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Original
 
Eidgenössisches Versicherungsgericht
Tribunale federale delle assicurazioni
Tribunal federal d'assicuranzas
Sozialversicherungsabteilung
des Bundesgerichts
Prozess
{T 7}
C 185/03
Urteil vom 12. Februar 2004
II. Kammer
Besetzung
Bundesrichter Schön, Ursprung und Frésard; Gerichtsschreiberin Fleischanderl
Parteien
K.________, 1960, Beschwerdeführer,
gegen
Arbeitslosenkasse des Kantons Zug, Industriestrasse 24, 6301 Zug, Beschwerdegegnerin
Vorinstanz
Verwaltungsgericht des Kantons Zug, Zug
(Entscheid vom 27. Juni 2003)
Sachverhalt:
A.
Der 1960 geborene K.________ war vom 1. September 2001 bis 31. August 2002 als Projektcontroller bei der X.________ AG angestellt. Nachdem er sich zum Bezug von Arbeitslosenentschädigung für die Zeit ab 1. September 2002 angemeldet hatte, ermittelte die Arbeitslosenkasse des Kantons Zug gestützt auf ein gemäss Arbeitsvertrag vom 14. August 2001 von der ehemaligen Arbeitgeberin entrichtetes jährliches Bruttogehalt von Fr. 84'000.- (inkl. 13. Monatslohn) sowie einen Beschäftigungsgrad von 80 % einen versicherten Verdienst in Höhe von Fr. 7000.- (Verfügung vom 8. November 2002). Auf ein Wiedererwägungsgesuch trat sie am 25. November 2002 nicht ein.
B.
Die gegen die Verfügung vom 8. November 2002 eingereichte Beschwerde hiess das Verwaltungsgericht des Kantons Zug in dem Sinne teilweise gut, als es den angefochtenen Verwaltungsakt aufhob und den versicherten Verdienst - in zusätzlicher Berücksichtigung der ausgerichteten Überstundenentschädigung - auf Fr. 7335.80 festsetzte (Entscheid vom 27. Juni 2003).
C.
K.________ führt Verwaltungsgerichtsbeschwerde und beantragt, elf von der X._______ AG im August 2002 als Überzeit-Kompensation abgebuchte Tage seien als Ferientage anzurechnen, sodass sich der versicherte Verdienst um die Entschädigung dieser - somit nicht kompensierten - Überstunden erhöhe.
Während das kantonale Gericht auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde schliesst, enthält sich die Arbeitslosenkasse einer Antragstellung. Das Bundesamt für Wirtschaft (seco) verzichtet auf eine Vernehmlassung.
D.
Mit Schreiben vom 24. September 2003 wurde K.________ auf eine drohende Verschlechterung seiner Rechtsstellung (reformatio in peius) und die Möglichkeit eines Beschwerderückzugs aufmerksam gemacht, wozu am 6. Oktober 2003 Stellung nahm.
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:
1.
Die Vorinstanz hat die Bestimmungen sowie die dazu ergangene Rechtsprechung über die Bemessung des versicherten Verdienstes (Art. 23 AVIG; vgl. auch BGE 125 V 480) und die hiefür je nach Sachlage anwendbaren Bemessungszeiträume (Art. 37 Abs. 1-3 AVIV, in den bis 30. Juni 2003 in Kraft gestandenen Fassungen), insbesondere auch die Berücksichtigung von Entschädigungen für Überzeit (BGE 116 V 281), nicht bezogene Ferientage (BGE 123 V 70; vgl. auch die in BGE 125 V 42 festgehaltene Präzisierung dieser Rechtsprechung im Falle von Ferienentschädigung als Lohnzuschlag bei bezogenen Ferien) und Überstunden (BGE 129 V 105), zutreffend dargelegt. Darauf wird verwiesen.
Zu ergänzen ist, dass das am 1. Januar 2003 in Kraft getretene Bundesgesetz über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG) vom 6. Oktober 2000 im vorliegenden Fall nicht anwendbar ist, da nach dem massgebenden Zeitpunkt des Erlasses der streitigen Verfügung (hier: 8. November 2002) eingetretene Rechts- und Sachverhaltsänderungen vom Sozialversicherungsgericht nicht berücksichtigt werden (BGE 129 V 4 Erw. 1.2 mit Hinweisen).
2.
Streitig und zu prüfen ist einzig, ob die Überstunden, welche der Beschwerdeführer während des Bemessungszeitraums geleistet hat und die ihm ausbezahlt wurden, in die Berechnung des versicherten Verdienstes einzubeziehen sind. Nachdem das kantonale Gericht dies bejaht hat, ersucht der Versicherte letztinstanzlich auf Grund der von ihm für den Monat August 2002 geltend gemachten Umbuchung von Kompensationsstunden in zusätzliche Ferientage um Berücksichtigung weiterer Überstunden. Zu Recht unbestritten ist demgegenüber, dass die Entschädigung für nicht bezogene Ferien bei der Bemessung des versicherten Verdienstes ausser Acht zu lassen ist (BGE 123 V 70).
3.
3.1 In BGE 116 V 281 hat das Eidgenössische Versicherungsgericht erkannt, dass Entschädigungen für Überzeit nicht Bestandteil des ver-sicherten Verdienstes darstellen, wobei sich das Urteil auf Überzeit im Sinne derjenigen geleisteten Arbeit bezog, welche die gesetzlich fest-gelegte Höchstarbeitszeit gemäss Arbeitsgesetz übersteigt (BGE 116 V 281 Erw. 2 mit Hinweisen). Begründet wurde dieses Ergebnis unter anderem mit der Überlegung, dass die Arbeitslosenversicherung nur für eine normale übliche Arbeitnehmertätigkeit Versicherungsschutz bieten und daher keine Entschädigung für Erwerbseinbussen ausrichten solle, die aus dem Ausfall einer Überbeschäftigung stammen (BGE 116 V 283 Erw. 2d mit Hinweis). Ausgehend von diesem Grundsatz lehnte die Rechtsprechung in der Folge - über den Bereich der Überzeit im vorstehend umschriebenen Sinn hinaus - die Berücksichtigung von Überstunden bei der Berechnung des versicherten Verdienstes generell ab (BGE 129 V 105).
3.2 Die vom Beschwerdeführer über das im Arbeitsvertrag vom 14. August 2001 festgelegte Pensum von 80 % hinaus geleisteten und ihm ausbezahlten Überstunden wären nach dem Gesagten nur dann in die Berechnung des versicherten Verdienstes einzubeziehen, wenn zu einem späteren Zeitpunkt ein höheres Pensum vereinbart worden wäre. Eine derartige Vertragsänderung kam jedoch, wie der Versicherte in seiner kantonalen Beschwerdeschrift festhielt, auf Grund "organisatorischer Unsicherheiten" nicht zustande. Der von der Arbeitslosenkasse gestützt auf den letzten, im August 2002 (inkl. 13. Monatsgehalt) erzielten Lohn verfügungsweise auf Fr. 7000.- festgesetzte Verdienst ist daher nicht zu beanstanden.
3.3 Wie im Schreiben des Eidgenössischen Versicherungsgerichts vom 24. September 2003 an den Beschwerdeführer bereits angedeutet wurde, kann der Rechtsauffassung der Vorinstanz, wonach die zuvor dargelegte höchstrichterliche Praxis zur Ausserachtlassung von Überstundenentschädigungen bei der Bemessung des versicherten Verdienstes nur im Falle von Vollzeitarbeitsverhältnissen, nicht aber bei teilzeitlich angestellten Personen zur Anwendung gelange, nicht gefolgt werden. Insbesondere verkennt das kantonale Gericht, dass als Überbeschäftigung nicht nur Arbeit bezeichnet werden kann, die über die betriebliche Normalarbeitszeit, das heisst über einen Beschäftigungsgrad von 100 %, hinausgeht. Vielmehr gilt als Überstundenarbeit Arbeit, die über die im Einzelarbeits-, Normal- oder Gesamtarbeitsvertrag vereinbarte, im Betrieb geltende oder in der Branche übliche Stundenzahl hinaus geleistet wird (BGE 129 V 107 Erw. 3.1 mit Hinweisen auf Lehre und Rechtsprechung). Sowohl mit Überzeit wie auch mit Überstundenarbeit wird nicht "normalerweise" erzielter Lohn im Sinne von Art. 23 Abs. 1 AVIG erworben, beschränkt sich doch der Einsatz des Arbeitnehmers regelmässig auf die vertraglich vereinbarte, betriebs- oder branchenübliche Arbeitszeit (BGE 129 V 108 Erw. 3.2). Die Arbeitslosenkasse hat in ihrer vorinstanzlichen Beschwerdeantwort vom 30. Dezember 2002 denn auch zu Recht argumentiert, dass es vorliegend - in Nachachtung von BGE 129 V 105 - nicht angehe, dem versicherten Verdienst einen anderen als den arbeitsvertraglich ausdrücklich vereinbarten Lohn zu Grunde zu legen. Auch wenn es sich um ein Teilzeitarbeitsverhältnis handle, stelle das für einen Beschäftigungsgrad von 80 % vereinbarte Gehalt des Beschwerdeführers dessen nach Art. 23 Abs. 1 AVIG "normalerweise" erzielten Verdienst dar, sodass das Entgelt für die über die arbeitsvertraglich geregelte Normalarbeitszeit von 80 % geleisteten Überstunden nicht Bestandteil des versicherten Verdienstes bilde. Anders zu entscheiden würde heissen, eine arbeitslosenversicherungsrechtlich nicht zu billigende Ungleichbehandlung von Voll- und Teilzeitbeschäftigten herbeizuführen (in diesem Sinne auch das Urteil R. vom 21. August 2001, C 1/01). Soweit aus Rz C2 des Kreisschreibens des seco über die Arbeitslosenentschädigung (KS-ALE; in der hier anwendbaren Fassung von Januar 2002 [gleichlautend auch die Fassung von Januar 2003]), wonach Überstunden, welche die betriebliche Normalarbeitszeit übersteigen, nicht zum versicherten Verdienst gehören, Gegenteiliges zu schliessen wäre, kann darauf nicht abgestellt werden (BGE 127 V 61 Erw. 3a, 126 V 68 Erw. 4b, 427 Erw. 5a).
Bei diesem Ausgang des Verfahrens braucht die Frage, ob dem Beschwerdeführer für den Monat August 2002 durch seine vormalige Arbeitgeberin zu Unrecht "Überzeit-Kompensation" anstelle von Ferientagen abgebucht worden ist, nicht beantwortet zu werden.
Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:
1.
In Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird der Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Zug vom 27. Juni 2003 aufgehoben.
2.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.
3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Zug, dem Kantonalen Amt für Wirtschaft und Arbeit, Zug, und dem Staatssekretariat für Wirtschaft zugestellt.
Luzern, 12. Februar 2004
Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts
Der Vorsitzende der II. Kammer: Die Gerichtsschreiberin: