft, weitgehend auch die Grundlage für die Ausarbeitung des Anwaltsgesetzes.
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In Berücksichtigung der Stellungnahmen zu einem ersten Entwurf sowie im Hinblick darauf, dass eine mögliche Entwicklung auf dem Anwaltsmarkt nicht blockiert werden solle, wurde vorerst eine Formulierung gewählt (Art. 7 lit. e in Verbindung mit Art. 11 lit. b des Entwurfs), die es den kantonalen Aufsichtsbehörden und den Gerichten ermöglicht hätte, die Konturen der Unabhängigkeit zu bestimmen (vgl. BBl 1999 S. 6038 f., Ziff. 172.17). Ein angestellter Anwalt sollte ins Register eingetragen werden können, und beim Eintrag ins Anwaltsregister eines "liberalen" Kantons wäre es den anderen Kantonen verwehrt geblieben, ihm das Recht zur Parteivertretung vor ihren Gerichten auf Grund seiner Eigenschaft als Angestellter zu verweigern (BBl 1999 S. 6054 f., Ziff. 233.22).
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In der parlamentarischen Beratung wurde teils die Auffassung vertreten, dass für die Frage der Unabhängigkeit allein der konkrete Fall massgeblich sei, nicht aber die Organisationsstruktur und damit etwa die Tatsache, dass ein Anwalt angestellt sei (Votum Hochreutener, AB 1999 N 1557); es liege im Übrigen im Interesse des Kunden einer ihn umfassend beratenden Unternehmung, dass auch deren Angestellte die allenfalls notwendig werdende Vertretung vor Gericht besorgten (Votum Nabholz, AB 1999 N 1557 f.). Nach intensiven Diskussionen (AB 1999 N 1556-1566) setzte sich jedoch eine restriktive Auslegung der Unabhängigkeit durch, womit gleichzeitig den Kantonen wenig Spielraum belassen wurde. Der Wortlaut von Art. 8 Abs. 1 lit. d BGFA drückt unmissverständlich den Willen der Parlamentsmehrheit aus, dass ein Anwalt im Angestelltenverhältnis den für die Tätigkeit im Monopolbereich erforderlichen Registereintrag nicht beanspruchen kann, es sei denn, der Arbeitgeber sei seinerseits ein im Register eingetragener Anwalt. Es besteht insofern bei (nicht von Anwälten) angestellten Anwälten eine (unter bestimmten Voraussetzungen allerdings widerlegbare, s. nachfolgend E. 5.2) Vermutung des Fehlens der Unabhängigkeit; diese wird im neuen Anwaltsgesetz strukturell, institutionell umschrieben (Beat Hess, Umsetzung des Bundesgesetzes über die Freizügigkeit der Anwältinnen und Anwälte [BGFA] durch die Kantone, SJZ 98/2002 S. 485 ff., insbes. S. 489; s. für Begriff "institutionelle Unabhängigkeit" Votum Baumberger, AB 1999 N 1559). Was die Ausnahme von Art. 8 Abs.2 BGFA betrifft, ist zu berücksichtigen, dass das Parlament diese bewusst auf "anerkannte gemeinnützige Organisationen" beschränkt und damit auf den weiter gefassten Begriff "nicht gewinnorientierte Organisationen" verzichtet hat, was insbesondere zur Folge haben dürfte, dass beispielsweise bei Mieterverbänden oder Gewerkschaften angestellte Anwälte Mitglieder ihres Arbeitgebers nicht in Gerichtsverfahren vertreten können, für welche das Anwaltsmonopol gilt (vgl. AB 1999 S 1165 ff.; AB 2000 N 41). Allerdings fielen bisher Verfahren gerade in diesen Bereichen nach den kantonalen Prozessordnungen vielfach nicht unter das Anwaltsmonopol; und diesbezüglich besteht im Sinne von Art. 3 Abs. 2 BGFA weiterhin Raum für (allein die Vertretung vor Gerichten des jeweiligen Kantons betreffende) kantonale Regelungen.
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5.1.2 Die in der Ratsdebatte zum Ausdruck kommende Befürchtung, eine restriktive Handhabung des Registereintrags im Zusammenhang mit der Unabhängigkeitsfrage führe zu einer Inländerdiskriminierung (Votum Nabholz, AB 1999 N 1558), entbehrt der Grundlage. Es kann hierzu auf die Abschnitte 4 und 5 des Anwaltsgesetzes verwiesen werden, wo die vorübergehende Ausübung bzw. die ständige Ausübung des Anwaltsberufs durch Anwälte aus Mitgliedstaaten der EU oder EFTA geregelt wird. Insbesondere gelten für sie gemäss Art. 25 bzw. Art. 27 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 25 BGFA die Berufsregeln nach Art. 12 BGFA, mithin auch das Gebot der Unabhängigkeit (s. auch Art. 30 Abs. 2 BGFA). Die Regelung steht im Einklang mit dem Abkommen vom 21. Juni 1999 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft einerseits und der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten andererseits über die Freizügigkeit (Freizügigkeitsabkommen, FZA; SR 0.142.112.681). Art. 19 von Anhang I zum FZA hält ausdrücklich fest, dass der Dienstleistungserbringer seine Tätigkeit in einem Staat unter den gleichen Bedingungen ausüben kann, wie dieser Staat sie für seine eigenen Staatsangehörigen vorschreibt; zugleich verweist er auf Anhang III, wo unter B.3. die Richtlinien 77/249/EWG (betreffend vorübergehende Dienstleistungserbringung) und 98/5/EG (betreffend ständige Dienstleistungserbringung bzw. Niederlassung) erwähnt sind. Was speziell angestellte Anwälte betrifft, bestimmt Art. 8 der Richtlinie 98/5/EG, dass der in einem Anstellungsverhältnis stehende ausländische Rechtsanwalt die Zulassung nur beanspruchen kann, wenn der Aufnahmestaat dies für die unter der Berufsbezeichnung dieses Mitgliedstaats eingetragenen Rechtsanwälte in gleicher Lage gestattet. Sodann erlaubt Art. 6 der Richtlinie 77/249/EWG jedem Mitgliedstaat, die im Gehaltsverhältnis stehenden Rechtsanwälte, die durch einen Arbeitsvertrag an ein staatliches oder privates Unternehmen gebunden sind, von der Ausübung der Tätigkeiten der Vertretung und Verteidigung im Bereich der Rechtspflege für dieses Unternehmen insoweit auszuschliessen, als die in diesem Staat ansässigen Rechtsanwälte diese Tätigkeiten nicht ausüben dürfen. Beiden Richtlinien liegt der Grundsatz der Inländerbehandlung zugrunde. Die ausländischen Anwälte, die in einem Vertragsstaat tätig werden wollen, sind ihren inländischen Berufskollegen insbesondere in Bezug auf die Berufspflichten (wie das Unabhängigkeitsgebot) gleichgestellt (Art. 6 der Richtlinie 98/5/EG; Art. 4 Abs. 1 und 2 der Richtlinie 77/249/EWG; vgl. dazu David Einhaus, Die Richtlinie 98/5/EG zur Erleichterung der ständigen Ausübung des Rechtsanwaltsberufs im Ausland - Auswirkungen und Prognosen, in: Das künftige Berufsbild des Anwalts in Europa, a.a.O., S. 33 ff.; Fritz Rothenbühler, Dienstleistungsfreiheit und Berufsanerkennung, insbesondere für Rechtsanwälte, in: Die sektoriellen Abkommen Schweiz-EG. Ausgewählte Fragen zur Rezeption und Umsetzung der Verträge vom 21. Juni 1999 im schweizerischen Recht, Berner Tage für die juristische Praxis, Bern 2002, S. 95 ff., insbes. S. 104 ff., 114 ff.).
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5.2 Art. 8 Abs. 1 lit. d BGFA nennt als persönliche Voraussetzung des Registereintrags die Unabhängigkeit des Anwalts und verknüpft dieses Erfordernis mit dem Zusatz: "Sie können Angestellte nur von Personen sein, die ihrerseits in einem kantonalen Register eingetragen sind." Nach diesem Wortlaut könnte das Gesetz so verstanden werden, dass jeder in einem Anstellungsverhältnis stehende Anwalt, dessen Arbeitgeber nicht selber als Anwalt eingetragen ist, ungeachtet dessen, ob es sich um eine Voll- oder um eine Teilzeitanstellung handelt, und ohne Rücksicht darauf, ob und wieweit die Auswahl der Klienten und die Art der Mandate mit dem Anstellungsverhältnis zusammenhängt, vom Registereintrag ausgeschlossen wäre. Eine derartige Auslegung des Gesetzes hätte zur Folge, dass es selbst jenen Anwälten, die neben einer bloss teilzeitlichen Erwerbstätigkeit als Angestellter noch eine selbständige Anwaltstätigkeit ausüben wollen, verwehrt wäre, von der mit dem Registereintrag verbundenen interkantonalen Freizügigkeit (vgl. Art. 6 Abs. 1 BGFA) zu profitieren; darüber hinaus würde ihnen, trotz des Vorbehalts von Art. 3 Abs. 2 BGFA, wohl auch in den meisten Kantonen die Parteivertretung vor deren eigenen Gerichtsbehörden untersagt. Damit hätte das Anwaltsgesetz, welches immerhin gerade auch eine Liberalisierung bezweckte, eine Beschränkung der Wirtschaftsfreiheit zur Folge, die sich in ihrem Ausmass nicht mehr durch ein öffentliches Interesse rechtfertigen liesse (vorne E. 4.3.1).
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Abgesehen davon, dass der Wortlaut von Art. 8 Abs. 1 lit. d BGFA nicht zwingend eine derartige Auslegung verlangt, gibt es keine Anhaltspunkte dafür, dass der Gesetzgeber, der sich von der bundesgerichtlichen Rechtsprechung leiten liess, dies gewollt haben könnte. Selbst Parlamentarier, die sich für einen restriktiven Unabhängigkeitsbegriff einsetzten, wollten Teilzeitangestellte nicht von der Tätigkeit im Monopolbereich ausschliessen (Votum Jutzet, AB 2000 N 38). Institutionell verstandene Unabhängigkeit bedeutet denn auch bloss, dass das Fehlen der Unabhängigkeit bei Mandaten zu vermuten ist, die in irgend einem Zusammenhang mit der Anstellung stehen; so bei der Vertretung des Arbeitgebers selber oder von mit diesem verbundenen Unternehmungen sowie bei der Vertretung von dessen Kunden. Berät und vertritt der Anwalt hingegen Klienten, die in keinerlei Beziehung zu seinem Arbeitgeber stehen, erscheint die anwaltliche Unabhängigkeit nicht beeinträchtigt, soweit keine zusätzlichen entsprechenden Indizien vorliegen. Für solche Verhältnisse darf in der Regel auf Unabhängigkeit geschlossen werden. Das Gesetz ist daher so auszulegen, dass der Anwalt für seine Tätigkeit als Anwalt in keinem Angestelltenverhältnis mit einem Arbeitgeber stehen darf, der nicht selber als Anwalt im Register eingetragen ist. Der bei einem diese Voraussetzung nicht erfüllenden Arbeitgeber angestellte Anwalt kann aber die verlangte Unabhängigkeit ebenfalls aufweisen, wenn er seine Anwaltstätigkeit ausserhalb dieses Angestelltenverhältnisses ausübt und sich auf Mandate beschränkt, die auch klar ausserhalb des Tätigkeitsbereichs seines Arbeitgebers liegen (vgl. Beat Hess, a.a.O., S. 490; Lucien W. Valloni/Marcel C. Steinegger, a.a.O., S. 46). Für eine derartige teilzeitliche selbständige Anwaltstätigkeit besteht daher grundsätzlich Anspruch auf Eintragung ins Anwaltsregister, sofern die übrigen gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt sind und den durch die Anstellung bewirkten Besonderheiten Rechnung getragen wird.
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Bei der Prüfung von Gesuchen um Registereintrag hat die zuständige Behörde zu berücksichtigen, dass auch der ausschliesslich selbständig tätige Anwalt Interessenkonflikten ausgesetzt sein kann. Jeder Anwalt hat auch nach der Eintragung ins Register das Unabhängigkeitsgebot von Art. 12 lit. b BGFA zu beachten und muss im Einzelfall abschätzen, ob ein Interessenkonflikt vorliegt. Das wirkt sich auf den beim Entscheid über den Registereintrag anzuwendenden Beurteilungsmassstab aus. Die Anforderungen an die Unabhängigkeit dürfen auch beim Anwalt, der bei einer Unternehmung angestellt ist, nicht so hoch angesetzt werden, dass dieser nachzuweisen hätte, dass jegliche künftige Beeinträchtigung der Unabhängigkeit zum Vornherein ausgeschlossen ist. Die Behörde hat sich vielmehr zu vergewissern, dass die Ausgestaltung des Arbeitsverhältnisses des Anwalts und die im Hinblick auf die selbständige Tätigkeit getroffenen organisatorischen Vorkehrungen eine Beeinflussung durch die Interessen des Arbeitgebers verunmöglichen und auch sonst der korrekten Ausübung des Anwaltsmandats in keiner Weise entgegenstehen.
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6.
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6.1 Die kantonale Aufsichtsbehörde trägt einen Anwalt ins kantonale Anwaltsregister ein, wenn sie festgestellt hat, dass die fachlichen und persönlichen Voraussetzungen hiefür erfüllt sind (Art. 6 Abs. 2 BGFA). Der Anwalt ist dementsprechend verpflichtet, seinem Gesuch sämtliche Bescheinigungen beizufügen, welche belegen, dass die Voraussetzungen nach Art. 8 BGFA erfüllt sind (Art. 5 Abs. 2 lit. c BGFA). Erforderlich ist die Angabe einer Geschäftsadresse (Art. 5 Abs. 2 lit. d BGFA). Im Hinblick auf Art. 8 Abs. 1 lit. d BGFA muss der angestellte Anwalt insbesondere vollständige Angaben über sein Arbeitsverhältnis beibringen, soweit sie für die Unabhängigkeitsfrage von Belang sein können. Angesichts des engen Zusammenhangs zwischen Unabhängigkeit und Berufsgeheimnis bei angestellten Anwälten (vorne E. 4.3.3 am Ende) darf der Registereintrag sodann auch davon abhängig gemacht werden, dass der Anwalt die von ihm getroffenen Vorkehrungen aufzeigt, die ihm die Wahrung des Berufsgeheimnisses trotz seiner Anstellung erlauben. Wer als angestellter Anwalt, dessen Arbeitgeber nicht selber ins Register eingetragen ist, in ein kantonales Register eingetragen werden und damit die Befugnis erhältlich machen will, in sämtlichen übrigen Kantonen ohne zusätzliche Bewilligung als unabhängiger Anwalt tätig zu werden, hat für klare Verhältnisse zu sorgen.
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6.2 Ein angestellter Anwalt wird sich insbesondere dann ins kantonale Anwaltsregister eintragen lassen wollen, wenn er neben einer Teilzeitanstellung als unabhängiger Anwalt tätig werden will. Auch vollzeitlich bei einer Unternehmung angestellte Anwälte gehen indessen in ihrer Freizeit gelegentlich einer unabhängigen Anwaltstätigkeit nach. Der Umstand einer Vollzeitanstellung allein spricht nicht gegen die Zulässigkeit des Registereintrags. Das Argument, wer vollzeitlich angestellt sei, biete mangels zeitlicher Kapazität keine Gewähr für eine korrekte Mandatsführung, trifft so nicht zu. Auch beim ausschliesslich freierwerbenden Anwalt besteht die Gefahr der Überlastung. Es ist so oder anders Sache des Anwalts, bei der Mandatsübernahme den Zeitbedarf, die vorhandenen Kapazitäten und auch die Wahrscheinlichkeit allfälliger Dringlichkeitssituationen abzuschätzen.
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Gegen die Zulassung von Vollzeitangestellten zur nebensächlichen Berufsausübung als Rechtsanwalt lässt sich auch nicht einwenden, diese könnten sich der Pflicht zur Übernahme von Offizialmandaten entziehen. Einerseits könnte dies nur dann problematisch sein, wenn nicht genügend vollzeitlich freierwerbende Anwälte zur Verfügung stehen, die (finanziell) an derartigen Mandaten interessiert sind. Andererseits wird der nur nebenbei als freischaffender Anwalt Tätige die Übernahme solcher Mandate zwar nicht generell ablehnen dürfen, sich aber gegen eine übermässige entsprechende Beanspruchung legitimerweise zur Wehr setzen können (vgl. Urteil 2P.248/2001 vom 20. Dezember 2001, publ. in: Pra 91/2002 Nr. 50 S. 267).
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Ausschlaggebend ist letztlich allein, ob der Anwalt darlegen kann, dass angesichts der Ausgestaltung seines Anstellungsverhältnisses keine Beeinträchtigung seiner Unabhängigkeit bzw. der gewissenhaften und allein im Interesse seiner Klienten liegenden Berufsausübung droht.
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6.3
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6.3.1 Der Beweis dafür, dass dem Arbeitgeber jegliches Weisungsrecht bezüglich der von seinem Angestellten in dessen Eigenschaft als selbständiger Anwalt betreuten Klienten abgeht und ihm auch kein Einsichtsrecht zusteht, kann und soll (jedenfalls bei Vollzeitangestellten) in der Regel durch Vorlage eines entsprechend formulierten Arbeitsvertrags bzw. allfälliger ergänzender Klauseln dazu erbracht werden. Das Bundesgericht hat sich zum möglichen Inhalt solcher vertraglicher Bestimmungen im bereits erwähnten Urteil 2P.151/1995 (RDAT 1997 II Nr. 10 S. 14) geäussert und dabei auf einen Entscheid der Zürcher Aufsichtskommission über die Rechtsanwälte (publ. in: ZR 79/1980 Nr. 126 S. 265 ff.) verwiesen. Darauf kann abgestellt werden. Im Einzelnen sind folgende Punkte hervorzuheben:
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Insbesondere bei vollamtlicher Anstellung muss aus dem Arbeitsvertrag oder aus einer Erklärung des Arbeitgebers hervorgehen, dass dieser über die nebenberufliche selbständige Anwaltstätigkeit seines Angestellten im Bilde und damit einverstanden ist. Ebenso muss klargestellt sein, dass der Arbeitgeber keinen Einfluss auf diese Anwaltstätigkeit nehmen kann und dass weder er oder ihm nahe stehende Unternehmungen noch seine Kunden oder sonstige Geschäftspartner, sofern die Art der Beziehung dieser Personen zum Arbeitgeber für die Unabhängigkeit der Mandatsführung nicht zum Vornherein irrelevant erscheint, die anwaltlichen Dienstleistungen des Angestellten in Anspruch nehmen können. Auch die allfällige Führung von Mandaten gegen den Arbeitgeber oder dessen Kunden muss ausgeschlossen sein. Weiter soll dargetan sein, dass dem Arbeitgeber gegenüber keine Verpflichtungen bestehen, die den Anwalt davon abhalten könnten, den anwaltlichen Berufspflichten vollumfänglich nachzukommen und namentlich das Anwaltsgeheimnis zu wahren. So darf keine irgendwie geartete Auskunftspflicht gegenüber dem Arbeitgeber betreffend die ausgeübten Mandate bestehen. Des Weiteren muss das Verhältnis zum übrigen Personal des Arbeitgebers geklärt sein; es soll zumindest implizit ausgeschlossen werden, dass vom Arbeitgeber des Anwalts angestelltes und entlöhntes Personal Anwaltskanzleiarbeiten für den Anwalt ausübt.
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Bei Teilzeitangestellten kann dann davon abgesehen werden, die Vorlage eines entsprechend ausgestalteten Arbeitsvertrags zu verlangen, wenn schon angesichts der Natur der Branche, in welcher der Arbeitgeber tätig ist, und der Art der Aufgaben, die der nebenberuflich den Anwaltsberuf ausübende Angestellte in der Unternehmung wahrnimmt, davon auszugehen ist, dass die Unabhängigkeit der Anwaltstätigkeit durch das Angestelltenverhältnis nicht beeinträchtigt werden kann.
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6.3.2 Neben der Ausgestaltung des Arbeitsvertrags sind weitere Punkte von Bedeutung. Auf der Hand liegt die Notwendigkeit von Vorkehrungen für eine strikte Trennung von Vermögenswerten der Klienten nicht nur vom eigenen Vermögen des Anwalts (vgl. Art. 12 lit. h BGFA), sondern erst recht vom Vermögen von dessen Arbeitgeber. Auch unter dem Gesichtspunkt des Anwaltsgeheimnisses muss der Anwalt aufzeigen, dass er die Möglichkeit hat, die Akten von Anwaltsmandaten gesondert und für Organe, Vertreter oder Angestellte des Arbeitgebers unzugänglich aufzubewahren. Wenn Art. 5 Abs. 2 lit. d BGFA vorschreibt, dass im Anwaltsregister die Geschäftsadresse des Anwalts angegeben werden muss, ist dies nicht nur im Hinblick auf dieses letztgenannte Element, sondern allgemein unter dem Aspekt der "institutionellen" Natur der Unabhängigkeit von Bedeutung. In der Tat ist nur schwer vorstellbar, dass der Anwalt für eigene Klienten in einer den Anforderungen des Unabhängigkeitsgebots genügenden Weise und unter vollständiger Wahrung des Anwaltsgeheimnisses tätig werden kann, wenn er seine Anwaltstätigkeit in den gleichen Räumlichkeiten ausübt, die ihm von seinem Arbeitgeber für die unselbständige Erwerbstätigkeit zugewiesen sind, und er dort beispielsweise Klienten empfängt. Jedenfalls ist eine auch in der räumlichen Organisation zum Ausdruck kommende Trennung von unselbständiger und selbständiger Tätigkeit unerlässlich. Dies setzt, wie das Bundesamt für Justiz in seiner Stellungnahme ausführt, grundsätzlich voraus, dass die Geschäftsadresse des Anwalts sich in einem Lokal befindet, das von den Räumlichkeiten seines Arbeitgebers verschieden ist.
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6.4 Nicht näher einzugehen ist im vorliegenden Verfahren auf die Frage, unter welchen Voraussetzungen bei öffentlichrechtlichen Körperschaften angestellte Personen sich für eine nebenberufliche Tätigkeit ins Anwaltsregister eintragen lassen können. Jedenfalls erscheint auch für derartige Fälle ein Registereintrag anwaltsrechtlich nicht grundsätzlich unzulässig, doch lassen sich angesichts der möglichen Verschiedenheiten der Verhältnisse allgemeingültige Kriterien nicht ohne weiteres aufstellen.
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7.
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Der Beschwerdegegner ist bei einer Arbeitgeberin angestellt, die nicht im Anwaltsregister eingetragen ist. Er hat im kantonalen Rekursverfahren in seiner Rekursantwort unter Berufung auf ein Gespräch mit dem Vertreter des Beschwerdeführers dargelegt, dass er zu keiner Zeit beabsichtige, seine Arbeitgeberin oder deren Kunden in irgendeiner Art und Weise anwaltlich (vor Gericht) zu vertreten; selbstverständlich werde darüber hinaus keine Vertretung in Betracht gezogen, in welcher ein noch so entfernter Interessenkonflikt zur Arbeitgeberin entstehen könne; es gehe ihm einzig darum, in privatem Rahmen, beispielsweise für Familienmitglieder oder Freunde, allenfalls gerichtlich auftreten zu können. Nähere Angaben über das Arbeitsverhältnis hat der Beschwerdegegner zu keinem Zeitpunkt gemacht, weil er sich auf den Standpunkt stellt, dass das Arbeitsverhältnis für die Behandlung des Eintragungsgesuchs nicht massgeblich sei. Weder äussert er sich über seinen Beschäftigungsgrad, noch legt er eine Bestätigung der Arbeitgeberin vor, dass diese über seine nebenberufliche selbständige Anwaltstätigkeit informiert und damit einverstanden ist. Es lässt sich insbesondere nicht feststellen, ob die Arbeitgeberin ihm irgendwelche diesbezügliche Auflagen macht. Der Beschwerdegegner hat es unterlassen, im erforderlichen Masse klare Verhältnisse zu schaffen. Gründe dafür, ihn von dieser grundsätzlichen Pflicht zu entbinden, bestehen keine:
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Wenn er ausführt, er gedenke bloss in wenigen Fällen Bekannte oder Familienangehörige vor Gericht zu vertreten, so übersieht er, dass ihm mit dem Registereintrag ohne zusätzliche Überprüfung und ohne jegliche Einschränkung die (gewerbsmässige) Anwaltstätigkeit im Monopolbereich in sämtlichen Kantonen gestattet wird. Für eine derart weitgehende Ermächtigung müssen sämtliche Voraussetzungen, insbesondere die institutionell verstandene Unabhängigkeit, klar und nachweisbar erfüllt sein; verzichtet der Anwalt darauf, die hiefür notwendigen Angaben zu machen, kann er nicht beanspruchen, eingetragen zu werden. Will der Beschwerdegegner tatsächlich bloss ganz vereinzelt Bekannte vor Gericht vertreten, sollte ihm dies auch ohne Registereintrag möglich sein; diesfalls ist ihm zuzumuten, gestützt auf seinen Fähigkeitsausweis im (seltenen) Einzelfall bei der zuständigen kantonalen Behörde eine Ermächtigung einzuholen.
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Unbehelflich ist der vor Bundesgericht erhobene Einwand, ein Anwalt könne sich ins Anwaltsregister eintragen lassen und erst kurz darauf ein Arbeitsverhältnis eingehen. Richtigerweise wird in einem solchen Fall die Aufsichtsbehörde, wenn sie vom Anstellungsverhältnis Kenntnis erhält, vom Betroffenen die notwendigen Auskünfte einholen und gegebenenfalls die Löschung im Register veranlassen (vgl. Art. 9 BGFA). Im Übrigen wäre der Anwalt wohl gestützt auf Art. 12 lit. a BGFA verpflichtet, der Aufsichtsbehörde Änderungen der Verhältnisse bekannt zu geben, die für die Frage der Unabhängigkeit von Bedeutung sein könnten.
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Der Beschwerdeführer macht nach dem Gesagten zu Recht geltend, der Beschwerdegegner erfülle die Voraussetzungen für einen Registereintrag nicht bzw. habe den Nachweis hiefür nicht erbracht.
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8.
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Es bleibt damit zu prüfen, ob der Beschwerdegegner den Registereintrag gestützt auf Art. 36 BGFA erwirken kann, wovon offenbar die Aufsichtskommission in ihrem Beschluss vom 20. August 2002 ausging.
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8.1 Art. 36 BGFA hält fest, dass Personen, die auf Grund bisherigen kantonalen Rechts über ein Anwaltspatent verfügten, ins kantonale Anwaltsregister einzutragen sind, sofern sie in den anderen Kantonen nach Art. 196 Ziff. 5 BV eine Berufsausübungsbewilligung erhalten hätten. Als Übergangsbestimmung zu Art. 95 BV verpflichtet Art. 196 Ziff. 5 BV die Kantone bis zum Erlass einer Bundesgesetzgebung zur gegenseitigen Anerkennung von Ausbildungsabschlüssen. Gemäss Art. 95 Abs. 2 BV sorgt der Bund für einen einheitlichen schweizerischen Wirtschaftsraum und gewährleistet, dass Personen mit einer wissenschaftlichen Ausbildung oder mit einem eidgenössischen, kantonalen oder kantonal anerkannten Ausbildungsabschluss ihren Beruf in der ganzen Schweiz ausüben können.
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8.2 Art. 36 BGFA regelt als Übergangsbestimmung die Anerkennung von Anwaltspatenten, die möglicherweise den Voraussetzungen nicht genügen, welche nunmehr nach dem Anwaltsgesetz gelten. Nach seinem Wortlaut, insbesondere durch die Bezugnahme auf Art. 196 Ziff. 5 BV und damit auf Art. 95 BV, geht es ausschliesslich um die Massgeblichkeit und Anerkennung von Fähigkeitsausweisen. Angesprochen sind damit die fachlichen Voraussetzungen für die Berufsausübung bzw. den Registereintrag im Sinne von Art. 7 BGFA, nicht hingegen die persönlichen Voraussetzungen gemäss Art. 8 BGFA. Dafür, dass der Gesetzgeber die Übergangsbestimmung in einer anderen, vom Wortlaut abweichenden Weise verstanden haben wollte, bedürfte es klarer Indizien, insbesondere in den Materialien, oder sonst triftiger Gründe.
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Nun wird in der bundesrätlichen Botschaft bezeichnenderweise einzig das Beispiel des Anwalts erwähnt, der ein Anwaltspatent erwerben konnte, ohne dass er ein mindestens einjähriges Praktikum absolvieren musste (BBl 1999 S. 6070 f. zum zu Art. 36 BGFA gewordenen Art. 33 des Entwurfs). Gedacht wurde auch an die Berner Fürsprecher, die ihr Patent nach der alten Regelung noch erwarben, ohne ihre Ausbildung - formell - mit einem Lizenziat abgeschlossen zu haben (Valloni/Steinegger, a.a.O., S. 64 Fn. 126). Es handelt sich dabei um fachliche Voraussetzungen. In der Literatur gilt soweit ersichtlich als unbestritten, dass jedenfalls derjenige Anwalt, der die - persönlichen - Voraussetzungen gemäss Art. 8 Abs. 1 lit. a-c BGFA nicht erfüllt, sich nicht auf Art. 36 BGFA berufen kann. Was das Erfordernis der Unabhängigkeit gemäss Art. 8 Abs. 1 lit. d BGFA betrifft, wird teils die Meinung vertreten, dass aufgrund einer hinsichtlich angestellter Anwälte liberalen kantonalen Praxis bisher zugelassene Anwälte gestützt auf Art. 36 BGFA ins Register eingetragen werden müssten, selbst wenn sie die restriktivere Eintragungsvoraussetzung gemäss Art. 8 Abs. 1 lit. d BGFA nicht erfüllten (klar in dem Sinne Hans Nater, Steiniger Weg zur Harmonisierung des Anwaltsrechts in der Schweiz, in: SJZ 98/2002 S. 362 ff., 364; tendenziell ähnlich Isaak Meier, Bundesanwaltsgesetz: Probleme in der Praxis, in: Plädoyer 2000 5 S. 30 ff., 40, unter Hinweis auf die vom Autor allerdings wohl zu liberal eingeschätzte bisherige bundesgerichtliche Praxis). Gegenteiliger Auffassung ist Beat Hess (a.a.O., S. 493 f.); er erachtet es als ausgeschlossen, dass angestellte Anwälte, die aufgrund der in Art. 8 Abs. 1 lit. d BGFA zum Ausdruck kommenden Vermutung nicht als unabhängig gelten, übergangsrechtlich zu einem Registereintrag gelangen können. Diese Auffassung trifft zu: Wie bereits umfassend dargelegt worden ist, wurde vor und wird nach Inkrafttreten des Anwaltsgesetzes das Erfordernis der anwaltlichen Unabhängigkeit als zentrale Voraussetzung für die Berufsausübung (insbesondere im Monopolbereich) betrachtet. Mit der vom Gesetzgeber getroffenen Lösung wird das Unabhängigkeitsgebot mithin nicht neu eingeführt, sondern es wird bloss klargestellt, dass bei angestellten Anwälten grundsätzlich eine (widerlegbare) Vermutung für das Fehlen der Unabhängigkeit besteht. Mit der grossen Bedeutung des Unabhängigkeitsgebots nicht zu vereinbaren wäre, wenn ein Rechtsanwalt den Registereintrag beanspruchen und damit das Recht erwirken könnte, in der ganzen Schweiz vor Gerichten aufzutreten, ohne mit den erforderlichen Angaben und Unterlagen die erwähnte Vermutung widerlegt zu haben. Es ist kein einleuchtender Grund ersichtlich, Art. 36 BGFA - über dessen Wortlaut hinaus - eine derart weitgehende Wirkung beizumessen.
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8.3 Der Beschwerdegegner kann auch aus Art. 36 BGFA kein Recht auf Registereintrag ableiten.
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9.
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Die Eintragung des Beschwerdegegners ins kantonale Anwaltsregister ist mangels Nachweises der Unabhängigkeit mit Bundesrecht nicht vereinbar. Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde erweist sich damit als begründet und ist gutzuheissen. Der angefochtene Beschluss ist demnach aufzuheben. Der Beschwerdeführer beantragt zudem die Rückgängigmachung der Eintragung des Beschwerdegegners ins kantonale Anwaltsregister. Dies ist die zwingende Konsequenz des zur Gutheissung der Beschwerde führenden Umstands, dass der Beschwerdegegner bis heute den Nachweis seiner Unabhängigkeit nicht erbracht hat. Von einer entsprechenden ausdrücklichen Anordnung im Dispositiv des bundesgerichtlichen Urteils wird indessen abgesehen. Sollte der Beschwerdegegner nach nunmehriger Klärung der Rechtslage innert kurzer Zeit bei der Aufsichtskommission die gemäss den vorstehenden Erwägungen notwendigen Angaben zu seiner Unabhängigkeit vorlegen, könnte die Aufsichtskommission von einer Streichung absehen, sofern sie aufgrund der Prüfung der neuen Angaben zum Schluss kommt, der Beschwerdegegner erfülle die Anforderungen gemäss Art. 8 Abs. 1 lit. d BGFA. Andernfalls hätte sie den Registereintrag zu löschen.
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10.
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Entsprechend dem Verfahrensausgang sind die bundesgerichtlichen Kosten dem Beschwerdegegner aufzuerlegen (Art. 156 OG). Zudem hat er dem Beschwerdeführer die diesem durch das bundesgerichtliche Verfahren verursachten notwendigen Kosten zu ersetzen (Art. 159 Abs. 1 und 2 OG). Über die Frage der Kosten und Parteientschädigung im kantonalen Rekursverfahren hat die Verwaltungskommission des Obergerichts selber neu zu entscheiden (vgl. Art. 159 Abs. 6 OG bzw. sinngemäss Art. 157 OG).
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Demnach erkennt das Bundesgericht:
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1.
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Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird gutgeheissen und der Beschluss der Verwaltungskommission des Obergerichts des Kantons Zürich vom 12. Februar 2003 aufgehoben.
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2.
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Die Gerichtsgebühr von Fr. 2'000.-- wird dem Beschwerdegegner auferlegt.
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3.
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Der Beschwerdegegner hat den Beschwerdeführer für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 3'000.-- zu entschädigen.
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4.
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Dieses Urteil wird den Parteien, der Aufsichtskommission über die Rechtsanwälte im Kanton Zürich und dem Obergericht des Kantons Zürich, Verwaltungskommission, sowie dem Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartement schriftlich mitgeteilt.
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Lausanne, 29. Januar 2004
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Im Namen der II. öffentlichrechtlichen Abteilung
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des Schweizerischen Bundesgerichts
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Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:
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